Denkmalarten Wohnhäuser und Siedlungen 1700 Denkmale in Gefahr Ausgabe Nummer August Jahr 2022 Denkmale A-Z D
"Das Strohdach frisst uns langsam auf." Familie Möller benötigt dringend Hilfe. Ihr altes reetgedecktes Hallenhaus im Dorf Lichtenhagen ist akut einsturzgefährdet und muss notgesichert werden.
Wenn Peter Möller seine tägliche Runde über den alten Bauernhof dreht, um nach Haus, Garten und Tieren zu schauen, blickt der 71-Jährige seit langer Zeit besorgt Richtung Reetdach: „Erleben zu müssen, wie unser altes Hallenhaus in sich zusammenfällt, macht mich krank. Ich bin auf dem Hof aufgewachsen, mit ihm verwachsen. Wenn das Haus kaputt geht, gehe ich auch kaputt.“
In der elften Generation, seit 1754, lebt Familie Möller auf dem Dreiseithof im Dorf Lichtenhagen nahe der Hansestadt Rostock. Über 250 Jahre war er Arbeitsplatz und Zuhause zugleich, ein Ort, an dem sich immer wieder das ganze Dorf traf, zum Arbeiten, Feiern und die Kinder zum Spielen. „Schön war das“, erinnern sich Peter Möller und seine Schwester Hannelore Denker. Von besonderer Bedeutung für das Gehöft ist das Niederdeutsche Hallenhaus von 1786, dessen Reetdach sich in einem katastrophalen Zustand befindet, besonders nachdem ein Orkantief im Januar an Mecklenburgs Küste wütete. Über das gesamte Dach verteilt klaffen große Löcher. Es sind so viele, dass die gesamte Reetdachfläche ersetzt werden muss. Aber das noch viel größere Problem stellt die verfaulte Dachkonstruktion dar, die im schlimmsten Fall bald zu einem Einsturz des Gebäudes führen kann. Der Echte Hausschwamm hat an der Nordseite des Hauses schon Großteile der Sparren, Balken und der Zwischendecke befallen.
Alles und alle unter einem Dach
Der Denkmalbestand, um den sich die Erbengemeinschaft Möller kümmert, ist umfangreich. Eine reetgedeckte Scheune, ein Wohnhaus von 1889 und das Niederdeutsche Hallenhaus umgrenzen von drei Seiten einen großen Hof. Und im Bauerngarten vor der weiten Ackerfläche steht ein Backhaus von 1838. Zwischen den historischen Bauten sieht und hört man pickende Hühner, Gänse und Zuchttauben. Idylle pur – läge darüber nicht der Schatten des einsturzgefährdeten Fachwerkhauses. Bis 1963 hatten die Möllers einen landwirtschaftlichen Betrieb, der in DDR-Zeiten von einer LPG geführt wurde. Von 1989 an diente der Hof als Pferdewirtschaft, heute züchtet die Familie nur noch etwas Kleinvieh.
Einst prägten diese Höfe Mecklenburgs Kulturlandschaft. Ihre Ursprünge liegen im 13. Jahrhundert, als im Zusammenhang mit der Ostkolonisation Bauernfamilien aus dem niederrheinisch-westfälischen Raum zur Besiedlung ins Land geholt wurden. Mit sich trugen die Siedler auch das Wissen um den Bau von Hallenhäusern. Das Besondere an diesem Haustypus: Unter seinem Dach sind alle auf einem Hof anzutreffenden Funktionen vereint. Bei dem Exemplar in Lichtenhagen ist die originale Raumstruktur des Wohn-Stall-Scheunen-Hauses noch gut ablesbar: mit hoher Wohndiele, parallel dazu verlaufenden Stallungen und Resten einer Rauchküche.
