Menschen für Monumente Menschen für Denkmale Ausgabe Nummer Oktober Jahr 2022 Denkmale A-Z E

Ehrenamtliche Helfer im Denkmalschutz

Ohne sie läuft es nicht!

Unzählige Freiwillige engagieren sich für die Denkmalpflege. Warum machen sie sich in ihrer Freizeit gerade für dieses Thema stark, und wie? Wir stellen Ihnen Menschen vor, die eines gemeinsam haben: das uneigennützige Engagement.

In der dunklen Jahreszeit, wenn es draußen meist kalt und ungemütlich ist, gerade dann macht sich Peter Wenzel häufig auf den Weg: auf die Felder zwischen Rostock und Rügen. „Auf den kahlen Äckern, wenn keine Pflanzen wachsen, lässt es sich besser nach Spuren der Vergangenheit suchen“, erklärt Wenzel. Seit rund zehn Jahren ist der 34-Jährige mittlerweile ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger. Er arbeitet für die Landesarchäologie Mecklenburg-Vorpommern, um bedeutende Funde zu erfassen und für die Wissenschaft und die Allgemeinheit zu sammeln. Auf seinen Exkursionen immer mit dabei: Plastiktüten für die kleinen Fundstücke, ein GPS-Gerät, eine kleine Schaufel und – unabdingbar – sein Ehrenamtsausweis, der ihn als ausgebildeten Helfer der Fachbehörde legitimiert. „Ich finde es gut, dass ich etwas dazu beitragen kann, unsere Geschichte besser kennenzulernen und zu verstehen“, erklärt Wenzel seine Motivation.

 Peter Wenzel verbringt einen Großteil seiner Freizeit mit der Bodendenkmalpflege.
© Georg Scharnweber
Peter Wenzel verbringt einen Großteil seiner Freizeit mit der Bodendenkmalpflege.

Der Wissenschaft dienen

Tausende Ehrenamtler sind in der Bundesrepublik für die Bodendenkmalpflege tätig. Peter Wenzel ist einer dieser Helfer, die historische Funde aufspüren, melden und schützen.­

„Dem Boden Informationen zu entlocken, die über Jahrtausende verborgen waren“ – das ist es, was Peter Wenzel an seiner Arbeit fasziniert. Und dafür hilft er der Landesarchäologie Mecklenburg-Vorpommern als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger.

„Ich suche bei Feldbegehungen nach archäologischen Fundstücken und überprüfe den Zustand bereits bekannter Fundstellen. Manchmal geht es auch darum, durch Baustellenbeobachtung mögliche Zerstörungen zu verhindern“, erklärt der 34-Jährige. „Wichtig für die Arbeit sind gute Augen und eine Menge Sachkenntnis, die mir in Lehrgängen von der Fachbehörde vermittelt wurde. Der Metalldetektor ist nur ein zusätzliches Werkzeug.“ Die entdeckten Funde werden akribisch verpackt, beschriftet und regelmäßig beim Landesamt abgeliefert und teilweise auch publiziert.

 



Ihr Engagement ist vielseitig


Solches beispielhafte Engagement wie das von Peter Wenzel braucht es viel, um das archäologische und baukulturelle Erbe zu erhalten und zu pflegen. „Ohne die freiwilligen Helfer sähe es an manchen Orten zappenduster aus“, sagt ­der Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), Dr. Steffen Skudelny. „Ohne sie würde so manche Kirche nur noch wenige Male im Jahr aufgeschlossen und würde in einigen Museen kein Licht angeschaltet. Ohne sie wären unzählige Denkmale schon lange verloren.“ Die Ehrenamtler finden und erfassen das kulturelle Erbe, sie erforschen, dokumentieren und bewahren es, und sie sensibilisieren für dessen Bedeutung.


