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Spendenkampagne: Die Potsdamer Friedenskirche braucht Hilfe!

Risse im Traumbild

Ein Campanile in Preußen! Mit Zitaten italienischer Baukunst wollte Friedrich Wilhelm IV. sich das Sehnsuchtsland nach Potsdam holen. Jetzt muss der freistehende Glockenturm der Friedenskirche zu Sanssouci saniert werden.

Die Webseite zur Spendenkampagne: https://www.denkmalschutz.de/denkmal/friedenskirche-potsdam.html


Er hatte das perfekte Bild im Sinn und brachte es selbst zu Papier: eine Komposition italienisch anmutender Baukörper in einer malerischen Landschaft. Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) wünschte sich in Reichweite seiner Potsdamer Residenz ein neues Gotteshaus. Die ab 1845 am südöstlichen Rand des Schlossparks Sanssouci errichtete Friedenskirche bezaubert bis heute Besucher aus aller Welt. Damit sie ihr markantestes Element behält, muss dringend gehandelt werden: Der 42 Meter hohe Glockenturm ist in seiner Substanz gefährdet.

Blick über den von Peter Joseph Lenné angelegten Friedensteich.
Postdam, Friedenskirche © Uwe Granzow
Blick über den von Peter Joseph Lenné angelegten Friedensteich.

Die ganze Dramatik der Schäden erschließt sich allerdings nur den Fachleuten, die mit der Sicherung des Bauwerks betraut sind und sein Innenleben kennen. Damit die Mauern nicht irgendwann wegbrechen, müssen die Zwischendecken etagenweise mit Edelstahl versteift werden. Das Sanierungskonzept steht. Nur im Finanzierungsplan klafft noch eine Lücke. Deshalb startet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz jetzt gemeinsam mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und dem Bauverein der Friedenskirchengemeinde eine Spendenkampagne.


Beten wie in Rom


Dass der grazile Glockenturm manchem Rom-Kenner vertraut erscheint, ist kein Zufall. Pate stand der romanische Campanile von Santa Maria in Cosmedin. Auch die Kirche hat in San Clemente ein römisches Vorbild. Die Quelle ist bekannt: Die deutschen Architekten Johann Gottfried Gutensohn und Johann Michael Knapp hatten zwischen 1822 und 1827 eine umfangreiche Kupferstichsammlung der frühen und mittelalterlichen Kirchen Roms herausgebracht. Für den tief religiösen Friedrich Wilhelm wurde sie zu einem wichtigen Fundus – nicht nur in architektonischer, sondern auch in politischer Hinsicht. Die frühchristliche Basilika verklärte er zum Symbolbau einer idealen Gesellschaft.


Es gab noch eine Besonderheit, mit der er seine Kirche in der Tradition verankern wollte: ein venezianisches Mosaik aus dem frühen 13. Jahrhundert, das Christus als Weltenherrscher zeigt. Schon als Kronprinz konnte er sich diese Kostbarkeit sichern. 1834, als auf der Insel Murano die Kirche San Cipriano abgerissen werden sollte, ließ er das Kunstwerk durch italienische Spezialisten in mühevoller Kleinarbeit von der Apsis abnehmen und auf 111 Gipsplatten aufziehen. Per Schiff gelangten sie nach Potsdam und harrten dort einer geeigneten Bestimmung. Nachdem Friedrich Wilhelm am 7. Juni 1840 den Thron bestiegen hatte, nahm seine Vision Gestalt an. Der Friedenskirche, als Hof- und Gemeindekirche zugleich gedacht, widmete sich der künstlerisch begabte Monarch mit besonderer Leidenschaft.

Inspiriert von bedeutenden Kirchen in Rom: der prächtig ausgestaltete Innenraum. 
Postdam, Friedenskirche © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Inspiriert von bedeutenden Kirchen in Rom: der prächtig ausgestaltete Innenraum.

