Denkmale in Gefahr Oktober 2017

Das Canisianum in Saarlouis muss dringend weiter restauriert werden

Fester Glaube inmitten von Rissen

2012 haben die Petrusbrüder den historistischen Kirchenraum übernommen. Für die Sanierung des Außenbaus fehlen ihnen die ausreichenden Mittel.

Seit März ist Pater Christoph Fuisting in Saarlouis tätig. Er freut sich, wie gut das liturgisch strenge Glaubensangebot seiner katholischen Petrusbruderschaft in Saarlouis und Umgebung angenommen wird. Seit Mitte Juli wird er von Pater Gerald Gesch unterstützt, denn auch aus dem nahegelegenen Frankreich kommen viele Gläubige zum Besuch der heiligen Messe und zur Beichte ins Canisianum. Eigentlich heißt der Kirchenbau heute Rektoratskirche St. Peter Canisius, doch als Canisianum ist die ehemalige Jesuitenkirche wie das gesamte Ensemble im Herzen von Saarlouis den Einheimischen ein Begriff.

Das Baugerüst verbirgt, wie baufällig das Canisianum ist.
Saarlouis, Canisianum © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Das Baugerüst verbirgt, wie baufällig das Canisianum ist.

Das Baudenkmal hat eine wahrlich bewegte Geschichte: Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts erbaute Kapelle steht auf historischem Boden: Ab 1680 ließ der französische König Ludwig XIV. den Festungsort anlegen. Er sollte das nach dem Holländischen Krieg gewonnene Territorium Lothringen schützen. 1691 wurde eine Kirche mit Konventbauten für die im benachbarten Wallerfang ansässigen Augustinerchorherren errichtet, die vor allem für den Schulunterricht der katholisch geprägten Bevölkerung zuständig waren. Während der Französischen Revolution wurde die angesehene Lehranstalt geschlossen und die Kleriker hatten den Ort zu verlassen. Die Gebäude dienten dem Jakobinerklub und zusätzlich als Gefängnis. 1806 wurde die Kirche abgerissen.


Die Klosterbauten mussten weichen, als 1840 eine neue Zeit anbrach: Die Stadt errichtete ein Hospital, das von den Borromäerinnen geführt wurde. Ihre 1841 eingeweihte Krankenhauskapelle wurde 1900/01 durch den Bau der heutigen neoromanischen Kirche ersetzt. Die Pläne entwarf der von 1898 bis 1911 für das Bistum Trier tätige Dombaumeister Wilhelm Peter Schmitz. Als das mittlerweile städtische Hospital verlegt wurde, verkaufte die Stadt 1929 das gesamte Ensemble an die Niederdeutsche Ordensprovinz der Gesellschaft Jesu. Mit ihrem Einzug 1929 benannten die Jesuiten Haus und Kapelle nach dem Gegenreformator Petrus Canisius um, und fortan hieß das Bauensemble kurz Canisianum.

Sind voller Vertrauen, dass die Kirche gerettet wird: Architekt Jules Dieudonné, die Patres Gerald Gesch und Christoph Fuisting sowie Injektionsspezialist Wolfgang Trunzler (v.l.n.r.)
Saarlouis, Canisianum © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Sind voller Vertrauen, dass die Kirche gerettet wird: Architekt Jules Dieudonné, die Patres Gerald Gesch und Christoph Fuisting sowie Injektionsspezialist Wolfgang Trunzler (v.l.n.r.)

Als die Jesuiten im Sommer 2007 Saarlouis verließen, fiel das Eigentum an die Stadt zurück. Die Kirche wurde säkularisiert und an ein Architekturbüro verkauft. Doch eine denkmalgerechte Nutzung wurde nicht gefunden. Die Jahre des Leerstands sind der Bevölkerung in trauriger Erinnerung geblieben – bis sich 2012 die junge Petrusbruderschaft als Interessent vorstellte. 1988 war die Priesterbruderschaft St. Petrus im Zisterzienserkloster Hauterive bei Freiburg (Schweiz) gegründet worden. Sie hatte sich von der Piusbruderschaft getrennt, um als Gesellschaft apostolischen Lebens päpstlichen Rechtes im Einvernehmen und dem Segen des Papstes zu handeln. Zurzeit gehören ihr weltweit etwa 220 Priester und Diakone an. Seit fünf Jahren sind die Weltpriester, wie Pater Fuisting sie nennt, in Saarlouis tätig, wobei sie dem Trierer Bistum unterstehen und mit der Ludwigsgemeinde am Ort kooperieren.

Als sie den späthistoristischen Kirchenraum wiederherstellten, ahnten die Petrusbrüder nicht, wie gravierend die Schäden an Dach und Mauerwerk sind.
Saarlouis, Canisianum © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Als sie den späthistoristischen Kirchenraum wiederherstellten, ahnten die Petrusbrüder nicht, wie gravierend die Schäden an Dach und Mauerwerk sind.

