Denkmalarten Kleine und große Kirchen Stile und Epochen Renaissance Herrscher, Künstler, Architekten Streiflichter Ikonographie Ausgabe Nummer Dezember Jahr 2019 Denkmale A-Z C
Strahlende Farben traten nach der Restaurierung zutage: Der Neustädter Altar in St. Johannis zeigt sich wieder in der vom Meister intendierten Pracht.
1523 beginnt eine ereignisreiche Zeit für Neustadt an der Orla: Der Bildersturm erreicht unter der Führung des radikalen Reformators Andreas Bodenstein einen Höhepunkt, und kein Geringerer als Martin Luther reist im Folgejahr die 170 Kilometer von Wittenberg nach Neustadt, um seine Vorstellung von Heiligenbildern zu erläutern: Als Schmuck seien sie zugelassen, als wundertätige Götzenbilder hingegen zu verachten. So hält er schützend die Hand über ein Werk seines Freundes Lucas Cranach des Älteren. Dessen Johannesaltar war 1513 in der Neustädter Johanniskirche geweiht worden.
Den Auftrag zu diesem Altar hatte Lucas Cranach 1511 auf der Leipziger Messe erhalten. Zu jenem Zeitpunkt war er bereits seit gut sechs Jahren in Wittenberg ansässig und hatte als Hofmaler durchaus Anteil daran, dass sich die Stadt unter seinem Hauptauftraggeber Kurfürst Friedrich III. zur bedeutenden Residenz- und Universitätsstadt wandelte.
Bei dem Altar in Neustadt platzierte Cranach Johannes den Täufer mit den Schutzheiligen Simon und Judas Thaddäus als vollplastische Figuren vor einem gemalten goldenen Tuch. Auf den Seitenflügeln finden sich links die Taufe Jesu durch Johannes, rechts dessen Enthauptung, beides Tafelbilder. Wiederum als vollplastische Skulpturen sind die beiden Schreinwächter gestaltet: die Heiligen Georg links und Florian rechts. Das Gesprenge zeigt den heiligen Martin, begleitet von den Heiligen Katharina und Barbara, das Ganze bekrönt von Anna Selbdritt. Die Predella ist dem Jüngsten Gericht vorbehalten.
Der reformatorische Bildersturm hatte also den Neustädter Altar verschont, aber vermutlich beschädigten ihn Plünderer im Dreißigjährigen Krieg erheblich. So kam es zu einer ersten großen barocken Renovierung, der in den beiden vergangenen Jahrhunderten mindestens zwei weitere folgten.
Dieses Jahr nun ist eine abermalige, umfassende Restaurierung zu Ende gegangen. Schon 2016 hat man anlässlich der Chorsanierung das Retabel zwecks Schädlingsbekämpfung begast und das Gesprenge restauriert. In einem zweiten, von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unterstützten Bauabschnitt kamen 2017 die Schreinskulpturen sowie Predella und Standflügel an die Reihe.
Bei den überwiegend vor Ort durchgeführten Arbeiten konnten die Restauratoren wider Erwarten die obere Firnisschicht und die bräunliche Lasur aus dem 19. Jahrhundert entfernen. Zutage traten die strahlenden Farben, die Cranach so meisterlich beherrschte: Mit wohl mehr als 25 verschiedenen Farbpigmenten verfügte er über ein weit größeres Farbspektrum als die meisten Künstler seiner Zeit. Vermutlich fasste seine Werkstatt auch die Holzskulpturen, deren spätere Übermalungen und Überzüge nun ebenfalls entfernt wurden.
In ihrer leuchtenden Farbigkeit entsprechen auch sie endlich wieder Cranachs Gestaltungsabsicht eines Gesamtkunstwerks aus Tafelmalerei und Skulptur. Am Tag vor Johannis, am 23. Juni 2019, konnte der restaurierte Johannesaltar von der Gemeinde in Neustadt an der Orla übernommen werden – geweiht werden musste er nicht, er war ja nie wirklich weg.
Julia Greipl
Stadtkirche St. Johannis
Kirchplatz 1, 07806 Neustadt an der Orla
Neustadt/Orla liegt etwa 20 km südöstlich von Jena.
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