Denkmalarten Technische Denkmale Stile und Epochen 1925 Denkmale in Gefahr Ausgabe Nummer August Jahr 2020 Denkmale A-Z S
Die Sternwarte Sonneberg wäre nach der Wende beinahe für immer geschlossen worden. Heute kämpfen ein paar unerschütterliche Helfer und die DSD für den Erhalt der Gebäude.
„Heute nichts los auf der Sonne“, stellt Dr. Peter Kroll fest. Mit sicheren Handgriffen hat er das Teleskop eingestellt, das im Kuppelraum von Haus 6 steht – das älteste Instrument der Sternwarte. Es rumpelt, als er die hölzerne Bühne zurechtdreht. Er hat die Kuppel geöffnet und das Fernrohr justiert. Ein mechanischer Antrieb tackert vor sich hin. Das Signal für den Gleichlauf kommt aus dem Hauptgebäude. „Dort sorgen große Pendeluhren dafür, dass sich die Teleskope mit der richtigen Geschwindigkeit drehen.“
Das Bild von der Sonne wird auf eine Platte projiziert. Und da entdeckt der 59-jährige Wissenschaftler dann doch noch etwas: einen Sonnenfleck. Himmelsaufnahmen sind eine Sonneberger Spezialität. Was den Astronomen bei der Erforschung des Universums hilft, hat auch für Besucher ohne entsprechende Vorbildung seinen Reiz. Kroll: „Unser Fotoplattenarchiv ist wie eine Zeitmaschine.“ Hier kann man sich an ein ganz bestimmtes Datum zurückversetzen lassen – zumindest was den Sternenhimmel angeht. Wie mag er wohl am Tag der Geburt ausgesehen haben, oder am Tag der Hochzeit? Und plötzlich ist man selbst den Sternen ganz nah.
Ein Teleskop ging auf die Krim
Cuno Hoffmeister, der Gründer der Sternwarte, wollte
schon früh nach den Sternen greifen. 1892 in Sonneberg geboren, begann er als
Zwölfjähriger mit einem Teleskop den Nachthimmel zu beobachten. Dem Plan, in
die elterliche Puppenfabrik einzutreten, konnte er sich schließlich entziehen.
Hoffmeister holte das Abitur nach, studierte Astronomie, Mathematik und Physik und richtete sich im Elternhaus eine Beobachtungsstation ein. Er forcierte den Bau einer städtischen Sternwarte auf dem 638 Meter hohen Erbisbühl. Dem 1925 eingeweihten Observatorium, seinerzeit das höchste in Deutschland, stand er über 40 Jahre lang vor.
1930 wurde die Sonneberger Sternwarte zu einer Abteilung der Universitäts-Sternwarte Berlin-Babelsberg, nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie zur Deutschen Akademie der Wissenschaften, später Akademie der Wissenschaften der DDR. „Ein Teleskop ging auf die Krim – als Reparationsleistung“, erzählt Kroll. Die „Veränderlichen“ hatten es Cuno Hoffmeister angetan – Sterne, die merklich in ihrer Helligkeit schwanken. Fast zehntausend hat er im Lauf seiner Tätigkeit entdeckt und dokumentiert. Die fotografische Himmelsüberwachung bildet bis heute eines der Alleinstellungsmerkmale der Sonneberger Sternwarte. An dem Langzeitforschungsprojekt hatte Hoffmeister auch den bekannten Amateurastronomen Paul Ahnert (1897–1989) beteiligt.
Derweil wurde die Anlage erweitert, bis 1965 kamen mehrere Gebäude hinzu. Dem internationalen Austausch hatte allerdings der Mauerbau ein Ende gemacht: Die Sternwarte lag jetzt im DDR-Grenzsperrgebiet und war damit für Forscher aus dem Ausland unerreichbar.
1972 kam das legendäre Fernsehteleskop nach Sonneberg. Das große Spiegelteleskop
war ursprünglich entwickelt worden, um astronomische Beobachtungen direkt ins
DDR-Fernsehen übertragen zu können. Nach der Wende wurde die Sternwarte wie
alle akademischen Institutionen der DDR vom Wissenschaftsrat evaluiert. Die
Teleskope, das Plattenarchiv und die Fachbibliothek sollten der neu gegründeten
Thüringer Landessternwarte in Tautenburg einverleibt werden – das Ende schien
besiegelt.
Nicht nur in Sonneberg regte sich Widerstand. Die verbliebenen Wissenschaftler überzeugten die Stadt und den Landkreis davon, dass dieser einmalige Standort nicht untergehen dürfe. Die Instrumente der Firma Carl Zeiss Jena und bedeutende Forschungsergebnisse sind hier in seltener Vollständigkeit vereint.
