Denkmalarten Technische Denkmale Ausgabe Nummer Juni Jahr 2023 Denkmale A-Z T
Was macht ein Denkmal zu einem Denkmal? Bei Denkmalen ist nicht immer der ästhetische Wert ausschlaggebend. Historische Bauzeugnisse können viele andere Qualitäten haben, die sie schützenswert machen. Welche Kriterien für eine Unterschutzstellung gibt es? Wie funktioniert sie?
Auf einem Berg in der Eifel steht eine Radioschüssel von gewaltigen Ausmaßen: ihr pyramidenförmiger Unterbau von nüchterner Gestalt, das Bauwerk keine 70 Jahre alt. Und das soll ein Denkmal sein? Manch ein Betrachter mag sich beim Anblick des Gebäudes wundern. „Der Astropeiler Stockert bei Bad Münstereifel ist das erste frei bewegliche Radioteleskop auf deutschem Boden“, erklärt der wissenschaftliche Referent Rasmus Radach, Industriedenkmalpfleger des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland.
„Seit 1956 konnten die Forscher hier elektromagnetische Wellen aus dem All empfangen und so mehr über das Universum erfahren. Mit seinem dreh- und kippbaren, auf einem gigantischen Kugellager ruhenden Parabolspiegel von 25 Metern Durchmesser ist das Bauwerk ein Pionierbau der Radioastronomie.“ 1996 wurde es aus architektur-, technik- und wissenschaftsgeschichtlichen Gründen unter Schutz gestellt.
Erhaltenswertes Erbe
Die entscheidende Qualität dieses und jedes anderen Denkmals in Deutschland ist: Sein Schutz muss – anders als jeder persönliche Lieblingssessel – von öffentlichem Interesse sein. Und diese objektive Bedeutung eines Denkmals ergibt sich durch seinen Zeugniswert, der sich von Denkmal zu Denkmal anders darstellt. Definiert werden die fachlichen Kriterien für eine Denkmalausweisung in den 16 Denkmalschutzgesetzen unserer Bundesländer, die sich nur im Detail voneinander unterscheiden.
Das Gesetz von Baden-Württemberg etwa beschreibt Denkmale als „Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.“ In Nordrhein-Westfalen wird diese Auflistung wegen seiner reichhaltigen Industriegeschichte noch um den Aspekt der „Arbeits- und Produktionsverhältnisse“ ergänzt. Die Maßstäbe, nach denen potenzielle Denkmäler beurteilt werden, sind grundsätzlich die gleichen – unabhängig davon, um welche Epoche oder Gattung es sich handelt. Auf ein barockes Bauernhaus werden sie genauso angewendet wie auf eine Hochhausscheibe der 1960er Jahre.
Zu den Aspekten, die zu einer Unterschutzstellung führen, gehören: das herausragend Zeitdokumentarische, etwa eine besonders typische Gestaltung oder Konstruktion, aber auch Originalität im Sinne von Echtheit. Denn eben diese materielle Substanz, der authentische, erlebbare Ort – das ist es, was vor allem ein Denkmal von jedem anderen Medium unterscheidet.
Talente erkennen und schützen
Die theoretische Denkmalbewertung ist das eine. Wie aber sieht die Unterschutzstellung in der Praxis aus? Im Wesentlichen findet die Arbeit in den Denkmalfachämtern, dem Nukleus der Denkmalpflege, statt. Durch den überregionalen Überblick verfügen die dort tätigen Kunsthistoriker und Architekten über eine besondere Expertise. Wie Rasmus Radach und Ralf Liptau, ebenfalls wissenschaftlicher Referent für Industriedenkmalpflege im LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, der das potenzielle Denkmal bei Recherchen und Objektbesichtigungen kritisch auf die Fragen abklopft: Steht die Anlage für eine besondere Geschichte? Ist diese daran auch nachvollziehbar? Was würden wir über das Verständnis von Geschichte verlieren, wenn es das Objekt nicht mehr gäbe?
Für das Verfahren der Unterschutzstellung gibt es in den einzelnen
Bundesländern zwei Systeme. „Nach dem konstitutiven Prinzip“, so Liptau, „wird
ein Objekt durch einen Verwaltungsakt – die Eintragung in die Denkmalliste –
offiziell zum Denkmal. Die Eigentümer erhalten einen Eintragungsbescheid.“ Im
deklaratorischen Verfahren erfolgt die Eintragung ohne formalen Verwaltungsakt.
Es genügt die Bestätigung der Denkmaleigenschaft. Es ist also bereits ohne
offiziellen Listeneintrag geschützt.
Heutzutage befinden sich viele Denkmallisten leicht einsehbar auf den Internetseiten der Denkmalfachämter oder der Kommunen. Konstant werden sie fortgeschrieben: Zeit und gesellschaftlicher Wandel bringen neue Aspekte und Objekte auf den Plan. „In der Industriedenkmalpflege etwa kommen wir dahin“, so Liptau, „dass wir nicht mehr nur Fortschrittsgeschichte, sondern auch ihre heute als negativ wahrgenommenen Einflüsse dokumentieren, wie etwa im Bereich des Braunkohlebergbaus.“
Welche Denkmale mögen in Zukunft dazukommen, über die wir heute noch gar nicht nachdenken, die wichtige Zeitzeugnisse sind? Häuser aus dem 3-D-Drucker? Elektrische Straßenbeleuchtungen? Ein Blick in die Denkmallisten wird sich weiter lohnen, der in Denkmale allemal.
Amelie Seck
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Was macht ein Denkmal eigentlich zu einem Denkmal? In unserer Serie zum aktuellen Jahresthema „Talent Monument“ richtet MONUMENTE den Blick auf Denkmale, die nicht immer im Scheinwerferlicht sind. Teil 1: Rezeptionsgeschichte von Denkmalen.
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