Wohnhäuser und Siedlungen Menschen für Monumente Menschen für Denkmale August 2017
"denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“, das Schulprogramm der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, hat im Schuljahr 2016/17 die Heinrich-Metzendorf-Schule in Bensheim unterstützt - und ist begeistert von der Arbeit der Schüler.
Das berufliche Schulzentrum in Bensheim bei Darmstadt hatte schon viele Namen: 1848 gegründet als Handwerker-Sonntagsschule, hieß sie ab 1874 Fortbildungsschule und dann ab 1910/11 Berufsfortbildungs- und Malerschule. Einen klingenden erhielt sie erst mit Abschluss des Umbaus 2005: Heinrich-Metzendorf-Schule. Diese Wahl war ein Glücksgriff. Wer die Schule betritt, spürt sofort, dass sie und der heimatverbundene Landhausarchitekt zu einer Einheit zusammengewachsen sind. Ihr Name ist kein Etikett, vielmehr füllen Lehrer und Schüler ihre Lerninhalte mit Leben aus. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützt im Rahmen ihres Programms „denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule“ sehr gerne die Projekte der Heinrich-Metzendorf-Schule.
Im südhessischen Bensheim ist alles plausibel, eins passt zum anderen. Schon im Foyer begegnet dem Besucher das „Tor zur Bildung“, die von Schülern originalgetreu aus behauenem Sandstein nachgebaute Eingangstür von Heinrich Metzendorfs privatem Landhaus. Der aus einer alteingesessenen Steinmetzfamilie in Heppenheim stammende Metzendorf (1866–1923) erlernte zunächst das Steinmetz- und das Maurerhandwerk im väterlichen Betrieb und besuchte das Alte Kurfürstliche Gymnasium in Bensheim, bevor er seine Studien an der Technischen Hochschule in Darmstadt fortsetzte. 1902 bezog er mit seiner Ehefrau Anna und den fünf Kindern das neu erbaute Wohnhaus mit angeschlossenem Architekturbüro in der Ernst-Ludwig-Straße 25 in Bensheim, am heutigen Metzendorfplatz. Auch die Büste des Architekten steht im Foyer der Schule nicht kommentarlos auf einem Sockel, sondern sein Lebenslauf und die beruflichen Verdienste erläutern, warum gerade er Namensgeber für das Zentrum wurde, das unter anderem zum staatlich geprüften Bautechniker ausbildet.
Im Schuljahr 2016/17 begleitete Studiendirektorin Dr. Angela Forberg Schüler und Schülerinnen der Fachoberschule und der staatlichen Fachschule für Bautechnik dabei, Konzepte für die denkmalgerechte Restaurierung, energetische Ertüchtigung und Umnutzung einer ehemaligen Hofreite in der Heppenheimer Altstadt auszuarbeiten. Unterstützt wurde sie dabei von Fritz Schneider, dem Vorsitzenden der Heppenheimer Altstadtfreunde, als fachlichem Partner. Das seit vielen Jahren leer stehende, für die Gegend typische Fachwerkensemble mit rostrot gestrichenem konstruktivem Fachwerk und anheimelnden blauen Fensterläden steht im Mittelpunkt des dritten Projektes, mit dem sich die Schule am Programm „denkmal aktiv“ der DSD beteiligt. Die Hofreite wurde kürzlich von einer prominenten Familie im Ort erworben, und umso wahrscheinlicher ist es, dass die Pläne der Schüler tatsächlich umgesetzt werden.
Die Aufgabenstellung war komplex. Es ging darum, am Beispiel des ehemaligen Ackerbürgerhauses eine Grundlagenermittlung zu erarbeiten und eine denkmalschutzrechtliche Baugenehmigung vorzubereiten. Die Jugendlichen dokumentierten den historischen Baubestand, klärten die Anforderungen für die künftige Nutzung und fanden Lösungen entsprechend den Erfordernissen des Denkmalschutzes und einer energetischen Sanierung.