Bis 2003 übernahm die Kommune die Trägerschaft, doch am Ende reichten deren Mittel nicht mehr aus. Um die Sternwarte zu retten, gründeten fünf Astronomen eine Firma. Eigentümer ist weiterhin der kommunale Zweckverband, Besitzer mit Erbpachtvertrag die GmbH. Peter Kroll leitet die Sternwarte – angefangen hatte er hier als Nachtassistent.
Mit Software für Teleskope verdienen er und seine Mitstreiter Geld und
unterhalten die Gebäude, so gut sie nur können. Sie investieren nicht nur
erhebliche Beträge in die Anlage, sondern vor allem Arbeitskraft, Zeit und sehr
viel Herzblut. Darüber hinaus werden wissenschaftliche Aufgaben übernommen,
etwa die Fotoplatten und Beobachtungsbücher digitalisiert.
Parallel gibt es einen Verein, der sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert und das seit 1997 bestehende Astronomie-Museum betreibt, mitfinanziert von der Stadt. Die engagierten Mitarbeiter stellen Sonderausstellungen auf die Beine, organisieren Führungen und öffentliche Beobachtungsabende oder ermöglichen eben die ganz persönliche Zeitreise.
Wie Ufos auf der Lichtung
Zurück ins Heute, zurück zu Haus 6 und zum historischen Linsenfernrohr, das schon in Hoffmeisters Elternhaus stand. Peter Kroll hat die Kuppel wieder verschlossen. „Wenn Sie sich richtig darunter stellen, können Sie an einzelnen Stellen das Licht durchscheinen sehen. Da sind die Metalllippen nicht mehr dicht. So kann Regen eindringen, und das ist gefährlich für das wertvolle Instrument. Das ist das Problem aller unserer Kuppeln.“
Er liefert auch gleich ein Schreckensszenario für Minusgrade – in den Wintermonaten völlig normal an diesem hochgelegenen Ort: „Öffnet der Astronom dann mit Druck die Kuppel, reißen die gefrorenen Lippen.“ Die Aluminiumblech-Verkleidungen der Beobachtungsgebäude sind eine weitere Besonderheit an diesem Standort. Wie Ufos auf einer Lichtung liegen sie da, silbrig glänzend im Sonnenlicht. Die eigenwilligen Fassaden sind eigentlich dem Zufall zu verdanken: „Weil der Dresdner Flugzeugbau dichtgemacht wurde, gab es wohl gerade einen Überschuss an Aluminium in der DDR“, erzählt Kroll. „Das Metall hat aber auch praktische Gründe: Es kühlt schnell ab, so dass nach heißen Sommertagen in der Nacht keine flirrende Wärme ausgestrahlt wird, die die Beobachtungen stören könnte.“
Jetzt zählen die Bleche zu den vielen Sorgenkindern des Kulturdenkmals,
nicht nur am Haus 6. Undichte Kuppeln und schadhafte Spaltschieber bedrohen eine
Institution, die einst Weltruf genoss. Die Sockel aus Ziegelmauerwerk zeigen
deutliche Schwammschäden und stellen eine Gefahr für die gesamte Statik dar.
Die Restaurierung der Sternwarte ist wegen der vielen Gebäude und der
unterschiedlichsten Probleme eine große Herausforderung.
An einigen Gebäuden sind die dringendsten Notsicherungen und Reparaturarbeiten schon erfolgt, Haus 7 konnte immerhin grundlegend saniert werden. Dennoch: Die finanziellen Möglichkeiten einer kleinen Firma mit schwankender Auftragslage sind naturgemäß begrenzt. Allein kann sie den Sanierungsstau vieler Jahrzehnte nicht auffangen.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz möchte bei der Restaurierung helfen und damit auch den Schutz der herausragenden technischen Ausstattung gewährleisten. Nur so kann ein Stück Wissenschaftsgeschichte nicht nur konserviert, sondern weitergeschrieben werden. Bitte helfen Sie mit, dass die Sternwarte nicht von der Bildfläche verschwindet. Sonneberg braucht eine Perspektive, die nicht Lichtjahre entfernt ist!
Bettina Vaupel & Beatrice Härig
Sternwarte Sonneberg
Sternwartestraße 32
96515 Sonneberg-Neufang
Tel. 03675 81210
Auch kleinste Beträge zählen!
(Externer Link auf die Seite www.youtube.com – bitte die dortigen Datenschutzbestimmungen beachten)
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
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