Als er seinen Architekten Ludwig Persius mit der Ausarbeitung der Entwürfe beauftragte, war dessen Spielraum nicht mehr allzu groß. Die Ideen waren skizziert und die Vorbilder gesetzt, zudem war das 60 Quadratmeter große Goldmosaik zu integrieren. Mit Atrium und Vorhalle entsprach auch der Grundriss dem frühchristlichen Schema. Dem König schwebte ein klosterähnlich umfriedeter Komplex mit Kreuzgang und Nebengebäuden vor. Für die Einbettung in die Landschaft sorgte der Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné: Im künstlich angelegten Friedensteich sollte sich die Kirche effektvoll spiegeln. Am 14. April 1845 fand die Grundsteinlegung statt. Als Persius kurz darauf starb, führten Friedrich August Stüler, Ferdinand von Arnim und Ludwig Ferdinand Hesse den Bau fort. An der Ausgestaltung waren die namhaftesten Bildhauer der Zeit beschäftigt. Am 24. September 1848 war es soweit: Die Kirche wurde „dem Friedefürsten Jesu Christo“ geweiht.


Der Campanile mit den charakteristischen Dreierarkaden war 1850 vollendet. Nach dem Tod Friedrich Wilhelms wurde die Anlage noch erweitert: Den Bau der königlichen Gruft unter der Kirche hatte er testamentarisch verfügt. 1890 kam das Mausoleum für Kaiser Friedrich III. hinzu. Ganz gleich, aus welcher Richtung man auf die gestaffelten Baukörper schaut – ob über den Teich hinweg, vom Marlygarten oder aus der Stadt: Immer bietet sich eine kunstvoll arrangierte Ansicht, die von dem imposanten Campanile bestimmt wird.


Italien an der Havel


Die Friedenskirche stand nicht für sich. Sie war ein wichtiger Baustein in dem Gesamtkunstwerk, in das Friedrich Wilhelm seine zweite Residenz verwandeln wollte. Italien an die Havel zu bringen – diese Idee hatte den Romantiker bereits als Kronprinz umgetrieben. Sein Schloss Charlottenhof ließ er ab 1826 von Karl Friedrich Schinkel im Stil einer antiken römischen Villa umgestalten. Zwei Jahre später gewährt ihm der Vater die lang erbetene Italienreise, die ihn bis an den Golf von Neapel führt. Begeistert saugt er alles auf, zeichnet wie besessen und hält die Erlebnisse in seinem Reisetagebuch und in den Briefen an seine Frau fest. „Wie versteinert“, „fastohnmächtig“, „von Schweiß und Entzücken triefend“ steht er den Sehenswürdigkeiten endlich leibhaftig gegenüber.

Gefahr für den Turm: Spannungen zwischen den unterschiedlichen Materialien führen zu Rissbildungen.
Potsdam, Friedenskirche © SPSG
Gefahr für den Turm: Spannungen zwischen den unterschiedlichen Materialien führen zu Rissbildungen.

Danach ist klar: Wenn er schon nicht dauerhaft in diesem Land verweilen darf, muss er seine Sehnsucht in Potsdam stillen. Was unter Friedrich II. mit der Nachahmung römischer Palastfassaden begonnen wurde, will er perfektionieren. Zusammen mit Lenné schaffen seine Architekten stimmungsvolle Orte, an denen man sich wie im Süden fühlen muss. Neben den königlichen Bauten, wie den Römischen Bädern oder dem Orangerieschloss, zeugt auch der für Potsdam so typische Villenstil von der Italienliebe des Preußenkönigs. Nach seiner Anregung entwarf Persius unzählige Turmvillen. Mit ihrem wichtigsten Motiv, dem Campanile oder Belvedere, waren sie eine der Maßnahmen zur Verschönerung der Landschaft. In diesem Sinne hatte Friedrich Wilhelm gerade die nähere Umgebung der Friedenskirche im Blick und forcierte am Marlygarten und in der angrenzenden Vorstadt den Neu- oder Umbau diverser Wohnhäuser. Damit alles passte, bekamen Gärtner, Stall- oder Küchenmeister großzügige Bauzuschüsse. Nachfolgende Architektengenerationen haben die Villenbauweise fortgesetzt: Der Turmbau zu Potsdam machte Schule.


Es ist Zeit zu handeln!


War der Campanile der Friedenskirche ästhetisch notwendig für das Gesamtbild, so folgte sein Inneres einer anderen Gesetzgebung. In technischer Hinsicht war der Glockenturm nämlich ganz auf der Höhe der Zeit. Eine gusseiserne Konstruktion mit einer kunstvoll verzierten Wendeltreppe bildete das Gerüst. Das industriell gefertigte Material hatte seinen Siegeszug gerade erst angetreten. Es fehlte allerdings noch an Erfahrungen mit den bautechnischen Besonderheiten. Ungehindert eindringendes Regenwasser, eine unzureichende Entwässerung und mangelnde Wartung führten im Lauf der Jahrzehnte zu starken Korrosionsschäden. Bereits 1905 wurden die mit den Außenwänden verbundenen Eisengussplatten ausgebaut und durch massive Geschossebenen aus Stahlbeton ersetzt.

