Interviews und Statements Juni 2018
Dr. Klaus-Henning von Krosigk war der Mann der ersten Stunde bei der Institutionalisierung der Gartendenkmalpflege in der Bundesrepublik.
Er ist „mit warmem Herzen dabei“: Für jemanden wie den Gartendenkmalpfleger Dr. Klaus-Henning von Krosigk ist das Europäische Kulturerbejahr auch ein ganz persönliches Anliegen.
1945 in Halle/Saale geboren, studierte von Krosigk Gartenarchitektur und -geschichte sowie Bau- und Kunstgeschichte an der Technischen Universität Hannover. 1978 baute er beim Berliner Senator für Bau- und Wohnungswesen das erste Fachreferat für Gartendenkmalpflege in der Bundesrepublik Deutschland auf. Von 1995 bis zur Pensionierung im Jahr 2011 war er stellvertretender Landeskonservator von Berlin.
Klaus-Henning von Krosigk bekleidete und bekleidet bis heute viele nationale und internationale Ehrenämter: Unter anderem war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur, ist Mitglied der Monitoring-Gruppe für das Welterbe beim Deutschen Nationalkomitee von ICOMOS sowie beim internationalen ICOMOS-IFLA Komitee für Kulturlandschaften und wirkt im Vorstand der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz.
Der hochdekorierte Altmeister der Gartendenkmalpflege war immer grenzübergreifend unterwegs. Kein Wunder, dass er als „eine der schönsten Aufgaben in seinem Leben“ ein Projekt in Frankreich bezeichnet: die Restaurierung der Gärten des Palais Beauharnais in Paris. Das Stadtpalais am linken Seineufer, mit feinster Ausstattung im frühen Empire-Stil, ist Sitz des deutschen Botschafters. In den späten 1990er-Jahren durfte von Krosigk den „unsinnigerweise rebarockisierten Garten“ wieder in seine landschaftliche Urform bringen: in die des Pleasuregrounds von 1804. Das Ganze fand in enger Kooperation mit den französischen Gartendenkmalpflegern statt. Noch immer spricht er beseelt von dieser wunderbaren und fruchtbaren Zusammenarbeit.
Über die fachliche Ebene hinaus Verbindungen und
persönliche Beziehungen pflegen – auch mit polnischen und britischen Kollegen –
ist für von Krosigk immer ganz wichtig gewesen. „Sich gegenseitig stützen und
voneinander lernen: Erst dann gibt es ein dichtes Gartennetz!“
Sie waren bei der Institutionalisierung der Gartendenkmalpflege ganz vorne mit dabei. Mit dem 1978 von Ihnen gegründeten ersten Fachreferat bildete West-Berlin lange Zeit die rühmliche Ausnahme. Gab es auch Rückschläge? Wofür mussten Sie kämpfen?
Das im Sommer 1978 im damaligen Bundesland Berlin (West) erstmalig eingerichtete Fachreferat Gartendenkmalpflege war in der deutschen Denkmalpflegelandschaft schon eine kleine Sensation. Auch wenn in der 1990 untergegangenen DDR, am Institut für Denkmalpflege, schon lange das Aufgabengebiet der Gartendenkmalpflege wahrgenommen wurde, so wurde doch erst mit Berlin der Grundstein für die Einrichtung von heute ganz selbstverständlichen Gartendenkmalpflege-Referaten an deutschen Landesdenkmalämtern gelegt. Aus der Rückschau muss man feststellen, dass diese Gründungsjahre und Jahrzehnte eine unglaubliche Erfolgsgeschichte waren. Es gelang nicht nur, die absolut notwendige Inventarisation der Gattung Gartendenkmale zu begründen und voranzutreiben und dann mit heute über 600 eingetragenen Berliner Gartendenkmalen den nötigen Schutz zu erreichen, sondern auch zumindest beispielhaft Pflege und Restaurierung der doch stark vernachlässigten Gartendenkmale zu erreichen. Großartige Beispiele sind der Pleasureground in Klein-Glienicke, umfassende Maßnahmen im Tiergarten oder die gartendenkmalpflegerische Instandsetzung der Schmuckplätze wie der Viktoria-Luise-, der Savigny-, oder der Pariser Platz. Was leider bis heute nicht gelungen ist, ist die meines Erachtens unbedingt notwendige personelle Verankerung von Gartendenkmalpflege-Fachleuten auch in den Unteren Denkmalschutzbehörden bei den Bezirksämtern von Berlin. Hier besteht in den nächsten Jahren noch erheblicher Handlungsbedarf.
