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Die Dorfkirche in Netzow braucht Hilfe

Bitte rettet unseren Kirchturm!

Besonders an Weihnachten vermisst die Gemeinde schmerzlich das Glockengeläut. Der berühmten Dorfkirche von Netzow in Brandenburg muss bald mit Spenden und Tatkraft geholfen werden. Bitte helfen Sie mit!

Wuchtig kommt die Kirche im Dorf Netzow daher. Mächtig erhebt sich ihr Westturm in der flachen Prignitz, dieser wunderschönen Landschaft mit ihren ehrwürdig alten Wäldern und eindrucksvollen Alleen. Die Trutzigkeit der Kirche, die wortwörtlich im Herzen des kleinen brandenburgischen Dorfs steht, ist nicht nur Effekt. Jahrhundertelang bot der Turm Sicherheit, im Notfall suchte die Bevölkerung hier Schutz für ihr  Leben, für Hab und Gut. Aber jetzt bitten die Netzower: „Rettet unseren Kirchturm!“

Wirkt mächtig, ist aber bedürftig und stumm: Selbst zu Weihnachten müssen die Glocken der Dorfkirche Netzow schweigen.
© Stefan Beetz / sbeetz.com
Wirkt mächtig, ist aber bedürftig und stumm: Selbst zu Weihnachten müssen die Glocken der Dorfkirche Netzow schweigen.

Denn die Mauern sind nicht mehr sicher. Der Turm ist schwer angeschlagen. Bemoost, beulig und mit Rissen versehen lassen sich schon von außen die statischen Probleme des Feldsteinbaus von etwa 1480 erahnen. Die zu verschiedenen Zeiten angesetzten auffälligen Stützmauern zeigen, dass es sich um ein altes Problem handelt.


„Wir müssen der Kirche helfen“, sagt die engagierte Pfarrerin Evelyn Frenzel. „Sie ist von den Menschen über Generationen gepflegt worden. Sie hat den Dreißigjährigen Krieg, sie hat die DDR überstanden. Sie darf nicht aufgegeben werden!“ Die 59-Jährige ist vor anderthalb Jahren in ihre Heimat Prignitz zurückgekehrt, ist mit viel Herzblut aktiv. Und sie ist begeistert von ihrer Gemeinde. Ihre Kirche pflegen die Netzower noch heute: allen voran die fünf Kirchenältesten, die gar nicht so alt sind. „Immer wenn es nötig ist, packen wir an. Selbstverständlich,“ sagt Steffen Jennerjahn, 49 Jahre alt und ihr Vorsitzender. Er strahlt Verantwortungsgefühl und unaufgeregtes Kümmern aus. Aber einen über 500 Jahre alten Turm sanieren, das können auch er und seine Kollegen nicht einfach in Eigenleistung übernehmen.


Weihnachten ohne Glockengeläut


Grund allen Übels ist der Glockenstuhl in der Kirche von Netzow. Ingenieurin Annette Schulze-Mack (55) erklärt: „Der Glockenstuhl ist nicht separiert, wie es sein sollte, sondern er ist direkt mit dem Mauerwerk verbunden. Beim Glockenläuten schwingt der Glockenstuhl zu stark.“ Die Mauern, erläutert sie weiter, sind im Zweischalenprinzip gebaut worden. Im Inneren ist Füllmaterial, die Schwingungen haben das Innere verrutschen lassen und den Mauern Ausbeulungen und Risse beschert. Und wie kann man diesen historischen Baufehler reparieren?

Mit diesen Bildern wurde sie weltberühmt: die Dorfkirche im prämierten Spielfilm "Das weiße Band". Rechts: In Wirklichkeit sehr viel freundlicher als im Film und vom Dorf gehütet.
© imago images / Mary Evans, Stefan Beetz / sbeetz.com
Mit diesen Bildern wurde sie weltberühmt: die Dorfkirche im prämierten Spielfilm "Das weiße Band". Rechts: In Wirklichkeit sehr viel freundlicher als im Film und vom Dorf gehütet.


