Menschen für Monumente Menschen für Denkmale August 2018
1993 fand der Tag des offenen Denkmals zum ersten Mal bundesweit statt. Koordiniert von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, ist er als größte Kulturveranstaltung etabliert. Wir feiern 25 erfolgreiche Jahre.
„Ein Treiben wie beim Sommerschlussverkauf!“ So schilderte ein Privateigentümer, der beim allerersten bundesweiten Tag des offenen Denkmals am 12. September 1993 die Türen seiner Jugendstilvilla geöffnet hatte, den Andrang. Und das war keineswegs negativ gemeint. Er fand ein passendes Bild, um etwas zu beschreiben, was es bis dato nicht gegeben hatte: eine Veranstaltung in Sachen Denkmalschutz, die breitenwirksam war.
Erst eine fachkundige Führung durch den Dachstuhl der Dorfkirche, dann Streuselkuchen und Gespräche im Pfarrgarten. Ein Rundgang durch eine stillgelegte Fabrik oder der Abstieg in den Bauch eines historischen Dampfers. Schauen, wie es sich in einem Wasserturm wohnen lässt, sich ein Grabungsfeld erklären lassen und zum Ausklang ein Hoffest oder ein Orgelkonzert genießen. All dies ließ sich plötzlich in einem einzigen Format vereinen.
Der Tag des offenen Denkmals soll auf lockere und spannende Weise ein Bewusstsein für das kulturelle Erbe in weite Kreise der Bevölkerung tragen. Er soll bei Jung und Alt Interesse und Verständnis dafür wecken, was Denkmale ausmacht und warum sie schützenswert sind. Der besondere Reiz dabei: etwas gezeigt zu bekommen, was einem als ‚Normalbürger‘ üblicherweise verborgen bleibt.
"Es ist eine wunderbare Gelegenheit, die Entwicklung und Fortschritte zu zeigen, aber auch zu verdeutlichen, dass mit Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit der Abrissbirne so manches schon verloren geglaubte Kleinod entrissen werden kann." (Verein Förderer Epiphanias Feudenheim e.V. in Mannheim)
Die Besucher schätzen diesen Tag, weil er ihnen einen ganz neuen Blick auf die vermeintlich vertraute Umgebung ermöglicht, sie Geschichte hautnah erleben und manchmal sogar ganz persönliche Bezüge aufdecken lässt. Vom Tag des offenen Denkmals profitieren alle Seiten, er ist ein „Türöffner“ in jeder Hinsicht. Eigentümer, Fördervereine und Bürgerinitiativen haben Gelegenheit zu zeigen, was sie schon geleistet haben oder noch anstoßen wollen. Für private wie amtliche Denkmalpfleger ist er eine wunderbare Möglichkeit, Schwellenängste abzubauen und die Lobby für die Sache zu stärken. Es ist der Tag, der den kleinen Erfolgen vor Ort die große Bühne verschafft.
Das Konzept ist aufgegangen! Der von Beginn an durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz koordinierte bundesweite Denkmaltag ist als die größte Kulturveranstaltung etabliert. Grund genug, zum 25-jährigen Jubiläum auf die Erfolgsgeschichte zurückzublicken.
Die Idee kam aus Frankreich: 1984 hatte der damalige Kulturminister
Jack Lang die „Journées Portes ouvertes dans les monuments historiques” (Tage
der offenen Türen in denkmalgeschützten Bauwerken) initiiert. Die Resonanz in
der Bevölkerung war so groß, dass weitere europäische Länder dem Beispiel folgten und Tage der
offenen Denkmale ausriefen. Der Europarat befürwortete und beförderte dies als
probates Mittel, um das kulturelle Erbe zu beleben, und rief 1991 offiziell die
European Heritage Days aus.
