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Nur gemeinsam gehts

Hilfe für das Halbe Schloss

Abriss war im thüringischen Langenleuba-Niederhain letztlich keine Alternative. Seit ein paar Jahren setzen sich viele helfende Hände für das sogenannte Halbe Schloss mitten im Ort ein. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützt die Rettung des barocken Bauwerks seit 2023 – möglich auch durch unsere großartige Spendergemeinschaft. MONUMENTE zeigt einige der Akteure, die mit der DSD für den Erhalt kämpfen.

Das Halbe Schloss in Langenleuba im thürin­gischen Altenburger Land: 2014 kam es sogar zeitweise auf die Liste der gefährdetsten Schlösser Thüringens.
© Thomas Müller
Das Halbe Schloss in Langenleuba im thürin­gischen Altenburger Land: 2014 kam es sogar zeitweise auf die Liste der gefährdetsten Schlösser Thüringens.

Gründungsschäden waren es wohl, die 1838 zur Niederlegung des gesamten Südflügels und in Folge zu seinem außergewöhnlichen Namen Halbes Schloss führten. Als zweigeschossige Vierflügelanlage mit 121 Fenstern hatte es ursprünglich der Leipziger Kaufmann Johann von Kuntsch zwischen 1707 und 1711 errichten lassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Wohnungen und eine Schule im ­Herrenhaus untergebracht. Ab 1965 stand es leer. Nach der Wende ging es in den Besitz des Bundes über, es folgten Eigentümerwechsel – seit 2022 engagiert sich der Verein Halbes Schloss Langenleuba-Niederhain e. V. für die Restaurierung und Wiederbelebung der Anlage.

 

Mittlerweile ist die Gemeinschaft auf über 40 Mitglieder aus dem Ort, aus der Region, aber auch deutschlandweit angewachsen. Tim Schöps, DSD-Referent für Thüringen: „Die Stiftung freut sich, dass wir hier tatkräftig helfen können auch neben der finanziellen Förderung. Das Zusammenspiel mit den Mitteln des Landes Thüringen funktioniert sehr fruchtbar, das ist wichtig angesichts der immens großen Bauabschnitte in den kommenden Jahren.“


Der omnipräsente Visionär

Philipp Hesse betrat im Januar 2020 eines der gefährdetsten Schlösser Thüringens zum ersten Mal. Seitdem kämpft der thüringische, in Kopenhagen lebende Architekt für den Erhalt des Halben Schlosses und gründete einen gemeinnützigen Verein.

Monumente: Wie kamen Sie auf die Idee, das Halbe Schloss zu retten?

Philipp Hesse: Als Thüringer, der nach der Wende groß geworden ist, beobachtete ich schon als Kind Abrisse und Sanierungen. Die damalige Faszination für alte Gebäude, besonders für Schlösser und Burgen, ist bis heute geblieben. Ich bin ein Schlossfreak. Gerade im ländlichen Raum in Mitteldeutschland ist so viel gebautes Potenzial, das Teil unserer Identität ist. Ich folgte 2019 einem Aufruf im Rundfunk. Als ich das Halbe Schloss mit der Denkmalpflegerin vom Altenburger Land Anfang Januar 2020 zum ersten Mal betrat, war es um mich geschehen. In Sicherheitsnetze eingepackt, zugewuchert und trotzdem ein beeindruckender Bestand, den ich als Architekt nutzbar machen wollte.

Philipp Hesse im ehemaligen Schulraum des Halben Schlosses.
© Thomas Müller
Philipp Hesse im ehemaligen Schulraum des Halben Schlosses.
 

Wie ging es weiter?

