Technische Denkmale Oktober 2017
Die Bewahrung von Mühlen ist ohne privates Engagement nicht zu bewältigen. Darum sucht die Stiftung Historische Mühlen Mitstreiter.
Oberwasser zu haben, ist eine feine Sache – und dass der, der zuerst kommt, auch zuerst mahlt, meist unstrittig. Allein die Vielzahl der Redewendungen aus dem Müllereiwesen zeigt, welcher Stellenwert ihm im Alltag einst zukam.
Traditionelle Mühlen sind Kulturdenkmale in einem sehr umfassenden Sinn, sie repräsentieren einen wichtigen Aspekt unseres technik-, bau- und regionalhistorischen Erbes. Sie erzählen von der Arbeits- und Lebenswelt früherer Generationen, von einem uralten Handwerk, und im Falle der Getreidemühlen von der langen Geschichte unseres Grundnahrungsmittels – die „Brotkultur“ zählt sogar zum Immateriellen Kulturerbe Deutschlands. Doch durch die Tatsache, dass die erhaltenen Wind- und Wassermühlen aus dem Produktionsprozess längst herausgefallen sind, ist diese Gattung in ihrer Existenz erheblich gefährdet. Sie zu bewahren, hat sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) mit ihrer Gemeinschaftsstiftung Historische Mühlen zur Aufgabe gemacht.
Seit der Mensch Ackerbau betreibt, gebraucht er den Mahlstein, den er schon früh in eine Maschinerie einfügte. Damit ist die Mühle eines der ältesten Produktionsinstrumente. Handdrehmühlen zum Mahlen von Korn waren im Altertum ein unverzichtbares Haushaltsgerät. Auch kannte man bereits größere, von Tieren betriebene Mühlen. Mit dem Übergang zur Wassermühle konnte das mühevolle Bewegen des Mahlsteins in die Hand der Natur gelegt werden: Die Kraft der Fließgewässer geschickt nutzend, perfektionierten die Römer die Mühle mit stehendem Wasserrad. Ihre Erfindung des Mahlwerks, also die Kräfteübertragung mittels Zahnrädern und Wellen, machte sie umso effizienter.
Durch Windkraft betriebene Mühlen sind in Europa erst ab dem 12. Jahrhundert bezeugt. Bei dem älteren Grundtyp, der Bockwindmühle, wird der gesamte Mühlenkörper von Hand in den Wind gestellt. Bei der Holländerwindmühle mit massivem Untergeschoss muss hingegen nur die Kappe gedreht werden. Dieser Typ war seit dem 18. Jahrhundert weit verbreitet, da einfacher zu handhaben und mit der Option auf mehrere Mahlgänge auch leistungsstärker. Mit Erfindung der Windrose konnte sich das Flügelwerk dann sogar automatisch in den Wind drehen.
Auch wenn in Mühlen nicht nur gemahlen, sondern auch zerrieben, gestampft, geschliffen, gesägt, gewalkt, Wasser geschöpft und Energie erzeugt wurde, machten die getreideverarbeitenden den größten Teil der gewerblichen Wasser- und Windmühlen aus. Auf dem einst so beschwerlichen Weg von der Kornernte zum täglichen Brot, kam dem Müller zwischen Bauer und Bäcker eine elementare Funktion zu. Er hatte in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung. Zu seinen Privilegien zählte, sonntags arbeiten zu dürfen und vom Kriegsdienst befreit zu sein.
Auf der Schattenseite stand die Gängelung durch das Mühlenbannrecht: Da, wo die Grundherren das alleinige Recht zum Bau und Betreiben einer Mühle hatten, wurden den Bauern per Mahlzwang feste Mühlen zugewiesen und deren Abgaben dort einbehalten. Ihr Unmut darüber traf oft genug den Müller, dem man von allen Seiten Betrug unterstellte. Bis weit in die Neuzeit hinein wurde der Berufsstand diskriminiert, waren Müller von Ehrenämtern ausgeschlossen. Der Umstand, dass die Mühlen meist einsam gelegen waren, auch bei Nacht an den ächzenden Rädern hantiert wurde, Mehlstaubexplosionen zu den unerklärlichen Phänomenen gehörten, bot genügend Stoff für Legenden und nährte den Aberglauben um Spuk und Teufelswerk.
