Kleine und große Kirchen Streiflichter Menschen für Denkmale Februar 2012

Die Kirche in Crock wurde auf einem germanischen Heiligtum erbaut

Erst Irmin, dann Veit

Der englische Abt Wynfreth erhielt am 15. Mai 719 von Papst Gregor II. den Auftrag, das Christentum im Frankenreich zu verbreiten. Als Bonifatius missionierte er zunächst im Land der Friesen, später zog er nach Osten weiter. In Nordhessen wollte er ein Zeichen setzen und fällte 723 das Heiligtum der Germanen, die Donareiche. So gelang es ihm, den Stamm der Chatten zum Christentum zu bekehren.

Blick in die Kirche von Crock. Die Emporen stammen aus dem 16. Jahrhundert. 
Crock, St. Veit © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Blick in die Kirche von Crock. Die Emporen stammen aus dem 16. Jahrhundert.

In Thüringen ging Bonifatius ähnlich vor. Auf der Bergnase Crougha, dem heutigen Crock, stürzte er das Irmin-Heiligtum und ließ an dieser Stelle drei Kreuze aufstellen. Noch im 8. Jahrhundert wurde dort eine kleine, dem heiligen Veit gewidmete Kapelle errichtet. Sie lag an der alten Handelsstraße von Hamburg nach Venedig und entwickelte sich zu einem beliebten Wallfahrtsort.

Als die Kapelle für die vielen Besucher zu klein wurde, ließ Propst Kilian von Bibra, der zugleich Pfarrherr in Crock war, 1489 an die Sakristei eine größere Kirche anbauen. Einen eigenen Pfarrer erhielt die Gemeinde zunächst nicht. Sie musste sich auf den mühsamen Weg ins fünf Kilometer entfernte Eisfeld machen, um die Sakramente zu empfangen. Erst mit der Reformation kam ein evangelischer Pfarrer nach Crock. Er ließ den Hochaltar und die Heiligenfiguren aus der Kirche entfernen. Nur der spätgotische Taufstein und der Tabernakel mit der Eisengittertür an der Nordseite des Altarraums blieben verschont. Um 1559 wurde St. Veit zu einer evangelischen Predigerkirche umgebaut, bekam ein Gestühl und zwei Emporen.

In den folgenden Jahrhunderten brannte es mehrmals in der Kirche, die stets unter großen Mühen wieder aufgebaut wurde. 1908 nahm man den St. Veits-Tag zum Anlass, die Kirche zu sanieren und eine neue Orgel in Auftrag zu geben. Die Schäden, die während des Zweiten Weltkriegs am Kirchturm entstanden, konnten bis 1946 behoben werden.

Das Kreuzrippengewölbe im Chor 
Crock, St. Veit © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Das Kreuzrippengewölbe im Chor

Als Pfarrer Johannes Ziegner am 1. September 1980 seine Arbeit in Crock aufnimmt, ist die Kirche in einem erbärmlichen Zustand. "In der Crocker Kirche stehen auf dem Fußboden Schüsseln, die das vom Dach durchtropfende Regenwasser auffangen", notiert er in seinem Tagebuch. Es gelingt ihm - wie er heute weiß, unter den argwöhnischen Augen der Stasi -, in dem Ort ein blühendes Gemeindeleben aufzubauen. Die Kirche rückt wieder ins Bewusstsein der Menschen, die die Restaurierung mit kleinen und großen Spenden ermöglichen. Dass die Arbeiten 1985 und damit vier Jahre vor dem 500. Geburtstag der Veitskirche abgeschlossen werden können, ist auch einer Lieferung von Kupfernägeln für die schiefernen Dachplatten zu verdanken, die die Partnergemeinde Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb schenkte.

Die Kirche wurde auf dem Irmelsberg außerhalb des Dorfes errichtet. 
Crock, St. Veit © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Die Kirche wurde auf dem Irmelsberg außerhalb des Dorfes errichtet.

Trotz der erfolgreichen Sanierung wurde die Kirche vor drei Jahren erneut zu einem Pflegefall. 1908 hatte man die neue Orgel auf der zweiten Empore platziert und dafür einige Dachbalken herausgeschnitten. Zwar wurde die Kirche damals durch Zuganker gesichert, dennoch zeigten sich vor drei Jahren massive Schäden am Dachtragwerk. Sie werden nun mit Mitteln der Landeskirche, der Städtebauförderung, des thüringischen Landesdenkmalamtes, des Landkreises Hildburghausen, der Gemeinde Auengrund, der Kirchengemeinde und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz behoben, die 35.000 Euro bereitstellte. Wie so oft, ist Denkmalpflege auch hier ein Gemeinschaftswerk.

Der Hügel, auf dem die Kirche etwas außerhalb des Ortes Crock steht, ist übrigens nicht nach dem heiligen Veit benannt. Obwohl die Christianisierung durch Bonifatius schon beinahe 1.300 Jahre zurückliegt, heißt er wegen des Heiligtums, das dort einst von den Germanen verehrt wurde, immer noch Irmelsberg.

Carola Nathan

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2 Kommentare

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    Eva Wilhelm schrieb am 21.03.2016 15:10 Uhr

    Wie schön ist es, am anderen Ende der Welt, über den Irmelsberg und seine Geschichte zu lesen! Eine Schülerin hat sich entschieden über die Gebrüder Grimm zu recherschieren und so bin ich auf diese Seite gekommen. Vielen Dank und ich bin eigentlich froh darüber, dass der Ort seinen ursprünglichen Namen zurückerhielt!

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    Antje Krüger schrieb am 21.03.2016 15:10 Uhr

    Dieser Artikel ist für mich sehr interessant, war ich doch der Annahme, dass die Irminsäule im Bereich des Sauerlandes, bei der Eresburg, gestanden haben soll. So wird es in der Kaiserpfalz zu Goslar erzählt, wo ein Gemälde mit Karl dem Großen und der Vernichtung des Sachsen-Heiligtums zu sehen ist. Oder gab es mehrere dieser Heiligtümer?

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