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Ein Haus voller Kunst und Historie ist das ehemalige Landgericht in Kaiserswerth, seit einem halben Jahrhundert Heimat der Künstler Friederich Werthmann und Maren Heyne.
ZERO, Piene, Mack und Uecker – es sind Namen, die heute wieder in aller Munde sind. Sie erzählen von der legendären „Düsseldorfer Szene“, die sich in der rheinischen Stadt seit den 1950er-Jahren etablierte und eine wilde Zeit erlebte. Eine Zeit, in der die radikale Entwicklung zum Abstrakten als Spiegelung des politischen Unwohlseins diente und alles Althergebrachte auf den Kopf stellte. In der unter anderem ein Joseph Beuys ab 1961 als Professor an der Kunstakademie wirkte. Weltweit wurden die 24-Stunden-Happenings und Kunstaktionen in den einschlägigen Düsseldorfer Galerien beachtet.
Maren Heyne kannte sie fast alle: Als Fotografin hatte sie zu den Ateliers vieler namhafter Künstler jener Zeit Zugang, weit über Düsseldorf hinaus. Auch Henry Moore und Lynn Chadwick ließen sich von ihr porträtieren. Und mittendrin er: Friederich Werthmann, geboren 1927, einer der Wegbereiter für den legendären Ruf Düsseldorfs als kreatives Zentrum im Nachkriegsdeutschland und Mitglied der Gruppe 53, aus der sich später die Künstlervereinigung ZERO herauslöste. Seine dem Tachismus und Informel verwandten Stahlskulpturen finden sich in renommierten Museums- und Privatsammlungen und an exponierten Plätzen vieler europäischer Städte.
Die beiden, Maren Heyne und Friederich Werthmann, sind nun seit über fünfzig Jahren verheiratet. Zu ihrer innigen Symbiose als sich gegenseitig ergänzendes und unterstützendes Künstlerpaar gehörte von Beginn an ein Denkmal in Düsseldorf-Kaiserswerth aus dem 18. Jahrhundert: Im Ehemaligen Landgericht Kreuzberg haben sie ihr gemeinsames Leben verbracht, und dem Bauwerk viel Zeit, Kraft und Fürsorge gewidmet. Werthmann hatte das Gebäude 1958 entdeckt. Er war wenige Jahre zuvor von Wuppertal, das ihm zu eng geworden war, nach Düsseldorf gezogen und suchte Platz für Atelier und Wohnung. Er fand ihn im alten Landgericht von 1709, einem Backsteinbau auf einem Grundstück von 2.500 Quadratmetern, nach Art des Niederrheins weiß geschlämmt, ein zurückgenommener, aber ansprechender Barockbau mit Kölner Decken und imposanter Holztreppe im Inneren.
Das Gerichtsgebäude war neben einer niedergelegten Kirche errichtet worden, die noch bestehende Einsegnungshalle des Friedhofs wurde Werkstatt, in der durch Werthmanns Hände unzählige Kunstwerke aus Stahl entstanden. Er, der gelernte Maurer, hatte in jahrelanger Arbeit mit eben diesen Händen das Haus aus seinem jämmerlichen Zustand zu einem gleichermaßen würdevollen wie wohnlichen Schmuckstück geformt. „Villa Wanzenburg“ nannte er es, als er mit den Arbeiten anfing, erinnert sich Friederich Werthmann heute lachend. Eine Erbengemeinschaft wurde ausbezahlt, einige Familienmitglieder lebten noch 15 Jahre mit auf dem Grundstück.
Finanzieren half das Großbauprojekt die Kunst: Gerade befand sich Werthmann 1959 in schwieriger Kreditverhandlung mit der Bank, als er im Radio von seiner Auszeichnung mit dem „Kunstpreis der Jugend“ hörte. Bei dem – sagenhaft hohen – Preisgeld von 10.000 Mark handelte es sich exakt um die kritische Verhandlungssumme. Der Preis verhalf ihm außerdem zu Bekanntheit und lukrativen künstlerischen Aufträgen, die sich durch sein ganzes Künstlerleben ziehen sollten. „Es war eine der in meinem Leben zahlreichen unglaublichen Begebenheiten.“
Eine solche war auch die Begegnung mit Maren Heyne 1963. Ihr Vater, seines Zeichens Oberbaudirektor, hatte der damaligen Architekturstudentin geraten, sich das Haus in der Alten Landstraße in Kaiserswerth wegen der „vorbildlichen denkmalpflegerischen Arbeiten“ anzuschauen. „Ich tat es, wir trafen uns – und ich bin dageblieben“, erzählt sie schmunzelnd.
