Menschen für Monumente Restaurierungstechniken August 2015
denkmal aktiv: Im thüringischen Buttelstedt setzen sich Sechtklässler für die Restaurierung der Orgel in der Kirche neben ihrer Schule ein.
„Der Streit der Orgelpfeifen“ heißt die Geschichte, die
Schüler der 6. Klasse des Lyonel-Feininger-Gymnasiums im thüringischen
Buttelstedt über „ihr“ Denkmal geschrieben haben. Sie handelt von einer kleinen
Orgelpfeife, die wegen ihres „grässlichen“ Klangs von den anderen verhöhnt
wird, doch schließlich für den gemeinsamen Klang der Orgel unentbehrlich ist.
Ihre Klassenlehrerin Kathrin Kloth hat das Orgelprojekt ins Leben gerufen. „Die meisten Kinder kommen von weiter her. Sie steigen morgens aus dem Schulbus aus und mittags wieder ein“, berichtet sie. „Sie wissen eigentlich gar nicht, welche historische Bedeutung ihr Schulort hat, und das finde ich sehr schade.“ Um dies zu ändern, sah sich die Kunst- und Lateinlehrerin im letzten Jahr in Buttelstedt um. Es lag auf der Hand, die markante und nahe der Schule gelegene Nicolaikirche in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Bei der Recherche stieß Kathrin Kloth auf die Initiative „Helft der Peternell-Orgel Buttelstedt“. Zu dieser Zeit fiel ihr eine Broschüre von „denkmal aktiv“ in die Hände. Mit diesem Programm unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz Initiativen, die Schüler für das Thema Denkmalschutz sensibilisieren. Das Orgelprojekt war geboren.
Die erste Orgel der Buttelstedter Stadtkirche schuf Johann Conrad Weißhaupt im Jahr 1704. Er baute 1707/08 auch die Compenius-Orgel in der Schlosskirche zu Weimar um und aus. Für jene sollte in den Folgejahren Johann Sebastian Bach als Hoforganist zahlreiche Werke schreiben. Die Buttelstedter Orgel wurde zunächst von den bedeutenden Musikern der Familie Krebs gespielt, die mit Bach in enger Verbindung standen. 1857/58 baute sie Carl Friedrich Peternell grundlegend um und erweiterte sie, um einen romantischen Klang zu erzielen. Diesen nutzte auch der Organist und Kantor Wilhelm Gottschalg, der ein enger Ratgeber für die Orgelkompositionen Franz Liszts war.
Etwa 150 Jahre später erleben die Sechstklässler des Lyonel-Feininger-Gymnasiums die Orgel hautnah. Sie ist in einem restaurierungsbedürftigen Zustand. Die Kinder schauen unter fachkundiger Anleitung in das Instrument hinein, betreten seinen Innenraum, ziehen „alle Register“ und lauschen seinen Klängen in einem kleinen Extra-Konzert. Die „Königin der Instrumente“ wird als Thema zeitgleich in den Fächern Deutsch, Musik und Medienkunde aufgegriffen. Vor allem im Deutschunterricht lassen die Schüler ihrer Fantasie freien Lauf. In ihren Geschichten werden nicht nur die Orgelpfeifen lebendig und geraten in Streit. Auch Holzwürmer werden angesichts der Spuren in den großen hölzernen Orgelpfeifen zu Protagonisten. Was wohl einen Holzwurm veranlasst, sich ausgerechnet dort niederzulassen? Ob er das Brummen schön findet? Sachliche Fakten über die Orgel werden von den Schülern und Schülerinnen in Projektmappen gesammelt. Für die Schülerzeitung und das Gemeindejournal schreiben sie Berichte. In Medienkunde üben sie, mit dem Thema Orgel Präsentationen zu erstellen. Außerdem zeigen sie ihr Projekt am Tag der offenen Tür des Lyonel-Feininger-Gymnasiums.
Schließlich werden die Kinder sogar zu Denkmalförderern:
Für ihre Schule und eine Nachbarschule organisiert die Klasse 6/1 einen
Kuchenbasar, der insgesamt 160 Euro einbringt. Den stolzen Erlös, mit dem
passenderweise die Orgelpfeife mit der Bezeichnung 6/1 erstanden wird,
überreichen sie pressewirksam an Walter Volland als Vertreter des Förderkreises
der Stadtpfarrkirche. In der Folgezeit erscheinen die Kinder mit ihrem
Engagement in den lokalen Medien: In einem offenen Brief, in dem die Bürger der
Stadt, der Landkreis und das Land Thüringen zur Unterstützung der
Peternell-Orgel aufgefordert werden, treten sie neben anderen Persönlichkeiten
aus der Region als Unterzeichner auf.
