Denkmale in Gefahr Ausgabe Nummer Dezember Jahr 2020 Denkmale A-Z H
Ein beliebter Brauch auf Hof Steckenpferd im ostwestfälischen Bünde ist die Weihnacht im Stall. Aber in der Scheune kann nicht gefeiert werden, es gilt „Betreten strengstens verboten, Einsturzgefahr!“ Gibt es ein Weihnachtswunder für Hof Steckenpferd?
Auf der einen Seite die Idylle: Durch Schnee stapfen, Glühwein trinken und das Pferd „Pepper“ vor dem Weihnachtsmarkt streicheln. Auf der anderen Seite das komplette Gegenteil: Bauzaun und keine spielenden Kinder – es herrscht Zutrittsverbot.
Wir befinden uns auf dem Anwesen der Familie Kreft mitten in Ostwestfalen im Kreis Herford. Fünf stattliche Gebäude stehen um einen weiten Hof und bilden ein bergendes Ensemble. Die Hauptrolle übernimmt das beeindruckende Haupthaus von 1859, ein Vierständer- Hallenhaus mit dem für Westfalen typischen großen halbrunden Tor. Im hinteren Teil wohnt die vierköpfige Eigentümer-Familie, im vorderen stehen rechts und links der riesigen Diele die Pferde. Neben dem Haupthaus liegt der 1894 in Backstein errichtete ehemalige Schweinestall. Er dient heute den Reiterkindern zum Spielen, ein gemütlicher Aufenthaltsort für die Kleinen ist eingerichtet, wenn Füße und Hände einmal aufgewärmt werden müssen.
Die ehemalige Bankangestellte Sandra Kreft (47) betreibt den Hof mit Energie und Engagement und ist auch die emotionale Anlaufstelle. Das älteste Gebäude des Hofs, die ehemalige Durchfahrtsscheune, deren Balken zum Teil auf das Jahr 1703 zurückgehen, macht ihr das Herz schwer: „Auf der östlichen Seite sind Teile des Satteldachs eingestürzt, darunter sind die Hölzer vermodert. Gegenüber fehlt die gesamte Wand. Gerümpel liegt auf dem Boden. Keiner konnte hier mehr aufräumen, denn es besteht akute Einsturzgefahr.“
Unser Weihnachtswunsch: Retten wir die Scheune! In buchstäblich letzter Minute wurden mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) dem Bauwerk in diesem Herbst stützende Balken an die Seite gestellt. Das große Loch im Dach hat man mittlerweile provisorisch mit Blechen verschlossen, damit die Scheune über den Winter kommt.
An dieser Stelle bitten wir Sie: Ermöglichen Sie diesem Stück westfälischer Hofgeschichte eine Zukunft! Denn Hof Steckenpferd ist ein Ort, der nicht nur zu Weihnachten Geschichten erzählen kann. Das ganze Jahr über trifft hier Erlebnispädagogik auf gelebte Nachhaltigkeit einschließlich alter Tierrassen und zehn Hektar ökologischer Landwirtschaft. Der integrativ geführte Reiterhof ist ein Magnet für Besucher aller Altersstufen, für Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen ebenso wie für die Senioren des nahegelegenen Altersheims. Nie ist Sandra Kreft ohne eine Schar von Hunden unterwegs. Sie kümmert sich: um die Tiere, um die Bewohner, um Besucher.
Noch keine Herberge: der zukünftige Stall
Aber zurück zu der einsturzgefährdeten Scheune: In dem Nebeneinander von alten und neuen Balken fällt es schwer, den Bau zu verstehen. Im Kern handelt es sich um einen Dreiständerbau von sechs Gebinden. Eine Abseite auf der westlichen Seite wurde abgerissen, stattdessen die Scheune zum Vierständerbau umgebaut. An den Schmalseiten stützen Knaggen die verbretterten, auskragenden Giebel. Tore an beiden Giebelseiten ließen eine Durchfahrtsscheune entstehen. Sandra Kreft sieht trotz des kläglichen Zustands die Schönheit jahrhundertealten Zimmermannhandwerks. Ehrfurcht spricht aus ihren Worten: „Das Gebäude ist für mich ein Kunstwerk!“
Sie weiß, wie sie die altehrwürdige Scheune einmal nutzen wird: „Die Schafe von Hof Steckenpferd sollen hier zukünftig ihr Zuhause in einer Schauschäferei finden. Auch eine kleine Käserei könnte betrieben werden.“ Nicht klar war allerdings lange, wie die Restaurierung begonnen werden soll. Nun herrscht erstmals Planungssicherheit, denn seit einigen Wochen können die Krefts den Hof endlich nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihr Eigentum nennen. Unmittelbar nach dem Kauf starteten die notwendigsten Sicherungsarbeiten an der Scheune, unterstützt von der DSD.
Vor 13 Jahren hat Sandra Kreft ihr Herz an die Hofstätte verloren. Sie, die ausgebildete Bankkauffrau, wollte ihrer Leidenschaft, mit Tieren und Kindern zu arbeiten, nicht mehr nur nebenberuflich nachgehen. Sie wollte sich auf einen neuen, ihrer Meinung nach sinnvolleren Weg machen. Zusätzlich lockte die Faszination für das Historische: „Der Hof ist schon 1550 in Plänen verzeichnet. Er ist hier der einzige ‚lebende‘ Beweis dieser Zeit, der viele Geschichten vergangener Tage zu erzählen hat“, begeistert sie sich. Eine riesige Linde von 300 Jahren, Eichen und Buchen behüten den Ort mit seinem gleichsam behütenden reformpädagogischen Angebot.