Zu dem Zeitpunkt war das Schloss in Privatbesitz. In Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde hatten die Eigentümer Notsicherungen am Dach begonnen. Ich engagierte mich und war neben den Besitzern der Einzige, der einen Schlüssel hatte. Die Pandemie bremste uns aus. Es blieb aber Zeit für Sicherungsmaßnahmen und neue Ideen. Aus meinem dänischen Architekturbüro kenne ich es, dass bei Bauprojekten in den Austausch mit Anwohnern gegangen wird. Im Gemeindeblatt machten wir deshalb eine ausführliche Bürgerbefragung zum Objekt und Bürgerversammlungen. Wenn das Schloss eine Zukunft haben soll, müssen wir das Dorf mitnehmen. So kam das Projekt ins Rollen und mein Ziel war es, am Tag des offenen Denkmals® 2021 das Schloss zu öffnen.


Warum beschlossen Sie, einen Verein zu gründen?

Das Schloss sollte bei einer Auktion zum Verkauf angeboten werden. Innerhalb von ein paar Wochen haben wir uns mit einer Gruppe von sieben Leuten im Februar 2022 dazu entschieden, es zu kaufen. Vielleicht eine verrückte Entscheidung, aber der Bürgermeister, die Gemeinde und die Planungsbeteiligten unterstützten die Idee des Kaufes und der Vereinsgründung. Das war in unseren Augen die einzige Möglichkeit, das Schloss zu erhalten. Denn bis dahin hatten sich alle in das Gebäude verliebt und glaubten daran, dass das Schloss eine Zukunft verdient.

„Das Halbe Schloss hat eine Zukunft verdient.“

Was ist Ihre Vision für das Schloss?

Wenn wir über ein Konzept für das Schloss sprechen, ist die gesamte Anlage mit Schloss, Mühlenwohngebäude und Rittergut gemeint. 

 

Das Gefüge soll ein sozialer Ort werden. Das, was es immer war, und was es im Sinne des Erbauers sein sollte: Raum für Bildung, Handwerk und soziale Zwecke. Mit der Einsatzstelle der thüringer Jugendbauhütte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die seit ­September 2024 hier viel bewegt und jeden Tag Leben ins Schloss bringt, haben wir gestartet. Langfristig soll es eine Begegnungsstätte werden. Durch den gemeinsamen Einsatz ist es jetzt schon wieder ein Teil des Dorfes. Das wollen wir erhalten und es in einem guten und gesicherten Zustand an die nächste Genera­tion übergeben. Ich glaube, das ist alles, was wir erreichen können. So ein Schloss ist nie fertig.



Die engagierte Anwohnerin

Kathleen Kastner lebt seit 25 Jahren in Langenleuba-Niederhain und ist die Fleischerin des Vertrauens. Nach einer Bürgerversammlung ist sie in den Verein Halbes Schloss Langenleuba-­Niederhain e. V. eingetreten und sorgt bei Veranstaltungen mit Kesselgulasch, Kürbissuppe und Thüringer Rostbratwurst für kulinarische Freuden.

Seit acht Jahren leitet Kathleen Kastner eine Fleischerei in unmittelbarer Nähe zum Büro des Vereins im alten Rittergut gegenüber des Halben Schlosses.
© Thomas Müller
Seit acht Jahren leitet Kathleen Kastner eine Fleischerei in unmittelbarer Nähe zum Büro des Vereins im alten Rittergut gegenüber des Halben Schlosses.

Kathleen Kastner ist nicht nur in Sachen Verköstigung des Vereins aktiv. Die 44-Jährige sagt selbst, dass sie den Trubel liebt, ist Mutter und Großmutter, leitet ein Fleischereigeschäft und ist zudem engagierte Botschafterin für den Schlossverein. In die 1.000-Seelen-Ortschaft Langenleuba kam sie durch ihren Mann. Sie lebt mitten im Dorf unweit der Fleischerei. In einer kurzen Pause vor ihrem Laden hatte Philipp Hesse ihr damals von dem Vorhaben erzählt, das Schloss zu restaurieren. Zu dem Zeitpunkt hatte sie es noch nie von innen gesehen. Das ging vielen Anwohnern so. Der ehrenamtliche Bürgermeister Carsten Helbig berichtet von mehrfachen Abriss- und Sprengungsplänen des barocken Bauwerks in seiner Geschichte. Doch er glaubt wie Kathleen Kastner an den hundertprozentigen Erhaltungswert des Schlosses. „Als Philipp mir das Schloss zeigte, zog es mich in den Bann. Die erhaltene Bausubstanz ist Kunst, das sind echte Schätze“, erzählt sie.

