Denkmalarten Kleine und große Kirchen Landschaften, Parks und Friedhöfe Städte und Ensembles Stile und Epochen Klassizismus 1700 Barock 1600 Renaissance 1500 Gotik 1200 Romanik 1000 Ausgabe Nummer Dezember Jahr 2024 Denkmale A-Z E
Zu Weihnachten ein Blick aufs Detail, und zwar auf die Engel, die als himmlische Wesen die Gotteshäuser mal in Scharen, mal dezenter bevölkern. Engelsdarstellungen ziehen sich durch die Kunstgeschichte und durch die geförderten Denkmale der DSD.
Denkmalpflege zwischen Himmel und Erde – Restauratoren, Denkmalpfleger, Kirchenkümmerer stehen oft mit einem Bein in himmlischen Sphären. Es ist ihr Privileg und auch das der darüber Schreibenden, immer wieder an Orten sein zu dürfen, die eigentlich unzugänglich und entrückt sind. Und die doch ganz den Irdischen dienen, uns Erdenbürgern, die wir sie von der Erde aus bewundern. Hoch über uns sind die Engel zu Hause.
Sie sitzen auf Gesimsen, fliegen über Decken- und Wandgemälde, verkünden Botschaften, musizieren und singen im Chor. Auge in Auge mit ihnen fühlt sich der Mensch fast wie ein Eindringling. Dabei sind Engel Mittler zwischen Gott und Mensch und begleiten schützend das Leben der Gläubigen. Als überirdische Wesen wirken sie unverwundbar – und sind es in ihrer künstlerischen Materialität ganz und gar nicht. Sie müssen gehütet werden, sorgfältig gepflegt und wachsam beobachtet.
Engelserscheinungen
Engel, die Boten Gottes, prägen die Kunstgeschichte der Kirchen seit Jahrhunderten. Ihre Darstellungen sind so vielfältig wie die Epochen selbst und spiegeln die jeweiligen kulturellen und religiösen Vorstellungen wider. Dabei ist der Engel keineswegs eine christliche Erfindung. Es gibt ihn in vielen Religionen. Bereits in der Antike finden sich Vorläufer der Engelsdarstellungen. Der weibliche Engel – in vollendeter Schönheit – ist eine neuzeitliche Erscheinung. Die Engelsgestalten bis zum 3. Jahrhundert besitzen keine Flügel und sind Jünglinge, in antiker Art in Mäntel gehüllt. Erst danach wachsen ihnen mächtige Flügel. Die Engel des Christentums nähren sich aus jüdischen Überlieferungen.
Engel sind sozusagen multifunktional. Sie dienen in der biblischen Erzählung als Boten. Die Flügel symbolisieren neben ihrem überirdischen Wesen ihre Fähigkeit, große Distanzen in kürzester Zeit zurückzulegen. Sie lobpreisen den Herrn Tag und Nacht, sie begleiten mit Posaunenspiel das Jüngste Gericht. Eine strenge Hierarchie unterteilt sie in verschiedene Engelschöre. Die Kirchenväter der frühchristlichen Zeit lieferten sich erbitterte Gelehrtenauseinandersetzungen darüber, wie viele Erzengel es gäbe. Die Engel kommen mitnichten nur zart und ephemer daher, sie sind streitbar. Luzifer, einst oberster Engel, zweifelt gar Gottes Allmächtigkeit an. Es kommt zum Kampf. Erzengel Michael verteidigt mit Schwert und Schwung Gottes Gerechtigkeit, kraftvoll, ganz und gar nicht lieblich.
Das Bild des putzigen oder gar drolligen Engels entsteht erst ab der Renaissance mit den Kinderengeln des 15. Jahrhunderts. Sie entwickeln sich zu den Putti, die im Barock geradezu durch die Kirchen zu kullern scheinen. Sie erobern die Herzen und begleiten uns heute in abgewandelter Form.