Achtung vor dem heiligen Raum

Die Freude der Priesterbruderschaft ist groß, in Deutschland eine eigene, angemessen geräumige Kirche zu besitzen. Mit großer Achtung vor dem heiligen Raum hegen und pflegen sie das Gotteshaus, und der Elan der Petrusbrüder tut dem Denkmal gut. Den größten Teil ihrer finanziellen Mittel steckten sie in die Restaurierung des Kirchenraums, die in enger Abstimmung mit dem saarländischen Landesdenkmalamt erfolgte. Es musste eine Asbestsanierung vorgenommen werden, eine Heizungsanlage eingebaut und die baufällige Sakristei restauriert werden. Zur Erleichterung aller brauchte man die kostbaren Wandmalereien, die bereits 1979/80 bei einer Generalsanierung freigelegt und aufgearbeitet worden waren, nur behutsam zu reinigen.


Nun zeigt sich die Saalkirche in ihrer späthistoristischen Farbgestaltung nun wieder von der schönsten Seite: Zarte Blumenranken und Ornamente schmücken das Rippengewölbe des einschiffigen, dreijochigen Raumes, eine Vorhangmalerei betont den polygonalen Chorraum. Sein Rippengewölbe wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Von einer flachen Holzdecke abgeschlossen, tauchen ihn die farbigen Chorfenster, die 1951 der renommierte Saarbrücker Kunstglaser Anton Frese schuf, in ein feierliches Licht. Die hell verputzten Wände mit der ochsenblutroten Fugenzeichnung trennt ein umlaufender Mäander-Schmuckfries vom Sockelbereich. Seine in Gelb gehaltene Einfarbigkeit bringt den ursprünglichen Fliesenboden mit dem schmückenden Blattornament zur Geltung. Zum Glück ist auch das Gestühl noch vorhanden, denn das übrige Inventar wie Altar, Heiligenstatuen und liturgisches Gerät musste neu zusammengetragen werden.

Das Ausmaß der Schäden am Mauerwerk ist unübersehbar.
Saarlouis, Canisianum © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Das Ausmaß der Schäden am Mauerwerk ist unübersehbar.

Den sakralen Raum wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zuzuführen, war den Priestern oberstes Gebot. So können sie die heilige Messe in der außerordentlichen Form des römischen Ritus zelebrieren, wie diese überlieferte Liturgie offiziell bezeichnet wird. Sie wird außer der Predigt und der Lesung auf Latein gehalten, die Priester stehen zum Altar im Chor gewandt. Die zahlreichen Lieder und der gregorianische Wechselgesang sind, davon ist Pater Fuisting überzeugt, so berührend und umfangend, dass sie die Gläubigen über das unverständliche Latein hinwegtragen.

Ein Netz tiefer Risse

Doch irdisch-schwer liegt den beiden Patres die Außenrestaurierung des in die Jahre gekommenen Bauwerks auf der Seele: Ein Netz von feinen und von tiefen Rissen durchzieht das geputzte Mauerwerk, der Sockelbereich bröckelt, die Sandsteinquader an den Fensterlaibungen und Eckprofilen sind angegriffen, und auch die Regenwasserableitung über Zinkbleche und -rinnen funktioniert nicht mehr.

Gemeinsam helfen: zweisprachige Bitten um Spenden für die Wiederherstellung des Canisianums
Saarlouis, Canisianum © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Gemeinsam helfen: zweisprachige Bitten um Spenden für die Wiederherstellung des Canisianums

Von der Höhe der Kosten überwältigt, sind die Petrusbrüder für jede finanzielle Unterstützung dankbar. Groß war die Freude über die Förderzusage der Deutschen Stiftung Denkmalschutz im vergangenem Jahr. Doch dann kam der Schock wie bei vielen Bauherren eines Denkmals: Mit dem aufgebauten Gerüst bot sich die Gelegenheit, die Dachkonstruktion und die Schiefereindeckung genau zu untersuchen, und wie so oft zeigte sich erst dann das wahre Ausmaß der festgestellten Schäden. Der Schädlingsbefall an der Holzkonstruktion ist stärker als gedacht. Vor allem der hölzerne Dachreiter sitzt mittlerweile so locker auf dem Dachstuhl, dass die alte Kirchenglocke keinen Mucks mehr von sich geben darf. Durch die Schwingungen würde der kleine, schieferbedeckte Holzturm mit dem Glockenstuhl abstürzen. Er muss durch Stahlanker stabilisiert werden.


Der mit viel Sorgfalt wiederhergestellte Kirchenraum ist für die Priester der Petrusbruderschaft ein geheiligter Ort im wörtlichen Sinne. Täglich steht ihre Kirche allen Gläubigen offen. Noch ungewohnt ist für die kirchlichen Denkmalbesitzer die Tatsache, dass ihre schmucke Kapelle auch gern von kunsthistorisch Interessierten aufgesucht wird.


Christiane Rossner

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