Denkmalarten Kleine und große Kirchen Wohnhäuser und Siedlungen Technische Denkmale Streiflichter Handel Menschen für Monumente Menschen für Denkmale Ausgabe Nummer Februar Jahr 2023

Schrittmacher für die Region

Denkmale als Zukunftsmotor

Fortschrittsfeindlicher Verhinderer und Quertreiber? Von wegen! Vielerorts ist der Denkmalschutz ein wichtiger Antreiber. Er stärkt die Infrastruktur, sorgt für ­Zukunftssicherheit und bringt Menschen zusammen.

Glück auf von der schönsten Zeche der Welt – so sagt man auf der Zeche Zollverein. Auch Dr. Christian Kleinhans macht das, und der Gruß kommt von Herzen. Er ist geschäftsführender Vorstand des Digital Campus Zollverein im Schalthaus auf Schacht XII und er liebt den Blick auf das Fördergerüst, direkt schräg gegenüber. Zollverein in Essen war bis 1986 die größte Zeche im Ruhrgebiet, die dazugehörende Kokerei ­produzierte noch bis 1993. Das markante Fördergerüst ist ­Wahrzeichen – von der Zeche Zollverein, von Essen und eigentlich vom gesamten Ruhrgebiet, obwohl oder gerade weil hier nicht mehr gefördert wird. Die Wandlung des Ruhr­gebiets vom Arbeiterpott hin zum neuen Wirtschafts- und Kultur­standort ist eine oft erzählte Geschichte, die noch lange nicht zu Ende erzählt ist. Leuchtturm dieser Entwicklung ist die Zeche Zollverein. Hier begann Transformation, als man das Wort noch gar nicht richtig kannte.

Alles andere als eingerostet: die Kokerei Zollverein in Essen. Industriedenkmal mit Freizeitangebot und Arbeitsstätte für kreative Denker.
© Jochen Tack / Stiftung Zollverein
Alles andere als eingerostet: die Kokerei Zollverein in Essen. Industriedenkmal mit Freizeitangebot und Arbeitsstätte für kreative Denker.

Gelebte Transformation


Dr. Christian Kleinhans sitzt als Transformationsexperte inmitten der Transformation. Der Digital Campus versteht sich als Innovationstreiber für das Ruhrgebiet. Der Verein bringt seit 2019 über 60 Unternehmer, Hochschulen, Institutionen, Städte und das Handwerk zusammen und möchte Ideen und Wissen bündeln und vorantreiben. „Denn die anstehenden Themen“, sagt der promovierte Kaufmann, „sind zu komplex, um sie allein anzugehen.“ Kleinhans ist glücklich über seinen Arbeitsplatz: „Zollverein ist für uns der sinnbildliche Ort für Transformation. Sie war einst die modernste Zeche weltweit. Jetzt nutzen wir sie, um Themen wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Employer Branding, Klima­neutralität und Nachhaltigkeit zu behandeln. Das UNESCO-Welterbe Zollverein hat eine ganz eigene Strahlkraft, die Energie des Standortes trägt uns.“


Hier im ehemaligen Schalthaus und der – das ist kein Wortspiel – großen Transformatorenhalle der Zeche stellen die Mitglieder bei ihren Treffen Überlegungen auch zu urbanen Entwicklungen an. Sie sprechen von der Metropole Ruhr und beziehen dabei ganz selbstverständlich ehemalige Zechen und Bestandsbauten in ihre Gedanken mit ein. Die Denkmale der Schwerindustrie tragen das Selbstverständnis des modernen Ruhrgebiets.


Ein Denkmal der Stadt


Von Beginn an galt die Zeche Zollverein als technisches und ästhetisches Meisterwerk der Moderne, als „ein Symbol der Arbeit, ein Denkmal der Stadt, das jeder Bürger mit (...) großem Stolz dem Fremden zeigen soll“, wie die Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer es 1929 formulierten. Das ist ihnen gelungen, und zwar bis heute. 1,5 Millionen Touristen schauen sich jährlich das ehemalige Steinkohlebergwerk in Deutschlands Westen an.