„Wir wollen von innen nach außen arbeiten, den Turm mit Verstrebungen auskreuzen.“ Dabei sollen die alten, reichlich vorhandenen Anker aufgearbeitet und wiederverwendet oder zumindest nach altem Vorbild nachgearbeitet werden. „Das Erscheinungsbild soll nicht verändert und möglichst wenig in die Substanz eingegriffen werden.“ Der Glockenstuhl wird vom Mauerwerk entkoppelt. „Und danach“, sagt sie, „beginnt die ganz normale Sanierung eines Feldsteinkirchenturms.“ Was Beulenfüllung und Risssanierung bedeutet. Die großen Strebepfeiler können danach zurückgebaut werden, und das „geht dann auch in Eigenleistung.“ Sie weiß, dass genügend Leute dafür zur Verfügung stehen. „Ich wünsche es den Netzowern sehr, dass die Sanierung ihrer Kirche beginnen kann. Sie sind sehr geduldige Menschen, aber sie warten schon so lange.“


Um genau zu sein: Sie warten seit 10 Jahren. Es ist das Glockengeläut ihrer Kirche, das die fünf engagierten Kirchenverantwortlichen in diesen Jahren am meisten vermisst haben. „Das Feierabendläuten war uns im Ort wichtig. Mit ihm fing jeweils der Abend im Leben der Netzower an“, sagt Kirchenältester Jennerjahn. Und fügt hinzu: „Weihnachten ist es natürlich besonders traurig, wenn die Glocken nicht geläutet werden können.“ Heute werden die Glocken nur noch vereinzelt angeschlagen. Und sehr vorsichtig: per Hand mit dem Klöppel – um jede Erschütterung des Mauerwerks zu vermeiden. „Wenn sich der Turm bei Wind und Sturm bewegt, bekommt man es mit der Angst zu tun“, sagt Christian Glopke (37). „Wir leben ja mit der Kirche und sehen, wie sich die Risse vertiefen“, erzählt er und weist an der Südseite auf einen Maueranker, der durch die schädigenden Turmbewegungen schon halb in das Gemäuer hineingezogen wurde.

Die Kümmerer: Im Gespräch mit den Kirchenältesten Christian Glopke und Steffen Jennerjahn sowie Pfarrerin Frenzel.
© Stefan Beetz / sbeetz.com
Die Kümmerer: Im Gespräch mit den Kirchenältesten Christian Glopke und Steffen Jennerjahn sowie Pfarrerin Frenzel.

Viel ist von der Baugeschichte der Netzower Kirche nicht bekannt. Deutlich sieht man, dass der Ostschluss späteren Datums als der Turm ist. 1886 wurden ein neugotischer Stufengiebel und ein kurzer, eingezogener Chor aus Backstein angefügt. In Backstein sind auch die Kanten und Giebel des Turms ausgeführt, er ist durch Blenden gegliedert. Antje Reichel, Museumsleiterin des Dommuseums im elf Kilometer entfernten Havelberg kennt die Netzower Dorfkirche. Sie erklärt: „Der wuchtige Querwestturm ist typisch für die Prignitz und Altmark. Netzow befand sich im Eigentum des Havelberger Domkapitels. Der Havelberger Dom mit seiner markanten Westturmfassade war Vorbild für die Kirchen.“ Wer auf dem Havelberger Domberg vor den gewaltigen Steinmassen der ehemaligen Bischofskirche steht, versteht sofort den Zusammenhang. Sie fügt hinzu: „Spätere Dorfkirchen konnten nicht mehr mit einem solchen Turm aufwarten. Vierzig Prozent der Baukosten, so hat man ausgerechnet, verschlangen die mächtigen Westtürme.“


