Denkmalarten Kleine und große Kirchen Öffentliche Bauten Barock Gotik Romanik Herrscher, Künstler, Architekten Ausgabe Nummer Dezember Jahr 2018 G
Gewölbe stehen für Harmonie und Gleichgewicht. Die Meisterwerke der Baukunst von der Gotik bis zur Moderne sind allerdings besonders anfällig für Schäden.
„Wenn ein Gewölbe sich dem Schlußstein anvertraut, dann ist’s mit Sicherheit für ewige Zeit erbaut“, lässt Goethe in seinem „Faust II“ den Kaiser sagen. Der Schlussstein ist die Krönung: Wird er als letztes in einen Bogen oder ein Rippengewölbe eingesetzt, kann das Hilfsgerüst entfernt werden, ist die Konstruktion vollendet.
Das sich selbst tragende Gewölbe fasziniert bis heute jeden Betrachter. Seine Elemente müssten herabstürzen und werden doch durch ein geniales System der Kräfteableitung zusammengehalten. Große Weiten harmonisch zu überspannen – das ist eine bautechnische Höchstleistung, die Respekt einflößt. Zugleich vermittelt das Gewölbe, mehr als eine flache Decke es vermag, Schutz und Geborgenheit.
Auf solche Kunstwerke zu schauen, kann uns erheben – und viel über andere Zeiten erzählen. Die großartigen Gewölbe führen das Können von Architekten, Handwerkern und Künstlern vergangener Epochen besonders eindrucksvoll vor Augen.
Die Kunst des Gewölbebaus
Die Kunst des Gewölbebaus wurzelt in antiken Monumenten. Zwar kennt man aus vorchristlicher Zeit bereits aus Steinen geschichtete Bögen und flache Tonnen. Doch gelang es erst in der Römischen Kaiserzeit, große Räume ohne Stützen zu überwölben – mit Kuppeln oder Kreuzgewölben, bei denen sich zwei gleich hohe Tonnen im rechten Winkel durchdringen.
In der nachantiken Architektur hatten gemauerte Tonnen, Kuppeln und Kreuzgewölbe neben flachen Decken weiterhin Bestand und wurden in der Romanik variantenreich zu Klostergewölben, Kreuzgrat- und Stichkappengewölben fortentwickelt.
Den entscheidenden Umbruch brachte die Gotik. Im Kathedralbau wurden ab dem 12. Jahrhundert monumentale Wölbungen perfektioniert. Charakteristisch für diese Epoche ist das Kreuzrippengewölbe: Die Grate sind mit gemauerten Rippen unterlegt, die von einer Stütze über den Gewölbescheitel zur schräg gegenüberliegenden Seite laufen. Dank dieser Konstruktion, die den Baumeistern neue Wege der Lastabtragung erschloss, ließen sich bei zunehmender Höhe auch wachsende Spannweiten überwinden. Der Druck des Gewölbes konnte auf bestimmte Punkte der Wand geleitet werden, die mit dem Strebewerk verstärkt wurden.
Erst dadurch war es möglich, große Bereiche in Fensterflächen umzuwidmen und lichtdurchflutete Räume zu schaffen. Schließlich bildete die fragile Gliederung der Wand und der Gewölbe eine strukturelle Einheit, die die Kirchen scheinbar in den Himmel wachsen ließ.
In der Spätgotik kamen immer neue Spielarten wie Stern-, Netz- oder Schlingrippengewölbe hinzu. Die Rippe löste sich von den Graten, bildete eigene, kleinteilige Muster, war figürlich gestaltet und konnte sogar in der Luft hängen. Das Gewölbe prägte den Gesamteindruck des Gebäudes maßgeblich. Mehr noch: Es sollte ein Abbild des Himmels sein.
Das Bestreben, den krönenden Abschluss des Raums architektonisch ins Bild zu setzen, zeigt sich jedoch nicht nur bei Kirchenbauten, sondern ebenso im Profanbau. Auch dort bestimmen imposante Gewölbe den repräsentativen Charakter, etwa in den Sälen der Rathäuser.
In der Renaissance erlebten antike Formen, allen voran die Kuppel, ihre Wiedergeburt. Die mit der Neuzeit aufkommenden Wölbsysteme sind vor allem aus Schalen wie Halbkugeln oder Halbzylindern zusammengesetzt. Im Barock entstanden noch komplexere Gebilde, wurden die Kombinationsmöglichkeiten voll ausgereizt. Beliebt war auch die ovale Wölbung. Im Sakralbau wurden jetzt Gewölbe mit enormen Spannweiten errichtet, denen komplizierte statische Konstruktionen zugrunde lagen. In der Regel bestanden diese aus Holz und blieben unter dicken Putzschichten verborgen. Weniger die Architektur als vielmehr prächtige Deckengemälde, eingebettet in Stuckornamente, zogen nun alle Blicke himmelwärts.
Bis zur Erfindung des Stahlbetons bot ein Gewölbe die einzige Möglichkeit, große Räume mit einer stützenlosen Decke zu versehen. So begann erst Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Ära beim Bau massiver Raumabschlüsse.
Alle hier gezeigten Beispiele wurden oder werden von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gefördert.
Das war zumindest in früheren Zeiten der Anspruch der Baumeister. Die Wirklichkeit zeigt, dass dies nur mit kontinuierlicher Baupflege zu erreichen ist. Rissbildungen sind gang und gäbe, die Belastung des Mauerwerks bei Zugwirkung enorm. Schadhafte Dächer bringen Feuchtigkeit in die Zwickel und Kehlen.
Sind Gewölbe in Gefahr, ist das ganze Gebäude bedroht – ganz zu schweigen von wertvollen Malereien und sonstiger Zier, die in Mitleidenschaft gezogen werden. Sanierungsmaßnahmen sind an diesen empfindlichen und schwer zugänglichen Stellen besonders aufwendig.
Die optimale Verteilung der Lasten ist die wichtigste Aufgabe des Gewölbes – das lässt sich auch auf die Denkmalpflege übertragen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz konnte in den vergangenen Jahrzehnten unzählige solcher Schätze, sakral oder profan, klein oder groß, bewahren helfen – dank Ihrer Unterstützung! Auch zu diesem Weihnachtsfest bitten wir um Ihre Mithilfe: damit wir unser bauliches Erbe immer dort, wo es gerade am dringendsten Not tut, schützen können.
Bettina Vaupel
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Vielen Dank fpr die Erluterungen zur Kunst des Gewölbebaus. In der Grundschule mussten wir mal eine Brücke bauen, daher kenne ich die Bedeutung des Schlusssteins bereits. Die verschiedenen Arten von Gewölben kannte ich jedoch nicht - vor allem das hängende Gewölbe in der Frankfurter Stadtkirche finde ich faszinierend wenn man sich die Statik dahinter überlegt.
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