Die Industrialisierung versprach den Müllern nur kurzfristig Erleichterung: Das Aufkommen der mit Dampfkraft, später mit Elektromotoren ausgestatteten Großmühlen leitete letztlich das Ende vieler bäuerlicher Mühlen ein. Zahlreiche Wassermühlen gingen nun in Industriebetrieben auf. Auch der verstärkte Kartoffelanbau sowie der Import von Produkten aus Übersee machten vor allem den Getreidemühlen zu schaffen. Eine weitere Etappe des „Mühlensterbens“ setzte nach dem Zweiten Weltkrieg ein. In der Bundesrepublik rentierten sich private Kleinmühlen nicht mehr. Das Mühlengesetz von 1957 versprach sogar staatliche Prämien für ihre Stilllegung. In der DDR wurden zahlreiche Mühlen in LPGs eingegliedert, was immerhin ihren Bestand sicherte. Mit der Wiedervereinigung wurden auch sie unrentabel. Die Mühle als florierender Handwerksbetrieb ist Geschichte.
Das macht ihre Erhaltung so schwierig wie notwendig und bedeutet für
die Denkmalpflege eine besondere Herausforderung. Denkmalwürdig können
die Mahltechnik wie auch das Bauwerk sein. Im Idealfall ist beides
vorhanden. Eine Mühle als funktionsfähiges technisches Denkmal zu
bewahren, ist die beste Nutzung, aber nicht immer zu realisieren. In
vielen positiven Beispielen halten Dorfmuseen mit Schaumahl-Tagen die
Geschichte lebendig, dienen Mühlen heute als Gastronomiebetrieb und
werden von Kommunen als Standesamt oder Touristeninformation genutzt.
Dass wir heute in Deutschland nach vielen Wellen des Niedergangs dennoch eine ansehnliche Mühlenlandschaft haben, ist jahrzehntelangem Engagement von öffentlicher und vor allem privater Seite zu verdanken. Hier finanziell wie ideell die Kräfte zu bündeln, ist das Ziel der Gemeinschaftsstiftung Historische Mühlen der DSD. Sie unterstützt die Erhaltung und Pflege von denkmalgeschützten Mühlen aller Kategorien und Epochen in Bau und Ausstattung samt zugehöriger Anlagen und Artefakte des Müllereiwesens.
Einen wichtigen Impuls gab Horst-Dietmar Settler, als er 2001 unter dem Dach der DSD die „Mühlenstiftung Settler-Greißl“ gründete, die sich ursprünglich auf die Bewahrung der Lambertsmühle in Burscheid fokussierte. Ganz in seinem Sinne wurde der Satzungszweck im vergangenen Jahr auf Maßnahmen im gesamten Bundesgebiet erweitert. Damit die treuhänderische Stiftung ihr Potential auch voll entfalten kann, werden nun dringend weitere Förderer als Mitstreiter gesucht.
Denn selbst wenn eine historische Mühle restauriert ist, muss sie kontinuierlich fachgerecht gepflegt werden. Gerade Flügelkreuze oder Wasserräder sind anfällig und wartungsintensiv. Die langfristige Bewahrung dieser besonderen Denkmalgattung, die ganze Landstriche geprägt hat, ist eine Aufgabe, die nur durch gemeinschaftliches Handeln zu stemmen ist.
Bettina Vaupel
Im Gedenken an den Getreidehändler Ludwig Greißl aus Rothenburg ob der Tauber gründete der Stifter Horst-Dietmar Settler im Jahr 2001 die heutige Stiftung Historische Mühlen. Das im Getreidehandel erworbene Vermögen sollte Objekten dienen, die mit dem Erwerbsfeld des Verstorbenen in naher Verbindung stehen. Nachdem die Stiftung in den vergangenen Jahren die Restaurierung der Lambertsmühle in Burscheid begleiten konnte, wird der Schwerpunkt nun auf die bundesweite Erhaltung dieser Denkmale gelegt. Denn um die historischen Mühlen in ihrer regionalen und technischen Vielfalt zu bewahren, bedarf es weiteren bürgerschaftlichen Engagements.
Werden Sie Teil der Fördergemeinschaft. Unterstützen Sie die Stiftung Historische Mühlen und helfen Sie mit, unsere Kulturlandschaft zu bewahren. Ihre Zuwendung fließt in das unantastbare Stiftungskapital. Damit erhöhen Sie nachhaltig und dauerhaft die jährlich erwirtschafteten Erträge und sichern eine langfristige Fördertätigkeit der Stiftung für die Erhaltung historischer Mühlen!
Bei Fragen und für weitere Informationen steht Ihnen Kathleen Rottmann gerne zur Verfügung. Tel. 0228 9091-212, kathleen.rottmann@denkmalschutz.de
Auch kleinste Beträge zählen!
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
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