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Buchrestaurierung in Weimar

In der Rettungsbox

Noch viel zu tun: Bücher aus dem Brandschutt der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek werden restauriert.

In der Patenturkunde wird sie Kompressionskassette genannt. Rettungsbox wäre auch eine passende Bezeichnung: Schicht für Schicht nimmt der rundum vergitterte Metallkasten die angekokelten Druckseiten auf, jedes Blatt ist mit einem schützenden Polyestervlies bedeckt. Der Deckel wird verschraubt und das Paket in einem Wasserbad versenkt, das Brandrückstände, Schuttreste und Säure auswäscht.

Von rund 25.000 geborgenen „Aschebüchern“ sollen zunächst 8.000 mit insgesamt anderthalb Millionen Seiten wiederhergestellt werden.
Weimar, Herzogin Anna Amalia-Bibliothek © picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild / Martin Schutt
Von rund 25.000 geborgenen „Aschebüchern“ sollen zunächst 8.000 mit insgesamt anderthalb Millionen Seiten wiederhergestellt werden.

Am 2. September 2004 stand ein literarisches Schatzhaus der deutschen Klassik in Flammen, die Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Das Feuer vernichtete fast 50.000 Bände, knapp die Hälfte davon historische Drucke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Weitere 118.000 wurden aus dem Schutt gerettet, mit unterschiedlich starken Spuren von Ruß, Hitze und Löschwasser. Doch waren darunter auch, wie sich Bibliotheksdirektor Reinhard Laube (53) ausdrückt, 25.000 „Bergungseinheiten“ mit massiven Brandschäden. Der Begriff „Aschebücher“ war bald im Umlauf. Das Wort, meint Laube, sei „eine Weimarer Prägung“. Die Aschebücher sind so verkohlt, dass jede erhaltene Seite einzeln zu restaurieren ist – eine bis dahin beispiellose Herausforderung. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligt sich, indem sie die Wiederherstellung geretteter Stücke insbesondere von historischen Drucken finanziert.


So beispiellos wie das Problem waren indes auch die Lösungen, die in Weimar gefunden wurden. Zum Zeitpunkt der Brandkatastrophe gab es noch kein Verfahren, das es ermöglicht hätte, derart geschädigtes historisches Papier in größeren Mengen und standardisierten Arbeitsgängen zu restaurieren. In Weimar-Legefeld entstand dafür 2008 die bundesweit einzige Fachwerkstatt. Die Kompressionskassette wurde hier entwickelt und zum Patent angemeldet, die weitere Prozedur innovativ verfeinert. So gelangen die Blätter aus dem Wasserbad in einem nächsten Schritt in die Anfaserungsgeräte, wo heller Faserbrei die ausgezackten Brandränder bis zur normalen Buchformatgröße ausfüllt.

So sieht eine abgeschlossene Restaurierung aus: Die brand - geschädigte Druckseite ist eingebettet in einen neuen Rand aus „angefasertem“ Material, mit einer Schicht aus hauchdünnem Japanpapier stabilisiert und wartet auf den Buchbinder.
Weimar, Herzogin Anna Amalia-Bibliothek © picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild / Martin Schutt
So sieht eine abgeschlossene Restaurierung aus: Die brand - geschädigte Druckseite ist eingebettet in einen neuen Rand aus „angefasertem“ Material, mit einer Schicht aus hauchdünnem Japanpapier stabilisiert und wartet auf den Buchbinder.

Von sieben Millionen Seiten aus Weimarer Aschebüchern wurden zunächst anderthalb Millionen für restaurierbar befunden. Eine knappe Million ist fertig, die übrigen sollen bis 2028 bearbeitet werden. Im Depot ruhen derweil noch 5,5 Millionen teilweise „desaströs“ geschädigte Blätter. Ob es je eine „Technik“ geben wird, um damit noch etwas anzufangen? „Eine heikle Frage“, meint Laube.


Winfried Dolderer


Herzogin Anna Amalia Bibliothek 

Platz der Demokratie

99423 Weimar


www.denkmalschutz.de/bibliothek-weimar

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