 

Nachdem Kathleen Kastner eine Bürgerversammlung für das Schloss besuchte, stand für sie und ihren Mann fest, dass sie dem Verein beitreten: „Es macht einfach Spaß, gemeinsam an etwas zu arbeiten.“

Angefangen beim Frühjahrsputz im Schloss, bei dem eimerweise Leitungen und Schutt aus dem Denkmal getragen wurden, über immer wiederkehrende Arbeitseinsätze, bei denen oft 20 bis 30 Anwohner ehrenamtlich anpacken, bis hin zu großen Veranstaltungen wie Konzerten, Halloweenfesten oder dem Tag des offenen Denkmals. Kathleen Kastners Ladengeschäft wird dabei zur Verkaufsstelle für Tickets und Anlaufstelle für Fragen. Die Leute interessieren sich nun für das Schloss. „Es ist akzeptiert“, resümiert Kastner. „Seitdem etwas im Schloss passiert, ist bedeutend mehr Leben in Langenleuba.“


Dabei ist Niederhain nicht schlecht aufgestellt in Sachen Aktivitäten und Vereinsleben. Kastner beispielsweise engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr. Auch das nutzt sie im Sinne des Schlosses und gewinnt dort Freiwillige für den Aufbau, fürs Catering oder die Feuerwache. An Motivation und ehrenamtlichem Engagement fehle es nicht, leider aber an Geld. Ihren Drang, das Schloss als Begegnungs- und Bildungsstätte für alle Altersgruppen zu beleben, tut das keinen Abbruch. „Es ist schön, dass das Schloss nun immer mehr ein Teil des Ortes wird.“


Die entwerfenden Studentinnen

Emily Neuy und Lisa Eyink studieren an der Bauhaus-Universität Weimar Architektur. Sie nahmen an der Messeakademie der denkmal in Leipzig 2024 teil, bei der Architektur-Studierende Entwürfe zu drei ausgewählten Denkmalen einreichen. 2024 war das Halbe Schloss eines davon. Die DSD unterstützt seit über 25 Jahren die Messeakademie, unter anderem mit der Publikation der prämierten Entwürfe.


www.denkmal-leipzig.de/de/programm/messeakademie/messeakademie-2024/

Das Halb-Sein des Schlosses und damit seine Charakteristik zu erhalten, das war den beiden angehenden Architektinnen bei aller entwerferischen Neugestaltung und Umgestaltung der Schlossanlage wichtig. Überhaupt ging es ihnen um die Erhaltung aller baulich sichtbaren Zeitschichten und Spuren der Nutzungsgeschichte, wie auch etwa Anstrichen aus DDR-Zeiten. Offensichtlich hat dieser Ansatz überzeugt, denn die beiden wurden bei der letztjährigen Messeakademie ausgezeichnet. Ihr erklärtes Nutzungsziel für das Halbe Schloss: Das Gelände soll als Dorfmittelpunkt gestärkt werden.


Inszenierung des Schlosses


Dafür sieht ihr Entwurf das Büro des Bürgermeisters im Schloss vor. Ein Erweiterungsflügel mit großem, technisch voll ausgestattetem Veranstaltungssaal mit barrierefreiem Eingang ermöglicht kulturelle Angebote.

