Menschen für Monumente Menschen für Denkmale April 2018 M
Junge Menschen für das baukulturelle Erbe zu begeistern – das ist die Idee von denkmal aktiv, dem Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, das 2018 sein 15-jähriges Jubiläum feiert.
Die Mädchen sind überwältigt. Voller Staunen schauen sie sich um, recken ihre Köpfe in die Höhe und erfassen erst nach und nach die Dimensionen des gewaltigen Bühnenraums. Im Rahmen des von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz geförderten Schulprogramms denkmal aktiv hatten Gymnasiastinnen des Anna-Barbara von Stettenschen Instituts in Augsburg die seltene Gelegenheit, hinter die Kulissen eines Theaterhauses zu blicken und dieses prachtvolle Gebäude für sich zu erkunden.
Immer dann, wenn Schauspiel- oder Opernhäuser ihre Türen öffnen, geht es vorrangig um das aufgeführte Bühnenstück. Im Projekt der Schülerinnen aber spielt das Gebäude selbst, das Stadttheater Augsburg, die Hauptrolle. Die eine oder andere Jugendliche hat mit ihren Eltern dort schon einmal eine Aufführung besucht, für einige liegt es auf dem Schulweg. Seit 2017 ist der Bau, der 1876/77 von den damals führenden Theaterarchitekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer errichtet wurde, wegen Sanierung geschlossen. Das denkmalgeschützte Gebäude soll nun auf den aktuellen Stand in Sachen Brandschutz, Barrierefreiheit und Bühnentechnik gebracht werden. Diese kostenträchtige Instandsetzung führte zu einer öffentlichen Diskussion über die Rolle des Theaters für die Stadtgesellschaft.
Ein Schuljahr lang setzen sich die Schülerinnen des traditionsreichen Stetten-Instituts intensiv mit diesem Bauwerk auseinander und stellen sich den Fragen: Welche Qualitäten hat dieses Denkmal? Wieviel ist es uns wert? Und verliert das Theater als Einrichtung an Wertschätzung, wenn der zentrale Spielort für etwa fünf Jahre geschlossen bleibt? Junge Menschen auf das Denkmal aufmerksam zu machen und sie zur Teilhabe an der Debatte zu ermutigen – das ist das Ziel dieses Projekts, das der pensionierte Architekt Wolfgang Weise initiierte, der schon während seiner Berufstätigkeit Schüler an historische Bauten heranführte und dies nach wie vor mit großer Überzeugung verfolgt. In dem Lehrer Willi Spatz und der Lehrerin Kirsten Gerhardt hat er engagierte Partner gefunden.
Zunächst beschäftigten sich die Schülerinnen der 11. und 12. Klasse mit Moden und Formen des Theaterbaus im Allgemeinen und mit dem Augsburger Theaterbau im Besonderen. Sie lernten anhand von Vorträgen Kriterien kennen, nach denen ein Gebäude als schützenswert eingestuft wird. Für die Jugendlichen nahm sich der Baubeauftragte des Theaters Hendrik Euling-Stahl, der schon die Sanierungen der Theater in Freiburg und Köln begleitet hat, ausführlich Zeit und führte sie durch das gesamte, für die Öffentlichkeit geschlossene Drei-Sparten-Haus. 1938 wurde der Neorenaissance-Bau von Paul Baumgarten erweitert und nach massiven Schäden im Zweiten Weltkrieg unter Verwendung der äußerlich vereinfachten Umfassungsmauern 1953–56 wiederaufgebaut. So trifft man im Inneren des Gebäudes auf reine Nachkriegsarchitektur. Gerade die hatte es den Schülerinnen besonders angetan. Die Architekturfotografien, die während der Führung entstanden, zeigen, wie sehr die Mädchen die Qualitäten des Bauwerks erkannt und verinnerlicht haben: Besonders von der Eleganz des Foyers und der geschwungenen Treppenhäuser waren die jungen Fotografinnen begeistert. Mit der Kubatur des Theaters setzten sie sich auseinander, indem sie die Funktionseinheiten von Foyer, Zuschauerraum und Bühnenbereich aufschlüsselten und auf dieser Grundlage dekonstruktivistische Theatermodelle schufen.
Nach einem halben Jahr der intensiven Auseinandersetzung, die auch jenseits des regulären Unterrichts in ihrer Freizeit stattfand, luden die Gymnasiastinnen zu einer Ausstellung ein, in der sie mit den Fotografien und Modellen ihre kreativen Fähigkeiten unter Beweis stellten. Eine Theater- und Filmvorführung unter dem Motto „Geschichten hinter Fassaden, die man nicht vergessen soll“ rundete die Veranstaltung ab.
Bis zum Abschluss des Schuljahrs haben die Mädchen noch einiges vor. Doch schon jetzt haben sie sich das Theater zu eigen gemacht und bedauern die lange Schließung bis zum Ende der Sanierung im Jahr 2022. Für die Zeit danach erhoffen sie sich wie viele andere Augsburger, dass das Theatergebäude mehr für die Bevölkerung geöffnet wird. „Ich würde mich darüber freuen, das schöne Foyer als Treffpunkt nutzen zu können“, wünscht sich die 18-jährige Zita Mödl. Inzwischen haben die mit der Sanierung betrauten Architekten dieses Ansinnen in die Planung aufgenommen.
