Denkmalarten Kleine und große Kirchen Schlösser und Burgen Wohnhäuser und Siedlungen Technische Denkmale Denkmale in Gefahr Ausgabe Nummer Dezember Jahr 2021 Denkmale A-Z F
Vier Monate sind seit der Hochwasserkatastrophe vergangen. Mit ihrem umgehend ins Leben gerufenen Soforthilfeprogramm hilft die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) betroffenen Denkmalbesitzern. Vier Denkmale stellen wir Ihnen vor.
Erst war es die Nothilfe für sichernde Sofortmaßnahmen. Jetzt allmählich verlagert sich ihre Unterstützung auf Maßnahmen für die Wiederherstellung der geschädigten Denkmale. Dabei steht die DSD über die finanziellen Zuschüsse hinaus den oftmals verzweifelten Denkmaleigentümern mit fachlicher Expertise und Rat zur Seite. Täglich gehen aus den Hochwassergebieten Anträge auf Hilfe bei der Stiftung ein. Es wurden bereits für 368 betroffene Denkmale Förderverträge mit einer Gesamtsumme von über 2 Millionen Euro abgeschlossen. Das ist dank der zahlreich eingegangenen privaten Spenden möglich ebenso wie durch die von der Hermann Reemtsma Stiftung bereitgestellten Mittel.
Wir stellen Ihnen vier Denkmale vor, die die Wirksamkeit der vielen Spenden ebenso zeigen wie das Engagement unserer Fachleute aus der Denkmalförderung. Vor allem aber möchten wir deutlich machen, welche Ermutigung, Zuversicht und Kraft die betroffenen Denkmalbesitzer aus der Unterstützung schöpfen. Wir konnten schon viel helfen, bei jedem Ortstermin aber sehen wir, wie groß die Not noch ist. Unsere inständige Bitte bleibt: Helfen Sie uns – zu helfen!
Seit der Hochwasserkatastrophe im Juli dieses Jahres sind die Projektreferenten und -architekten der DSD unermüdlich im Einsatz. Sie bieten den Denkmalbesitzern in ihrer Notlage fachlichen Rat und helfen ihnen bei der Antragstellung der Förderverträge. Sie machen sich vor Ort ein genaues Bild von den betroffenen Denkmalen, sie prüfen und beurteilen die vielen gestellten Förderanträge und sie sprechen Mut zu.
All diese Aufgaben gehören zum Tagesgeschäft der Abteilung Denkmalförderung. Doch eine solche Fülle an Anträgen zur schnellen Nothilfe binnen kürzester Zeit zu bearbeiten, ist eine immense Herausforderung. Ihr Einsatz hat sich gelohnt: Die DSD gehört zu den Organisationen, die den Menschen als erste mit finanziellen Zuschüssen helfen konnte.
Schnell und effizient half die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bei der Rettung der alten Hofkapelle im Eifelort Birtlingen.
Die Hochwasserflut und ihr Treibgut, sie trafen die Hofkapelle im Eifeldorf Birtlingen mit voller Wucht an einem neuralgischen Punkt. Als im Juli dieses Jahres der sonst schmale Fluss Nims über die Ufer trat und das Dorf überschwemmte, stieß ein mitgerissener Baumstamm so gegen eine der Gebäudeecken, dass sie einstürzte. Eile war geboten, um das Kirchlein vor dem eventuellen Zusammenbruch zu bewahren.
Auch dank des Nothilfeprogramms der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) konnte die Natursteinmauer innerhalb von nur vier Wochen wiederaufgebaut werden! Die kleine Hilfe bewirkte viel: Schnell und unbürokratisch konnte die DSD mit einem Betrag von 2.500 Euro, der niedrigsten Förderstufe aus dem aktuellen Hilfsprogramm, elementar zur Notsicherung der Kapelle beitragen.
„Die größte Gefahr ist nun gebannt. Ich bin erleichtert!“, sagt ihr Eigentümer Erwin Elsen (73). Seit mehr als hundert Jahren ist das älteste Bauwerk von Birtlingen im Besitz seiner Familie. Die barocke Kapelle mit ihrem gotischen Chor aus dem 15. Jahrhundert gehört zu einem großen Vierseithof. Vermutlich handelt es sich bei der Anlage um ein ehemaliges Hofgut der Abtei Prüm, das bereits 893 schriftlich Erwähnung fand. Zusammen mit einem alten Mühlengebäude sind der Hof und die von einem Dachreiter bekrönte Kapelle wichtiger Bestandteil des als Denkmalzone ausgewiesenen Ortskerns des Dorfes.