Architektur war beiden zeitlebens ein Anliegen, was sich auch im Werk Maren Heynes niederschlug. Sie vertieften sich in die Geschichte des Landgerichts: Im Spanischen Erbfolgekrieg (1701–14) war der Ortsteil, eng verbunden mit dem benachbarten Benediktinerstift und der Kaiserpfalz Kaiserswerth, fast vollständig zerstört worden. Das anschließend gebaute Gericht war bis zu napoleonischen Zeiten in Diensten. Von der ehemaligen Walburgiskirche zeugt heute nur noch ein Heiligenhäuschen, der ehemalige Friedhof rief sich bei Gartenarbeiten häufiger in Erinnerung.
Die Verbindung von behutsamer Bewahrung dieser Historie und dem Dasein als renommierte Künstler am Puls der Zeit prägte das Leben der Werthmanns, es macht den Ort einmalig. Werthmann selbst hat in den 1980er-Jahren das Haus als Denkmal eintragen lassen. 2013 wurde auf Betreiben der Deutschen Stiftung Denkmalschutz auch der Garten als Skulpturenpark in die schützende Denkmalliste eingeschrieben. 13 Werke wie die „Steile Naht“ mit ihren 17 Metern Höhe gehören ebenso dazu wie zahlreiche Arbeiten aus Werthmanns prägendster Schaffensphase, in der er Skulpturen mittels Dynamit formte. Sein Œuvre ist nun selbst Denkmal.
Schon 2005 traten die Werthmanns an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz heran, um für die Zukunft alles zu regeln: Das Haus als Denkmal, der Skulpturenpark, der künstlerische Nachlass wie Skulpturen, Zeichnungen, Drucke und Fotografien und die vielen Schriftstücke, die zu diesem außergewöhnlichen Leben in der Kunstwelt gehören, sie alle zusammen ergeben ein großes Ganzes, das jetzt schon historischen Wert besitzt. Durch das Magazin Monumente lernten sie die Möglichkeit der treuhänderischen Stiftungen in Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) kennen. Eine solche Stiftung erwies sich als perfekter Weg, die Bewahrung zu sichern und es nicht „in die Spekulation zu geben“. Testamentarisch wird ihr Erbe in die Werthmann-Heyne-Stiftung fließen. Dieses Jahr übertrugen sie das Anwesen als Vorsorgemaßnahme bereits der DSD. Lebendig soll das Ensemble bleiben, Besucher werden ausdrücklich erwünscht sein, Kultur und Kunst durch Ausstellungen, Veranstaltungen und eventuell einen „Artist in Residence“ weiterhin fest mit dem Ort verbunden sein.
Hartmut Witte, Kunsthistoriker und Publizist, ist Vertrauter und Helfer der Werthmanns. Seit 1990 arbeitet er an einer umfassenden Katalogisierung ihrer Werke. Er ist es auch, der die breit aufgestellte Ausstellung zu Friederich Werthmann mit dem Künstler zusammen kuratiert hat, die zurzeit im Märkischen Museum Witten zu sehen ist. Anlass ist ein runder Geburtstag: Am 16. Oktober wurde Friederich Werthmann 90 Jahre alt – ein Alter, in dem das Paar auf ein langes kunsterfülltes Leben mit seinen zahlreichen unglaublichen Begebenheiten zufrieden zurückblicken kann.
Beatrice Härig
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www.heyne-und-werthmann-stiftung.de
Stahl. Poesie. Dynamik.
Friederich Werthmann zum 90. Geburtstag. Ausstellung bis zum 14. Januar 2018 im Märkischen Museum Witten.
Husemannstraße 12, 58452 Witten, Tel. 02302 58 12 550. www.maerkisches-museum-witten.de
Katalog: Hartmut Witte: Stahl. Poesie. Dynamik. Friederich Werthmann zum 90. Geburtstag. Eine Dokumentation anlässlich der Ausstellung im Märkischen Museum Witten. Bad Honnef 2017. 48 S.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
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Leben und Werk der beiden Künstler und ihre gemeinsame Stiftung ist hier ausführlich dokumentiert: http://www.werthmann-heyne-stiftung.net
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