Menschen für Monumente Restaurierungstechniken August 2022
Ein knappes Jahr nach der Hochwasserkatastrophe sind die Schäden weiterhin immens. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat darauf reagiert und das Mobile Team Fluthilfe gegründet.
Ahrtal, im April 2022: Behutsam setzen die zwei jungen Männer Lehmstein auf Lehmstein zwischen die alten Eichenbalken. Nach zwei Stunden ist das leere Gefach wieder ausgemauert und ein Stück mehr im Gefüge des vom Hochwasser beschädigten Alten Zunfthauses in Bad Neuenahr-Ahrweiler wiederhergestellt. Die beiden Lehmbauer gehören zum neu gegründeten Mobilen Team Fluthilfe der Jugendbauhütten, einem Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD).
Direkt nebenan spielt sich eine Szene ab, wie sie im Umgang mit historischer Substanz kaum kontrastreicher sein könnte. Mit dröhnendem Lärm zertrümmert ein Bagger ein Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, sodass es schmerzt. Auch in den Ohren und in der Seele von Johan Simm aus Brüssel: „Es gibt immer noch so viele tolle alte Bauten, die aber jetzt vom Abriss bedroht sind oder eben abgerissen werden, weil sie durch die Flut beschädigt wurden. Ich möchte bei der Rettung helfen.“
Seit März absolviert Simm ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege im Mobilen Team Fluthilfe. Unmittelbar nach der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 reisten bereits Jugendbauhütten-Teilnehmer aus ganz Deutschland an, um – kurzfristig von der DSD organisiert – beim Wiederaufbau zu helfen. Laura Haverkamp, Projektkoordinatorin der Jugendbauhütten in der DSD, erklärt: „Um unser Engagement weiter zu verstetigen und zu verstärken, haben wir vor Ort das Mobile Team Fluthilfe gegründet. Dadurch können die Freiwilligen über einen längeren Zeitraum intensiver mitwirken.“
Mit Kleinbus, Werkzeug und Material sind drei Teilnehmer pro Jahrgang im ehemaligen Flutgebiet unterwegs, angeleitet von einem Zimmermann und einer Lehmbauerin. Sie helfen dort, wo Denkmal und Eigentümer besonders in Not sind. „Manchmal auch an mehreren Objekten gleichzeitig“, so Haverkamp.
Das Alte Zunfthaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler ist ihre erste Einsatzstelle. Wie in fast allen Gebäuden der Altstadt hinterließen die Wasser- und Schlammmassen auch in dem als Goldschmiede genutzten Fachwerkhaus Spuren der Zerstörung: Die 250 Jahre alte Bausubstanz ist massiv beschädigt, die unzähligen kleinen Metallwerkzeuge sind genauso verloren wie kostbare Schmuckstücke. Die Goldschmiedin selbst rettete sich während der Flut in ihre Wohnung, ins Obergeschoss ihres Hauses.
Es ist die zupackende, lebhafte Art der jungen Menschen, die der verzweifelten Eigentümerin wieder ein wenig Zuversicht gibt. In nur wenigen Wochen gelang es ihnen nicht nur, maßgeblich zur denkmalgerechten Instandsetzung beizutragen. Sie legten auch eine originale „Kölner Decke“ frei und tragen mit deren Restaurierung zur Aufwertung des Denkmals bei.
In Zeiten, in denen es an Handwerkern mangelt, sind die Lehmbauhelfer in dieser Gegend besonders gefragt. Auch Fritz Vennemann (59), Vorsitzender des Vereins Historisches Ahrtal, der die Jugendbauhütte bei der passenden Objektauswahl berät, freut sich sehr über diese Aktivitäten: „Die vielen Fachwerkbauten sind nicht nur ein Stück Identität für die Einheimischen. Die Menschen leben hier ganz wesentlich vom Tourismus. Und wenn alte Baukultur weiter verloren geht, wird diese Region ihres Charmes und ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt!“ Das Alte Zunfthaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler ist dank der jungen Freiwilligen auf einem guten Weg. Das nächste hilfsbedürftige Projekt ist bereits ausgeguckt – um es zu retten, bevor der Bagger kommt.
Amelie Seck
Seit der Hochwasserkatastrophe hilft die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in den betroffenen Gebieten auf vielfältige Weise – mit tatkräftigem Engagement, fachlichem Rat und vor allem finanzieller Unterstützung. Fast drei Millionen Euro konnte die DSD auch dank zahlreicher Spenden bisher einsetzen. Rund 500 Denkmalen wurde dadurch schnell und unbürokratisch geholfen. Aber immer noch sind viele in Not.
Auch kleinste Beträge zählen!
2021 verwüstete eine Flut Teile von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Zwei Jahre später stellten die Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz ein Fluthilfecamp ins Ahrtal: Über 300 Freiwillige leisteten einen Beitrag für den Wiederaufbau.
Im Juni 2024 organisiert die DSD zum zweiten Mal praktische Fluthilfe: Wieder konnte die Stiftung rund 300 Teilnehmer der Jugendbauhütten aus dem ganzen Bundesgebiet motivieren, für zwei Wochen ins Ahrtal zu kommen.
Das Turniergebäude in Bad Kissingen bezeugt die frühe Sportbegeisterung in Kurstädten. Mittlerweile macht das Gebäude große Sorgen, Teile sind akut einsturzgefährdet.
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