Menschen für Monumente Interviews und Statements Ausgabe Nummer Februar Jahr 2024 Denkmale A-Z I S

Im Interview: Dr. Steffen Skudelny

„Denkmalpflege gehört schon in den Schulunterricht!”

Denkmalschutz muss eine gesamtgesellschaftliche Pflichtaufgabe sein. Davon ist der DSD-Vorstand überzeugt. Begeistert ist er vom Rückenwind durch die vielen Unterstützer. Von den Entscheidern fordert er Wertschätzung und Weitsicht – sonst drohe unserer Kulturnation steter Niedergang.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) kämpft für den Erhalt unseres Kulturerbes. Dafür hat sie wichtige Mitstreiter und vor allem tatkräftige Spender. Damit Vergangenheit Zukunft hat, braucht es aktuell kluge politische Entscheidungen. Wir sprechen mit Dr. Steffen Skudelny über bürgerschaftliches Engagement und dringliche Denkmalfragen der Zeit.

„Wirksamstes Mittel gegen den Verlust ist das Schaffen von Bewusstsein für den Wert der Denkmale für unsere Gesellschaft.“
© Martin Scherag
„Wirksamstes Mittel gegen den Verlust ist das Schaffen von Bewusstsein für den Wert der Denkmale für unsere Gesellschaft.“

Die DSD steht für nachhaltigen Denkmalschutz. Mit welchen vordringlichen Zielen geht die Stiftung in die Zukunft?

Dr. Steffen Skudelny: Wir möchten Denkmale aller Gattungen im Bundesgebiet ausgewogen fördern und ihre Relevanz sichtbar machen. Als vom bürgerschaftlichen Engagement getragene und finanzierte Stiftung ist das sehr wichtig. Denkmale repräsentieren die Leistungen unserer Vorfahren. Mit dem Erhalt zeigen wir Respekt vor der Geschichte. Unsere Aufgabe ist es, Denkmale zu restaurieren, zu pflegen und ihre Botschaft an kommende Generationen zu überliefern.


Warum ist es wichtiger denn je, dass sich die Gesellschaft für den Denkmalschutz engagiert?

Unsere Generation ist eine der kulturell reichsten der Geschichte. Dennoch hadern wir mit der Pflicht, unsere Denkmale zu erhalten. Die Förderer der DSD sehen das anders und verlassen sich nicht nur auf die öffentliche Hand, sondern tragen selbst bundesweit zur Bewahrung unseres kulturellen Erbes bei. Das ist ein wunderbarer Erfolg. In der Pflicht steht aber auch die Politik. Sie muss für auskömmliche und praxisnahe öffentliche Förderprogramme sorgen, die dem gesellschaftlich wichtigen Thema Denkmalschutz mehr Stellenwert verleihen.


Zusammenhalt ist gerade in der Not von großer Bedeutung. Das zeigte die Flutkatastrophe 2021. Wie hilft die DSD?

2023 war für uns weiterhin geprägt von der Arbeit in den Flutgebieten. Dank unserer Spender können wir hier sehr effektiv und immer noch ausdauernd helfen. Höhepunkt war das Fluthilfecamp, das die DSD mit ihren Jugendbauhütten (Anm. d. Red.: DSD-Projekt in Trägerschaft der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste) durchführte. 300 aktuelle und ehemalige Jugendbauhüttler haben 14 Tage lang im Sommer Denkmaleigentümern bei der Sanierung ihrer Objekte geholfen. Das war ein großer Schub für die Menschen und die Denkmale im Ahrtal. Es bedeutete nicht nur Nothilfe, sondern auch gelebtes Miteinander. Einziger Wermutstropfen: Die öffentliche Hand hat sich in der Region wenig mit dem Erhalt der identitätsstiftenden Denkmale befasst. Das Ahrtal wird sein Gesicht dauerhaft stark verändern.

Dr. Steffen Skudelny (rechts) fordert im Interview mit MONUMENTE-Redaktionsleiter Marco Eschenbach die frühzeitige Vermittlung von Sachkompetenz  in Sachen Denkmalschutz. Nur so  können wichtige  und richtige  Entscheidungen  getroffen werden.
© Martin Scherag
Dr. Steffen Skudelny (rechts) fordert im Interview mit MONUMENTE-Redaktionsleiter Marco Eschenbach die frühzeitige Vermittlung von Sachkompetenz in Sachen Denkmalschutz. Nur so können wichtige und richtige Entscheidungen getroffen werden.

Nothilfe ist nicht immer gefragt. Viele wertvolle Denkmale wurden auch 2023 zerstört. Welche Gefahren bergen diese Entscheidungen?

In letzter Zeit fällt auf, dass ihr Verlust nicht nur in Kauf genommen, sondern vielfach auch betrieben wird. Zwei Beispiele: Das Generalshotel auf dem Gelände des Flughafens BER Berlin oder eine 300 Jahre alte Steinbogenbrücke im Ahrtal wurden zerstört. Besonders beunruhigend sind dabei die Verfahren und die mangelhafte Kommunikation. Hier verstößt die öffentliche Hand gegen Werte, die sie vorbildlich verteidigen müsste. Sie verlangt gleichzeitig von ihren Bürgern die Einhaltung der Reglements. Das ist ein verheerendes Zeichen. Hier fehlt in vielen Denkmalschutzgesetzen eine starke Instanz zur fachkundigen Beratung und Kontrolle auch der öffentlichen Denkmaleigentümer.


Die nächsten Denkmale stehen bereits auf wackeligem Grund. Wie können solche Entwicklungen frühzeitig und wirksam unterbunden werden?

Indem Grundlegendes geändert wird. Erstens: Bildung zum Thema Kulturgeschichte und Denkmalpflege gehören schon in den Schulunterricht. Viele Fehlentscheidungen – auch politische – sind auf fehlende Sachkenntnis zurückzuführen. Zweitens: Gesetze sind nur nützlich, wenn ihre Einhaltung auch durchgesetzt wird. Unzählige Denkmale verfallen, weil die vorgesehenen Instrumente auf die Denkmale in öffentlichem Eigentum nicht angewendet werden. Es fehlt ausreichendes Personal für die Betreuung des kulturellen Erbes. Notsicherungen an Denkmalen, die gefährdet sind, unterbleiben.


Ein wichtiges Thema ist das Miteinander von Bauwerk und Umwelt. Kommen sich Denkmal- und Klimaschutz in die Quere?

Mitnichten. Bestand nutzen, statt neu errichten, das ist unser Motto. Das trifft auf Denkmale und den erhaltenswerten Bestand zu. Im Falle der Denkmale ist der Beitrag zur Schonung von Ressourcen schon durch die lange Lebensdauer gegeben. Während in der Politik Denkmale hinsichtlich der Betriebsenergie problematisiert werden, wird vernachlässigt, dass der Abriss und Neubau sehr viel mehr wertvolle Ressourcen verbraucht. Wir sind überzeugt, dass der sorgsame Umgang mit Ressourcen ein Gebot der Vernunft ist und daher eine Selbstverständlichkeit sein sollte.


Interview: Marco Eschenbach

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