Oft wirken die Helfer unerkannt im Hintergrund: wie etwa die von den Landesämtern eingesetzten ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger oder auch die vielen fleißigen Mitglieder der Fördervereine, die für die Erhaltung von Kirchen, Bürgerhäusern oder Schlössern kämpfen (siehe unseren Artikel "Alte Heimat, neues Leben"). Es gibt auch diejenigen, die gerade die Öffentlichkeit suchen, um für die Denkmale zu werben: die Ortskuratoren der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zum Beispiel. Oder die Freiwilligen, die ihr Wissen weitergeben und für den Nachwuchs in der Denkmalpflege sorgen, wie die sogenannten Teamer, die als ehemalige Jugendbauhüttler und ausgebildete Gruppenleiter nun selbst die Seminare der Jugendbauhütten begleiten.

Mit Herz und Hand: Sophie Just (Mitte) erklärt Teilnehmern der Jugendbauhütte das Korbflechten an einem historischen Stuhl.
© Matthias Bein
Mit Herz und Hand: Sophie Just (Mitte) erklärt Teilnehmern der Jugendbauhütte das Korbflechten an einem historischen Stuhl.

Den Nachwuchs fördern


Sophie Just ist als Teamerin der Jugendbauhütte im Einsatz – dem Nachwuchsfreiwilligendienst der DSD.

2015/16 leistete Sophie Just (32) ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege. „In der Jugendbauhütte hatte ich eine lehrreiche und erfüllende Zeit.“

Bis heute ist sie dem Bildungsprojekt der DSD verbunden: Als ehrenamtliche Gruppenleiterin hilft sie mehrere Wochen im Jahr bei der Organisation und Durchführung der Jugendbauhüttenseminare. Die gelernte Polsterin und derzeitige Studentin der sozialen Arbeit hat dort ihre Berufung gefunden: „Es macht mir große Freude, alte Handwerkstechniken zu vermitteln und zu erleben, welche Begeisterung ich dafür auslösen kann. Denkmalpflege ist mein Leben!“

 



Ihr Engagement ist groß


Der unentgeltliche Einsatz für die Denkmalkultur ist nicht nur vielseitig, sondern er bleibt auch seit Jahren gleichbleibend hoch. Eine Umfrage der Bundesregierung – der Freiwilligensurvey 2019 – belegte: 40 Prozent aller Menschen ab 14 Jahren in Deutschland setzen sich außerhalb von Beruf und Familie für gemeinnützige Zwecke ein. Das sind insgesamt 28,8 Millionen Menschen. 8,6 Prozent der Befragten sind ehrenamtlich für Kultur und Musik tätig.


Der seit 1993 von der DSD koordinierte Tag des offenen Denkmals, die größte Kulturveranstaltung Deutschlands, führt einem dieses bürgerschaftliche Engagement in geballter Form vor Augen. „Millionen von Menschen sind an diesem Tag unterwegs auf Denkmal-Entdeckungstour“, sagt Skudelny. „Und unzählige Ehrenamtler, gemeinnützige Vereine und Bürgerinitiativen zeigen den Besuchern dann etwas, was ihnen üblicherweise verborgen bleibt.“ Bundesweit präsentieren sie der Öffentlichkeit an diesem Tag ihre Denkmale und demonstrieren, was sie dafür schon bewirkt haben oder noch angehen wollen. Manch einer fühlt sich von den Projekten, von den beteiligten Menschen derart inspiriert, dass er danach selbst aktiv wird, um etwas für die gute gemeinnützige Sache zu tun.

Tilo Mottschall in der Dorfkirche in Gardelegen-Ipse (Herbst 2020).
© Sabrina Gorges
Tilo Mottschall in der Dorfkirche in Gardelegen-Ipse (Herbst 2020).

Engagiert vor Ort


Viele Initiativen und Menschen machen sich für ihre Denkmale stark. Sie investieren Zeit, Kraft und Geld in die Bewahrung – wie Tilo Mottschall und der Verein Ipse excitare.

Das mittelalterliche Kirchlein war sehr wenig genutzt und sanierungsbedürftig, einen Zusammenhalt im Dorf Ipse (Sachsen-Anhalt) gab es kaum noch. „Diesen Zustand wollte ich nicht mehr akzeptieren“, sagt der 2008 zugezogene Tilo Mottschall.