Um das Besondere des Halb-Seins des Schlosses zu erhalten, ist der neue Flügel um fünf Meter von dem Bestandsbau abgerückt, greift dabei jedoch in seinen Außenkanten die Kubatur des abgerissenen Südflügels auf. Niedriger geplant als das Schloss ordnet er sich visuell unter, um das Barockschloss zu inszenieren, statt von ihm abzulenken. Das große, mittig angeordnete Fenster stellt eine direkte Sichtbeziehung zum Schlosshof her, so wie sich aus dem Neubau immer wieder einmalige Blicke und neue Perspektiven auf die abgebrochene Fassade des Halben Schlosses ergeben. Verbunden sind die Gebäudeteile über zwei Brücken, die, und das ist Emily Neuy und Lisa Eyink besonders wichtig, „den Übergang von Neu zu Alt und von Alt zu Neu erfahrbar machen.“

„Die Alterungsspuren erkennen wir als Teil seiner Geschichte an.“

Silja Schade-Bünsow, Bundesstiftung Baukultur, gratuliert den Studentinnen auf der denkmal 2024. Die DSD unterstützt seit über 25 Jahren die Messeakademie, unter anderem mit der Publikation der prämierten Entwürfe.
© Jens Schulze
Silja Schade-Bünsow, Bundesstiftung Baukultur, gratuliert den Studentinnen auf der denkmal 2024. Die DSD unterstützt seit über 25 Jahren die Messeakademie, unter anderem mit der Publikation der prämierten Entwürfe.
 
Prämierter Entwurf der Weimarer Studentinnen: Das Halbe Schloss wird durch ein zeitgenössisches Gebäude in der Kubatur des verlorenen Flügels erweitert.
© Emily Neuy und Lisa Eyink
Prämierter Entwurf der Weimarer Studentinnen: Das Halbe Schloss wird durch ein zeitgenössisches Gebäude in der Kubatur des verlorenen Flügels erweitert.



Die anpackende Jugend

Anneli Mey ist 19 Jahre alt und hat gerade ihr Abitur gemacht. Das Freiwillige Jahr in der Denkmalpflege führte sie nach Langenleuba-Niederhain: Seit Herbst 2024 ist sie Teil der Mobilen Jugendbauhütten der DSD im Halben Schloss.

Anneli Mey und Lukas Pfeiffer sind zwei der vier Teammitglieder.
© Thomas Müller
Anneli Mey und Lukas Pfeiffer sind zwei der vier Teammitglieder.

Philipp Hesse nennt sie liebevoll die vier Schlossgeisterchen: Das Mobile Team der Jugendbauhütte besteht aus vier jungen Menschen, die seit September 2024 im Halben Schloss unter fachlicher Anleitung eines Steinmetzes und vielen weiteren Fachleuten kräftig anpacken. Für insgesamt ein Jahr ist das Denkmal in Langenleuba ihre Einsatzstelle: vier Tage die Woche, von Montag bis Donnerstag, von acht Uhr morgens bis 18 Uhr abends. Nach Feierabend geht es in die für sie von Freiwilligen aus dem Ort hergerichteten Wohnungen, fünf Minuten entfernt.


Die Anwohner bis hin zum Bürgermeister sind begeistert von den sichtbaren Erfolgen am Gebäude, die das Team schon erzielt hat. Sie haben die verbarrikadierten Fenster aufgestemmt und mit Folien überspannt.

 

„Mittlerweile ist so viel Licht im Schloss, es ist viel wärmer, es ist viel mehr als eine Ruine“, sagt Anneli.

Auch wenn Anneli vorher nicht mit handwerklichen Techniken, Materialien und Geräten vertraut war, wusste sie von Anfang an, dass viel Arbeit auf sie wartet, die ihre Bereitschaft zu lernen unterstützt. „Das ist jeden Tag überwältigend, wie viel wir lernen und wie viel wir bisher schon mit nur acht Händen geschafft haben.“ Momentan arbeiten sie am Küchentrakt, eine der Restaurierungsmaßnahmen am Schloss, die die Deutsche Stiftung Denkmalschutz fördert. „Wir haben die Wände geputzt, Risse und Löcher ausgebessert und nun bereits in einem hinteren Raum einen Kalkanstrich aufgetragen.“ Zur Halbzeit des Jahres ist dieser Raum fast fertig und zeigt das räumliche Potenzial eindrücklich.

