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Ihre Hilfe für das Turniergebäude in Bad Kissingen

Rettung der Ränge

Das Turniergebäude in Bad Kissingen bezeugt die frühe Sportbegeisterung in Kurstädten. Mittlerweile macht das Gebäude große Sorgen, Teile sind akut einsturzgefährdet.

Mit der Mischung aus Heilquellen und Kurgebäuden, Grünanlagen und Villen, Sportstätten und Konzertsälen, Sanatorien und Grandhotels ist das fränkische Bad Kissingen eine typische europäische Kurstadt. Mensch und Natur gehen hier eine glückliche Verbindung ein. Das Angebot lässt, so würden es Touristiker formulieren, keine Wünsche offen. Ein Unternehmer aus dem Rheinland, aus Eitorf an der Sieg, sah das vor gut 100 Jahren ein wenig anders. Für ein wirkliches Weltbad fehlten Bad Kissingen noch die geeigneten Veranstaltungsorte für die gerade in Europa in Mode kommenden mondänen Sportarten. Anfang Februar 1922 reichte der Turnierclub e. V. Bad Kissingen den Antrag zum Bau einer Tribüne ein. Seit 1920 richtete er Reitturniere aus und hatte mit C. H. Hegeling aus Eitorf einen Investor im Rücken.

Auf dem Höhepunkt der Begeisterung für rasante Sportarten: Besucher beim Reitturnier in Bad Kissingen, 1929.
© Stadtarchiv Bad Kissingen, Fotosammlung
Auf dem Höhepunkt der Begeisterung für rasante Sportarten: Besucher beim Reitturnier in Bad Kissingen, 1929.

Der Plan war ambitioniert: Bereits im Juni 1922 sollten Kurgäste die Sommerturniere von überdachten Sitzplätzen aus erleben können. Und tatsächlich erhob zumindest der Bayerische Landesverein für Heimatschutz wenige Tage nach Eingang des Bauantrags keine Einwände, „da ein einfaches, ruhiges Bauwerk“ geplant worden war, dessen „Zweck als Tribüne klar erkennbar“ sei und das ohne massive Wände „senkrecht zur Stauvorrichtung“ auskommen würde. Das war wichtig, weil das Turniergebäude im Überschwemmungsgebiet der Fränkischen Saale liegt. So sieht man auch beim Ortsbesuch mehr als 100 Jahre später Spuren des Winterhochwassers 2023/24, „das Wasser stand hier letzte Woche noch 70 Zentimeter hoch“, sagt Jochen Seufert vom Bauamt der Stadt.


Mit ihm und Kollegen von der Stadt sowie Vertretern vom Stadtrat hat man sich auf Einladung von Oberbürgermeister Dr. Dirk Vogel Anfang Februar dort getroffen. „Wir wollen zurück in die Zukunft, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hilft uns dabei“, sagt Vogel zur Begrüßung. Nur dreimal seit der Errichtung seien Reparaturarbeiten erfolgt, nun müsse dringend etwas geschehen, denn das einsturzgefährdete Turniergebäude ist seit knapp fünf Jahren für Publikum geschlossen. Aber nicht nur Vogel findet, „die Tribüne soll wieder der bauliche Beitrag zu gesellschaftlichen Ereignissen werden“. 


Es ist ein lang gezogener, offener Bau aus zwei Geschossen, dessen Sandsteinsockel durch rundbogige Öffnungen einerseits gegliedert wird. Andererseits sind diese Öffnungen der Garant dafür, dass das Saale-Hochwasser ungehindert durchfluten kann. Dem Bau sind an beiden Enden und in der Mitte Treppenaufgänge aus rotem Sandstein vorgesetzt. Die Tribüne könne demnächst wieder von Zuschauern von Reitturnieren, Konzerten und Kulturveranstaltungen des Kissinger Sommers genutzt werden. Aber auch umgekehrt als Bühne sei sie vorstellbar, erläutert Vogel.

Kulturreferent und Welterbekoordinator Peter Weidisch (links), Oberbürgermeister Dr. Dirk Vogel (Mitte) und Jochen Seufert vom Bauamt kurz vor Beginn der Projektpräsentation.
© novArte fotodesign
Kulturreferent und Welterbekoordinator Peter Weidisch (links), Oberbürgermeister Dr. Dirk Vogel (Mitte) und Jochen Seufert vom Bauamt kurz vor Beginn der Projektpräsentation.

Zwar ist Bad Kissingen mit historischen Aufführungsorten durchaus reich gesegnet. Dennoch haben die versammelten Mitstreiter des Oberbürgermeisters keinen Zweifel daran, dass Sport und Kultur auch an diesem landschaftlich besonders reizvollen Ort in der Saale-Aue, einem „wichtigen Teil des Welterbes“, wie Vogel sagt, wieder gelingen werden. Was muss nun bis dahin alles geschehen? Jochen Seufert und Christine Schwind, Abteilungsleiterin Technische Infrastruktur bei der Stadt, erläutern den Maßnahmenplan, der zeitlich ähnlich anspruchsvoll ist, wie es die Erbauung des Turniergebäudes war. 