Für den 23-jährigen Ben Fleischmann, angehender Absolvent der Schwerpunktausbildung „Bauen im Bestand“, war das eine spannende Aufgabe. „Ein Altbau lebt, da gibt es nie gerade Wände, dort herrscht Atmosphäre“, sagt der gelernte Maurer. Sein Metier war bislang eher der rechte Winkel. Gastronomie, Weinverkostung im zunächst trockenzulegenden Keller, Gästezimmer für das Zwischengeschoss, und im Dachgeschoss eine große Wohnung: Das sind die Ideen seines Teams. Die ruinöse, nicht denkmalgeschützte Scheune könnte einem Neubau weichen, der Eventfläche bietet. Das wäre etwas, das in Heppenheim zurzeit fehlt.
Jo Tilman Usleber und Tim Jakus, beide Fachoberschüler an der Heinrich-Metzendorf-Schule, können sich neben Gastronomie eine Tourismus-Information und Museen vorstellen. Sie möchten Heinrich Metzendorf und den neuen Eigentümer aus der Formel-1-Welt, idealerweise mit ausgedienten Rennwagen, als Söhne der Stadt ehren. Die Anziehungskraft, da sind sie sicher, wäre riesig.
Die Ergebnisse der monatelangen kreativen und technischen Arbeit können sich sehen lassen. Es entstanden Architekturmodelle, die im Kelterhaus des Kurmainzer Amtshofs von Bensheim zu sehen waren, zusammen mit Entwürfen, Skizzen und Fotos, unter anderem von der Konstruktion und den Schäden des Bauwerks.
Doch das gelungene Projekt wirkt weiter: Das Engagement der Schüler wird in die Stadt und in weitere Kreise hineingetragen. Es bestehen Kontakte zur Metzendorf-Gesellschaft in Darmstadt, die sich als gemeinnütziger Verein um die Erhaltung und Erforschung der Architektenbrüder Heinrich und Georg Metzendorf, dem Baumeister der Siedlung Margarethenhöhe in Essen, bemüht. Heinrich Metzendorfs Erbe besteht aus mehr als 370 vom Heimatstil und der englischen Landhausbewegung beeinflussten Villen, Schulbauten, Kirchen und Fabriken, Hotels, Aussichtstürmen, Brunnen, Grabmälern, Bildstöcken und vielem mehr. Wie sein Bruder Georg gehörte Heinrich Metzendorf zu den Pionieren des Deutschen Werkbundes. Dies kommt in der qualitätvollen Bearbeitung der handwerklichen Details seiner Bauten zum Ausdruck und verbindet ihn einmal mehr mit der nach ihm benannten berufsbildenden Schule in Bensheim.
Schon 2010 hatten sich Schüler um die bedrohten Werkmeisterhäuser auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik Wilhelm Euler in Bensheim während eines „denkmal aktiv“-Projektes gekümmert. Inzwischen sind diese Typenhäuser, die in der Tradition der klassischen Arbeiterwohnhäuser stehen und wegweisend für soziale Bauten waren, zum Teil gerettet. Dies natürlich nicht zuletzt durch das Zutun der Schüler.
In natur- und heimatverbundener Manier verwendete Metzendorf Baumaterialien und Stilelemente aus der Region Bergstraße/Odenwald wie roten Sandstein, Granit, Holzfachwerk, Holzschindeln und rote Biberschwanzziegel. Im Jahr 1899 verlieh Großherzog Ernst Ludwig von Hessen Metzendorf den Professorentitel ehrenhalber. Dieser prägte als Baumeister das Stadtbild in Bensheim und Umgebung und damit die reizvolle, von Weinbergen durchzogene Landschaft an der Bergstraße. Seine imposantesten Landhäuser stehen im sogenannten Metzendorf-Viertel in unmittelbarer Umgebung der Heinrich-Metzendorf-Schule in Bensheim-Auerbach.