Das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz war gleichfalls angetan und regte eine deutsche Beteiligung an, die zunächst nur punktuell erfolgte. Professor Dr. Gottfried Kiesow, damals Präsident des Landesamts für Denkmalpflege in Hessen, stieg 1991 mit dem „Tag der offenen Tür“ für Kulturdenkmäler in Hessen ein. 1992 war die Stadt Halle dabei: Hier hatte sich der Verein „Freunde der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt“ für den Tag des offenen Denkmals stark gemacht. Der enorme Zuspruch bei den Bürgern ließ keinen Zweifel: Daraus kann mehr werden.
Kiesow,
Gründungsmitglied und zum damaligen Zeitpunkt noch stellvertretender
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), machte den
überzeugenden Vorschlag, die Stiftung solle die Koordination für einen
bundesweiten Tag des offenen Denkmals übernehmen. Dies lag insofern nahe, als
die DSD die Bildung und Vertiefung des Denkmalbewusstseins als einen
wesentlichen Zweck in ihrer Satzung festgeschrieben hat. Tatsächlich war sie
die Institution, die dies auf Bundesebene leisten konnte, da die Denkmalämter
nur auf Landesebene operieren.
Die Stiftung erkannte sofort das Potenzial, stellte für den Tag des offenen Denkmals ein Budget ein und schrieb eine Stelle aus. Eine interne Zielsetzung bei allerersten Gesprächen lautete: Fünf oder sechs Städte sollte man wohl aus jedem Bundesland zur Teilnahme animieren können. Das war, wie sich schnell zeigte, viel zu bescheiden gedacht. Bereits im ersten Jahr öffneten 1.200 Kommunen rund 3.500 Denkmale. Heute haben die meisten Städte und Regionen den Tag des offenen Denkmals in ihrem Kulturveranstaltungskalender fest verankert.
Die Kulturmanagerin Dr. Sabine Schormann, designierte documenta-Geschäftsführerin, erinnert sich: "Als mich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 1992 einstellte, geschah das mit dem Ziel, den European Heritage Day deutschlandweit ‚auszurollen‘, wie es heute im Managementdeutsch so schön heißt. Als Neuling hatte ich natürlich keine Ahnung davon, wie schwierig es ist, eine bundesweite
Für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hatte der Tag des offenen Denkmals mehrere Effekte: Zunächst einmal wurde bei vielen Menschen das Interesse am Thema Denkmalschutz ganz neu geweckt. Damit einher ging eine Steigerung des Bekanntheitsgrades der DSD als spendensammelnder Institution mit ihren vielen Angeboten für ein bürgerschaftliches Engagement in diesem Bereich.
Alle Aktionen werden zentral bei der Stiftung gemeldet, damit diese das bundesweite Programm erstellen und veröffentlichen kann. Zu Beginn gab es ein gedrucktes Konvolut je Bundesland, mittlerweile ist das Programm im Internet abzurufen, nach Regionen zu selektieren oder über eine App auf den jeweiligen Standort zugeschnitten abzufragen. Die Kommunen verbreiten ihre Programme mithilfe der von der Stiftung zur Verfügung gestellten Vorlagen. Die einheitlich gestalteten, kostenlosen Werbematerialien haben viel zur Wirkung beigetragen und sind eine wichtige Unterstützung für die örtlichen Veranstalter.
"Ein großer Dank gilt an dieser Stelle der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Ohne die kostenlosen Plakate wäre eine solche Aktion für uns ehrenamtlich nicht realisierbar. Heute ist der Tag des offenen Denkmals praktisch eine Selbstverständlichkeit in Stolpen." Dr. rer. nat. Dipl. Geol. Thomas Scholle organisiert seit 2005 zum Tag des offenen Denkmals im sächsischen Stolpen die Besichtigung der historischen Basaltgewölbekeller.