Am 14. Juli rauschten die Wassermengen aber nicht nur an dem Anwesen vorbei, Wasser stand auch bis zu zwei Meter hoch im Inneren der Gebäude. So bot sich bei den ersten Aufräumaktionen ein trauriges, schockierendes Bild: Zwischen Treibholz, Müll und Kirchenbänken lagen schwer beschädigt der barocke Altaraufsatz und die Skulptur des Namenspatrons der Kirche, der Heilige Sebastian. Trotz der vielen Verluste, Schäden und Kosten, möchte Erwin Elsen nicht klagen, sondern nach vorne schauen: „Von Fremden und Freunden, von Behörden und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz: Von überall bekomme ich viel Hilfe!“
Nach Instandsetzung der Gebäudeecke war Annette Liebeskind, Leiterin der Abteilung Denkmalförderung der DSD, in Birtlingen, um die geförderte Maßnahme gemeinsam mit dem Kollegen von der Unteren Denkmalschutzbehörde in Augenschein zu nehmen und den Eigentümer bei weiteren Sanierungsschritten zu beraten. Bei dem Ortstermin wurden so viele massive Schäden an Fenstern, Putz und Malschichten offensichtlich, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bei der Wiederherstellung der Kapelle weiter und umfänglicher helfen wird. Architektin Liebeskind: „Die Familie Elsen bewahrt die Kapelle seit Jahrzehnten und hält sie offen für Besucher. Dieses Engagement verdient unsere Hochachtung und Unterstützung – besonders in einer Notsituation wie dieser.“
Amelie Seck
Seine Zuversicht verliert der Eigentümer ebenso wenig wie die Eifeler Burg Lissingen ihre Standfestigkeit. Dabei hilft die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.
Eine Wasserburg ist sie streng genommen nicht mehr: die Burg Lissingen aus dem 13. Jahrhundert in Gerolstein in der Vulkaneifel. Bei der Flut im Juli dieses Jahres wurde der untere Komplex, die sogenannte Unterburg, jedoch wieder zu einer solchen; es war die nahe Kyll, die mit ungeahnter Fließgeschwindigkeit durch sie hindurch rauschte. Die Innenräume sind verschlammt, das Mobiliar und die Exponate zerstört, die Außenanlagen regelrecht niedergewalzt. Und dennoch: Was ihr im Laufe ihrer 800-jährigen Geschichte nicht widerfuhr, gelang auch den enormen Kräften des Wassers nicht. Burg Lissingen ist eine der wenigen nie zerstörten Burgen in der Eifel, sie ist auch jetzt nicht einsturzgefährdet.
Ursprünglich war die Burg im Gerolsteiner Ortsteil Lissingen eine von Wassergräben umgebene Anlage. Der zentrale Gebäudekomplex geht auf die ältesten Teile zurück. Der Turm stammt aus dem 14. Jahrhundert, ebenso wie der gotische Wohnbau. Dieser wurde mehrfach verändert und erweitert. Ein wesentlicher Eingriff bestand im Einbau einer Mauer, die die Gebäude seit gut 450 Jahren in Ober- und Unterburg trennt. Im südlichen Bereich wurden daraufhin Wohnbauten und ein Torhaus im Renaissancestil neu errichtet. Auch die nördlich gelegene Unterburg wurde Mitte des 17. Jahrhunderts stilistisch angepasst und erweitert. Ihre Sicherung und Sanierung fördert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) seit 1997.
Dabei arbeitet sie seit sechs Jahren mit Günter Lipperson zusammen, der diesen Teil der Burg 2015 erwarb. Als pensioniertem Gymnasiallehrer ist es ihm besonders wichtig, Kindern und Jugendlichen das hautnahe Erleben von Geschichte zu ermöglichen. Dem hätte kaum noch etwas im Wege gestanden, denn die gesamte Außensanierung war fast abgeschlossen. Lipperson ist nun froh, dass er für die Gebäude selbst eine Elementarversicherung hat. Allerdings dauert die zweifache Begutachtung durch deren Fachleute umständehalber lange, Ausgang ungewiss. Umso mehr nützt dem Eigentümer die rasche finanzielle Unterstützung durch die DSD. Sie wird für die Instandsetzung von Böden und Wänden, Türen, Toren und Fenstern dringend benötigt. „Das war für mich eine Überraschung. Damit hatte ich so nicht gerechnet“, sagt Lipperson.