Nach Analyse des historischen Putzes wurde das Material aus Sand, Weißkalk, Wasser und Gipshaftputz nachgestellt für die Ausbesserungen der Wand im Schloss.
© Thomas Müller
Nach Analyse des historischen Putzes wurde das Material aus Sand, Weißkalk, Wasser und Gipshaftputz nachgestellt für die Ausbesserungen der Wand im Schloss.
Die großen Löcher in der Gemüseküche werden mit dem hergestellten Putzmaterial ausgefüllt. Nach dem Trocknen werden Überstände abgekratzt.
© Thomas Müller
Die großen Löcher in der Gemüseküche werden mit dem hergestellten Putzmaterial ausgefüllt. Nach dem Trocknen werden Überstände abgekratzt.
Wenn die begradigte Fläche vollständig durchgetrocknet ist, wird die Stelle im Anschluss mit einem befeuchteten Fummelbrett glattgerieben.
© Thomas Müller
Wenn die begradigte Fläche vollständig durchgetrocknet ist, wird die Stelle im Anschluss mit einem befeuchteten Fummelbrett glattgerieben.
 



Der vergleichende Forscher

Jörg Hahnel arbeitet bei der Kreisdenkmalpflege Altenburger Land und ist außerdem Quellenforscher zum Halben Schloss. Den Förderverein nennt er einmalig für die Gegend und einen „kleinen Leuchtturm“.

Monumente: Herr Hahnel, schon lange setzen Sie sich mit den Rittergütern und Gutshäusern des Altenburger Lands auseinander. Seit wann auch mit dem Halben Schloss?

Jörg Hahnel: Als ehemaliger stellvertretender Direktor des Deutschen Landwirtschaftsmuseums auf Schloss Blankenhain interessierten mich schon immer die ländlichen Strukturen. Seit drei Jahren forsche ich konkret zum Halben Schloss. Ich bin seitdem durch die Keller der Archive Thüringens und Sachsens, aber auch von Wien gekrochen.


Allein der Titel der Forschungsarbeit, die die DSD mit einer Sachförderung unterstützt, füllt Zeilen. Ist er nicht etwas kompliziert?

Ja, der Titel ist lang, er musste aber auch die Eckpunkte der Arbeit benennen: Typologie und Gestaltung der Bauten der Leipziger Kaufmannschaft im Augusteischen Zeitalter im Cluster zwischen fürstlicher Residenz und transnationaler Handelsarchitektur.

Jörg Hahnel sucht und findet in Archiven Quellenmaterial zum Halben Schloss.
© Thomas Müller
Jörg Hahnel sucht und findet in Archiven Quellenmaterial zum Halben Schloss.
 

Wie stand der barocke Bauherr zur Leipziger Kaufmannschaft?

Johann von Kuntsch war selbst erfolgreicher Leipziger Kaufmann. Er handelte mit Gewürzen, war sehr gut vernetzt, zum Beispiel in Wien und Prag. Er besaß in Leipzig mehrere Häuser.

Und in welchem Kontakt stand er zum Dresden Augusts des Starken?

Er belieferte den Zwinger mit Zitronenbäumen. Dresden war als Residenz der Herrscher Kurfürst Friedrich August I. und seinem Nachfolger absolutistisch strukturiert und Gegenpart zur Kaufmannsstadt Leipzig. Während des Nordischen Krieges versuchten die Handelsleute, ihr Geld sicher anzulegen. Im nicht-sächsischen Altenburger Land galten andere Steuersätze, es war sozusagen das Liechtenstein seiner Zeit. Deshalb wurden hier sehr viele Schlösser in dieser Zeit gebaut. Von Kaufleuten, die die Kunstmetropole Dresden gut kannten.

„Die barocken Architekturformen der Kaufleute strahlten nach Osteuropa und in den Ostseeraum aus.“

 

Können Sie das an der Architektur des Schlosses ablesen?

Das Gebäude ähnelt mit seinem Innenhof einem damals hochmodernen Leipziger Handelshof, gleichzeitig aber versehen mit barocken augusteischen Fassaden, die eindeutig auf den Dresdener Hof Augusts des Starken und Matthäus Daniel Pöppelmanns verweisen. Das Halbe Schloss ist ein spektakulärer Bau im vermeintlichen Nichts.