Und schließlich die Engel zu Weihnachten: Mittlerweile untrennbar verbunden mit der Adventszeit, als niedliche allgegenwärtige Figürchen und nicht selten als reine Dekorationsware, haben sie ihren Ursprung in einer der zentralen, an Dramatik kaum zu überbietenden biblischen Geschichte. Sie gehen zurück auf die Erzählung von Christi Geburt. Ein Engel kündigt Maria die Geburt Jesu an, verkündet nach ihrer Niederkunft den Hirten die Frohe Botschaft über die Ankunft des Messias und fordert Josef auf, vor den Häschern des Herodes nach Ägypten zu fliehen. Himmlische Heerscharen loben Gott in der Weihnachtsgeschichte. Sie feiern die Geburt Jesu. In einer dunklen Welt verkörpern sie das Gute und Helle und symbolisieren so die Weihnachtsbotschaft.
Engel und ihre Kirchen
Engel und Weihnachten – das gehört traditionell zusammen. Ebenso wie Engel und Kirchenbauten. Die Gotteshäuser sind ihr Zuhause. Ohne sie wäre unsere Vorstellung von Engeln ärmer. Wo Engel überall gefühlt werden, darüber gibt es unendliche Literatur und Ratgeber. Die Engel, um die es uns hier geht, sind sicht- und erlebbar. Ein Vorschlag zur Adventszeit: Gehen Sie einmal in Kirchen und suchen Sie Engelsdarstellungen. Erstaunlich, wo sie überall zu entdecken sind. Ein Weg der Kontemplation im Gotteshaus.
Damit Engel dort bleiben können, wo sie hingehören, müssen die Kirchenbauten erhalten und gepflegt werden. Das ist eine der Aufgaben, zu denen sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) verpflichtet hat. Alle Engel, die wir auf diesen Seiten zeigen, befinden sich in Denkmalen, die die Stiftung aktuell unterstützt. Wie viel mehr Engel sich in unseren zur Zeit geförderten Projekten befinden: Keine Datenbank kann dies ermitteln. Doch alle sind erhaltenswert. Deshalb freuen wir uns, wenn Sie mit uns den Engeln ein sicheres Zuhause geben und unsere Arbeit zur Erhaltung der Denkmale unterstützen.
Beatrice Härig
Himmlische Kartensets
Ein schöner Weg, Engel und ihre Kirchen zu beschützen: Mit dem Kauf der Karten im MONUMENTE-Shop unterstützen Sie die Arbeit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
ENGLISCHER GRUSS St. Lorenz, Nürnberg
Der berühmte Bildhauer Veit Stoß schuf dieses Kunstwerk 1517/18, das in seinem Namen „Englischer Gruß“ schon einen der beiden Protagonisten benennt. Seit dem Mittelalter bezeichnet man so die Marienanrede des Erzengels Gabriels. Er verkündet Maria, dass sie den Sohn Gottes zur Welt bringen werde. „Gegrüßet seist du Maria ...“ sind die berühmten ersten Worte des Erzengels. Meisterhaft und faszinierend, wie der Bildschnitzer die Szene dargestellt hat, inklusive des Erschreckens in Marias Gestik. „Heiliger Geist wird über dich kommen“, spricht Gabriel weiter. Dieser erscheint in Form einer Taube. Aus Lindenholz geschnitzt, mit überlebensgroßen Figuren und zu großen Teilen vergoldet, hängt die Skulptur im Chorgewölbe der Lorenzkirche. Ein Rosenkranz umgibt die Szene, kleine Engel tanzen filigran, keck und musizierend umher. Die beiden biblischen Figuren stehen auf den Flügeln eines Engels. Räumlich erstreckt sich die Botschaft der Verkündigung noch weiter in den Kirchenraum, denn zugehörig sind zwölf Leuchterengel, die seitlich im Altarraum Licht in die Dunkelheit tragen.
