Kleine und große Kirchen Barock Oktober 2009
Dem fränkischen Wiesentheid liegt Rom ganz nah. Es scheint jedenfalls so. Man braucht eigentlich nur die katholische Pfarrkirche St. Mauritius zu besuchen. Von außen zeigt sich die Kirche als eine recht nüchterne Vertreterin des süddeutschen Barock. Wer sie jedoch betritt, befindet sich plötzlich nicht mehr in dem beschaulichen Residenzstädtchen der Grafen von Schönborn-Wiesentheid.
Denn der Kirchenraum präsentiert sich, für die deutschen Lande eher ungewöhnlich, im Stil der italienischen Renaissance: Ein Saal mit großen rundbogigen Fenstern und kannelierten, korinthischen Pilastern, die ein reich verziertes, vorspringendes Kranzgesims tragen. Der Hochaltar, St. Mauritius geweiht, und zwei Seitenaltäre für Maria Immaculata und den heiligen Antonius von Padua sowie Patronatsgestühl, Kanzel, Beichtstühle und Kirchenbänke fügen sich dem Raum harmonisch ein, ohne die eigentliche Überraschung vorwegzunehmen.
Denn kaum tritt der Besucher unter der Orgelempore hervor, glaubt er, in einer der beeindruckenden Kuppelkirchen Roms zu stehen. Der Blick richtet sich nach oben, wo sich über dem Saal, getragen von mächtigen Säulen, schweren Kragsteinen und stark vorspringenden Gesimsen das Rund einer grandiosen Kuppel erhebt. Alles strebt in die Höhe. Auch ihr Tambour, der Unterbau der Kuppel, ist durch Säulenpaare und Fenster gegliedert. Verzierte Rippenbänder schmücken in Rot und Gold das Kuppelgewölbe. An seinem Scheitelpunkt gibt ein Auge den Blick auf die steinerne Laterne frei, die es bekrönt. Dort ist es licht und hell, denn durch die Laterne und die Fenster leuchtet der sonnige Himmel Latiums. Auf den Eckgesimsen sitzend, verweisen die vier heiligen Kirchenväter mit nachdenklichem Ernst auf die Schriften der Kirche. Zwei Medaillons mit Christus und Maria zieren die Seitenwände.
Wer jedoch seinen Blickwinkel verändert und sich weiter in den kuppelbekrönten Saal hinein bewegt, kehrt schnell in die Kirche des fränkischen Weinortes Wiesentheid zurück. Die Säulen brechen weg, die ausgewogenen Proportionen der Kuppelbasilika geraten dramatisch ins Wanken, dem Betrachter droht schwindelig zu werden. Da lüftet sich das Geheimnis: Man ist einer Illusion erlegen. Die gewaltige Kuppelkirche zeigt sich als reine Scheinarchitektur, gemalt auf die flache Spiegeldecke, die den Kirchensaal überspannt. Giovanni Francesco Marchini aus Como war der Meister dieser gekonnten Täuschung. Er schuf die Freskomalerei zwischen 1728 und 1730. Den Auftrag erteilte ihm Graf Rudolf Franz Erwein von Schönborn, der im Angedenken an seine 1718 verstorbene Ehefrau Maria Eleonore Charlotte, geborene Gräfin von Hatzfeld, die Kirche in Wiesentheid im barocken Stil neu errichten ließ.
Kein Geringerer als Balthasar Neumann entwarf die Pläne. Er war nicht nur der Hofarchitekt der Schönborns, sondern auch als Oberbaudirektor für die Kirchen und Profanbauten in der Region um Würzburg zuständig. Ausgeführt wurden die Arbeiten von 1727 bis 1732 vom ortsansässigen Baumeister Johann Georg Seitz, der auch an anderen renommierten Bauten wie der Residenz in Bruchsal oder Kloster Ebrach beteiligt war.
Mit der Ausgestaltung und Ausstattung der Kirche wurden nur Kenner ihres Handwerks beauftragt. So auch Giovanni Marchini, der sich schon mit seiner Freskomalerei in der Kirche St. Martin in Bamberg, in Schloss Pommersfelden und in der Kirche Walldürn einen Namen gemacht hatte. Marchini wiederum hatte einen berühmten Lehrer: Andrea Pozzo (1642-1709), ein Meister der im Barock so beliebten Illusionsmalerei. Als sein Hauptwerk gilt das berühmte Deckenfresko im Chor der Kirche San Ignazio di Loyola in Rom, das er 1685 bis 1694 malte. Pozzos mit Stichen illustrierte Anleitungen zur Perspektive in Architektur und Malerei war über lange Zeit das grundlegende Handbuch eines jeden, der sich in der Kunst des schönen Scheins übte.
Auch wenn Rudolf Franz Erwein von Schönborn "nur" zum weltlichen Zweig der Schönborns zählte und nicht so heftig wie seine fürstbischöfliche Verwandtschaft vom "Bauwurmb" befallen war, so wollte auch er in seinem Residenzstädtchen der kirchlichen Macht nahe sein - führten doch schon damals alle Wege nach Rom.
Christiane Rossner
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
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Vielen Dank. Bis Rom nur ein paar Schritte war einmalig.\n \n
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