2014 hatten die Schüler den Gedenkstein des Architekten auf dem Bensheimer Friedhof gereinigt und von Moos und Flechten befreit. Zu seinem 150. Geburtstag gestalteten sie einen Kalender für das Jahr 2016. Bauwerke des Architekten wie die Schlossbergschule oder das Caritasheim erscheinen darauf in einem digital veränderten farbigen Licht.
Eine weitere Idee: Im Parktheater von Bensheim wurden bis Ende Juni dieses Jahres Fotografien von Schülerinnen und Schülern der Fachoberschule aus mehreren Jahrgängen gezeigt, das Ergebnis von Workshops zum Thema Heinrich-Metzendorf-Bauten und Architekturfotografie in den Schuljahren 2014 bis 2017. Ziel war es, mithilfe des Computerprogramms Photoshop nicht nur Bauwerke abzubilden, sondern neue Realitäten durch digitales Bearbeiten der Aufnahmen zu schaffen. Zu sehen waren „Bensheimer Highlights“, gestapelte Denkmale, ein am Standort verwurzeltes Arbeiterwohnhaus, ein Werk namens „Standfest“ (ein Haus hält sich fest) und eines, das „Schützende Hand“ heißt, auf dem ein historisches Kaufhaus symbolisch durch eine überdimensionierte Hand gestützt wird.
Hinter allem steht, freundlich, lebendig und immer vermittelnd zwischen
den Jugendlichen des komplexen Schulzentrums und den mithelfenden
Partnern, die Studiendirektorin Dr. Angela Forberg. Man gewinnt in ihrer
Gegenwart ganz schnell den Eindruck, dass sie das, was sie sich
fachlich aneignete – sei dies Wissen über Architektur, Technik oder
Kunstgeschichte –, an ihre Schüler weitergibt. Das geschieht ganz
unverkrampft und mit Gewinn für alle.
Als der Fotograf und ich
Heppenheim und Bensheim besuchten, um uns das „denkmal aktiv“-Projekt
anzusehen, trommelte Angela Forberg an diesem Ferientag spontan rund
fünfzehn Schülerinnen und Schüler verschiedener Fachrichtungen zusammen,
die ohne Manuskript anhand ihrer Modelle die Ideen für die Umnutzung
des Fachwerkhausensembles vortrugen. Nicht nur die Namensgebung der
Heinrich-Metzendorf-Schule war ein Glücksgriff, auch Angela Forberg ist
es für die berufsbildende Schule und für die Deutsche Stiftung
Denkmalschutz. Mit ihrer Hilfe werden die Projekte fassbar und wirken im
besten Sinne nach außen. An der Heinrich-Metzendorf-Schule ist jede
Spende für „denkmal aktiv“ gut angelegt.
Christiane Schillig
Das Programm bietet den Rahmen für schulische Projekte zu
den Themen Kulturerbe und Denkmalschutz. Es wird jährlich im Frühjahr
ausgeschrieben. Interessierte Schulen bewerben sich mit einer Projektidee.
Teilnahmeberechtigt sind allgemein- und berufsbildende Schulen ab Klasse fünf
sowie Einrichtungen der Lehreraus- und -fortbildung. Schulen, die an „denkmal
aktiv“ teilnehmen, werden von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz fachlich und
koordinativ begleitet und mit rund 2.000 Euro (Projekt/Schuljahr) gefördert.
Seit dem Start der Initiative zum Schuljahr 2002/03 wurden mehr als 1.100 denkmal aktiv-Projekte durchgeführt. Im Schuljahr 2017/18, in dem auch das Europäische Kulturerbejahr begangen wird, werden 94 Schulen aus 14 Bundesländern und zwei Deutsche Auslandsschulen in Bukarest und Prag sowie drei Schulen aus dem Ausland (Dänemark, Italien, Polen) teilnehmen. „denkmal aktiv“ steht unter der Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO-Kommission und wird von verschiedenen Ministerien und Kultureinrichtungen unterstützt. www.denkmal-aktiv.de
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
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