Denkmalarten Kleine und große Kirchen Stile und Epochen 1700 Romanik Denkmale in Gefahr Ausgabe Nummer Dezember Jahr 2024 Denkmale A-Z J M
Mehrere Risse durchziehen das Mauerwerk, Fensterstürze sind bereits eingebrochen. Weil eine Gebäudeecke in trocknenden Grund sackt, ist der historisch bedeutsame Teil der Marienkirche in Jena-Zwätzen akut gefährdet.
Für so viele Menschen ist auf dem romantisch zugewachsenen Garten vor der Kirche kaum Platz. Aber jeder der Besucher scheint ortskundig zu sein, jeder findet sein Plätzchen. Sie alle, der Küster und seine Familie, die Chorsängerinnen, die Pastorin, die Kirchmeisterin und ihr Vorgänger, die bestens vernetzte Nachbarin und jene, die ihre Kirche lieben – sie alle sind gekommen, weil sie der akuten Gefahr für die St. Marienkirche im Jenaer Ortsteil Zwätzen nicht tatenlos zusehen wollen. Bei regelmäßigen Arbeitseinsätzen gärtnern sie und putzen, Gottesdienste bereichern sie mit besonderen Aktionen. „Wir sind doch alle verwurzelt hier. Natürlich gehört es dazu, dass wir auch etwas für unsere Kirche machen“, sagt stellvertretend für die große Gruppe Hildegard Reuter.
Es ist eine jener Dorfkirchen, deren herausragender Zeugniswert sich erst bei genauerem Hinsehen offenbart. Man mag die Existenz einer Patronatsloge einfach nur sehen. Oder aber, nicht zuletzt beim eingehenderen Betrachten der Wappenmedaillons in den Logenbrüstungen, die historische Bedeutung dieses Ortes erkennen: Hier in Zwätzen waren seit 1221 die Ordenskommende des Deutschen Ritterordens und ihre Rechtsnachfolger ansässig. Für sie wurde im 17. Jahrhundert im Zuge eines Chorumbaus der Südanbau als Loge umgestaltet. Durch diese betritt man heute die Kirche, denn die Tür aus im Jahr 1223 geschlagenem Holz im Südportal lässt sich nicht mehr öffnen. „Das versuchen wir auch lieber nicht“, sagt Volker von der Gönne, Küster und, wie alle bestätigen, „die gute Seele unserer Kirche“.
Die Ordenskommende, geleitet von einem Komtur, war eine Art Niederlassung des Ordens, wobei mehrere Kommenden zusammen eine Ballei bildeten. Die Ballei Thüringen wurde von Zwätzen aus geleitet – bis zur Auflösung des Deutschen Ordens im Jahr 1809. Zu den Besitztümern in Zwätzen gehörte ein großer Gutshof. Spuren der Deutschordensgeschichte lassen sich hier kaum noch ablesen, da er umfangreich verändert wurde. Gegenwärtig wird hier, erfreulicherweise überwiegend denkmalverträglich, dringend benötigter Wohnraum geschaffen. Umso wichtiger und dringend erforderlich ist die Rettung der Kirchenloge, die Ordenskomturen und ihre Familien bei Gottesdienstbesuchen nutzten. Sie ist ein Dokument jener Epoche. Was ihren Fortbestand akut gefährdet, erschließt sich erst aus der Baugeschichte der Marienkirche.
Mehr als 800 Jahre gebaute Geschichte
Ihr Gründungsbau ist romanisch, darauf deuten archäologisch nachgewiesene Reste von Chor und Apsis sowie Quadermauerwerk mit Ritzfugen hin. Die Choranlage wurde wohl Anfang des 16. Jahrhunderts abgebrochen und ersetzt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erfolgte die Erweiterung, die vermutlich jetzt zum Problem geworden ist: Die gesamte Kirche wurde erhöht, der Chor abermals umgebaut und der südliche Anbau im Jahr 1674 zur eben jener Patronatsloge ausgestaltet. „Das ist unser Patient“, sagt Friedrich Bürglen. „Diese Ecke hier kippt uns weg.“
Bauingenieur Bürglen war nicht nur hauptamtlicher Kirchmeister in Jena und damit von Berufs wegen zuständig für Zwätzen. Er wohnt auch hier und hat die Kirche immer im Blick. Ab November 2023 beobachtete er erste Rissbildungen im Logenbau, zunächst im Mauerwerk, dann in den Fensterstürzen. So veranlasste er im März 2024 die Notsicherung, um zumindest ein weiteres Abdriften der betroffenen Ecke zu verhindern. „Die etwa zwei Meter tiefe Aufschüttung auf dem tragfähigen Grund wird wohl in den letzten Jahren ausgetrocknet sein. Und darauf steht dieser Bauteil,“ erklärt die Kirchenbaureferentin vom zuständigen Kreiskirchenamt, Jana Röser. Sie registriert zunehmend ähnliche Vorkommnisse an verschiedenen Kirchengebäuden: Schichten im Baugrund, die wenig tragfähig sind, trocknen aus und führen zu Absenkungen einzelner Gebäudeteile.