TAUFENGEL Christianskirche Hamburg
Taufengel sind eine eigene Art in der Spezies Engel. Sie entwickelten sich vor allem im 17. und 18. Jahrhundert im nordischen lutherischen Kirchenraum. Vornehmlich in Dorfkirchen zogen die Helfer mit der Taufschale in die Taufzeremonie ein. Ein Seilzug erlaubte es, den im Kirchenraum schwebenden Taufengel mit der Schale herabzulassen. In der barocken Christianskirche von Ottensen ist die Taufschale durch Krieg und Wiederaufbau abhandengekommen. So sieht es aus, als würde der 1739 geschaffene Engel den Lorbeerkranz halten. Seiner eleganten Attitüde tut dies keinen Abbruch.
ORGELENGEL St. Johannis, Lüneburg
Engeln, denen wir ganz konkret helfen: Die große, dreimanualige Renaissance-Orgel des Brabanter Orgelbauers Hendrik Niehoff von 1553 in der Lüneburger Johanniskirche war Profiteur des großen Benefizkonzerts des Deutschen Ärzteorchesters, das dort am 2. November zugunsten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz stattfand. Orgeln sind für Engel ein natürlicher Lebensraum, bringt doch gerade Musik Himmel und Erde zusammen. Drei große Engelsfiguren auf der kleineren Brüstungsorgel schaffen eine Verbindung mit den Gläubigen: Der Gesang der Gemeinde erschallt mit der Musik der Engel zur Ehre Gottes. Matthias Dropa – ein Schüler des berühmten Orgelbauers Arp Schnitger – erweiterte die monumentale Orgel 1712 bis 1715 im Stil des norddeutschen Orgelbarocks.
Wie immer bei den Benefizkonzerten des Deutschen Ärzteorchesters komplementiert die DSD den Erlös. So hilft ein hochrangiges Hörerlebnis dabei, dass im Kirchenraum weiterhin himmlische Musik erklingen kann.
KANZELENGEL St. Ewald, Bodstedt
Schwebende Engel von zarter Statur – das entspricht der gängigen Vorstellung. Doch das ist nur eine Momentaufnahme der Kunstgeschichte. Das Bild vom Engel hat sich geändert – je nach Auffassung seiner Funktion: In der byzantinischen Kunst wurden Engel frontal und streng dargestellt, während sie in der Romanik eher kräftig und muskulös auftreten. Schlank und himmlisch-elegant macht sie die Gotik, während Renaissance und Barock ihnen menschliche Züge verleihen. Das trifft auch auf den Engel in der Dorfkirche im vorpommerschen Bodstedt zu. Die Last der Kanzel trägt er mit fröhlichem Gestus. Er ist Teil der barocken Ausstattung des Backsteinbaus von 1463. Die Kirche am Bodden diente als Seezeichen. Vielleicht besitzt der Kanzelengel deshalb auch die Ausstrahlung einer Galionsfigur – furchtlos, beschützend und stark wie ein Atlant.