„2016 gründete ich zusammen mit einigen Mitstreitern den Verein Ipse excitare.“ Seither engagiert sich die Initiative mit ihren 15 Mitgliedern zusammen mit der Kirchengemeinde sehr für die Erhaltung ihrer Kirche, innen wie außen. Jüngst wurden die wertvollen spätgotischen Außenputze mit Unterstützung der DSD restauriert. „Das alles tut nicht nur dem Denkmal gut, sondern auch dem dörflichen Zusammenhalt“, so Mottschall. Das sieht man: Als einziges öffentliches Gebäude im Ort wird die Kirche neben Gottesdiensten vermehrt als sozialer und kultureller Treffpunkt genutzt.

 


Ihr Engagement hat gute Gründe


Was treibt die Ehrenamtlichen an? Weshalb deswegen auf Freizeit verzichten? Ganz grundsätzlich: Weil die Freiwilligen der Gesellschaft etwas zurückgeben möchten, weil für sie dadurch das eigene Leben an Bedeutung gewinnt. Schlicht, weil es ihnen Spaß macht – das alles besagt der Freiwilligensurvey von 2019.
Die Motivation, sich konkret für den Denkmalschutz einzusetzen, erklärt sich oft durch Heimatverbundenheit und aus dem Bedürfnis heraus, dort Geschichte, historische Architektur und traditionelles Handwerk zu bewahren.


Ein Beispiel: Karl-Heinz Broska, der seit drei Jahren das Ortskuratorium in Helmstedt leitet (siehe Seite 49). Er ist in der Region aufgewachsen und hat miterleben müssen, wie in den 1970er Jahren viele bedeutende alte Bauten mancher Kahlschlagsanierung zum Opfer fielen. Er möchte weitere Denkmalverluste verhindern. „In Gemeinschaft alte, bedrohte Häuser zu retten, das erfüllt mich“, sagt Broska. Ein weiteres Beispiel ist Sophie Just, die als ehrenamtliche Gruppenleiterin regelmäßig bei den Jugendbauhütten tätig ist (siehe Seite 46). Ihr Antrieb liegt in den vielen schönen Momenten, die sie hat, wenn sie „bei den Freiwilligen Freude an alter Handwerkskunst erwecken kann.“


Aktiv auch zum Tag des offenen Denkmals: Karl-Heinz Broska, Ortskurator der DSD, führt fachkundig durch das sogenannte Neumark-Rathaus in Helmstedt von 1748.
© Peter Wiese
Aktiv auch zum Tag des offenen Denkmals: Karl-Heinz Broska, Ortskurator der DSD, führt fachkundig durch das sogenannte Neumark-Rathaus in Helmstedt von 1748.

Ortskuratorien: Im Einsatz für den  Denkmalschutz


Die rund 85 Ortskuratorien der DSD sind Tausend­sas­sas, wenn es um die Erhaltung des baukulturellen Erbes geht. Wie das Ortskuratorium in Helmstedt.

Sie organisieren Benefizveran­stal­tungen, packen bei der Ret­tung von historischen Bau­ten selbst mit an und fördern die Jugendbauhütten auf erhebliche Weise: die zwölf ehrenamtlichen Denkmalschützer des Ortskuratoriums Helmstedt. „In der Vergangenheit sind hier viele Bausünden passiert.

Denkmale wurden wenig gewürdigt“, sagt deren Leiter Karl-Heinz Broska. „Mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz im Rücken haben wir in der Region Ostfalen mittlerweile viel für die historische Baukultur erreicht.“ Der Kreis an Unterstützern wächst. Auch wegen wichtiger Aktionen: Zum Tag des offenen Denkmals mietet das Ortskuratorium regelmäßig einen Bus, der Interessierte mit Gehbeeinträchtigung zu den verschiedenen Veranstaltungsorten bringt.
Mehr zu unseren Ortskuratorien:


http://www.denkmalschutz.de/ortskuratorien

 