100 Hektar Platz für Experimente: Veranstaltungen ziehen neben dem ständigen Kulturprogramm Besucher auf das riesige Zechengelände.
© IMAGO / Jochen Tack
100 Hektar Platz für Experimente: Veranstaltungen ziehen neben dem ständigen Kulturprogramm Besucher auf das riesige Zechengelände.
Letzte Schicht 1986: Keiner konnte ahnen, wie sehr Zollverein im Leben der Region präsent bleiben sollte.
© picture alliance / dpa / Hartmut Reeh
Letzte Schicht 1986: Keiner konnte ahnen, wie sehr Zollverein im Leben der Region präsent bleiben sollte.
 


Die Zeche bietet vielen Menschen auch heute noch einen Arbeitsplatz, schon allein, weil das riesige Industriedenkmal Erklärung und ständige Pflege erfordert. Die Teilnehmer der Jugendbauhütte Rheinland wissen davon zu erzählen. Sie helfen seit 2014 regelmäßig im Rahmen ihrer Fachseminare bei der Restaurierung der Kokerei Zollverein. Ein Freiwilliger hat seit 2011 jeweils für ein Jahr seine feste Einsatzstelle in den Werkstätten des Projekts Denkmalpfad der Stiftung Zollverein.


Kultur ist hier fest verankert: Sieben Museen und Ausstellungen gibt es auf dem Gelände, Veranstaltungen locken das ganze Jahr. Gleichzeitig ist Zollverein in den letzten Jahren zu einem Zentrum für Zukunftstechnologien mit mehreren Hochschulniederlassungen geworden. Die Kokerei und einige Schächte haben sich zu Standorten von Innovationszentren entwickelt. Auf Zollverein treffen Vergangenheitsbewahrung und die Welt von morgen direkt aufeinander. Das Denkmal, einst Symbol für den Arbeitsplatzverlust von Tausenden, ist nun Vorreiter für den Aufbruch in die Zukunft.


Transformation durch Transpiration


Bei den Turbo-Schnecken im sauerländischen Lüdenscheid, nicht weit vom Ruhrgebiet gelegen, ist alles eine Nummer kleiner, aber auch hier geht es um ein Industriedenkmal. Eines, das nicht nur weiter im Leben fest verankert ist, sondern zusätzlich Identifikation bietet. Es begann mit einem Lauftreff vor 30 Jahren. Das Ergebnis heute ist ein Sport- und Vereinszentrum im Ortsteil Honsel, das seinesgleichen sucht und das eine fast beispiellose Er­folgs­geschichte ist.

Brigitte Klein, Turbo-Schnecke der ersten Stunde, in der ehemaligen Walzhalle, heute Fitnessraum mit Stil und guter Atmosphäre.
© Roland Rossner / Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Brigitte Klein, Turbo-Schnecke der ersten Stunde, in der ehemaligen Walzhalle, heute Fitnessraum mit Stil und guter Atmosphäre.

Brigitte Klein kann sie erzählen. „Für unseren Sportverein Turbo-Schnecken suchten wir vor 15 Jahren ein neues ­Domizil“, erinnert sich die 71-Jährige. Sie war eine der ­Visionäre, die hier 2007 in der ehemaligen Knopf- und ­Maschinenfabrik Hesse & Jäger nicht nur eine baufällige Ruine ­sahen. Die Fabrik hatte ihre Produktion einige Jahre zuvor eingestellt. Sie spürten in der ehemaligen Walz- und Glühhalle Potenzial für einen Ort, der Menschen zusammenbringen, der ein Anlaufpunkt für Jung und Alt sein soll.