Auf dem Land und doch weltbekannt


So idyllisch ländlich, aus einer anderen Zeit stammend und weit entfernt von aller Aufregung sie wirkt, die Dorfkirche in Netzow ist ein heimlicher Star und auf der ganzen Welt präsent. Im preisgekrönten Film „Das weiße Band“ diente sie 2008 – wie das gesamte Dorf Netzow – als zentraler Drehort. Oscarnominiert, mit der Goldenen Palme und zahlreichen weiteren Preisen prämiert, erzählt der Film von Michael Haneke auf eindrucksvolle Weise von Kindheitsschicksalen am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Es ist ein leiser Film. Ein Film, der Aufmerksamkeit erfordert und der mit viel Sorgfalt komponiert wurde. Monatelang wurde die passende Location gesucht, wochenlang dann in dem 130-Seelen-Ort gedreht. „Dass die Kirche wirklich mitten im Dorf liegt, das hat dem Regisseur gefallen“, erinnert sich Steffen Jennerjahn.

Großer Wunsch: Die Glocken sollen in Netzow wieder klingen dürfen.
© Stefan Beetz / sbeetz.com
Großer Wunsch: Die Glocken sollen in Netzow wieder klingen dürfen.

10.000 Euro für die Sanierung der Kirche ließen die Filmleute als Dankeschön zurück. Ihnen waren Ort und Kirche ans Herz gewachsen. Die hölzerne Kanzel, die sie für die Szenen im Kirchensaal bauten, steht heute noch hier. Die Pfarrerin predigt gerne von ihr – besonders freut sie sich natürlich auf den Weihnachtsgottesdienst. „Die Kirche hat Charakter. Das spürt man, wenn man vorne auf der Kanzel steht“, sagt Frenzel, die schon weitere Pläne hat: Zukünftig soll in und mit der Kirche die kriegskritische Botschaft des Films durch eine durchdachte Kulturarbeit aufgegriffen werden. „Denn wir wissen: Demokratie und Frieden sind nicht in Stein gemeißelt.“ Im nebenan liegenden ehemaligen Pfarrhaus ist ausreichend Platz für Schüler, die sich mit dem Film auseinandersetzen könnten, ebenso für eine kleine Ausstellung.


Häufig kommen Menschen vorbei, die dem „Weißen Band“ nachspüren wollen. Berührungspunkte mit der Geschichte, nicht nur mit der fiktiven im Film, gibt es genug: Die Glocken, die zur Zeit ungenutzt im Turm hängen, sind in den 1920er-Jahren gegossen worden. Die ursprünglichen aus dem 15. Jahrhundert wurden im Ersten Weltkrieg als Material für die Rüstungsindustrie eingezogen.

Mittelpunkt des Dorfes und Sorgenkind zugleich: die Kirche in Netzow mit ihrem Feldsteinturm.
© Stefan Beetz / sbeetz.com
Mittelpunkt des Dorfes und Sorgenkind zugleich: die Kirche in Netzow mit ihrem Feldsteinturm.

Die 10.000 Euro der Filmproduktions-Firma liegen noch immer bereit, gut verwahrt von den Kirchenältesten. Bislang ist, trotz aller Bemühungen, trotz der Dringlichkeit keine weitere Unterstützung zustande gekommen, um die notwendige Sanierung des Kirchturms solide zu finanzieren. Hier kommt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und damit Sie, liebe Leserinnen und Leser, ins Spiel. Lassen Sie uns den Netzowern helfen, ihrer Kirche und der Pfarrerin. „Ich rede schon im Schlaf von meiner Kirche. Der Gedanke, ich fahre durch meine Prignitz und hier steht keine Kirche mehr, treibt mich um. Die Kirche muss im Dorf bleiben!“ Wir können helfen. Tun wir es.  


Beatrice Härig

Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende, die Dorfkirche von Netzow zu erhalten.

Auch kleinste Beträge zählen!

Risse, Beulen, verzogene Maueranker: Der Turm ist in gefährlicher Bewegung.
© Stefan Beetz / sbeetz.com
Risse, Beulen, verzogene Maueranker: Der Turm ist in gefährlicher Bewegung.
 

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