DOMENGEL Berlin
„Der Himmel über Berlin“ – wem fällt dieser berühmte Filmtitel bei den Engeln des Berliner Doms nicht ein? Monumentale Engelsfiguren zieren den mächtigen Tambour der Oberpfarr- und Domkirche, die von 1894 bis 1905 zum Ruhme und im Auftrag von Kaiser Wilhelm II. errichtet wurde. Wie die Dachdeckung sind auch die Engel aus Kupferblech gearbeitet. Durch seine grünliche Patina ist das Material sehr beständig gegen Korrosion. Mauerwerk und Fassaden des stadtbildprägenden Sakralbaus hingegen haben durch Umwelt- und Witterungseinflüsse Schaden genommen. Daher ist der Berliner Dom seit Jahren Gegenstand einer großen und erfolgreichen Spendenkampagne der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
MUSIKENGEL Schlosskapelle Türnich, Kerpen
„Wir möchten einen Ort schaffen, dessen Zauber die Leute packt“, sagt Severin Graf von und zu Hoensbroech. Er besitzt, verwaltet und vor allem rettet er Schloss Türnich mitsamt seiner Schlosskapelle. Es ist das einzige vollständig erhaltene barocke Wasserschloss im Rheinland. Die Kapelle wurde Ende des 19. Jahrhunderts errichtet. „Ein mystischer Ort voller Zahlensymbolik und Templerornamenten“, sagt der Graf. Zum Bildprogramm gehören zahlreiche Engel. Besonders auffällige – groß, in pastellfarbene Gewänder gehüllt und in nazarenischer Frömmigkeit – finden sich an den Langhauswänden. Leichtfüßig, in ihr Musizieren vertieft, mit schwanenhaften Flügeln und Heiligenscheinen sitzen sie in floralen Ornamenten. Sie sind Teil eines Gesamtkunstwerks des rheinischen Historismus, der sich hier der Formensprache von Byzanz bis Italien bedient und gleichzeitig schon den nahenden Jugendstil ankündigt. Mögen Symbolik, Religion und Moral Grundlage der ikonografischen Aussage sein, die Lust an purer Ästhetik ist unverkennbar: ein Ort mit besonderem Zauber.
PALMARUM-ENGEL Dom zu Lübeck
Im Lübecker Dom lassen sich unterschiedlichste Engelsdarstellungen finden – und die Kirche so noch einmal ganz anders kennenlernen. Der Palmarum-Engel von 1992 ist sicher die jüngste. Rolf Goerler hat die Skulptur aus Eichenholz geschaffen, zusammen mit zwei Granitplatten, die zerborstenen Steinen ähneln. Es ist ein Triptychon zum Gedenken an die Zerstörung Lübecks im Bombenhagel 1942. Dieser Engel sollte nicht lieblich und zart daherkommen, sondern als Auferstehungsengel, der aus Trümmern rettet. Der Dom zu Lübeck war in jener Nacht auf Palmsonntag schwer getroffen worden. Er ist wiederauferstanden. Zusammen mit unseren Förderinnen und Förderern helfen wir, dieses Monument gotischer Backsteingotik sicher in die nächsten Jahrhunderte zu bringen.
mit einer Weihnachtsspende für Sakralbauten
Die Dorfkirche in Dambeck bei Salzwedel muss restauriert werden: Eine Aufgabe, bei der die kleine Gemeinde Hilfe benötigt.
"Der Vater erhebe seinen Sohn zum Mitbesitzer,er lasse ihn mitbauen, - pflanzen und erlaube ihm,wie sich selbst, eine unschädliche Willkür.Eine Tätigkeit lässt sich in die andre verweben,keine an die andre anstückeln. Ein junger Zweig verbindetsich mit einem alten Stamme gar leicht und gern,an den kein erwachsener Ast mehr anzufügen ist." Johann Wolfgang von Goethe,Die Wahlverwandtschaften, 1809
Familientreffen im brandenburgischen Ahlsdorf: Wie es Tradition ist, gehen die Angehörigen der Familie Zaffky-Hertel auch an diesem warmen Samstagnachmittag des 20. August 2011 auf den Friedhof, um die Gräber zu besuchen. Plötzlich schreckt sie lauter Lärm aus der Unterhaltung. "Es hörte sich an, als ob eine große Ladung Kies abgekippt würde. Aber wir sahen keinen Laster rings um den Kirchhof herum", berichtet Dorit Zaffky. Als sie dem Geräusch nachgehen, entdecken sie, dass aus dem Schlüsselloch der Kirchentür Staub wie eine Rauchwolke nach draußen dringt. Beherzt öffnen sie das Kirchenportal. Vor lauter grauweißem Dunst kann keiner von ihnen bis zum Altar schauen. Schnell wird Pfarrer Volkmar Homa gerufen, der aus dem nahen Schönewalde herbeieilt.
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