Von Denkmalpflege habe keiner Ahnung gehabt, erzählt Brigitte Klein. Sicher wären ihnen die Vorurteile bekannt gewesen, die der Instandsetzung eines Denkmals vorauseilen. Sie ist seit Beginn ehrenamtlicher Vorstand der Turbo-­Schnecken und verschweigt nicht, dass es harte Zeiten gab in der Umbauphase von 2011 bis 2014, auch wegen manch finanziellen Tiefpunkts. Genauso erinnert sie sich noch gut an die schnelle Hilfe seitens der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, als es Probleme gab. Täglich schaute sie ­damals in ihrer Mittagspause auf der Baustelle nach dem Rechten. „Aber es war uns immer bewusst: In dieser Halle funktioniert unser Konzept. Denn sie ist mehr als nur ein Gebäude“, betont Klein. „Nie wollten wir eine der gesichtslosen Muckibuden werden.“


Das Ergebnis gibt dem Gefühl recht. Seit ihrer Eröffnung vor acht Jahren brummt die ­Halle. Ehrenamtler und neun Angestellte organisieren den Verein mitsamt der Vermietung einiger Räume. Das Café wird von ­einer Behindertenwerkstatt betrieben. 60 Übungsleiter ­bieten Sportkurse an. Dazu fest im Jahreskalender: Der Weihnachtsmarkt, ein Umzug zu Sankt Martin, der große ­Firmenlauf von Lüdenscheid – im Schneckenhaus findet ­gutes Leben und Gemeinsamkeit statt. Der emotionale Wert der Industriezeugnisse ist unbestritten. Aber nicht minder wichtig sind die Kleinen, die vermeintlich Unscheinbaren.

Kein Hauch von Eleganz mehr: So sah die Halle der Knopffabrik in Lüdenscheid nach langjährigem Leerstand 2006 aus.
© Uwe Grode
Kein Hauch von Eleganz mehr: So sah die Halle der Knopffabrik in Lüdenscheid nach langjährigem Leerstand 2006 aus.
Und so heute: Die Fassadengestaltung von 1914/15 leuchtet. Von 2011 bis 2014 förderte die DSD die Sanierung des Dachs.
© Hoffmeister GmbH Schalksmühle
Und so heute: Die Fassadengestaltung von 1914/15 leuchtet. Von 2011 bis 2014 förderte die DSD die Sanierung des Dachs.
 


Denkmal Kiez


Kioske spielten im Ruhrgebiet immer eine wichtige Rolle, die Büdchen im Pott sind legendär. Wie prägend, wie wichtig diese Orte des Schnelleinkaufs, des Treffens und des kurzen Schnacks sind, haben auch die Kulturwissenschaftler erkannt. Sie ernannten die Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet 2021 zum Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Eines von den Büdchen steht in Herne-Sodingen, Standort der ehemaligen Zeche Mont Cenis. Seit 1922 schon steht es am Kurt-Edelhagen-Platz, 2022 wurde es schließlich unter Denkmalschutz gestellt – dank einer Initiative heimatinteressierter Kiosk­liebhaber. Und dank Heike Chuchra, die seit mittlerweile 22 Jahren den Kiosk mit viel Herzblut betreibt. Ein Denkmal, das voller Leben ist: Von den Harley-Fahrern bis zum Verwaltungsbeamten holen sich alle ihren Kaffee bei Heike Chuchra.


Doch auch die Bausubstanz eines Büdchens braucht Pflege. Hier hat sich Dr. Almuth Pflüger eingebracht. Die gebürtige Her­nerin, die beruflich international unterwegs ist, setzt sich über einen Namensfonds in der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) für Zeugnisse der Industriekultur in ihrer Stadt ein. Nun hat sie eine Fürsorgeübernahme der DSD für Heikes Kiosk einge­fädelt. Dr. Pflüger liegt mit ihrem Anliegen im Trend. Die Mitarbeiter der Deutschen Stiftung Denkmalschutz stellen fest, dass immer mehr Stifter und Förderer eher Heimat und Region im Ganzen als bloß einzelne Mauern bewahren wollen.