Von Rost zerfressen: Dramatische Korrosionsschäden setzen der Treppenkonstruktion zu.
Potsdam, Friedenskirche © Marlene Gawrisch, Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Von Rost zerfressen: Dramatische Korrosionsschäden setzen der Treppenkonstruktion zu.

Auch dieses Trägersystem hat seine Belastungsgrenze nach weit über hundert Jahren überschritten und bietet inzwischen ein erschreckendes Bild: Die Betonböden sind aufgerissen, die Stahlbewehrung ist von Rost zerfressen und statisch kaum mehr tragfähig. Das Mauerwerk weist ebenfalls beträchtliche Schäden auf. Terrakotta- und Steinelemente sind abgeplatzt. Einige der Sandsteinsäulen in den Rundbogenöffnungen sind der Last nicht mehr gewachsen und wurden provisorisch gesichert. Auch die Glockenstühle müssen instandgesetzt werden. Das einst weithin sichtbare Turmkreuz wurde wegen drohender Absturzgefahr demontiert. Und noch ein Detail wirkt wie eine stumme Mahnung: Die Zeiger der Turmuhr stehen still. Es ist genug Zeit verstrichen – die Sicherung des Campanile darf nicht länger aufgeschoben werden!


Bereits 2015 hatte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gemeinsam mit dem Bauverein der Friedenskirchengemeinde zu Spenden aufgerufen, um notwendige Instandsetzungsarbeiten an der Basilika zu ermöglichen. Mit Erfolg: Seit 2018 sind die Seitendächer wieder dicht, das venezianische Apsismosaik ist restauriert. Die Friedenskirche ist ein wesentlicher Bestandteil der einzigartigen, von den preußischen Königen initiierten Kulturlandschaft, die seit nunmehr 30 Jahren den Schutz der UNESCO genießt. 1990 waren die Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin zur ersten gesamtdeutschen Welterbestätte erklärt worden. Betreut werden die Bauten und Gartenanlagen von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Die gewaltige Aufgabe der Turmsanierung kann sie allerdings nicht allein bewältigen. Zwar sind wichtige Geldgeber wie zum Beispiel die Hermann Reemtsma Stiftung mit großem finanziellem Engagement im Boot, doch fehlen immer noch rund 500.000 Euro.

Der Campanile als Landmarke im Park von Sanssouci. Das Turmkreuz wurde bereits wegen Absturzgefahr demontiert.
Potsdam, Friedenskirche © SPSG/Reinhardt&Sommer
Der Campanile als Landmarke im Park von Sanssouci. Das Turmkreuz wurde bereits wegen Absturzgefahr demontiert.

Die Friedenskirche ist im kirchlichen und kulturellen Leben der Potsdamer Innenstadt fest verankert. Die evangelische Gemeinde darf sie für alle Zeit nutzen, so hatte es Friedrich Wilhelm IV. verfügt. Dass das Gotteshaus mit seiner festlichen Ausprägung besonders beliebt für Trauungen, Taufen und Konzerte ist, versteht sich von selbst. Am Haupteingang zum Schlosspark Sanssouci ist das Ensemble zugleich ein Anziehungspunkt für die vielen Touristen, die in Potsdam große Baukunst erleben wollen. In der Stadt sind in jüngster Zeit zahlreiche historische Fassaden rekonstruiert worden, weitere Wiederaufbauten werden heiß diskutiert. Die Friedenskirche ist ein authentisches Denkmal von höchstem Rang. Das meisterlich inszenierte Bild ist immer noch im Original vorhanden, es muss nur gerettet werden. Bitte machen Sie mit – jede Spende hilft!


Bettina Vaupel

Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende der Potsdamer Friedenskirche!

Auch kleinste Beträge zählen!

Friedenskirche

Am Grünen Gitter 3

14469 Potsdam


Die Friedenskirche ist für Besucher wieder geöffnet. In der Regel Montag bis Samstag von 11-17 Uhr und Sonntag von 12.00-17.00 Uhr.


http://www.evkirchepotsdam.de/gemeinden/frieden



Die Webseite zur Spendenkampagne: https://www.denkmalschutz.de/denkmal/friedenskirche-potsdam.html

 

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