Die Zerstörung großer Teile seiner umfangreichen Sammlung historischer Kutschen schmerzt ihn besonders. Auch hier hat sich die DSD zur Mitwirkung entschlossen: Sie will Lipperson dabei helfen, einen Gutachter zu finden. Dieser benennt die Schäden sowie die Maßnahmen und Kosten für die Restaurierung einzelner Kutschen. Auf dieser Basis wird sich die Stiftung dann für die Beauftragung eines Restaurators einsetzen. Auch wenn Lipperson dankbar für viele Hilfsangebote aus der Nachbarschaft ist – die Gespräche mit der DSD, ˮmit Leuten vom Fach“, hätten ihm richtig gut getan, betont er.
Julia Greipl
Wie Wasserräder können auch Menschen viel in Gang setzen: Muskelkraft und Kompetenz für die historische Schleiferei “Wipperkotten” in Solingen.
Aus den weit geöffneten Fenstern dringen Stimmen, man hört ein leises Hämmern. In der offenen Haustür steht ein Tisch mit einem Sortiment an Messern. Nach gut acht Wochen Aufräum-, Reinigungs- und Sanierungsarbeiten kann im Wipperkotten erstmals wieder das gemacht werden, was man hier seit 400 Jahren tut: Oben werden Messer und Scheren geschliffen, unten werden sie gekauft, heute von Spaziergängern. Dabei erfahren sie, dass der Erlös in den Erhalt der historischen Schleiferei bei Solingen geht.
An der Mündung eines kleinen Baches in die Wupper, unmittelbar hinter einem historischen Wehr aus Grauwacke, liegt dieser wasserbetriebene „Kotten“ (Kate). Seit dem 17. Jahrhundert arbeiteten hier Schleifer von Messern, die in „Schmetten“ geschmiedet wurden und für die die Region Solingen weltberühmt ist. Der Wipperkotten wurde bereits 1605 erwähnt. Er fiel 1783 einem Brand zum Opfer, gleiches widerfuhr dem Nachfolgebau 1858. Daraufhin wurden zwei zweigeschossige Gebäude, der sogenannte Doppelkotten, gebaut. Heute dient eines der beiden gut erhaltenen Fachwerkhäuser dem „Förderverein Schleiferei Wipperkotten“ als Museum. Dort ermöglicht er zudem selbständigen Schleifern die Ausübung ihres Berufs.
Hochwasser kennt man hier durchaus, denn seit dem Mittelalter wohnten und arbeiteten Werkzeugmacher und Klingenschleifer immer in der Nähe von Bächen und Flüssen. Deren Wasserkraft trieb ein hölzernes Rad an, das über Transmissionsriemen mit den Schleifsteinen oder den Schmiedehämmern verbunden war. Im Wipperkotten ist das noch immer genau so. Aber dass mehrere Tage lang die Museumsetage gut zwei Meter unter Wasser stand, ist ungewöhnlich und verheerend für Gebäude und Inventar: Die historischen Lehmziegel der unteren Gefache mussten schleunigst ausgemauert werden. Der Denkmalschutz stimmte dem Ersatz durch gebrannte Ziegeln zu. Jetzt muss noch gründlich getrocknet und gelüftet werden.
Dass alles so rasch ging, ist bemerkenswert: Zahlreiche Solinger, darunter auffallend viele junge Leute sowie die freiwillige Feuerwehr halfen unmittelbar nach der Katastrophe, den schnell härtenden Schlamm zu entfernen. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die zuvor schon die Förderung der Wasserrad-Restaurierung zugesagt hatte, war ebenso prompt zur Stelle und setzte damit ein Zeichen. Denn auch zu anderen Fördermittelgebern berieten die Antragsprofis wirkungsvoll. „Wir hatten großes Glück. Durch die schnelle Förderzusage der Stiftung konnten wir sofort eine sehr gute Fachfirma beauftragen“, so Reinhard Schrage (69), Vereinsvorsitzender. Jetzt fehlt noch der Lehmputz und dann folgt die aufwendige Instandsetzung der historischen Technik und Ausstattung.
Julia Greipl
In überfluteten Fachwerkhäusern in Bad Münstereifel helfen mobile Jugendbauhütten der DSD beim schwierigen Wiederaufbau.