Darüber hinaus bietet das Team der DSD allen Teilnehmern ausführliche Infobroschüren mit wertvollen Anregungen an. Auch das Monumente-Sonderheft zum Tag des offenen Denkmals, das Schwerpunkte
vertieft und an die Besucher verteilt wird, gibt es bereits seit 1994. Ganz bewusst wurden die Teilnahmebedingungen immer recht großzügig ausgelegt. An der Tatsache, dass auch nicht eingetragene Denkmale gemeldet werden dürfen, hat sich anfangs manche Denkmalbehörde gestört. Doch wann, wenn nicht an diesem Tag, kann ein Eigentümer der Öffentlichkeit vermitteln, warum er eine Eintragung in die Denkmalliste anstrebt?
"Der Tag des offenen Denkmals mit seinen Besuchern und deren Zuspruch hat uns durch die Bauphase getragen. Er hat einen Suchtfaktor …" (Silke Kirst, die zusammen mit ihrem Mann in Witzenhausen ein mittelalterliches Fachwerkhaus restauriert hat)
Der Tag des offenen Denkmals ist eine gute Gelegenheit, auf lokale denkmalpflegerische Probleme aufmerksam zu machen. Und das in einem positiven Kontext – ist die Veranstaltung doch in erster Linie ein Denkmal-Fest. Ein niedrigschwelliges Angebot in einer bunten Mischung, mit der man möglichst viele Menschen erreicht, war der DSD immer wichtig. Auch die verstärkte Resonanz bei jüngeren Leuten ist eine erfreuliche Entwicklung.
Unzählige Einzelpersonen und Vereine arbeiten das ganze Jahr auf den Tag des offenen Denkmals hin. Dann können sie sich präsentieren, bekommen aufmunternde Rückmeldungen, erhalten wichtige Hinweise und können netzwerken. Vor allem rückt er sie in den Fokus der örtlichen Presse. Auf überregionaler Ebene sorgt das Team der Stiftung für eine intensive Medienarbeit. Nicht selten nutzen die Veranstalter die Aktion, um auszuloten, wie ein Thema in der Öffentlichkeit ankommt. Viele Arbeitskreise, Bürgerinitiativen und Fördervereine bezeichnen den Tag rückblickend als Grundsteinlegung. Erst durch großen Besucherandrang und reges Interesse hätten sie den Mut gefasst, sich zusammenzutun und für die Rettung eines Denkmals zu kämpfen.
"Einen besonderen Schub gab der
Entwicklung wohl der Tag des offenen Denkmals 2010, dessen Motto 'Kultur in
Bewegung – Reisen, Handel und Verkehr' dem Bahnhof Belvedere wie eigens dafür
erfunden entgegenkam. … Für einen Tag war das Haus von Musik, Vorträgen zur Historie,
vor allem aber von Menschen erfüllt, die sich von der besonderen Atmosphäre
verzaubern ließen – es war für diesen Tag zu wirklichem Leben erwacht! Dies
öffnete vielen den Blick für eine mögliche Zukunft des Denkmal-Ensembles, denn
spontan erklärten sich Besucher bereit, an einem solchen Projekt
mitzuarbeiten." (Förderkreis
Bahnhof Belvedere e.V., Köln-Müngersdorf)
Um immer wieder neue Aspekte in den Vordergrund zu rücken, wählt die Stiftung seit 1999 aus der Vielzahl vorgeschlagener Ideen für jedes Jahr ein anderes Motto aus. Auch dies motiviert, neue Spuren zu verfolgen oder vergessene Facetten aufzudecken. So wird die Vorbereitung des Tages oftmals für die Veranstalter selbst zu einer Entdeckungstour. Der Anspruch, den Besuchern immer wieder etwas Neues zu präsentieren, sie zu überraschen, spornt ungemein an. Da werden nochmals Archive durchforstet oder Zeitzeugen befragt. Denkmaleigentümer und Vereinsmitglieder zeigen sich mitunter unglaublich kreativ und entwickeln etwas, was sie auch über den Tag hinaus nutzen können.