Unter Ihrer Ägide wurde 1987 die Luiseninsel im Berliner Tiergarten wiederhergestellt. Am Tiergarten lassen sich viele Jahrhunderte Gartengeschichte ablesen, Generationen von Gartenkünstlern haben ihre Handschrift hinterlassen. Sahen Sie sich eher als Bewahrer oder als kreativer Mitgestalter, der die Geschichte weiterschreibt?
Der Berliner Tiergarten ist in der Tat ein wunderbares Beispiel für die längst anerkannte konservatorische Methodik in der Gartendenkmalpflege. Die Zeit der „schöpferischen Denkmalpflege“ haben wir längst überwunden und fühlen uns heute dem Original, dem authentisch überlieferten Gartenerbe verpflichtet. Insofern hat die Berliner Gartendenkmalpflege die noch bis in die 1970er-Jahre anhaltende permanente Neu- und Umgestaltung des Tiergartens beendet und mit Hilfe eines Parkpflegewerkes die Grundlagen für eine wissenschaftlich-konservatorisch anspruchsvolle Weiterentwicklung dieses Parkes von nationaler Bedeutung geschaffen.
Besonders hilfreich war hier eine genaue Bestandserfassung, die deutlich machte, dass es im Tiergarten trotz der kriegs- und nachkriegsbedingten gravierenden Eingriffe und Veränderungen noch immer starke Spuren beispielsweise der Knobelsdorff-, der Lenné- oder der Alverdes-Zeit gab. Spuren, die dann die Grundlage für eine behutsame und im denkmalpflegerischen, aber auch im ökologischen Sinn nachhaltige Entwicklung dieses großartigen Parkes bildeten und bilden. Neben der Wiederaufpflanzung zahlreicher Alleen, nicht zuletzt aus der Knobelsdorff-Zeit, hat ganz wesentlich die Wiederherstellung der Luiseninsel zur besonders anerkannten Wirkung der gartendenkmalpflegerischen Bemühungen im Tiergarten beigetragen.
Auch nach dem offiziellen Ende Ihres erfolgreichen Berufslebens sind Sie immer noch ehrenamtlich aktiv. Welches Projekt begleitet Sie am längsten?
Die Antwort hängt mit dem spezifischen Berufsethos eines Gärtners zusammen: „Einmal Gärtner, immer Gärtner!“ Es war daher auch für mich selbstverständlich, dass man ein „grünes Berufsleben“ nicht mit 65 an den Nagel hängt, sondern – getragen von einer lebenslangen Begeisterung für Grün, Gärten und Parkanlagen, für die Natur schlechthin – auch nach der Pensionierung dieser Profession weiter nachgeht.
Zu den ganz herausragenden Aufgaben, denen ich mich nun schon viele Jahre widme, zählt vor allem meine Tätigkeit als ICOMOS-Monitoring-Beauftragter für drei Deutsche Weltkulturerbe-Stätten: für den Fürst-Pückler Park in Bad Muskau, das Gartenreich Dessau-Wörlitz und den Bergpark Kassel-Wilhelmshöhe. Die ICOMOS-Monitoring-Gruppe befasst sich mit der Überwachung und Beobachtung der Welterbestätten, entsprechend den von der UNESCO erlassenen Richtlinien.
Wie gehen andere europäische Länder mit ihrem grünen Erbe um? Haben Sie Unterschiede festgestellt?
Als langjähriges german effective member des
internationalen Spezialkomitees von ICOMOS-IFLA für Gärten und
Kulturlandschaften hatte ich wiederholt Gelegenheit, mir Gärten vor allem in
Europa anzusehen und mit den dortigen Kollegen einen inspirierenden
Fachaustausch zu pflegen. In fast allen europäischen Ländern ist man sich der
Bedeutung des überkommenen Gartenerbes bewusst. Großartig sind die
gartendenkmalpflegerischen Anstrengungen natürlich in allen westeuropäischen
Ländern, aber ich habe auch bemerkenswerte Erfolge in der Erforschung, dem
Erhalt und der Pflege des gartenkulturellen Erbes in den Ländern des früheren
Ostblocks erleben dürfen. Da fast alle diese genannten Länder die
Welterbekonvention der UNESCO unterschrieben haben, akzeptieren sie auch die
von ICOMOS im Laufe der letzten Jahrzehnte erarbeiteten Richtlinien zu Schutz,
Umgang und Erhaltung. So wird weltweit die 1981 in Florenz erarbeitete „Charta
der historischen Gärten“, genannt Charta von Florenz, als Grundlage für eine
wissenschaftlich-konservatorisch begründete Erhaltung und Unterhaltung unserer
alten Gärten, speziell der als Weltkulturerbe geschützten Gartendenkmale,
akzeptiert und angewendet.