Ein Hof mit Herz
Sandra Kreft: „Es ist so erfüllend, Kinder auf dem Weg zu begleiten, gerade in der heutigen Zeit, da sie oft sehr weit weg sind von sich selbst und von der Natur. Unser Auftrag ist es, nachhaltiges Reiten zu lehren mit allen Sinnen. Die Reitlehrer sollen das Kind im Ganzen betrachten.“ Gegenseitiger Respekt, Achtsamkeit und die Dinge wertzuschätzen, das soll mit dem Schulbauernhof vermittelt werden. Das Konzept geht auf. Die Krefts werden von einem zehnköpfigen Team in Teilzeitarbeit unterstützt. Die Hälfte von ihnen sind ehemalige „Steckis“, so wie Reitlehrerin Isi Exner (21): „Ohne diese Zeit hier in der Gruppe hätte ich wohl nicht das Studium der Pädagogik gewählt.“ Die prägenden Momente auf dem Hof, die Vorstellung davon, so erzählt sie, „wie Kinder sich entwickeln dürfen, egal, ob mit Behinderung, ohne Behinderung, mit Problemen, ohne Probleme, und das in Verbindung mit dem Tier, waren einfach spannend.“
Auch die Wertschätzung für historische Baukunst ist auf die Steckis übergegangen. Mit einigen anderen hat Isi Exner einen Arbeitskreis gegründet. Der kümmert sich darum, die Wiederbelebung des alten Backhauses von 1827 auf dem Hof zu organisieren. In den „Backs“ soll künftig, neben Brotbacktagen und einer kleinen Ausstellung über die Geschichte des Gehöfts, ein Bauernhofkindergarten einziehen. Seminarräume könnten für Veranstaltungen vermietet werden – eine mögliche Geldquelle. „Denn“, so stellt Sandra Kreft klar, „wir sind ein soziokulturelles Unternehmen. Wir sind nicht gemeinnützig. Ich muss hier gut und viel rechnen.“ Kluges Kalkül, gepaart mit der Leidenschaft für sinnhaftes Arbeiten: „Wertevermittlung und Nachhaltigkeit, das ist für uns das ganz große Thema. Und wenn so ein alter Hof nicht nachhaltig ist, was dann? Gerade heute, wo immer so schnell etwas neu gekauft wird, wo sich immer wieder alles wandelt.“
Die Zukunft auf dem Land: mit Aussicht
Hof Steckenpferd ist zu einer festen Größe in Bünde geworden. Riesig war die Herausforderung, die Hofanlage in den letzten 13 Jahren soweit in Ordnung zu bringen. Weitere große Herausforderungen warten. Aber Kraft, Energie und ein tolles Team sind vorhanden. Außerdem stehen Sohn Michel (17) und Tochter Lilli (15) in den Startlöchern mit dem festen Willen, den Hof weiterzuentwickeln. Er will Architektur, sie Landwirtschaft studieren. Die Zukunft von Hof Steckenpferd scheint also gewiss zu sein, aber das Sorgenkind, die Scheune, braucht jetzt und sofort dringende Hilfe. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz möchte nicht nur die Notsicherung, sondern im nächsten Jahr auch die Restaurierung der historischen Scheune unterstützen. Damit es dort auch in den nächsten Jahren wieder heißen kann: Willkommen zur Weihnacht im Stall.
Beatrice Härig
Hof Steckenpferd
Im Krümpel 17
32257 Bünde
Bünde liegt etwa 25 Kilometer nördlich von Bielefeld. Das Weihnachtsfest der Tiere findet dieses Jahr am 12. Dezember statt. Um Anmeldung wird gebeten. www.steckenpferd-buende.de Tel. 05223 499485
Von Baumschmuck und "phrygischer Mütze": Die Weihnachtsbräuche, die wir heute so schätzen, reichen zurück in die Biedermeierzeit - und darüber hinaus.
Viele Dorfkirchen befinden sich in einem so schlechten Zustand, dass sie nur eingeschränkt nutzbar sind – auch in der Weihnachtszeit. Für die Erhaltung der wertvollen Kulturdenkmale sind die kleinen Gemeinden auf dem Lande für jede Unterstützung dankbar.
Dorfkirchen besitzen einen einmaligen Zauber. Doch gerade in den strukturschwachen Gebieten befinden sich Gotteshäuser in einem kritischen Bauzustand. Über 2.000 Dorfkirchen hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bislang bewahrt.
Lassen Sie sich per E-Mail informieren,
wenn eine neue Ausgabe von Monumente
Online erscheint.
Auch kleinste Beträge zählen!
Antwort auf: Direkt auf das Thema antworten
© 2023 Deutsche Stiftung Denkmalschutz • Monumente Online • Schlegelstraße 1 • 53113 Bonn
Spenden | Kontakt | Impressum | Datenschutz