Kiosk-Fans in Herne. Heike Chuchra, zweite von links, ist eine Institution und ihr Büdchen jetzt denkmalgeschützt.
© Mathias Grunert
Kiosk-Fans in Herne. Heike Chuchra, zweite von links, ist eine Institution und ihr Büdchen jetzt denkmalgeschützt.

Neues Leben in der Stadt


Denkmale als Zukunftsträger – das ist die Idee, die auch im niedersächsischen Einbeck verfolgt wird. Eigentlich hat Patricia Keil nur kurz ihr Geschäft am Einbecker Marktplatz aufgeschlossen, um ihr Sortiment zu überprüfen. Schnell nutzt eine Dame auf Wochenendbesuch in der niedersächsischen Stadt die offene Ladentür. „Ist das schön hier, so einen Laden habe ich noch nie gesehen.“ Sie deckt sich mit Produkten aller Art ein, denen eines gemeinsam ist: Sie alle sind aus den unendlich vielen Motiven der Einbecker Fachwerkschnitzereien entwickelt.


Einbeck ist geprägt von seinen Fachwerkhäusern. Mit farbigen Verzierungen und Spruchbändern versehen, oft in charmanter Schieflage, machen sie Einbeck zu einem Schmuckstück. Sie geben dem Ort seinen Charakter – wunderschön anzusehen und oft fotografiert. Doch der unbestrittene Charme, seine Attraktivität, hilft auch dieser Innen­stadt nicht: Ladenleerstände gehören seit Jahren zum Einbecker Stadtbild. Die Ursachen sind die gleichen wie in anderen Städten, nämlich das geänderte Kaufverhalten, verstärkt durch die Pandemie der letzten Jahre. Groß ist die Angst vor dem sogenannten Trading-Down-Effekt: Bleiben Schaufenster lange leer, hat es auch die Nachbarschaft schwer. Im schlimmsten Fall sind zum Schluss ganze Straßenzüge und Viertel heruntergekommen.


Diesen Negativtrend aufzuhalten, sogar umzudrehen, haben sich in Einbeck Patricia und Martin Keil vorgenommen. Und sie haben viel geschafft: Kaum können sie die Häuser aufzählen, die leer standen und von ihnen durch eine sinnvolle Nutzung belebt wurden, manche temporär, manche mittlerweile fest etabliert. Als Kulturraum, als Konzertgastronomie, als Büroraum oder als Jugendtreff, in dem nebenbei die Jugendlichen selbst das Haus renovieren. Sie stellen zum Beispiel in einen leer stehenden Ladenraum einen Flügel auf und machen ihn als Proberaum für Pianisten zugänglich.

Auf Augenhöhe mit Fachwerkdetails, die in Einbeck nie ausgehen werden: Martin und Patricia Keil im Kran.
© Denkmalpaten
Auf Augenhöhe mit Fachwerkdetails, die in Einbeck nie ausgehen werden: Martin und Patricia Keil im Kran.

Sie organisieren die Restau­rie­rung des sogenannten Wolpeterhauses abseits der Hauptstraßen, 450 Jahre altes Fachwerk mit bewegter Geschichte – in kleinen Schritten und mit unterschiedlichen Akteuren: als Firmenmitarbeiterveranstaltung, mit Touristen oder mit Schulklassen, die Lehm- und Fachwerkbau mit eigenen Händen lernen. Das Gebäude steht an einer dieser Stellen, die allzu schnell Schmuddelecke einer Stadt werden. Um das zu verhindern, animieren sie die Nachbarn, ihre Häuser zu streichen und machen aus einem Parkplatz vor dem Gebäude eine Open-Air-Galerie. Martin Keil ist davon fest überzeugt: „Häuser sind Lebewesen.“ Er sagt weiter: „Wir möchten ihre Geschichte erzählen, ihnen Namen geben und ihre Seele bewahren.“


Von der Spielothek zum immateriellen Welterbe – so kann man ihr nächstes Großprojekt in der Altstadt nennen. Mehrere Häuser sollen einmal als Druckerviertel die Attraktion der Stadt werden, hat hier in Einbeck doch seit 1638 die älteste Blaudruckerei Europas ihre Heimstatt. Das Handwerk des Blaudruckens wurde 2018 zum immateriellen Welterbe ernannt. Die Druckerkurse in der provisorischen Werkstatt sind beliebt, der Name Druckerviertel bereits in den Köpfen der Anwohner etabliert – womit schon viel gewonnen ist.