Das gröbste Chaos der verheerenden Hochwasserkatastrophe im Herzen von Bad Münstereifel ist mittlerweile beseitigt, doch es bleibt noch sehr viel zu tun. Entlang der Erft ist der Straßenbau in vollem Gang. „Es brauchte etwas, bis ich begriff: Das Baumaterial, das von dem 20-Tonner auf der anderen Flussseite abgeladen wird, ist für unser Haus bestimmt“, berichtet Rolf Kesehage (75). „Da überkam mich ein unglaubliches Glücksgefühl. So schnell hatte ich mit der Hilfe durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) nicht gerechnet.“
Das Ehepaar Kesehage wohnt unmittelbar an der Erft am Entenmarkt in einem denkmalgeschützten Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert. Kurz nach den angelieferten Lehmsteinen und Säcken mit Lehmputz trafen drei Freiwillige von der Jugendbauhütte Quedlinburg und ihr Fachanleiter Andreas Schael ein. Sie sind die erste von mehreren mobilen Einsatzgruppen, die sich bis Mitte November der Lehmbau- und Zimmererarbeiten an dem Fachwerkhaus annehmen. Organisiert hat dies die DSD im Zuge ihres Hochwasser-Nothilfeprogramms. Das Baumaterial sponsert die auf Denkmalpflege spezialisierte Lehmbau-Firma Claytec.
Für die jungen Leute aus Quedlinburg ist es einer der ersten praktischen Einsätze, den sie in ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr in der Denkmalpflege bei den Jugendbauhütten der DSD durchführen. „In den Nachrichten haben wir gesehen, wie schlimm die Hochwasserkatastrophe ist und wie viele Helfer dort waren“, sagt Jasper Fleischmann (19). „Es ist cool, dass wir nun auch hier mithelfen.“ Voller Elan und wissbegierig starten sie in die neue Aufgabe, leere Gefache in der Fachwerkkonstruktion wieder auszumauern und die erhaltenen und mittlerweile getrockneten Lehmgefache aufzuarbeiten.
Auch Nachbar Bernd Bünger (61) lernt vom Jugendbauhütten-Team. Lehmbauer Schael (53) zeigt ihm, worauf zu achten ist, wenn die Gefache mit dem Lehmputz ausgebessert werden. „Wichtig ist“, sagt der Maurermeister, „dass zunächst alles Lockere aus den Nahtstellen zur Holzkonstruktion entfernt wird, sonst hält die Lehm-Stroh-Masse nicht. Sauber und staubfrei ist die oberste Devise im Lehmbau.“ Der Austausch der nützlichen Hinweise erfolgt auf kürzestem Weg: Die Fachwerkhäuser besitzen nur eine Trennwand. Viele Lehmgefache riss die Flut aus der Holzkonstruktion, sodass man nun durch die Leerräume von Nachbar zu Nachbar sprechen kann. Warum die Fachwerkhauszeile so gebaut ist, erklärt Bünger: „Hier am unteren Bachlauf der Erft wohnten die Gerber. Sie waren arme Leute und mussten sparen, auch beim Hausbau, also reichte jeweils eine Haustrennwand.“
Um praxisnah über nachhaltige Fachwerksanierung zu informieren, sind die beiden Häuser als Schaubaustelle der Jugendbauhütten für Interessierte, aber vor allem für andere betroffene Denkmabesitzer geöffnet – Ziel des Angebotes ist Hilfe zur Selbsthilfe. Bald haben die drei Freiwilligen das Ausmauern und Verputzen der Gefache im Griff. Bünger und Kesehage sind beeindruckt, wie geschickt sie an den Baudenkmalen arbeiten. Für sie hat mit den jungen Menschen aus der Jugendbauhütte endlich die Zeit des Wiederaufbaus begonnen.
Christiane Rossner
Auch kleinste Beträge zählen!
Denkmalschutz muss eine gesamtgesellschaftliche Pflichtaufgabe sein. Davon ist der DSD-Vorstand überzeugt. Begeistert ist er vom Rückenwind durch die vielen Unterstützer. Von den Entscheidern fordert er Wertschätzung und Weitsicht – sonst drohe unserer Kulturnation steter Niedergang.
Der Klimawandel hat nicht nur massive Auswirkungen auf die Natur, sondern auch auf unser Kulturgut. Eine Herausforderung, der sich die Denkmalpflege stellen muss.
Zunächst nahm Emma Jacobs nur einen muffigen Geruch wahr. Wenige Wochen später sah sie die ersten schwarzen Ablagerungen in den Ecken ihres Wohnzimmers. Ein Fachmann bestätigte ihre Befürchtungen: In den Räumen ihres Fachwerkhauses hatte sich Schimmel gebildet. Er war entstanden, weil Familie Jacobs die Wände mit Styroporverbundplatten nachträglich gedämmt und diese mit Raufasertapete sowie einer kunststoffhaltigen Dispersionsfarbe zusätzlich beschichtet hatte.
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