Alle am Projekt Beteiligten hatten mit dem „Lernort Denkmal“ so viel Freude, dass sie sich zum Schuljahr 2018/19 erneut um Teilnahme an denkmal aktiv bewerben werden. Wolfgang Weise hat schon eine neue Idee: Dann möchte er mit weiteren deutschen und ausländischen Schulen aus Städten kooperieren, in denen ebenfalls ein Theater des Wiener Büros Fellner und Helmer steht.
15 Jahre denkmal aktiv
In Augsburg ist gelungen, was sich das Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, „denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“, zum Ziel gesetzt hat: Es möchte Schüler durch eigenes Forschen und Entdecken erfahren lassen, wie Steine von Geschichte erzählen und historische Bauten ein wertvoller Bestandteil unserer täglichen Lebenswelt sind.
Vor 15 Jahren beteiligten sich die ersten Schulen an dem Förderprogramm, das unter der Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO-Kommission steht. Zeit für eine Zwischenbilanz, über die sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz freuen kann: Nahmen im Schuljahr 2002/03 noch 25 Schulen das Angebot wahr, sind in diesem Schuljahr – nicht zuletzt dank vieler Förderer und Partner – 94 Schulen dabei. Seit denkmal aktiv an den Start ging, haben Schüler in rund 1.200 Projekten die Denkmale ihrer Heimat theoretisch und praktisch erforscht. Eine große Rolle für den Erfolg dieser Initiative spielen die Lehrkräfte, die das Thema Denkmalschutz mit hohem Engagement in den Unterricht bringen, und natürlich ebenso die vielen neugierigen und motivierten Schüler.
Die Projekte der letzten 15 Jahre fallen sehr unterschiedlich aus. Sie reichen von der Auseinandersetzung mit Einzeldenkmalen wie dem Augsburger Theater, über historische Parks bis hin zu UNESCO-Welterbestätten. Anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 widmen sich die Projekte Themen zum gemeinsamen kulturellen Erbe in Europa. Vielfältig ist auch die Herangehensweise an die historischen Objekte. Die Jugendlichen erkunden auf klassische Art ein Denkmal, präsentieren es mit den neuesten Medien oder nehmen berufsorientiert ein Gewerk besonders in den Blick.
Während das Stetten-Institut in Augsburg das erste Mal bei denkmal aktiv dabei ist, haben viele Schulen schon mehrfach teilgenommen – ebenfalls ein Zeichen dafür, wie gut diese Initiative zur Vermittlung des Themas Denkmalschutz an Kinder und Jugendliche greift. Auf dem Campus im Stift Neuzelle (Brandenburg) sind denkmalpädagogische Projekte im Verbund mit anderen, auch ausländischen Schulen inzwischen fester Bestandteil des Unterrichts. Fachlich begleitet werden sie dabei seit einigen Jahren von Diplom-Restauratorin Dorothee Schmidt-Breitung, einer Expertin auf dem Gebiet der Denkmalpädagogik. Im Rahmen ihrer Dissertation über Kulturerbe-Vermittlung in der Sekundarstufe hat sie festgestellt, wie nachhaltig denkmal aktiv bundesweit zur kulturellen Bildung beiträgt: „Nicht nur die Blicke der Schüler werden geschärft und ihr fachliches Wissen erweitert. Bei den Denkmalprojekten, die nicht nur im Klassenzimmer stattfinden, werden in einem ganzheitlichen Ansatz Kopf, Herz und Hand angeregt und dabei die personalen, sozialen und emotionalen Kompetenzen erweitert. Für diesen Projektunterricht ist typisch, dass die Teilnehmer die Fähigkeiten zum gemeinschaftlichen Engagement entwickeln und sich auf Dauer mit ihrem Objekt, dem Denkmal, identifizieren.“
Es ist ein wichtiges Ziel unserer Stiftung, den
Denkmalschutzgedanken in weite Kreise der Bevölkerung zu tragen und
insbesondere junge Leute für den Denkmalschutz zu gewinnen. So verfolgt die
Deutsche Stiftung Denkmalschutz neben denkmal aktiv noch weitere Initiativen,
um Jugendliche für dieses Thema zu begeistern. In den 14 Jugendbauhütten der
Stiftung können junge Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr in der
Denkmalpflege verbringen und traditionelle Handwerkstechniken und andere
Arbeitsfelder der Denkmalpflege kennenlernen. Inzwischen haben eine ganze Reihe
denkmal aktiv-Teilnehmer im Anschluss an ihre Schulausbildung dort ihre ersten
berufspraktischen Erfahrungen im Bereich des Kulturgüterschutzes gesammelt
und sich zu Experten auf dem Gebiet der Denkmalpflege entwickelt.
Amelie Seck
Zweimal im Schuljahr finden Treffen der denkmal aktiv-Teilnehmer statt. Diese Veranstaltungen bieten Gelegenheit zum fachlichen Austausch und zur Vernetzung
(Teilnehmertreffen in Brandenburg an der Havel).
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
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