Die ganze Dramatik des fortschreitenden Schadens offenbart sich im Inneren. Ein wenig geblendet vom guten Zustand des Kirchenraums und von der Farbigkeit des zuletzt restaurierten Kanzelaltars von etwa 1720 rechnet man kaum mit einer solch gravierenden Schädigung des angesetzten Logenbaus. Überall auf den Treppenstufen liegen abgeplatzte Putzteile. „Wenn man das sieht, weiß man sofort, wie wichtig es ist, hier etwas zu tun“, sagt Andrea Gutjahr-Richter aus Zwätzen, die zum harten Kern der Kirchenretter gehört. Beim Mauerwerk wurden Holzbalken und temporäre Spannanker eingebaut, um die abdriftende Ecke und die beiden betroffenen Mauern zusammenzuhalten. „Jetzt ist der Bau zunächst einmal gesichert“, erklärt Bürglen. „Und es gibt ein Bodengutachten, das eine Empfehlung abgibt, wie nun weiter vorgegangen werden soll“, ergänzt Röser.
Bürglen erklärt das Verfahren so: „In den Bereich der Auffüllung bis zur tragenden Schicht werden von außen Lanzen eingebohrt. Durch sie wird Kunstharz injiziert.“ Durch die Verpressung mit Harz schaffe man eine homogene Verbindung, so werde das Erdreich unmittelbar unter den Mauern stabil, sodass es tragfähig werde. Der große Vorteil sei die Vermeidung von größeren Ausschachtungen. Parallel kann die Stabilisierung der Mauern vorbereitet werden. Geplant sind dauerhaft in die Mauern eingebrachte Zuganker. Die Mauerwerksrisse sollen mit Verpressmörtel geschlossen werden.
Was ihre Spende bewirken kann
(beispielhafte Nettokosten)
Für die Notsicherung wurden die historischen Fenster außen und innen an der Logenbrüstung ausgebaut. Diese sollen denkmalgerecht aufgearbeitet und wieder eingesetzt werden. Bürglen betont, wie wichtig während der umfangreichen Maßnahmen die unbeschädigte Erhaltung der gesamten Logeneinbauten sei. Denn im Bewusstsein der historischen Relevanz dieses Ortes könne man sich die Patronatsloge als Museum für den Deutschen Orden hier und in Thüringen insgesamt vorstellen. Die normale Nutzung der Kirche wäre davon nicht betroffen. Im Gegenteil – beide könnten voneinander profitieren.
Nachbarin Christiane Weber kann sich deshalb schon auf das Weihnachtskonzert des Chors in der Marienkirche freuen. Ihr ist es wichtig, dass die Kirche Mittelpunkt der Gemeinde bleibt. „Ich weiß ja auch, dass die Kirche nicht immer voll sein kann. Aber nur hier ist der christliche Wert zu spüren“, sagt sie. Sie hofft, dass „dieser Wert, der eine Kirche oder Gemeinde ausmacht, dass der erhalten bleibt.“
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz möchte mit Ihrer Hilfe die Gemeinde von Zwätzen darin unterstützen, diesen historisch bedeutsamen Ort, der für so viele Menschen gleichzeitig das Zentrum ihrer Gemeinschaft ist, zu retten und zu bewahren.
Julia Greipl
www.denkmalschutz.de/denkmal-in-not
St. Marienkirche Jena-Zwätzen
Pfarrgasse 4
07743 Jena
Zwätzen liegt nördlich von Jena. Hier war der Deutsche Orden seit dem 12. Jahrhundert, aus dieser Zeit stammt die St. Marienkirche.
St. Marienkirche in Zwätzen
Die Schelfkirche liegt lieblich zwischen den Schweriner Seen. Doch unter ihrem Dach hat sich lange unentdeckt Hausschwamm eingenistet. Eine Notsicherung stützt die technisch aufwendige Sanierung. Helfen Sie der vom Schaden überraschten Gemeinde, ihre Kirche zu retten.
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