Kleine und große Kirchen April 2005 K
Einer Stadt, die sich rühmen kann, die größte und wichtigste Kirchenversammlung des späten Mittelalters ausgerichtet zu haben, muss die Geschichte tief in den Mauern stecken. Mit dem 16. Konzil, einberufen zur Überwindung des Abendländischen Schismas, wurde ganz Konstanz zum internationalen Kongresszentrum für geistliche und weltliche Würdenträger umfunktioniert: Zwischen 1414 und 1418 war bald jedes Haus eine Herberge, wurden die Kirchen und Klosterräume zu Sitzungsorten. Es war ein zähes Ringen um die Einheit und die Reform der Kirche, das fast vier Jahre währte.
König Sigismund, der die Stadt am Bodensee so geschickt angepriesen und damit ein Konzil ins Deutsche Reich gebracht hatte, kam immer wieder, um an vorderster Front zu diskutieren. Bei seinen letzten Aufenthalten nahm der Herrscher im Augustinerkloster Quartier. Im Mai 1418 war die Veranstaltung endgültig vorbei: Nach dem neuen Papst zog auch der König aus der Stadt - und ließ einen Berg voller Schulden zurück. Nicht nur die Weinfässer der Augustinermönche wurden nie bezahlt.
Dafür machte Sigismund seinen Gastgebern ein Geschenk, das heute zu den größten Kunstschätzen der Stadt gehört. Im Jahr 1417 stiftete der König Fresken für die Klosterkirche. In nur vier Monaten malten Heinrich Grübel, Kaspar Sünder und Hans Lederhoser die Hochwände des Mittelschiffs aus. Ob der säumige Auftraggeber die drei Konstanzer Meister je angemessen entlohnt hat, sei dahingestellt. Auf jeden Fall zählen die so genannten Konzilsfresken zu den bedeutendsten spätgotischen Wandmalereien Süddeutschlands.
Ein umlaufender Fries schildert in 18 Szenen die Geschichte des Augustinerordens. In den Arkadenzwickeln darunter thronen neben Sigismund Heilige aus seinem Geschlecht. Ganz oben in der Fensterzone sind in Medaillons Propheten des Alten Testaments dargestellt. Da die heutige Pfarrkirche zur Heiligsten Dreifaltigkeit im Lauf der Zeit mehrfach überformt und umgestaltet wurde, entdeckte man diese qualitätvolle Ausmalung erst vor hundert Jahren wieder.
Nach der Gründung des Klosters 1268 hatten die "Schwarzen Mönche" die gotische Kirche als dreischiffige, flachgedeckte Basilika errichten lassen. 1740 wurde die turm- und querschifflose Bettelordenskirche barockisiert: Man wölbte das Mittelschiff ein, gestaltete die Fenster um und versah Decken und Wände mit Stuck. Die mittelalterlichen Wandbilder wurden bei den Arbeiten übermalt.
Nach der Auflösung des Klosters 1802 diente das Gotteshaus als städtische Spitalkirche, die Klausurgebäude wurden später abgebrochen. Erst bei der ab 1904 erfolgten Instandsetzung kamen die Konzilsfresken zum Vorschein. Als die Dreifaltigkeitskirche 1998 an die katholische Pfarrgemeinde übergeben wurde, war sie in einem bedenklichen Zustand. Abgesehen von Salzbelastung und starker Verschmutzung der Malereien war die Statik durch ungleichmäßige Setzung der Wände erheblich gefährdet: Der gesamte Bau hatte sich bereits geneigt.
Die komplizierten Maßnahmen zur Stabilisierung konnten 2001 abgeschlossen werden. Begleitet wurden sie durch bauarchäologische Untersuchungen. Wegen des feuchten Grundes hatte man die Kirche in früheren Jahrhunderten mehrmals aufgeschüttet und so das Bodenniveau insgesamt um bis zu 1,90 Meter erhöht. Dabei blieben nicht nur verschiedene Putze und Farbfassungen hervorragend erhalten, die Aufschluss über den mittelalterlichen Kirchenbau geben. Darüber hinaus konnte der untere Teil eines begehbaren Lettners mit mindestens vier Altären freigelegt werden.
Jetzt, wo sie endlich sicher steht, soll die ehemalige Klosterkirche der Augustiner-Eremiten außen und innen restauriert werden, um dann wieder als Stadtkirche und für kulturelle Veranstaltungen genutzt zu werden. Die kleine Kirchengemeinde ist mit den Maßnahmen finanziell überfordert, auch wenn der kirchliche Bauförderverein kräftig die Werbetrommel rührt.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wird sich zusammen mit der Denkmalstiftung Baden-Württemberg an der Restaurierung der mittelalterlichen Malereien beteiligen. Die überregionale Bedeutung des Bauwerks ist allein wegen der Konzilsfresken unbestritten. Wie tief das Denkmal in der Konstanzer Kirchen- und Stadtgeschichte verankert ist, haben die Archäologen längst bewiesen.
Bettina Vaupel
Adresse:
Rosgartenstraße 25
78462 Konstanz
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