Denkmalarten Wohnhäuser und Siedlungen Öffentliche Bauten Stile und Epochen Jugendstil / Art Déco 1850 Ausgabe Nummer Oktober Jahr 2023 Denkmale A-Z V W

Tempel der Tanzkunst

Pionierin auf dem Parkett

Mary Wigman, bahnbrechende Tänzerin des 20. Jahrhunderts, hat von Dresden aus weltweit gewirkt. Ihre einstige Tanzschule wird auch mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz bewahrt.

Sie war die Begründerin des modernen Ausdruckstanzes, der als New German Dance ­international bekannt wurde und die Welt des Tanzens veränderte: Mary Wigman, geboren 1886, gestorben 1973. In Dresden steht ihre Tanzschule – ein tanzhistorisch wertvoller Ort in einer Formensprache zwischen Expressionismus und klassischer Moderne.


In der weltweiten Presse wurde Mary Wigmans Tanzschule in der Bautzner Straße 107 in Dresden als „Tempel der Tanzkunst“ und „Deutsche Hochschule des Tanzes“ bezeichnet. Von 1920 bis 1942 tanzte, choreografierte, unterrichtete und lebte Mary Wigman an diesem Ort – die 22 Jahre gelten als die bedeutendsten im Schaffen der Künstlerin. In der ­Bautzner Straße entstanden international ge­feierte Solo- sowie Gruppenwerke. 

Wiege des Ausdruckstanzes: die frühere Tanzschule Mary Wigmans in Dresden, hier der Vorderbau, eine überformte Villa aus dem 19. Jahrhundert.
© Christoph Reichelt
Wiege des Ausdruckstanzes: die frühere Tanzschule Mary Wigmans in Dresden, hier der Vorderbau, eine überformte Villa aus dem 19. Jahrhundert.

Sie legte hier den Grundstein für eine moderne Ausbildung von Tänzer­­­innen und Tänzern im Stil des German Dance mit einer weltweiten Strahlkraft. Eigentlich hieß Mary Wigman Karoline Sofie Marie Wiegmann und benutzte nach dem Geschmack der Zeit einen amerikanisch klingenden Namen.


Moderner Tanz hinter bröckelndem Putz


Schnell wurde die 1920 bezogene Villa aus dem Jahr 1856 zu klein, der Dresdener Architekt Otto Geiler war für die Erweiterung der Villa Richtung Garten zuständig. 1927 baute er für die Wigman-Tanzschule das Saal­gebäude und einen eingeschossigen Zwischenbau, der Villa und Erweiterungsbau verbindet, im Stil der klassischen Moderne.

Dabei wurde auch die Villa zeitgemäß umgestaltet mit teils neuen Fensterformaten und glattem Putz. Das Ergebnis ist architektonisch spannend. Dem ­Architekten gelang ein für die Stadt früher ­Anschluss an die Formensprache der aufkeimenden Moderne mit dem noch sichtbaren Einfluss des Expressionismus.


Heute ist das Ensemble wieder ein Ort für Kunst und Kultur. Seit 2014 kämpft eine Gruppe Tanzkulturbegeisterter um die Stätte und belebt sie in ihrem ursprünglichen Sinn. 2019 wurde dem Verein der Schlüssel übergeben mit dem Auftrag, das Erbe der Mary Wigman zu bewahren. Seitdem wird das Haus als halböffentliche ­Kulturstätte betrieben. 

Ikonische Pose: die tanzende Mary Wigman.
© Hanns Holdt
Ikonische Pose: die tanzende Mary Wigman.
 

Es bietet Büroräume für Kulturschaffende. Vor allem aber ist es weiterhin Probenstätte für den Tanz und die dar­stellenden Künste – auf dem Parkett der Mary Wigman wirbeln noch heute Füße.

1927 für die Wigman-Tanzschule gartenseitig an die Villa angebaut: der Saalanbau.
© Christoph Reichelt
1927 für die Wigman-Tanzschule gartenseitig an die Villa angebaut: der Saalanbau.
So sah der Putz am Zwischenbau, der Villa und Saalanbau verbindet, vor der von der DSD geförderten Sanierungsmaßnahme aus.
© Christine Kral
So sah der Putz am Zwischenbau, der Villa und Saalanbau verbindet, vor der von der DSD geförderten Sanierungsmaßnahme aus.
 


Schicht um Schicht wird bei der aufwendigen Haussanierung freigelegt, um dem Vergangenen einen Platz in der Zukunft zu geben. Jetzt muss die Fassade des Zwischenbaus dringend saniert werden. Der Originalputz von 1927 ist durch defekte Dachrinnen und aufsteigende Feuchtigkeit stark geschädigt. Bei den Arbeiten helfen die Deutsche Stiftung Denkmalschutz so­wie die Hermann Reemtsma Stiftung. Ganz im Sinne Wigmans, die einst im Rückblick auf ihr Leben sagte: „Der Einsatz für dieses alles hat sich gelohnt, hundertprozentig gelohnt.“


Nicole Hollatz/Beatrice Härig


www.denkmalschutz.de/villa-wigman

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

  • Albrecht Dürer und die Kartierung der Sterne 13.01.2016 Himmelskarten Der Hase am Südhimmel

    Der Hase am Südhimmel

    Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.

  • Mittelalterliche Wandmalereien in Behrenhoff 16.01.2018 Die Hölle Vorpommerns Die Hölle Vorpommerns

    Die Hölle Vorpommerns

    In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.

  • Otto Bartning und seine Kirchen 09.03.2016 Bartning Kirchen Spiritualität in Serie

    Spiritualität in Serie

    Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.

Service

Monumente Probeheft

Probeheft jetzt anfordern!


Zeitschrift abonnieren
Magazin für Denkmalkultur in Deutschland



Möchten Sie ausführlicher über aktuelle Themen aus der deutschen Denkmallandschaft lesen? 


Dann abonnieren Sie Monumente!  


 
 
Monumente Probeheft

Probeheft jetzt anfordern!


1
Zeitschrift abonnieren
Magazin für Denkmalkultur in Deutschland
2
Monumente Abo



Möchten Sie ausführlicher über aktuelle Themen aus der deutschen Denkmallandschaft lesen? 


Dann abonnieren Sie Monumente!  


3

Newsletter

Lassen Sie sich per E-Mail informieren,

wenn eine neue Ausgabe von Monumente

Online erscheint.

Spenden für Denkmale

Auch kleinste Beträge zählen!

 
 
 
 
0 Kommentare

0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar!

Antwort auf:  Direkt auf das Thema antworten

 
 

© 2023 Deutsche Stiftung Denkmalschutz • Monumente Online • Schlegelstraße 1 • 53113 Bonn