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St. Lukas ringt um den Prachtbau

Sie ist die größte und älteste der ­erhaltenen evangelischen Kirchen ­in München: St. Lukas an der Isar. Die ­Außensanierung hat die Gemeinde aus eigener Kraft ­geschafft. Nun braucht sie Hilfe, um den eindrucksvollen Innenraum und die ­Orgel herzurichten.

Die Isar im Rücken, den Blick auf die einheitliche Gründerzeitbebauung gerichtet: Dieser Münchner Anblick überwältigt – und erstaunt zugleich. Denn mittendrin erhebt sich die prachtvolle evange­lische Lukaskirche, die ein wenig an romanische Kaiser­dome denken lässt. Ihre beiden Portaltürme und die 64 ­Meter hohe Kuppel prägen aber erst seit 1896 die Silhouette der Stadt und die Bebauung des Stadtteils Lehel unmittelbar an der Isar. Innen entdeckt man romanische und gotische Stilelemente ebenso wie solche der Renaissance. Indem sie vergangene Epochen zitiert, macht sich St. Lukas katholische Vorbilder zu eigen. Während das Gebäude von außen ziegelsichtig ist, wie die Frauenkirche im Zentrum, dominieren innen Sandstein und hell verputzte Gewölbe und Gewände.

Die Lukaskirche inmitten der Gründerzeitbebauung im Münchner Stadtteil Lehel.
© Jens Wegener
Die Lukaskirche inmitten der Gründerzeitbebauung im Münchner Stadtteil Lehel.

Der Kirchenbau beeindruckt auch noch nach über 125 Jahren – zumal sein äußerer Eindruck der eines hervorragend restaurierten Denkmals ist. Doch sein Inneres befindet sich in einem beklagenswerten Zustand. Vor allem die Oberflächen an Wand, Säulen, Decken und Böden sind stark angegriffen und fleckig. An vielen Stellen bröckeln Putz und Stein, die Böden sind von Rissen und Brüchen durchzogen. Die in den 1960er-Jahren eingezogenen Holzdecken in den Seitengängen sowie zugemauerte Fenster zwischen Vorhalle und Kirchenschiff stören den großartigen Gesamteindruck. 


Maßnahmen zur Bewahrung der fast vollständig erhaltenen originalen Bausubstanz und Ausstattung, alles entworfen vom ­renommierten Münchner Jahrhundertwende-Architekten ­Albert Schmidt (1841–1913), sind dringend erforderlich. „Eine derartige, nahezu vollständige Erhaltung eines historischen Kircheninnenraums ist eine Seltenheit. Um ihn zu bewahren, wird 60 Jahre nach der letzten Innenrenovierung die Instandsetzung der Raumschale notwendig, vor allem der Kuppeln, die sichtbar viele Spannungsrisse aufweisen“, sagt Projektreferent Dr. Peter Schabe von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD).  


Von nationaler Bedeutung


Mit der Instandsetzung des Außenbaus hat sich die aktive und engagierte Kirchengemeinde an ihre Grenzen gebracht. Nun braucht sie Hilfe. Daher hat sich die DSD zu einem besonderen Schritt entschieden: Für die dringend nötige Restaurierung des Innenraums sowie die Instandsetzung der großen Orgel ruft sie gemeinsam mit der Kirchengemeinde zu Spenden auf. „Schon der Bau der Lukaskirche in den 1890er-Jahren wurde ganz maßgeblich durch Spender ermöglicht und zuletzt auch wieder die Außensanierung des Gebäudes“, sagt Pfarrer Helmut Gottschling.

Renaissancekuppel über frühgotischen Bogenstellungen: Historisierende Stilelemente finden in der Lukaskirche zusammen.
© Tobias Frank
Renaissancekuppel über frühgotischen Bogenstellungen: Historisierende Stilelemente finden in der Lukaskirche zusammen.

Die DSD ist überzeugt von der außerordentlichen städtebaulichen und architektonischen Qualität des Kirchenbaus, ­eines „Denkmals von nationaler Bedeutung“, so der offizielle Status seit 2020. Und eine weitere Qualität spricht für die Nutzung der Lukaskirche: ihre Orgel, die eine wahre Besonderheit ist und der ein verbesserter Raumklang gerecht werden würde. Denn Wort und Musik als Instrumente der Verkündigung, das war von Anfang an das Konzept von St. Lukas. Die Engel mit Buch und Harfe am Altar weisen deutlich darauf hin. 


