Handwerk Menschen für Monumente Restaurierungstechniken Dezember 2017 J O
Nach ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr bei der Orgelmanufaktur Klais macht Judith Macherey dort die Ausbildung zur Orgelbauerin.
Die Fertigstellung der Hamburger Elbphilharmonie war das Top-Ereignis in Deutschlands Kulturlandschaft Anfang dieses Jahres. Der neue Konzertsaal, spektakulär auf einen historischen Hafenspeicher gesetzt, schlug sogar politisch Wellen. Er wird weltweit beachtet und ist das neue Wahrzeichen der Hansestadt. Bei der groß inszenierten Eröffnung bekam auch sie ihren ganz großen Auftritt: die Orgel. Das Instrument, das eigens für den Großen Saal entworfen wurde, hatte einige Aufmerksamkeit im Vorfeld erlangt, und selbst der Laie ahnte, wieviel Absprache, wieviel Technik und wieviel Fingerspitzengefühl beim Orgelbau erforderlich sind.
Die Orgel stammt aus Bonn, von einer der renommiertesten Orgelbaufirmen der Welt: Die Johannes Klais Orgelbau GmbH & Co. KG, Weltmarktführer, in vierter Generation von der Familie Klais geführt, schaut auf eine Firmengeschichte seit 1882 zurück. Kaum aufzuzählen sind die vielen Kirchen, die eine „Klais-Orgel“ besitzen, wobei Klais-Orgel nicht gleich Klais-Orgel ist. Denn jeder Raum – ob Kirche oder Konzertsaal – bekommt das Instrument auf den Leib zugeschnitten. Ebenso lang wie die Liste der Neuentwürfe ist die der restaurierten historischen Orgeln.
Die Klais-Werkstatt ist nicht nur ein global player in ihrem Bereich – dreiviertel ihrer Aufträge kommen aus dem Ausland –, sie achtet auch auf Unternehmenskultur. Das gilt für den Umgang mit den Mitarbeitern, mit der Umwelt und in besonderer Weise mit der Geschichte. Sehr gut passte es da in die Firmenphilosophie, Einsatzstelle der Jugendbauhütte NRW-Rheinland der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zu werden. Im September 2016 war es soweit: Judith Macherey aus Nörvenich bei Köln begann als Jugendbauhüttlerin ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege. Ein Jahr, das sie nicht nur durch die verschiedenen Abteilungen der Orgelfirma führte, sondern das sie auch maßgeblich prägte.
Viele Konzertsäle und noch mehr Kirchen in Deutschland hat sie gesehen, während sie Einblicke in die Geheimnisse der Orgelbaukunst gewann. Der spannendste Auftrag jedoch war die Orgel in der Musikhochschule in Tokio, zu deren Wiederaufbau Judith Macherey für sechs Wochen nach Japan flog. Kurz: Das Jugendbauhütten-Jahr, das im August zu Ende ging, war ein voller Erfolg.
Oktober 2017: Ortstermin bei der Firma Klais. Vom verwinkelten Hof mit den vielen Werkstatttüren und -fenstern geht es eine Treppe hoch in die Spieltisch-Werkstatt. Hier treffen wir Judith Macherey, die nun seit einem Monat als Auszubildende bei der Firma Klais arbeitet. Sie hat Blut geleckt, die Welt der Orgeln hat sie gepackt, und sie freut sich, mit ihren lieb gewonnenen Kollegen weiter arbeiten zu können. „Eines Morgens wachte ich auf und ich wusste: Hier möchte ich bleiben, und ich möchte Orgelbauerin werden. Die Mischung aus verschiedenen Handwerken und Architektur in Verbindung mit Musik finde ich genial.“ Mittags hatte sie den Auszubildendenvertrag in der Tasche. Sie, die früher weder zu Orgeln noch zu sakralen Gebäuden ein besonders inniges Verhältnis hatte, liebt mittlerweile „diese besondere Atmosphäre der Kirchenräume. Ich freue mich jedes Mal, wenn wir zu einer Kirche fahren und dann hoch zu den Orgelpfeifen klettern.“
Die Orgelfirma hinter der Klinker-Gründerzeitfassade mitten in der Bonner Altstadt ist ein kleines Universum, und jede Ecke birgt eine andere Welt mit ihren Spezialisten: die Zinngießerei für die Pfeifen in dem Keller auf der einen Seite ebenso wie die moderne Sägemaschine im Gebäude gegenüber, das Holzlager im hinteren Hof wie der sakral wirkende „Saal oben“, in dem die Pfeifen intoniert und eingebaut werden. In der Restaurierungshalle warten alte Schätzchen, nebenan werden in der Gehäuseschreinerei moderne Formen gezimmert, deren Innenleben in den Planungsbüros von den technischen Orgelzeichnern entworfen wurden. Sie alle werden Stationen während ihrer Ausbildung sein.
