Wohnhäuser und Siedlungen 1700 Ausgabe Nummer Dezember Jahr 2024 Denkmale A-Z Z

Zweiständerhaus in Hamburg Neuenfelde

Bedrohtes Schmuckstück

Das Zweiständerhaus im Hamburger Stadtteil Neuenfelde ist eines der schönsten und historisch bedeutendsten Zeugnisse bäuerlicher Baukultur im Alten Land. Mit Unterstützung der DSD wird es seit 2022 restauriert.

Als ihrer Mutter ein Stück Mauerwerk ins Schlafzimmer fiel, gab es für Birgit Mählmann keinen Zweifel mehr: Das Haus, das ihre Familie „seit Jahrhunderten“, wie sie sagt, bewohnt und bewirtschaftet, litt an bedrohlicher Altersschwäche.

Vor Jahren einsturzgefährdet wird es jetzt für die Zukunft gesichert: das Haus in Neuenfelde während der Restaurierungsarbeiten am repräsentativen Giebel.
© Jochen Brunckhorst
Vor Jahren einsturzgefährdet wird es jetzt für die Zukunft gesichert: das Haus in Neuenfelde während der Restaurierungsarbeiten am repräsentativen Giebel.

Sechs Jahre ist das mittlerweile her und Birgit Mählmann hat seitdem einen Großteil ihrer Zeit damit verbracht, die Rettung des Fachwerkbaus aus dem 18. Jahrhundert zu organisieren. Behördengänge, Förderanträge, Überzeugungsarbeit bei Zuständigen, dass hier „Gefahr im Verzug“ war. Finanziert vom Hamburger Denkmalschutzamt stützte seit 2019 ein Holzgerüst den einsturzbedrohten Giebel. Drei Jahre später begann die Restaurierung. Einen willkommenen Beitrag dazu leistet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD).


Das Alte Land erstreckt sich auf dem linken Ufer der Unterelbe zwischen Hamburg und Stade. Hier bewirtschaften die Mählmanns in Neuenfelde am Westrand des Hamburger Stadtgebiets einen Bio-Obsthof und bewohnen ein reetgedecktes Hallenhaus in Zweiständer-Bauweise. Das Dach ruht auf zwei Reihen tragender Eichenholzbalken im Inneren der Konstruktion, sogenannte Ständer, die einen Dielenraum in der Mitte des Hauses umgrenzen. Die Außenwände bilden die schützende Haut, sind für die Statik des Gebäudes aber ohne Bedeutung.

Vor Jahren einsturzgefährdet wird es jetzt für die Zukunft gesichert: das Haus in Neuenfelde während der Restaurierungsarbeiten am repräsentativen Giebel.
© Jochen Brunckhorst
Vor Jahren einsturzgefährdet wird es jetzt für die Zukunft gesichert: das Haus in Neuenfelde während der Restaurierungsarbeiten am repräsentativen Giebel.

Geschichte


Die Geschichte des Hofes reicht mindestens 500 Jahre zurück. In einem Verzeichnis von 1524 wird ein gewisser Heino Quast als Besitzer erwähnt. Einer seiner Nachfahren, Hans Quast, ließ 1779 nach einem Brand das gegenwärtige Haus errichten und es dabei an dekorativem Aufwand nicht fehlen. Der Prunkgiebel an der Nordseite kragt vierfach aus, wodurch der Eindruck eines mehrgeschossigen Baus nach dem Vorbild städtischer Bürgerhäuser der Epoche entsteht.

In der einstigen Truhenstube, mit 30 Quadratmetern der größte und zentrale historische Wohnraum, kamen bei der Restaurierung marmorierte Wandmalereien zum Vorschein, ein Dekor, das in der Erbauungszeit eher in Residenzen der Vornehmen zu erwarten gewesen wäre. Es wirkt, als hätten die Bauern der Elbmarschen den Hamburger Nachbarn zu verstehen geben wollen, dass sie ihnen an Wohlstand und Selbstbewusstsein in nichts nachstanden.


Das Zweiständerhaus in Neuenfelde hat Seltenheitswert. Es repräsentiert einen Bautyp, der im Alten Land nur noch in wenigen Zeugnissen erhalten ist. Es ist zudem das einzige Fachwerkhaus der Gegend, wo die bauzeitliche Zieraufmauerung zwischen den Balken vollständig erhalten ist. „Das herrlichste des Alten Landes“ nannte 1922 der Autor einer regionalhistorischen Abhandlung das Haus.

Im historischen Wohnraum kamen bei der Restaurierung marmorierte Wandmalereien zum Vorschein.
© Jochen Brunckhorst
Im historischen Wohnraum kamen bei der Restaurierung marmorierte Wandmalereien zum Vorschein.
 

Es zeigte sich bald, dass die Schäden schwerer waren als vermutet. Das Gebälk morscher als zunächst erkennbar, teils verrutscht und vom Holzbock zerfressen. Das treibt die Kosten und verzögert die Fertigstellung. Keine geringe Sorge für Obstbäuerin Mählmann, die nach dem Auszug der Kinder den Hof mit dem Mann und der alten Mutter bewohnt. Die Ersparnisse flossen in die Restaurierung. Umso dankbarer ist sie für den Beistand der DSD, die finanziell und beratend unterstützte. Ohne diese Hilfe hätte sich die Familie schwergetan, das Erbe zu bewahren.


Winfried Dolderer


Zweiständerhaus in Neuenfelde

Stellmacherstraße 14

21129 Hamburg

Förderjahre: seit 2021, 2024

www.denkmalschutz.de/zweistaenderhaus-hamburg

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Zweiständerhaus in Neuenfelde

Eine Besonderheit ist die Zieraufmauerung aus der Erbauungszeit. Jedes Gefach der Fassade zeigt ein eigenes Backsteinmuster.
© Jochen Brunckhorst
Eine Besonderheit ist die Zieraufmauerung aus der Erbauungszeit. Jedes Gefach der Fassade zeigt ein eigenes Backsteinmuster.
 

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