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Schnelle Nothilfe rettet die Tabakscheune Gieseler

Tabak aus der Uckermark

Ein Exemplar eines selten gewordenen Gebäudetyps bekommt Hilfe. Und erzählt dabei eine selten gehörte Kultur- und Handelsgeschichte.

Das Farbspiel ist total faszinierend“, schwärmt Gerd Krüger (58), „wenn sich der Giebel mit seiner typischen roten Backsteinfarbe und den dunkelbraunen Balken vor dem blauen Himmel abhebt.“ Seine Tabakscheune in Gartz an der Oder, deren Fachwerk mit Ziegelmauerwerk gefüllt ist, ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch eines der letzten Zeugnisse für den jahrhundertelangen Anbau von Tabak in der Uckermark.

Schnelle Nothilfe durch die DSD sicherte die Tabakscheune.
Gartz, Tabakscheune Gieseler © Stefan Beetz
Schnelle Nothilfe durch die DSD sicherte die Tabakscheune.

Einst brachten die Hugenotten das begehrte Kraut in das Gebiet zwischen Schwedt und Gartz. Die Region wartet mit ihrem kontinentalen Klima und ihren Böden mit guten Voraussetzungen für den Anbau auf: „Sonne, Sand und Tau braucht der Tabak, um zu wachsen“, erzählt Gerd Krüger.

Da die Dokumente im Krieg verbrannten, weiß er nicht genau, ob seine Familie die typische Scheune zum Ende des 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts baute. Bis 1989 trocknete unter ihrem Dach der Tabak. Um dabei die Frischluftzufuhr zu regulieren, sind im Schachbrettmuster in jedem zweiten Gefach Luken angebracht, die nach Bedarf geöffnet wurden. Unter dem 15 Meter hohen Scheunendach mit zwei Etagen konnten Tabakblätter von 1,25 Hektar Land getrocknet werden, 50–60 Zentner Trockengewicht. Um die Tabakblätter aufzuhängen, wurden sie von Hand auf lange Schnüre aufgezogen. Weil nur neun Wochen für die Trocknung benötigt wurden, lagerte man hier zu den anderen Zeiten des Jahres Heu, Stroh und landwirtschaftliches Gerät. Vor allem in den Kriegen war der Tabak begehrt, zu Zeiten der DDR brachte er Devisen ein. Trotz des hohen Personalbedarfs konnte der Anbau deshalb hohe Erträge erwirtschaften. Heute möchte keiner mehr die aufwendige Arbeit auf dem Feld leisten. Die Tabakscheune ist ein kulturhistorisches Denkmal geworden.

Eigentümer Gerd Krüger (r.) mit Zimmermann Frank Siegert in der Tabakscheune in Gartz an der Oder: Auf insgesamt zwei Etagen wurde hier früher Tabak getrocknet.
Gartz, Tabakscheune Gieseler © Stefan Beetz
Eigentümer Gerd Krüger (r.) mit Zimmermann Frank Siegert in der Tabakscheune in Gartz an der Oder: Auf insgesamt zwei Etagen wurde hier früher Tabak getrocknet.

„Noch aus preußischen Zeiten gehörte das Scheunengrundstück außerhalb der Stadtmauern zu so genannten ungeteilten Hofräumen“, bei denen im Grundbuch nicht die genaue Lage und Größe der Flächen aufgeführt ist. Dies machte die Zuordnung nach dem Tod von Wilhelm Gieseler 1973 und nach der politischen Wende schwierig. Erst 1996 konnten die Eigentumsverhältnisse endgültig geklärt werden. Zu diesem Zeitpunkt standen die ursprünglich zugesagten Fördergelder des Landes Brandenburg für das typische kulturhistorische Gebäude nicht mehr zur Verfügung.


Während die Hofstelle 1999 von Grund auf saniert werden konnte, hatten der Tabakscheune der lange Leerstand und unsachgemäße Baumaßnahmen in der DDR-Zeit so zugesetzt, dass sie baufällig geworden war. Im Jahr 2019 brach sogar die Westwand zusammen. „Ich bin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sehr dankbar“, sagt Gerd Krüger, „als private Institution konnte sie uns schnell und unbürokratisch bei der Notsicherung helfen“.

Luken in den Gefachen der Scheune sorgten für Luftzirkulation bei der Tabaktrocknung.
Gartz, Tabakscheune Gieseler © Stefan Beetz
Luken in den Gefachen der Scheune sorgten für Luftzirkulation bei der Tabaktrocknung.

Schon lange hatte er nach Lösungen zur Rettung des außergewöhnlichen Erbes gesucht und es 2016 hierzu von seinem Onkel übernommen. „Tabakscheunen bilden einen eigenen Gebäudetyp, der bei der Unterstützung schnell mal außen vor bleibt“, bestätigt Anette Mittring (57), Projektreferentin in der Abteilung Denkmalförderung. 2020 konnte mit der Sanierung des Bauwerks begonnen werden. Der völlige Einsturz ist damit abgewendet. Gerd Krüger denkt jetzt über neue Nutzungskonzepte nach. Zu ihrem Gelingen ist jede Hilfe willkommen.


Stefanie Kellner

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