Ohne Pflege und Leidenschaft überdauert kein Gründenkmal. Gibt es jenseits der wissenschaftlichen Ebene persönliche Begegnungen, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind?
Hier ist man natürlich in einem langen beruflichen Leben vielen engagierten und hochmotivierten „Gärtnern“ begegnet, und diese Zeilen würden sicherlich nicht ausreichen, um all diesen wunderbaren Menschen ein ehrendes Gedenken zu sichern. Aber ohne Zweifel ist eine ganz herausragende „grüne“ Persönlichkeit Dr. Harri Günther, der in diesem Jahr 90 Jahre alt wird und als langjähriger Gartenbaudirektor der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci nicht nur Großartiges zur Pflege und zum Unterhalt „seiner“ historischen Gärten in Potsdam-Sanssouci geleistet, sondern auch zahlreiche Gartenbücher verfasst hat, die auch mir bis heute wichtige Wegbegleiter sind.
Woher kommt Ihre Begeisterung für die Gartenkultur?
In einem Forsthaushalt aufgewachsen, waren mir Natur und Wälder, aber auch Gärten seit frühester Jugend ganz selbstverständlich und haben schon sehr früh den Gedanken reifen lassen, später etwas mit Grün im weitesten Sinn, aber auch mit Gärten beruflich zu tun. Das Studium bei Professor Dieter Hennebo – der in Hannover-Herrenhausen in mir die Liebe zu alten Gärten geweckt hat – gab dann letztendlich den Ausschlag, sich ganz dem Thema historische Gärten, ja der Kulturlandschaft schlechthin zu widmen. Getreu dem antiken Gesetz und Gebot „Rus amato silvasque“, der Catoschen Mahnung „Du sollst Land und Wälder lieben“.
Haben Sie einen Lieblingsgarten oder -park?
Auch wenn ich mich vielen Gärten in Berlin, aber auch darüber hinaus gewidmet habe, so wird mir doch immer mein erster großer Garten, den ich gartendenkmalpflegerisch erforschen und instand setzen durfte – nämlich der von Peter Joseph Lenné 1816 geschaffene Pleasureground in Klein-Glienicke – als mein vielleicht schönster und wichtigster Garten in Erinnerung bleiben. Die Erforschung, Erfassung und sorgfältige Wiederherstellung dieses einzigartigen Berliner Gartendenkmals – zu Recht als ein Teil des Weltkulturerbes der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft geschützt – hat in mir die Liebe zum Erbe Peter Joseph Lennés begründet und bleibende Spuren hinterlassen.
Das Interview führte Bettina Vaupel
In unserer Interview-Reihe zum Europäischen Kulturerbejahr stellen wir Ihnen Menschen vor, die auf unterschiedlichste Weise Denkmale bewahren helfen.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
Lassen Sie sich per E-Mail informieren,
wenn eine neue Ausgabe von Monumente
Online erscheint.
Auch kleinste Beträge zählen!
Bin ich doch hocherfreut, dass Herr Dr. Klaus-Henning von Krosigk sich auch für das Wiedererstehen des Berliner Sclosses (Humboldt-Forum) eingesetzt hat ! Er hat wohl schon immer dafür gearbeitet, wenigstens soviel wie möglich von der Vorkriegsschönheit und des kulturellen Wertes den es in Berlin gab zurückzubringen !!!
Hat das politische Berlin leider dieses großartige Geschenk vom Staat und Privat teilweise ignoriert, so wird Berlin doch ungeheuer kulturell und wissenschaftlich davon profitieren !
DANKE HERR DR: KLAUS-H. VON KROSIGK ! Ihr Humboldt-und Barock-Fan.
Antwort auf: Direkt auf das Thema antworten
© 2023 Deutsche Stiftung Denkmalschutz • Monumente Online • Schlegelstraße 1 • 53113 Bonn
Spenden | Kontakt | Impressum | Datenschutz