Nicht nur weil sie selbst Eltern sind, wissen sie: Die ganze Familie muss angesprochen werden. Denn es geht nicht nur um die Touristen, die durch die hübschen Gassen schlendern, die Einbecker selbst sind die Zielgruppe. Von den knapp 31.000 Einbeckern wohnen etwa 13.000 in der Kernstadt. Gefühlt kennen Keils jeden einzelnen. Der Stadt zu einem Gemeinschaftsgefühl zu verhelfen, sich unterein­ander und mit der Fachwerkgeschichte zu vernetzen ist eines ihrer Ziele. Die Innenstadt soll nicht nur Einkaufsmeile mit den einschlägig bekannten Geschäften und damit mit den ebenso bekannten Problemen sein, sie soll wieder Teil des Lebens werden – so alltäglich wie bauhistorisch einmalig. So geht Privatinitiative.

Patricia Keil als schwungvolles Model für die von ihr entworfene Mode im Fachwerk-Design.
© Jarmala Povilas
Patricia Keil als schwungvolles Model für die von ihr entworfene Mode im Fachwerk-Design.
Alte Model für den Blaudruck von heute: In Einbeck wird Kulturerbe modern belebt.
© Denkmalpaten
Alte Model für den Blaudruck von heute: In Einbeck wird Kulturerbe modern belebt.
 


Ihr 15-jähriges Jubiläum feierte im September 2022 hingegen eine Organisation, die als Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz begann: Aus den von ihr in den 1990er Jahren initiierten Wegen zur Backsteingotik, die das Wissen um das Kulturerbe Backsteingotik fördern sollte, fand als Fortführung dieses Auftrags der Aufbau der Europäischen Route der Backsteingotik statt (siehe auch Seite 38). Seit 2007 führt die Route durch mehrere Länder entlang der Ostseeküste – durch Dänemark, Deutschland und Polen.


Rotes Gold an der Küste


Backsteingotik ist ein geläufiger Begriff geworden, die einzigartige Kulturlandschaft im Bewusstsein vieler Menschen verankert. Dazu – und das war von Anfang an Grundlage des Projekts – sollte die alte Baukunst die Region wirtschaftlich nach vorne bringen. Der Zusammenklang beeindruckender Denkmale, stimmungsvoller Städte und berührender Landschaften bietet beste Voraussetzungen für einen qualitätvollen Tourismus. Er ist ein wichtiges Standbein für die eher strukturschwachen Regionen des Nordens. Christoph Pienkoß, seit Beginn des Projekts dabei und nun ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Vereins, kann das nur bestätigen: „Die Europäische Route der Backsteingotik bedient, gemeinsam für all ihre Mitglieder, eine kulturtouristische Entwicklung, die seit Jahren anhält: Menschen interessieren sich immer mehr für Sehenswertes vor ihrer Haustür. Kurzurlaube, Kultur, Musik, Kulinarik, maritimes Flair, Aktivtourismus – in diesen Reigen von Urlaubstrends reihen sich die fantastischen Bauwerke der Backsteingotik nahtlos ein.“


Mittlerweile sind rund 60 Mitglieder – Städte, Gemeinden, Regionen, Institutionen – Mitglied im Verbund und mit ihnen Hunderte backsteingotische Bauten. Tafeln an den Gebäuden versorgen den Reisenden mit Wissen, für die Reiseplanung stellt der Verein Informationsmaterial zur Verfügung. Seit 2018 unterstreichen zwei begleitende Arbeitskreise zu den Themen Backstein und Wissenschaft sowie Marketing und Tourismus die Kernanliegen des Vereins.