"Bereits im Jahr nach der Vereinsgründung (1996) nahmen wir teil. Der große Andrang machte uns bewusst, wie wichtig der Erhalt dieser technischen, sozialen, bautechnischen und gestalterischen Mustereinrichtung des 19. Jahrhunderts für die Gegenwart, aber auch für die Zukunft ist. … Für das Jahr 2010 hatten wir aus der Geschichte herausgearbeitet, wie die Tuberkulosekranken in den Beelitzer Heilstätten südlich von Potsdam ernährt wurden, damit sich ihr Immunsystem und die körperliche Verfassung besserten. Dabei stießen wir auf die Jauersche Wurst. Unser regionaler Landfleischer Konrad Bellrich aus Salzbrunn suchte in seinen Archiven und fand das Originalrezept von 1902! Also haben wir die Jauersche Wurst aus der Versenkung hervorgeholt und boten sie zum Tag des offenen Denkmals an." (Förderverein Heiz-Kraft-Werk Beelitz-Heilstätten e. V.)
Wichtig für das Gelingen der Aktion sind nicht nur die Denkmaleigentümer und die vielen ehrenamtlichen Helfer vor Ort, sondern gleichermaßen die zahlreichen institutionellen Partner. Die Denkmalämter schätzen die beliebte Veranstaltung als große Chance, den Bürgern ihre Ziele zu vermitteln. Auch für die hauptberuflichen Denkmalpfleger ist der Tag des offenen Denkmals eine willkommene Gelegenheit, ihre Arbeit und ihre Erfolge in einem lockeren Umfeld zu präsentieren. Neben dem Austausch mit den zahlreichen Kooperationspartnern auf Bundes- und Landesebene pflegt das Team der Stiftung engen Kontakt zu den Koordinatoren der European Heritage Days in den anderen Ländern.
Seit 1998 eröffnet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Tag des offenen Denkmals mit einem zentralen Fest – den Anfang machte Quedlinburg. Mittlerweile ist die Stiftung mit der bundesweiten Eröffnungsfeier in jedem Bundesland mindestens einmal zu Gast gewesen. 2018 wird sie die Eröffnung gemeinsam mit der Stadt Köln ausrichten.
Es ist eine schöne Tradition, dass der amtierende Bundespräsident als Schirmherr der Stiftung das Monumente-Sonderheft zum Tag des offenen Denkmals mit einem Grußwort einleitet und nach Möglichkeit die Festveranstaltung mit seiner Anwesenheit beehrt. Prominente Redner und Besucher aus der Bundespolitik machen den Menschen den hohen Stellenwert der Denkmalpflege und die Rolle privater Einrichtungen wie der DSD deutlich – auch wenn sich das in den Haushalten nicht immer so niederschlägt, wie wir uns das wünschen würden. Vor allem den ehrenamtlichen Teilnehmern signalisiert der offizielle Rahmen: Sie tragen eine große Bewegung mit.
"Jedes Motto zum Tag des offenen Denkmals fordert mich heraus, Altvertrautes in 'meiner' Kirche unter anderem Blickwinkel zu betrachten – spannend! … Jedes Motto lässt eine Brücke schlagen: zu dem, was uns an Denkmälern umgibt – und zu den Menschen, die diese brauchen und pflegen." (Mechthild Schwarzenberger ist als Kirchenführerin in der Stadtkirche St. Petri in Dortmund aktiv.)
Ohne die bundesweite Koordination durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hätte sich der Tag des offenen Denkmals wohl kaum zu einem Ereignis gemausert, das Millionen von Menschen antreibt. In Zeiten, in denen die staatlichen Mittel für Denkmalschutz und auch die Denkmalämter immer stärker beschnitten werden, ist diese Plattform umso wichtiger. Über den Zugang – im doppelten Wortsinn – zum einzelnen Denkmal noch mehr Freunde für die Sache zu gewinnen, ist das erklärte Ziel der Aktion. Den Tag des offenen Denkmals begreift die Stiftung als ein Geschenk an die Bürger. Und Geschenke erhalten bekanntlich die Freundschaft!
Bettina Vaupel
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
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