Wohnhäuser und Siedlungen Sehen und Erkennen Februar 2010 H
Man sagt, die Fenster seien die Augen eines Hauses. Für die Türen gibt es dagegen keinen Vergleich mit dem Antlitz des Menschen, am ehesten könnte man sie den Mund nennen, der von abweisend verschlossen bis lachend geöffnet das Wesen eines Gebäudes ausdrücken kann. In diesem Beitrag soll - einer kleinen Kunstgeschichte gleich - die Entwicklung vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in unsere Zeit dargestellt werden.
Die bürgerliche Baukunst von der Französischen Revolution bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ist besonders reich an verschiedenartig gestalteten Haustüren. Sie zeigen den Stolz der biedermeierlichen Eigentümer bei den im übrigen schlichten klassizistischen Fassaden. Die Tür am Haus Radbrunnenstraße 15 in Hannoversch Münden trägt im oberen Oval des Rahmens das Datum 1794, ist also ein Beispiel für den Frühklassizismus, der im Reichtum und in der Plastizität der Formen noch Nachklänge des Barock aufweist. So erzeugen die Verzierungen in den Feldern die Illusion, die ovalen Lorbeerkränze in den Mittelfeldern und die Girlanden darunter seien tatsächlich an Schleifen und Haken aufgehängt und jederzeit abnehmbar.
Eine andere Tür in dem an Beispielen reichen Hannoversch Münden befindet sich am Haus Ritterstraße 3 und trägt im Oberlicht die Jahreszahl 1803. Die Gliederung der Felder ist jetzt vereinfacht, die Zierformen sind auf ein Minimum reduziert und flächig geworden. Sie entsprechen nun dem Stilgefühl des Klassizismus. Ebenso wie das Portal der Einfahrt in das Stadtschloss Wiesbaden, das auf die Einteilung der Flügel antiker Türen mit ihrer klaren Rechteckstruktur zurückgreift - ganz im Sinn der Wiederaufnahme von Formen der römischen Baukunst.
Im ländlichen Raum hält sich die klassizistische Einfachheit noch bis in das dritte Viertel des 19. Jahrhunderts, wie man am Bauernhaus in Eibau (Oberlausitz, s. Kopfgrafik links) aus dem Jahr 1862 beobachten kann. Eine plastische Bereicherung stellen jedoch die Schmuckfelder mit ihren Blattmasken in den unteren Feldern dar.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts ist eine Belebung der plastischer werdenden Formen zu beobachten. Die Tür des Hauses Bungenstraße 18 in Stade entstand 1896. Man wendet sich jetzt von der Diktatur des Rechtecks ab und gestaltet das Oberlicht halbkreisförmig um eine Muschel, das Lieblingsmotiv der Renaissance. Auch bei den ovalen Hauptfeldern nimmt der plastische Schmuck zu. Bei Häusern des Späthistorismus (1880-1900) dominieren die Formen der Neorenaissance und des Neobarock, so am Haus An der Ringkirche 7 in Wiesbaden. Dort findet man zwei kleinere Muschelaufsätze, Segmentbögen als oberen Abschluss der Hauptfelder und darunter Löwenköpfe und Voluten. In dieser Zeit liebt man besonders das Ätzglas, mit dem man die jetzt immer großflächiger werdenden Scheiben verziert. Die industrielle Produktion von Walzglas machte die Sprossenteilung von Türen und Fenstern überflüssig. Man wollte diese Möglichkeit nutzen, um die natürliche Belichtung der Treppenhäuser zu verstärken, ohne den Maßstab zu verletzen und auf eine Ausschmückung zu verzichten.
Der aufkeimende Jugendstil wird in dem floralen schmiedeeisernen Zierrat der Türflügel und des Oberlichtes des Hauses Eltviller Straße 12 in Wiesbaden spürbar, doch ist hier der Kielbogen der Türbekrönung mit dem Datum 1901 noch dem Stilpluralismus des Späthistorismus zuzurechnen. Am Portalrahmen des Hauses Niederwaldstraße 6 in Wiesbaden aus der Zeit um 1905 triumphiert der Jugendstil in jenen verschlungenen floralen Formen, die auch die ersten Hefte der Zeitschrift "Jugend" nach den Entwürfen von Fritz Erler zierten. Die Zeitschrift gab dieser internationalen Kunstrichtung in Deutschland ihren Namen, während sie in Frankreich l'art nouveau, in Spanien modernismo und in Österreich Sezessionsstil heißt. Kaiser Wilhelm II. hasste sie, da er sie mit den republikanischen Bestrebungen der aufmüpfigen Jugend gleichsetzte. Bei der Einweihung des Neuen Kurhauses in Wiesbaden 1907 äußerte er seine Kritik an den Wandgemälden von Fritz Erler im Muschelsaal überdeutlich.
Dagegen strebte Großherzog Ernst Ludwig von Darmstadt eine repräsentative Monarchie nach dem Vorbild der englischen Heimat seiner Mutter an und wurde deshalb von Wilhelm II. als Sozialist unter den deutschen Fürsten bezeichnet. Er schuf auf der Mathildenhöhe in Darmstadt die wichtigste Künstlerkolonie des Jugendstils in Europa. Dieser kommt auch am 1901 von Peter Behrens für sich selbst erbauten Wohnhaus in den vergoldeten Bändern und Fächern der Türflügel (s. Kopfgrafik rechts) zum Ausdruck, zugleich ist im rechteckigen Abschluss der Flügel und im Gewände eine Rückkehr zu Rechteckformen des Klassizismus festzustellen, dem sich Peter Behrens ab 1910 verstärkt zuwandte.
Über den Neoklassizismus in der Zeit um den Ersten Weltkrieg gelangte die internationale Baukunst zur Neuen Sachlichkeit der Zwanziger Jahre. Sie ist zum Beispiel bei Bruno Taut in seiner Siedlung Onkel Toms Hütte in Berlin-Zehlendorf 1926-28 verwirklicht. Die Strenge der schmucklosen Rechteckgliederung wird durch die kräftige schwarz-weiß-rote Farbigkeit der Haustür abgemildert.
Ist hier immerhin in den Proportionen und Details noch die gestaltende Hand zu spüren, so wendet man sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ganz der Nüchternheit von Fertigprodukten zu, und das sogar bei der Tür des Hauses Rüdesheimer Straße 23 in Wiesbaden, einem Bau des Jugendstils, wie an der Form des Oberlichts ablesbar ist. Unsere Zeit hat mit ihrer Präferenz der Pflegeleichtigkeit und der Kostengünstigkeit kaum Beispiele für schöne Haustüren hervorgebracht, am ehesten noch bei aufwendigen Villen als Nachbildungen historischer Türflügel. Wenn man die Türen als den Mund des Hauses ansieht, so ist dieser in unserer Zeit fest verschlossen.
Prof. Dr. Dr. E. h. Gottfried Kiesow
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
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