Wohnhäuser und Siedlungen 1900 Material Juni 2016
In den Räumen der beschaulichen Landhausvilla hatte sich der Widerstand der Evangelischen Kirche gegen den Nationalsozialismus organisiert.
Es ist ein friedliches Bild in der Dahlemer Villenkolonie, wo das backsteinerne Pfarrhaus zusammen mit der gotischen St.-Annen-Kirche ein malerisches Ensemble bildet. Auf den ersten Blick deutet nichts auf seine bewegte Geschichte hin.
Kurz nachdem die evangelische Kirchengemeinde Dahlem gegründet worden war, entstand 1910 das Pfarrhaus im englischen Landhausstil, der zu dieser Zeit in Dahlem Mode war. Entworfen wurde es von dem Werkbundmitglied Heinrich Straumer, einem Spezialisten auf dem Gebiet der Landhausarchitektur.
Auf winkelförmigem Grundriss orientiert sich das zweigeschossige Haus nach Süden, wo es sich mit seinem holzverschalten Giebel und dem markanten runden Erker der Pfarrkirche zuwendet. Architektonisch reizvoll, zeigt es eine hohe künstlerische Qualität und viele für den Architekten typische Gestaltungsmerkmale wie die enge Verbindung von Wohnräumen und Garten, das weiß gefugte und teils gemusterte Ziegelmauerwerk sowie die weiß gerahmten Sprossenfenster in unterschiedlichen Formen.
1931 bezog Pfarrer Martin Niemöller das Haus. Mit ihm erhielt
es seine besondere historische Bedeutung. Niemöller, der im Ersten Weltkrieg
als U-Boot-Kommandant diente, war national-konservativ und der NSDAP gegenüber
zunächst positiv eingestellt. Schon ab 1933 begann er sich jedoch zu
distanzieren, kritisierte die nationalsozialistische Kirchenpolitik und die
Deutschen Christen. Fast alle Landeskirchen schlossen damals getaufte Juden
aus. Aus Protest entstand der Pfarrernotbund, zu dessen ersten Mitgliedern
Niemöller zählte.
Weil der Theologe davon überzeugt war, dass die nationalsozialistische Kirchenpolitik von der Bibel und den Bekenntnisschriften der evangelischen Kirche abweicht, wurde er später zur zentralen Gestalt des radikalen Flügels innerhalb der Bekennenden Kirche. Dieser verweigerte jede kirchenpolitische Maßnahme des Staates.
Niemöller erhielt zunächst Predigtverbot. 1937 wurde er verhaftet und kam als persönlicher Gefangener Adolf Hitlers ins Konzentrationslager Sachsenhausen. Später verlegte man ihn nach Dachau. Von dort wurde er wenige Tage vor Kriegsende mit anderen Sonder- und Sippenhäftlingen als Geisel der SS in die Alpenregion verschleppt. Von Soldaten der Wehrmacht aus der Gewalt der SS befreit, gelangten sie ins Hotel Pragser Wildsee. Von dort wurden sie schließlich durch die Amerikaner in Sicherheit gebracht. Die Dahlemer Bekennende Gemeinde ließ sich währenddessen nicht einschüchtern, hielt Katechismusstunden ab, berichtete über den Kirchenkampf und feierte Fürbittgottesdienste für inhaftierte Pfarrer und Laien.
Martin Niemöller war auch nach Kriegsende streitbar. Er wurde zu einer Leitfigur der Friedensbewegung und wägte politische Fragen weiterhin aus seiner theologischen Perspektive und nach ihrer Vereinbarkeit mit seinem ethisch-religiösen Verständnis ab.
Diese Tradition weiterlebend, gründete die Kirchengemeinde
in den 1980er-Jahren das Friedenszentrum Martin Niemöller, das die mit vielen
originalen Ausstattungsdetails erhaltenen Räume des ehemaligen Pfarrhauses
nutzt. Seit 2007 ist es „Erinnerungsort Martin Niemöller“.
Umwelt- und Witterungseinflüsse haben in den letzten Jahrzehnten zu Feuchteschäden vom Keller bis zum Sockelgeschoss, zu Ausbrüchen am Klinkermauerwerk und an den Fugen des Gebäudes geführt. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligt sich jetzt mit 15.000 Euro an der Restaurierung.
Wenn die Arbeiten am Dahlemer Pfarrhaus abgeschlossen sind, wird der „Erinnerungsort Martin Niemöller“ seine eindrucksvolle Geschichte mit einem neuen Ausstellungskonzept präsentieren und mit einem breiten Veranstaltungsprogramm ergänzen.
Julia Ricker
Maßnahmen: Restaurierung des Klinkermauerwerks
Fördermittelgeber: Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Land Berlin
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