Gedenkstätten Jugendstil / Art Déco Juni 2016
Die ehemalige Synagoge in Görlitz wurde als einzige Synagoge in Sachsen in der Pogromnacht 1938 nicht zerstört, dennoch verfiel sie später und muss restauriert werden.
Der 7. März 1911 war für die jüdische Gemeinde der
Neißestadt ein wichtiges Datum: Ihre neue Synagoge, erbaut in den Formen des
Neoklassizismus und Jugendstils, wurde feierlich eingeweiht. Zwei angesehene
Architekten, William Lossow und Max Hans Kühne aus Dresden, hatten den
imposanten Sakralbau entworfen, der das Selbstbewusstsein und die
gesellschaftliche Anerkennung der Gläubigen zu Beginn des 20. Jahrhunderts
dokumentierte.
Überragt von einem quadratischen Turm, prägten mächtige Lisenen, hohe Portale und ein Thermenfens-ter die reich verzierte Eingangsfront. Im zentralen Innenraum, der nach einer Beschreibung der Deutschen Bauzeitung aus dem Jahr 1909 „als kreisrunder Tempel in wirkungsvolle Erscheinung tritt“, schmückte Marmor in unterschiedlichen Farbtönen Kanzel und Almemor, und die Kuppeldecke war ebenso farb- wie symbolreich ausgemalt.
Schon 27 Jahre später verlor die monumentale Synagoge ihre eigentliche Funktion. Obwohl sie als einziges jüdisches Gotteshaus in Sachsen in der Pogromnacht von 1938 nicht zerstört wurde, ist dort nie wieder ein Gottesdienst gefeiert worden. Die einst blühende Gemeinde existierte nach dem Ende der NS-Gewaltherrschaft nicht mehr.
Zu DDR-Zeiten lag das seit 1963 im Besitz der Stadt
befindliche Gebäude brach und verfiel. Erst nach der Wende konnte man mit einer
grundlegenden Sanierung beginnen, die voraussichtlich 2018 abgeschlossen sein
wird.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) und der Deutschlandfunk (DLF) gehörten schon 1992 – und 2015 wieder! – mit einem Grundton D-Konzert zu den Förderern. Als Geldgeber hat die DSD seit 1993 mehrfach nennenswerte Mittel für Dachreparaturen und die Innensanierung zur Verfügung gestellt. Mit ihrer aktuellen Fördermaßnahme unterstützt sie die Rekonstruktion der beiden Wandnischen rechts und links des Almemor. Die Arbeiten sind inzwischen fast beendet. „Es ist nur noch eine Teilaufgabe übrig“, berichtet der Leiter des Amtes für Denkmalpflege in Görlitz, Peter Mitsching.
In der nordöstlichen Wandnische befindet sich eine
Gedenktafel zur Erinnerung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen
Soldaten der Gemeinde. Ihre Namensinschriften wurden vermutlich gewaltsam
abgeschlagen. „Es ist uns erst nach intensiver Recherche gelungen, die Namen
der Gefallenen zu ermitteln“, erzählt der Denkmalschützer. Sie sollen in
Zukunft auf einer Glastafel zu lesen sein, die die alte Inschrift ergänzt. „Das
ist ein ganz wichtiges Signal“, betont Mitsching. Auch der große Toraschrein,
der immer offenstehen wird, soll daran erinnern, dass die ehemalige Synagoge
ein versehrtes Gebäude ist.
Was neue Nutzungsmöglichkeiten für das sensible Denkmal
betrifft, wird in Görlitz seit Langem diskutiert und experimentiert. Nachdem dort
in den vergangenen Jahren bereits einige Veranstaltungen stattgefunden haben,
ist nun ein regelmäßig bespieltes Kulturzentrum mit einem vielfältigen Programm
an Musik-, Kunst- und Literaturveranstaltungen geplant. Darüber hin-aus ist es
vor allem dem 2004 gegründeten Förderkreis Görlitzer Synagoge e. V. ein
Anliegen, in der kleinen, hinter dem Almemor gelegenen Wochentagssynagoge
wieder einen Andachtsraum einzurichten. Er könnte konfessionsübergreifend und
für profane Zwecke wie den Ethikunterricht von Schulen genutzt werden.
Wenn neues Leben in die ehemalige Synagoge einkehrt, hier
ein Ort der Begegnung und des Lernens entsteht, ist das ein hoffnungsvolles
Signal.
Friedegard Hürter
Service
Ehemalige Synagoge, Otto-Müller-Str. 3,
02826 Görlitz. Bis
Ende 2016 können keine Führungen stattfinden, da im Kuppelsaal ein
neuer Fußboden gelegt wird.
Maßnahme: Restaurierung zweier Wandnischen einschließlich
des Epitaphs „Den Gefallenen des Ersten Weltkrieges“.
Fördermittelgeber: Deutsche Stiftung Denkmalschutz mithilfe der Lotterie GlücksSpirale, Altstadtstiftung
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