Ihr Engagement ist unerlässlich


In Zeiten, in denen sich die öffentliche Hand aus dem Denkmalschutz zurückzieht, staatliche Mittel gekürzt, Fachämter geschwächt werden, ist das ehrenamtliche Engagement umso wichtiger. Da ist die Denkmalpflege kein Einzelfall. Ohne Freiwillige kämen weite Teile des gesellschaftlichen Lebens zum Erliegen. Im Juni dieses Jahres wurden in Nordrhein-Westfalen (NRW) die Einflussmöglichkeiten der Fachbehörden durch eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes weiter einschränkt. Aller Proteste aus der bürgerschaftlichen Denkmalbewegung, an denen die DSD im Denkmalbündnis NRW federführend mitwirkte, zum Trotz.
Zukünftig werden noch mehr Menschen gefragt sein, die sich beharrlich, unabhängig, fachlich kompetent und manchmal auch lautstark dafür einsetzen, Denkmale vor der Zerstörung zu bewahren.


Ihr Engagement verdient größten Respekt


„Ehrenamtlich Engagierten gebührt höchste Wertschätzung. Zudem muss ihr Wirken auch tatkräftig gefördert werden, materiell wie immateriell“, sagt DSD-Vorstand Skudelny. „Dazu leistet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz neben anderen Initiativen und Organisationen einen wichtigen Beitrag.“ Sie hilft gemeinnützigen Vereinen oder Stiftungen finanziell bei der Denkmalrestaurierung und steht den Mitgliedern dafür beratend zur Seite. Ihre Jugendbauhütten machen möglich, dass jedes Jahr rund 650 Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege absolvieren. Für den Tag des offenen Denkmals unterstützt die Stiftung die ehrenamtlichen Türöffner mit umfangreichen Serviceangeboten und Informationsmaterial. Darüber hinaus kann man sich in rund 85 Ortskuratorien als ehrenamtlicher Mitarbeiter für den Denkmalschutz einbringen.

Es gibt viele Möglichkeiten, wie jeder aktiv etwas tun kann, um das historische Erbe zu erhalten. Und es gibt beeindruckende Menschen, die mit Leidenschaft dieses Ziel verfolgen. Ihr Handeln ins­piriert und ermutigt!


Amelie Seck


Wenn auch Sie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz durch Ihr ehrenamtliches Engagement unterstützen möchten, können Sie sich hier informieren:
www.denkmalschutz.de/aktiv-werden

3 Fragen an Dr. Ursula Schirmer, Leiterin der Abteilung Bewusstseinsbildung bei der DSD


Was bedeutet das freiwillige Engagement für die Denkmalpflege?
Denkmalpflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Bürgerschaftliches Engagement ist daher unerlässlich. Oft sind es Fördervereine und Initiativen, die sich gegen drohende Verluste und für die Erhaltung der Denkmale in ihren Orten und Regionen stark machen. Wir sehen diesen großartigen Einsatz bei vielen unserer Förderprojekte.

Was macht aus Ihrer Sicht das Ehrenamt attraktiv?
Denkmalpflege bietet Möglichkeiten für jeden, je nach Wünschen und Fähigkeiten. Oft entwickelt sich daraus eine Lebensaufgabe, eine lebenslange Leidenschaft.

Offensichtlich macht die Beschäftigung mit den gebauten Zeitzeugen viel Freude, man erhält als Ehrenamtlicher viel zurück und weiß sich in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter. Am Tag des offenen Denkmals wird dieses ehrenamtliche Engagement besonders deutlich.

Wie fördert die DSD dieses Engagement?
Wenn engagierte Vereine und Denkmaleigentümer sich vorbildlich um ihre Denkmale kümmern, lohnt sich auch der Einsatz der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Da sind die Mittel gut aufgehoben und das Denkmal in guten Händen. Außerdem bietet die DSD die Möglichkeit, sich in Ortskuratorien direkt für unsere Arbeit zu engagieren oder als junger Mensch im Freiwilligen Sozialen Jahr in der Denkmalpflege in unseren Jugendbauhütten.

 

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