Die Stiftskirche Bassum und ihr leuchtender Gipsinkrustationsboden
Kopflose Schäfchen
Kopflos trabte eines der Schafe in der Stiftskirche von Bassum umher. Nun ist es wieder - vollständig und formvollendet - Teil der Herde, die sich um das wellige Wasser mit dem Stiftskirchen-Modell auf dem Boot gruppiert.
Weil das Fußboden-Bild im Chorquadrat der Kirche ansonsten in seiner leuchtenden Farbigkeit und exakten Symmetrie so stimmig war, fiel der fehlende Schafskopf stark auf. Man entschloss sich deshalb zu seiner Rekonstruktion. Gefragt waren Restauratoren, die die Technik der Gipsinkrustation beherrschen, in der der Fußboden im niedersächsischen Bassum ausgeführt ist. Die im 13. Jahrhundert errichtete backsteinerne Kirche wurde 1860-69 von Conrad Wilhelm Hase instand gesetzt und in Teilen erneuert; dabei wurde auch der Inkrustationsboden aus Hochbrandgips geschaffen. Bei dieser Technik werden in eine Mörtelgrundmasse aus Hochbrandgips Flächen eingeschnitten, mit gefärbtem Gips aufgefüllt und geglättet. Lage für Lage, Farbe für Farbe entstehen so flächendeckende Darstellungen - sehr aufwendig, aber auch sehr beeindruckend. Nur wenige Böden in dieser schon im Mittelalter angewandten Werktechnik sind erhalten geblieben.
Andere Zeiten, andere Auffassungen: Bei Restaurierungsmaßnahmen in den 1920er-Jahren drehte man die Schafe auf der linken Seite einfach um. Sie laufen nun nicht mehr gen Osten zum Lamm Gottes, sondern im Kreis. Warum man das tat, verraten uns die Archive allerdings nicht.
Beatrice Härig
Die im Frühjahr 2014 fertiggestellte Restaurierung des Gipsinkrustationsfußbodens ist von der Stiftskirche St. Mauritius und St. Viktor zu Bassum-Stiftung, einer treuhänderischen Stiftung in der Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, gefördert worden.
Die Studentin Catalina Schulz beim Ergänzen eines Schafskopfs in Inkrustationstechnik. Es gab Fehlstellen in den Binnenflächen und außerdem befanden sich in den Randbereichen von Chor und Apsis umfangreiche Zementergänzungen. Die alten Ergänzungen sollten entfernt und sämtliche neue in Hochbrandgips ausgeführt werden.
Ergänzen von Fehlstellen in Inkrustationstechnik. In vielen Bereichen war die Oberfläche durch Abrieb stark reduziert. Zum Teil waren die Inkrustationen nur noch als hauchdünne Schichten erhalten.
Eines der Schafe im Chor wird bearbeitet. Eine rezente Notsicherung im Bereich eines Kopfes wurde ausgearbeitet, die untere Gipsschicht der neuen Ergänzung bereits eingebracht.
Das Schaf bekommt einen neuen Kopf durch eine vollständige Ergänzung. Nach Einbringen der roten Gipsmasse des Lokaltons wurde die Kontur des Schafkopfs ausgearbeitet und der Bereich mit weißem Gips gefüllt. Die schwarzen Inkrustationen erfolgten zuletzt.
Hier die Ergänzung nach dem Feinschliff. Die rekonstruierende Ergänzung wurde beschlossen, da sämtliche Ornamente und Schafe auf Schablonen basieren und keine individuelle Handschrift existierte. Keine der Ergänzungen verlangte freie Interpretation, bis auf den fehlenden Schafskopf waren alle Fehlstellen von kleinerem Umfang.
Schablone für die malerische Rekonstruktion der Medaillons im Randbereich. Hier entschied man sich, die Gipsergänzungen im Lokalton auszuführen und die fehlende Ornamentik anschließend malerisch zu rekonstruieren.