Tradition soll bleiben
Diese typische Raumaufteilung möchte die Familie Möller in ihrer Ursprünglichkeit auch nach der Notsicherung erhalten und nicht durch eine Modernisierung beschädigen. „Es ist doch Tradition. Das Haus soll so bleiben, wie es ist“, sagt Ines Beckmann, geborene Möller, in einer Bestimmtheit, die nicht zweifeln lässt. Die 48-Jährige hat vor einiger Zeit den Staffelstab von Onkel, Tante und Mutter übernommen. Deren Engagement folgend, steckt sie viel Herzblut in den Kampf um das Denkmal. Ihre Vision für das Hallenhaus ist „ein offenes Denkmal, das Gemeinschaft stiftet“.
Ines Beckmann und die ganze Familie haben dafür schon viele gute Nutzungsideen entwickelt: die Diele für Ausstellungen zur Verfügung stellen, einen lokalen Gemüsemarkt veranstalten, Kindern das alte Landleben nahebringen. „Wir hatten eine wunderschöne Kindheit mit all den Tieren“, so Beckmann. Diese Glücksgefühle möchte sie auch anderen schenken. Schon immer haben die Möllers ihr Anwesen für Besucher geöffnet, auch für große Veranstaltungen wie Reitturniere oder Theateraufführungen. „Bei all dem, was sie in den letzten Jahrzehnten geleistet haben: Sie hätten es so verdient, dass man ihnen etwas zurückgibt“, sagt Nils Ibendorf, Vorsitzender vom Förderverein Denkmale Elmenhorst/Lichtenhagen. Er unterstützt die Denkmaleigentümer bei der Erhaltung ihrer Bauwerke.
Denkmale unter Druck
Der Dreiseithof steht als Denkmal in Lichtenhagen nicht allein. Einem Freilichtmuseum gleich, haben sich im Dorfkern, der als Denkmalbereich ausgezeichnet ist, auf dichtem Raum historische Wohnhäuser, Scheunen, Ställe und die mittelalterliche Dorfkirche erhalten. Zu sehen, wie sich dort über mehrere Jahrhunderte die ländliche Architektur des mecklenburgischen Bauerndorfes verändert hat, lohnt einen Besuch. Aber durch die Nähe zu Rostock hat das Dorf einen Entwicklungsdruck auszuhalten. Neue Gewerbe- und Wohngebiete rücken an den Ort heran, Bauerngärten und Äcker werden zugesiedelt.
„Reißt es doch ab, das Haus, und baut stattdessen viele neue“, hat Ines Beckmann voller Entsetzen zu hören bekommen. Sie muss nicht überzeugt werden, wie wichtig ihr Ensemble für den Dorfcharakter und die Dorfgemeinschaft ist. Auch die 17-jährige Hanna Möller weiß von der Bedeutung ihres Zuhauses: „Anders als meine Mitschüler lebe ich auf einem Dorf – in einem besonderen Zuhause, auf einem alten Bauernhof. Und darauf bin ich stolz.“
Mehr als ein rettender Strohhalm
Reetdächer gehören bis heute zum Bild, das man von Norddeutschland hat. Aber ihr Unterhalt ist kostenintensiv, vor allem wenn man wie die Möllers eine Fläche von rund 1.700 Quadratmetern zu pflegen hat. Knapp 200 Euro kostet es, einen Quadratmeter Reetdach zu erneuern. „Es wird alles immer teurer“, sagt Peter Möller. „Das Strohdach frisst uns langsam auf.“ Mehr als der eine rettende Strohhalm ist gefragt, um das fast 250 Jahre alte Fachwerkhaus vor dem Einsturz zu bewahren – viele Tausende werden vielmehr für seine Rettung benötigt. Helfen Sie Familie Möller, diese Last zu schultern!
Amelie Seck
Dreiseithof Möller
Dorfstraße 10
18107 Lichtenhagen-Dorf
Lichtenhagen ist ein Ortsteil der Gemeinde Elmenhorst/Lichtenhagen und grenzt an die Hansestadt Rostock an.
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