Kleine und große Kirchen Barock August 2010

Die Geschichte der Schlosskirche Blieskastel

Der Graf holte die Franziskaner

Blieskastel gilt als ein Kleinod im Saarland. Tatsächlich hat sich das Städtchen bis heute seinen barocken Charme bewahrt, der untrennbar mit den Grafen von der Leyen verbunden ist: Als diese ihre Residenz 1773 von Koblenz nach Blieskastel verlegten, kam ein wirtschaftlicher und künstlerischer Aufschwung in Gang, der bis heute das Stadtbild bestimmt.

Die Schlosskirche thront über der Altstadt von Blieskastel.  
Blieskastel, Schlosskirche © Herbert Bälke, Blieskastel
Die Schlosskirche thront über der Altstadt von Blieskastel.

Nach dem plötzlichen Tod von Reichsgraf Franz Carl im Jahr 1775 übernahm seine Gattin Marianne die Regentschaft und förderte auf vielfältige Weise die Entwicklung in dem Herrschaftsgebiet, das große Teile des Bliesgaus mit Blieskastel und St. Ingbert umfasste. Franz Carl hatte noch dafür gesorgt, dass der Orden der Franziskaner-Rekollekten der Rheinischen Provinz ein Kloster in der neuen Residenzstadt gründete. Da ihm die Bildung der Jugend besonders am Herzen lag, verpflichtete er die Mönche nicht nur zur Seelsorge, sondern auch zum Aufbau einer Lateinschule.


Neben dem Klostergebäude wurde ab 1776 die Klosterkirche errichtet und zwei Jahre später zu Ehren der heiligen Anna und des Apostels Philipp geweiht. Den Entwurf hatte Peter Reheis geliefert - ein Schüler von Friedrich Joachim Stengel, Baumeister der Saarbrücker Ludwigskirche. Zwar ist der Saalbau schlicht in seiner Kubatur und besitzt als typische Bettelordenskirche statt eines Turms nur zwei unterschiedlich hohe Dachreiter, dafür spiegelt die Schaufassade sehr wohl das höfische Repräsentationsbedürfnis. Denoch ist die heute gängige Bezeichnung als Schlosskirche nicht ganz korrekt, denn eine wirkliche Hofkirche war das Gotteshaus nie.

Die prächtige Westfront wird von dem säulengerahmten Portal und der aufwendigen Giebelarchitektur bestimmt. Aufbau und plastischer Schmuck bezeugen den Übergang vom Spätbarock zum Klassizismus. Auch der helle Innenraum strahlt mit seiner durch Doppelpilaster gegliederten Wand frühklassizistische Strenge und Eleganz aus. Die Altäre und die kunstvoll geschnitzte Kommunionbank sind hingegen typisch barock.

1793 war die Blütezeit der beschaulichen Residenz Blieskastel jäh beendet: Als französische Revolutionstruppen einmarschierten, musste nicht nur Marianne Gräfin von der Leyen die Stadt verlassen, auch die Franziskanermönche waren zur Flucht gezwungen. Zwar sollte das verwüstete Kloster wieder aufgebaut werden, aber dazu kam es nicht mehr: Nach seiner Aufhebung 1802 wurde die Kirche der örtlichen Gemeinde als neue Pfarrkirche übergeben.

Zuletzt hatten Feuchtigkeitsschäden in der Dachkonstruktion und undichte Fenster zu gravierenden Problemen geführt. Die Sicherung dieses architekturhistorisch herausragenden Gebäudes war dringend geboten. Die Mauerwerks- und Fassadensanierung konnte bereits 2002 abgeschlossen werden. Dennoch wurde die Kirche 2005 gesperrt, nachdem sich Teile des Deckengemäldes, das in den 1950er Jahren angebracht worden war, gelöst hatten.

Der Chorraum des Gotteshauses ist durch flache Doppelpilaster gegliedert.  
Blieskastel, Schlosskirche © Archiv der Stadt Blieskastel
Der Chorraum des Gotteshauses ist durch flache Doppelpilaster gegliedert.

Zur Reparatur des barocken Dachstuhls hat man das Gotteshaus sogar amputiert: Der markante große Dachreiter wurde abgenommen und im Hof provisorisch aufgestellt. Inzwischen ist die Dachsanierung abgeschlossen, und der Reiter hat wieder seinen angestammten Platz eingenommen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz konnte bislang über 126.000 Euro - darunter auch Mittel der GlücksSpirale - für die Instandsetzung des stadtbildprägenden Gebäudes zur Verfügung stellen, das jetzt wieder für Gläubige und interessierte Besucher offensteht.

Die Arbeiten an der katholischen Pfarrkirche gehen allerdings weiter: zur Zeit an den Außenfassaden und Kirchenfenstern, für das nächste Jahr sind Restaurierungsmaßnahmen im Inneren des Baus geplant.

Bettina Vaupel

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