Malerische Rekonstruktion des Medaillons auf der Ergänzung. Alle Ornamente und figürlichen Darstellungen konnten anhand erhaltener Motive kopiert werden.
Die Restauratorinnen Claudia Schindler und Dr. Stefanie Lindemeier der Firma Piepo Restaurierung GmbH beim Hinterfüllen von Hohlstellen. Etwa die Hälfte des Fußbodens sind bauzeitlicher Bestand von 1860-69. Der Rest stammt von einer Restaurierungsphase der 1920er-Jahre. Die konservatorisch-restauratorischen Arbeiten bestanden hauptsächlich aus Reinigung, partieller Festigung, Hinterfüllen von Hohlstellen und der Fixierung von losen Inkrustationen.
Die Studentin Catalina Schulz beim Ergänzen eines Schafskopfs in Inkrustationstechnik. Es gab Fehlstellen in den Binnenflächen und außerdem befanden sich in den Randbereichen von Chor und Apsis umfangreiche Zementergänzungen. Die alten Ergänzungen sollten entfernt und sämtliche neue in Hochbrandgips ausgeführt werden.
Ergänzen von Fehlstellen in Inkrustationstechnik. In vielen Bereichen war die Oberfläche durch Abrieb stark reduziert. Zum Teil waren die Inkrustationen nur noch als hauchdünne Schichten erhalten.
Eines der Schafe im Chor wird bearbeitet. Eine rezente Notsicherung im Bereich eines Kopfes wurde ausgearbeitet, die untere Gipsschicht der neuen Ergänzung bereits eingebracht.
Das Schaf bekommt einen neuen Kopf durch eine vollständige Ergänzung. Nach Einbringen der roten Gipsmasse des Lokaltons wurde die Kontur des Schafkopfs ausgearbeitet und der Bereich mit weißem Gips gefüllt. Die schwarzen Inkrustationen erfolgten zuletzt.
Hier die Ergänzung nach dem Feinschliff. Die rekonstruierende Ergänzung wurde beschlossen, da sämtliche Ornamente und Schafe auf Schablonen basieren und keine individuelle Handschrift existierte. Keine der Ergänzungen verlangte freie Interpretation, bis auf den fehlenden Schafskopf waren alle Fehlstellen von kleinerem Umfang.
Schablone für die malerische Rekonstruktion der Medaillons im Randbereich. Hier entschied man sich, die Gipsergänzungen im Lokalton auszuführen und die fehlende Ornamentik anschließend malerisch zu rekonstruieren.
Malerische Rekonstruktion des Medaillons auf der Ergänzung. Alle Ornamente und figürlichen Darstellungen konnten anhand erhaltener Motive kopiert werden.
Die Restauratorinnen Claudia Schindler und Dr. Stefanie Lindemeier der Firma Piepo Restaurierung GmbH beim Hinterfüllen von Hohlstellen. Etwa die Hälfte des Fußbodens sind bauzeitlicher Bestand von 1860-69. Der Rest stammt von einer Restaurierungsphase der 1920er-Jahre. Die konservatorisch-restauratorischen Arbeiten bestanden hauptsächlich aus Reinigung, partieller Festigung, Hinterfüllen von Hohlstellen und der Fixierung von losen Inkrustationen.
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Info:
Das Stift Bassum selber, etwa 25 km südlich von Bremen gelegen, ist ebenfalls einen Besuch wert. Es wurde 858 gegründet und gilt als das älteste noch bestehende Kanonissenstift in Europa. Um das Abteigebäude und die Kirche gruppieren sich diverse weitere Gebäude wie Stiftsmühle, Speicher, die ehemaligen Stiftsdamenhäuser und die Rentei. Im 2012 eingeweihten Ausstellungsraum im Abteigebäude werden wertvolle Ausstattungsstücke und Stoffe gezeigt. Führungen auf Anfrage.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.