Ist die Arbeit eingebettet in ein übergreifendes Forschungsprojekt?

Es ist sehr interessant, wie globalisiert schon in barocken Zeiten Handel und Austausch waren. Leipzig lag an zwei transeuropäischen Handelsrouten. Gebäude ähnlicher Art wie die der Leipziger Kaufleute im Altenburger Land finden sich im Ostseeraum, in Skandinavien und in Polen. Die Arbeit soll erster Baustein für eine spätere übergreifende Inventarisierung und Dokumentation sein. Allein in Warschau liegt noch ein riesiger Fundus.

Der Stich zeigt das Halbe Schloss noch im Ganzen um das Jahr 1830. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit sollen in einer Ausstellung im Schloss präsentiert werden.
Privat / Urheber unbekannt
Der Stich zeigt das Halbe Schloss noch im Ganzen um das Jahr 1830. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit sollen in einer Ausstellung im Schloss präsentiert werden.
 



Die unterstützende Netzwerkerin

Sabine Ortmann war als Abteilungsleiterin bis 2019 im Landesamt für Denkmalpflege in Thüringen tätig. Seit 2023 ist sie Vorsitzende der IPBSG, der Interessengemeinschaft Private Burgen, Schlösser und Gutsanlagen in Thüringen e. V.

Sabine Ortmann kümmert sich um Thüringens Schlösser und auch ums Halbe Schloss.
© privat
Sabine Ortmann kümmert sich um Thüringens Schlösser und auch ums Halbe Schloss.

Über 300 Schlösser in privater Hand gibt es in Thüringen. Seit 2019 organisieren sich einige ihrer Besitzer in einem Verein, der ihnen ein öffentliches Podium bietet und als Plattform für Austausch dient. Im Vordergrund steht die Vernetzung der Eigentümer bei der Erhaltung, Sanierung und Nutzung der denkmalgeschützten Gebäude und Parkanlagen. Tagungen und Veranstaltungen sollen die Öffentlichkeit erreichen. Unterstützerin der Vereinigung war von Beginn an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz – viele der historischen Anlagen wurden oder werden von ihr gefördert.


Austausch und Vernetzung


Sabine Ortmann ist Mitinitiatorin und mit Leidenschaft dabei. Der wichtige Dialog mit staatlichen Denkmalbehörden und den zuständigen Ministerien der Landesregierung ist ihr ein großes Anliegen. Sie profitiert dabei von ihren Kontakten: „Meine Arbeit im Amt war die Pflicht, das jetzt ist die Kür.“


Auch das Halbe Schloss in Langenleuba ist mit seinem Verein Mitglied im Netzwerk. Bodo Ramelow, Ministerpräsent a.D./Vizepräsident des Bundestages, hat sie bereits mehrmals hierhin geführt.

 

Der Stellvertreter der Vorsitzenden der IPBSG ist – und hier schließt sich der Kreis – Philipp Hesse. In seiner Person und allen anderen, die wir auf diesen Seiten vorgestellt haben, zeigt sich besonders: Es braucht immer die engagierten Menschen vor Ort, um Denkmale und ihre spannende Geschichte zu bewahren. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bringt sich in vielerlei Weise ein – Sie können die Menschen, die Stiftung und die Rettung des Denkmals durch Ihre Spenden unterstützen.


www.schloesser-thueringen.de/


© Thomas Müller

Viele helfende Hände setzen sich für das Halbe Schloss ein. Die DSD unterstützt die Rettung des barocken Bauwerks seit 2023 – mit Ihrer Hilfe!


Svenja Brüggemann und Beatrice Härig


www.denkmalschutz.de/halbes-schloss


www.halbes-schloss.de


Halbes Schloss Langenleuba-Niederhain e.V.
Platz der Einheit 4
04618 Langenleuba-Niederhain

 

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© Thomas Müller
 

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