Schon damals war die Baugenehmigung erteilt worden unter der Maßgabe, dass das Untergeschoss insbesondere in den Wintermonaten wegen der Überflutungsgefahr offen bleiben musste. Deshalb sagt Seufert auch: „Die grundstatische Baukonstruktion kann, wie aktuell geschehen, das Hochwasser ertragen. Es ist der Starkregen, der beim Bau nicht berücksichtigt wurde.“ So konnte seit Jahren Wasser eindringen, das die Holzstruktur erheblich geschädigt hat.


Platz für 900 Zuschauer


Bis Ende 2024 sollen nun zunächst die Holztragstruktur sowie die Treppenanlagen gesichert werden. Was erhalten werden kann, bleibt erhalten. Die Holzstützen bekommen neue Sockel, damit sie von unten keine Feuchtigkeit mehr ziehen können. Insbesondere im nördlichen Bauteil muss Stück für Stück die Rückwand der Tribüne wieder aufgebaut werden. Zuletzt wird das Dach erneuert. „Die Stabilität des Gesamtbauwerks lässt nur eine abschnittsweise Sanierung zu, wir können aber auch nicht mittendrin aufhören“, sagt Seufert.

Das Holztragwerk leidet besonders unter Schlagregen.
© novArte fotodesign
Das Holztragwerk leidet besonders unter Schlagregen.

Nicht bauzeitlich sind die hölzernen Trennwände auf den Rängen, die den 900 Zuschauer fassenden Bau ungefähr dritteln. Diese werden entfernt, zumal sie auch statisch nicht hilfreich sind. Ebenfalls ursprünglich nicht zum Gebäude gehört der 1972 südlich angebaute Kontrollturm des Flugplatzes. Dieser sowie die Flugzeughalle waren 1934 durch die Flieger-Ortsgruppe errichtet worden. Schon seit 1910 war hier Flugsport betrieben worden, nach dem Ersten Weltkrieg führten die Fliegerasse ihre Flugkunststücke vor voller Tribüne vor. Zu weiteren An- oder Umbauten kam es glücklicherweise nicht – obwohl durch Zuzug von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg der Wohnraum knapp wurde und auch das Turniergebäude zur Disposition stand. 


Das stand es auch ein weiteres Mal 1971, als die Kosten für Abbruch und Renovierung einander gegenübergestellt wurden und man sich zumindest für die Erhaltung entschied. Der Sportbetrieb ging weiter, und bis in die 1990er Jahre sei bei jedem Reitturnier jeder Platz besetzt gewesen, berichtet einer der Stadträte. Beim beliebten jährlichen Rakoczy-Reitturnier stehen nunmehr die Zuschauer vor der Tribüne auf der Wiese.


Mosaikstein im Welterbe


Die Instandsetzung des Turniergebäudes sei ein herausragendes Projekt, sagt Peter Weidisch, als Kulturreferent der Stadt zuständig für die Welterbekoordination. Weil es eine wichtige Bestätigung sei, dass das Welterbe ernstgenommen werde. Seit 2021 nämlich ist Bad Kissingen zusammen mit weiteren europäischen Kurstädten als „Die bedeutenden Kurstädte Europas“ UNESCO-Welterbestätte. Alle diese bedeutenden Kurbäder einen die vielfältigen Einrichtungen zur Anwendung der Kurmittel ebenso wie die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Insofern spielt das Tribünengebäude eine besondere Rolle, trotz der Konkurrenz zu den vielen anderen kommunalen Aufgaben, wie Oberbürgermeister Vogel sagt. 

Für 555 Euro kann die Patenschaft für einen Platz auf der Tribünenbank übernommen werden.
© novArte fotodesign
Für 555 Euro kann die Patenschaft für einen Platz auf der Tribünenbank übernommen werden.

Die Gesamtkosten werden zwei Millionen Euro betragen. Davon sind bisher Finanzmittel in Höhe von 733.000 Euro gesichert. Zusammen mit der Stadt Bad Kissingen bittet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz daher um Ihre Hilfe bei der Rettung dieses Denkmals. Übernehmen Sie die Patenschaft für einen von 300 Plätzen auf der Tribünenbank in Höhe von 555 Euro oder ermöglichen Sie mit Ihrer Spende die Nutzung des historischen Turniergebäudes. Bitte helfen Sie mit, Geschichte lebendig zu halten und diesen Mosaikstein im Welterbe zu retten.


Julia Greipl


www.denkmalschutz.de/turniergebaeude-bad-kissingen


Turniergebäude

In der Au 4

97688 Bad Kissingen

Hier können Sie helfen

Bitte spenden Sie für das Turniergebäude 

Bad Kissingen

Der nördliche Treppenaufgang aus rotem Sandstein führt zum besonders geschädigten Abschnitt der Holztribüne.
© novArte fotodesign
Der nördliche Treppenaufgang aus rotem Sandstein führt zum besonders geschädigten Abschnitt der Holztribüne.
 

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