Abwechslungsreichen drei Jahren sieht die 19-Jährige entgegen. Wir haben Glück, sie in Bonn überhaupt anzutreffen und von ihr durch die Hallen geführt zu werden. Wenige Wochen später geht es für sie nach Taiwan: Im Konzertsaal von Kaohsiung möchte man auch eine Klais-Orgel haben.
Die Welt der Orgelbauer ist vielen fremd. Sie mag wie aus vergangenen Zeiten wirken, wie in einem Nischendasein ohne Zukunft. Wer Judith Macherey und ihre Arbeit in der Orgel-Firma kennengelernt hat, weiß allerdings: Es handelt sich um ein modernes, technisch und handwerklich hoch anspruchsvolles Handwerk, das – siehe Hamburger Elbphilharmonie – bei den aktuellsten Bauprojekten eine prägende Rolle spielt. Das aber gleichzeitig direkt in die große Vergangenheit der europäischen Musikgeschichte führt und Gestern und Heute auf faszinierende Weise zusammenbringt – und damit einen Kerngedanken der Jugendbauhütten in sich trägt.
Beatrice Härig
UNESCO: Deutsche Orgelkultur jetzt Immaterielles Erbe der Menschheit
Orgelmusik und die deutsche Kunst des Orgelbaus stehen jetzt auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes. Der zuständige Ausschuss der UNESCO nahm den Antrag aus Deutschland in seiner Sitzung am 7. Dezember an, denn in kaum einem anderen Land wird die Kultur des Orgelspiels und -baus so gepflegt. Die Deutsche UNESCO-Kommission weist auf die „ seit dem Barock historisch gewachsene, regional schattierte Orgellandschaften“ in Deutschland hin, wo es heute schätzungsweise 50.000 Orgeln in meist Kirchen und Konzertsälen gibt. Rund 400 Betriebe stellen die Instrumente her. Die Orgelkultur hat in Deutschland eine wichtige Basis. Laut Kommission gibt es eine reichhaltige Bandbreite der Komposition und Aufführungspraxis sowie Möglichkeiten der Ausbildung für Orgelmusiker an Hochschulen und kirchlichen Einrichtungen. Die Kommission weist auch auf die Tradition der Kinoorgeln zur musikalischen Untermalung von Stummfilmen in den 1920er-Jahren und auf die Bedeutung der Orgelkonzerte in der DDR als Symbole des Widerstands hin.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz freut sich sehr über diese weltweite Wertschätzung. Sie förderte die Restaurierung von rund 100 Orgeln. Unter ihnen befinden sich wertvolle Stücke des bedeutenden Orgelbauers Arp Schnitger aus dem 17. Jahrhundert, wie das Instrument in St. Johannis im niedersächsischen Oederquart. Außerdem besteht unter dem Dach der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die treuhänderische Altes Schloss Valley Stiftung, die sich für die Pflege und Erhaltung von Orgeln einsetzt. Ebenso wichtig ist es der DSD, junge Menschen an das große Thema Orgeln heranzuführen. So beschäftigte sich ein denkmal aktiv Projekt mit Orgeln, und eine Orgelmanufaktur ist seit letztem Jahr Einsatzstelle der Jugendbauhütten.
Jugendbauhütten
Die Jugendbauhütten ermöglichen jungen Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren ein Freiwilliges Soziales Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst in der Denkmalpflege zu absolvieren. In einer der bundesweit 14 Jugendbauhütten können die Jugendlichen in unterschiedlichsten Einsatzstellen traditionelle Handwerkstechniken erlernen und sie am Original anwenden. Verschiedene Seminare zu Stil- und Materialkunde, Arbeitsmethoden und Grundlagen der Denkmalpflege ergänzen die praktische Arbeit am Denkmal. 3.756 Jugendliche haben bislang ein FSJ in den Jugendbauhütten absolviert, die ein Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd) sind.
Das Freiwillige Soziale Jahr in der Denkmalpflege beginnt jeweils am 1. September.
Informationen
Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Silke Strauch, Tel. 0228 9091-160, www.jugendbauhuetten.de
Hier können Sie auch die Broschüre „JugendBauhütten“ und den „Jahresbericht 2016“ herunterladen
oder bei der oben angegebenen Adresse bestellen.
Orgelmanufaktur Klais
Johannes Klais Orgelbau GmbH & Co. KG
Kölnstraße 148, 53111 Bonn.
Tel. 0228 / 98240-0
Ausführliche Informationen hier
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Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
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Ich bin echt dankbar, dass ich diesen Beitrag zum Thema Jugendbauhütte gefunden habe. Mit meiner Nachbarin habe ich mich schon viel darüber unterhalten, weil ihre Tochter dafür interessiert. Sie möchte auch einen Bundesfreiwilligendienst machen, also das könnte sie inspirieren. Ich denke, den Beitrag werde ich ihr mal schicken.
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