Richtig spannend wird es dann für die Sechstklässler, als der erste von drei Bauabschnitten zur Restaurierung der Orgel beginnt. Sie erleben den Ausbau des Instruments durch die Orgelwerkstatt Georg Wünning aus Sachsen. Übrig bleibt der fast leere Orgelprospekt. Zwei Monate später machen sie sich auf die Reise, um ihre Orgel in der Werkstatt im Erzgebirge zu besuchen und zu erfahren, was nun mit ihr passiert. „In erster Linie müssen die Pfeifen gereinigt werden“, erzählt der Pfeifenbauer Frank Hunger. Er erklärt den Schülern, wie der Ton entsteht, wie er sich beeinflussen lässt und woran man erkennt, ob eine Orgelpfeife alt ist: „Früher wusste man noch nicht, wie man die Kanten genau aufeinander löten kann“, erläutert er die hochstehende Linie an der Längsseite einer alten Pfeife. Die ausgebaute Windlade der Buttelstedter Orgel, die noch von 1704 stammt, bekommen die Schüler ebenfalls zu sehen. Orgelbaumeister Wünning zeigt sie von beiden Seiten. Die Löcher, durch die die einzelnen Register angesteuert werden, sind teilweise undicht, was man am schwarzen Rand erkennt. Sie erhalten neue Dichtungsringe. Auch die Spielventile schließen nicht mehr genau mit der Lade ab, so dass die Luft nicht ausreichend zu den Pfeifen gelangen kann. Sie brauchen neue Abdichtungen aus Leder. „Das hält jetzt 150 Jahre“, sagt der Meister, als er ein neu beschichtetes Ventil zur Demonstration herumreicht. In einem anderen Raum werden die restaurierten Orgelpfeifen an den Testbalg angeschlossen und zum Klingen gebracht. Durch die gleiche Windzufuhr wie in Buttelstedt können die Pfeifen gestimmt werden. „Das ist aber jetzt nur eine grobe Regulation“, erläutert Georg Wünning. „Für die 50 Pfeifen eines Registers benötigen zwei Leute fünf bis acht Stunden vor Ort.“ Spätestens damit wird klar, wie viel Aufwand die Restaurierung einer Orgel bedeutet.
Zum Abschluss des Projektes am Ende des Schuljahres werden
die Kinder von einer Vertreterin des Denkmalamtes mehr zum Thema Denkmalschutz
erfahren und einen Rundgang durch Buttelstedt machen. Die Orgel kann erst
später fertiggestellt werden. „Wir bleiben natürlich dran“, sagt Kathrin Kloth.
„Den Einbau der restaurierten Orgel wird die Klasse selbstverständlich
begleiten.“ Schließlich ist ihnen die Orgel inzwischen ans Herz gewachsen. Und
damit auch ein bisschen der Ort, in dem ihre Schule steht.
Stefanie Kellner
denkmal aktiv – Kulturerbe macht Schule
Das Programm bietet den Rahmen für schulische Projekte zu
den Themen Kulturerbe und Denkmalschutz. Es wird jährlich im Frühjahr
ausgeschrieben. Interessierte Schulen bewerben sich mit einer Projektidee.
Teilnahmeberechtigt sind allgemeinbildende und berufsbildende Schulen ab Klasse
fünf sowie Einrichtungen der Lehreraus- und -fortbildung. Schulen, die an
„denkmal aktiv“ teilnehmen, werden von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
fachlich und koordinativ begleitet und mit rund 2.000 Euro (Projekt/Schuljahr)
gefördert.
Seit dem Start der Initiative zum Schuljahr 2002/03 wurden
1.000 „denkmal aktiv“-Projekte durchgeführt. Im Schuljahr 2016/17 werden 86
Schulen aus 14 Bundesländern und eine Schule aus Rumänien an dem Programm
teilnehmen. Es steht unter der Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO-Kommission
und wird von verschiedenen Ministerien und Kultureinrichtungen unterstützt.
www.denkmalschutz.de/denkmale-erleben/denkmal-aktiv
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
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