Backsteingotik zum Genießen: Die Orte im Norden bieten viel für einen qualitätvollen Tourismus, hier am Hafen von Wismar.
© mauritius images / Christian Bäck
Backsteingotik zum Genießen: Die Orte im Norden bieten viel für einen qualitätvollen Tourismus, hier am Hafen von Wismar.

Pienkoß erklärt: „Das Denkmal hat nicht nur einen kulturellen Wert, der im Raum steht, sondern auch einen ökonomischen.“ Neben den Arbeitsplätzen, die im direkten Zusammenhang mit Pflege und Verwaltung der historischen Sehenswürdigkeiten stehen, sorgt der Tourismus für einen beachtlichen wirtschaftlichen Effekt. Nicht nur für die großen und bekannten Orte, auch für die unbekannteren.


Der 48-Jährige gibt ein Beispiel, wie die Backsteingotikroute wirkt: „In Parchim gab die Zusammenarbeit mit uns den Anstoß, die Dachstühle der beiden großen Kirchen St. Marien und St. Georgen begehbar zu machen. Parchim liegt nicht unbedingt auf der touristischen Landkarte, aber seitdem hat die Besucherzahl spürbar zugenommen.“ Fachleute sehen den Kulturtourismus klar als Wachstumsmarkt. Voraussetzung sei die Kooperation von Kultur- und Tourismusexperten. Pienkoß sieht eine Überwindung des sprichwörtlichen Kirchturmdenkens: „In den letzten zehn Jahren hat sich etwas verändert. Die Konkurrenz der Städte untereinander ist geringer geworden, man schätzt das Gemeinsame und versteht sich mehr als Region.“


Region und Heimat – zwei Schlagworte, ­deren Bedeutung in den letzten Jahren immens zugenommen hat. Je unsteter die Welt, je ­ungewisser das Leben mit all seinen Möglichkeiten wird, desto mehr Bedeutung erhält das bekannte und beschützende Umfeld. Dass Heimat keine ausgrenzende Bedeutung haben muss, beweist die Internationalität der Europäischen Backsteinroute.

Lübeck ohne Holstentor ist undenkbar. Spenden für die Denkmale helfen, Identitäten zu bewahren, und sind eine Investition in die Zukunft.
© IMAGO / Jürgen Ritter
Lübeck ohne Holstentor ist undenkbar. Spenden für die Denkmale helfen, Identitäten zu bewahren, und sind eine Investition in die Zukunft.

Denkmalschutz ergibt Sinn


Die Beispiele zeigen außergewöhnliche Initiativen, großes Engagement und langjährig gewachsene Erfolgsgeschichten, die Strahlkraft über das einzelne Bauwerk hinaus besitzen. Doch genauso leistet jede Familie Gutes, die ein altes Gemäuer in der ländlichen Ortschaft zu neuem Leben erweckt, statt im Neubaugebiet zu bauen. Gutes für die Region und nicht zuletzt auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Immer mehr Menschen fühlen sich durch die individuellen und charakterstarken Gebäude angezogen.


Die Bewahrung von Denkmalen verbindet. Weil Denkmale Zukunftsmotoren sind und Sinn stiften. Das zu vermitteln und handfest zu unterstützen, den Motor zu starten, hat sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zur Aufgabe gemacht. Jede Spende als Investition in den Denkmalschutz ist auch eine in Regionalförderung und in die Zukunft.


Beatrice Härig

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1 Kommentare

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    Reinhard Knoblich schrieb am 25.01.2023 12:34 Uhr

    Interessanter Artikel. Dass Denkmalschutz und Zukunftsperspektiven sehr wohl in Einklang zu bringen sind, wird z. B. auch am Konzept und dem Erfolg von Motorwold sichtbar, ein Unternehmen, dessen Niederlassungen in Häusern mit „Ambiente“ sind. In Böblingen z. B. in den denkmalgeschützten Empfangsgebäuden des ehemaligen Landesflughafens von Stuttgart-Böblingen.

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