Bereits wenige Jahre nach ihrer Einweihung erschien den Besuchern der Klang der ursprünglichen Orgel zu dürftig. Mitten in schwierigen Zeiten beauftragte man abermals die Firma Steinmeyer aus Oettingen mit einer Neukonzeption. Mit weniger Registern als geplant wurde die Steinmeyer-­Orgel 1932 fertiggestellt, klanglich und optisch dennoch eindrucksvoll. Die Elektrik ist original, sie muss dringend überarbeitet werden. Ebenso der alte Spieltisch, der noch gerettet werden kann. „Dann wird die Orgel einen neuen Akzent setzen im kirchlichen und konzertanten Leben in München“, sagt Kirchenmusikdirektor Tobias Frank.


Planvolle Stadtentwicklung


Man muss sich manche der heute beliebten Stadtteile Münchens im 19. Jahrhundert noch als regelrechte Armenviertel vorstellen. Das Isar-nahe Viertel Lehel zum Beispiel: Seine Bewohner lebten dicht gedrängt in schmutzigen ­Gassen, ihnen dienten die zahlreichen Bäche als offene Abwasserkanäle. Arbeit fanden sie in der Flößerei, denn die Isar war der Transportweg für Brenn- und vor allem Bauholz, die Isarauen im Lehel waren Floßgelände. Die flussnahen Wohnbereiche waren Elendsviertel – am Rande der schillernden Residenzstadt, zu der München seit Mitte des 14. Jahrhunderts geworden war.

Weiteren Schaden abwenden: Der Fliesenboden in der Vorhalle ist akut gefährdet. Alle erhaltenen Böden müssen restauriert werden.
© Pfarrgemeinde St. Lukas
Weiteren Schaden abwenden: Der Fliesenboden in der Vorhalle ist akut gefährdet. Alle erhaltenen Böden müssen restauriert werden.

Unter Prinzregent Luitpold (1821–1912) erlebte München einen seiner Aufschwünge. Hatte die Stadt 1890 noch etwa 350.000 Einwohner, waren es Anfang des 20. Jahrhunderts schon eine halbe Million. Das führte zu einem kräftigen Bauboom; zwischen 1880 und 1910 entstanden im Lehel die heute so begehrten bürgerlichen Wohnhäuser im Stil der Gründerjahre. Entlang der neu geplanten ­Maximilian- und Prinzregentenstraße wurden Regierungsgebäude, Museen, Theater und andere repräsentative Bauten errichtet. Und auch die verschiedenen Glaubensgemeinschaften sollten unter seiner Regentschaft nicht zu kurz kommen.


Knapp 10.000 Juden und 70.000 Protestanten brauchten ihre eigenen Gebetsräume. 1887 wurde die alte Hauptsy­nagoge eingeweiht, 1896 folgte mit St. Lukas die große evangelische Kirche – beide nach Plänen von Albert Schmidt, würdig und monumental gestaltet. Und beide erhielten repräsentative Standorte, die Synagoge unweit der Frauenkirche, die Lukaskirche am Isarufer und in der Nähe der neuen Prachtboulevards. Beide Gotteshäuser waren ­einander in ihren historistischen Formen durchaus ähnlich.

Blick in die Kuppel und das Chorgewölbe. Insbesondere hier gibt es Spannungsrisse, die die Renovierung der Raumschale erfordern.
© Pfarrgemeinde St. Lukas
Blick in die Kuppel und das Chorgewölbe. Insbesondere hier gibt es Spannungsrisse, die die Renovierung der Raumschale erfordern.

Heute bekennt sich noch etwa ein Drittel der knapp 1,6 Millionen Münchner zum Christentum. Davon wiederum ist ein Drittel evangelisch. Das scheint wenig. Aber ­gerade deshalb ist die Lukaskirche mit ihren immerhin 5.500 Gemeindegliedern besonders umtriebig: Sie bietet obdachlosen Frauen Wohnraum, Bedürftigen eine Lebensmittelausgabe, Kunstinteressierten regelmäßige Kunstaktionen – und Orgelmusikliebhabern hochklassige Konzerte. Diese Aktivitäten können nur stattfinden, wenn der bedeutende Kirchenbau mitten in München erhalten bleibt. Und genau dafür kämpft mit dem gemeinsamen Spendenaufruf die Kirchengemeinde zusammen mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.


Julia Greipl

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90 Jahre alt: der Spieltisch der Steinmeyer-Orgel mit seinen Registerwippen. Sie müssen überarbeitet werden.
© Pfarrgemeinde St. Lukas
90 Jahre alt: der Spieltisch der Steinmeyer-Orgel mit seinen Registerwippen. Sie müssen überarbeitet werden.
 

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