Öffentliche Bauten Nach 1945 Menschen für Monumente April 2016
Die Bonner Beethovenhalle ist gerettet - von den Bürgern der Stadt für ihre Bürger. Der Weg dahin war lang. Nun ist er geebnet, und die Restaurierung wird ermöglicht, unterstützt von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.
Die ältere Dame ist den für sie sichtbar mühsamen und weiten
Weg vom Großen Saal bis zum Eingangsfoyer zurückgegangen. Sie sucht das
Gespräch mit den Gegnern eines Abrisses der Beethovenhalle, kann die
Entscheidung der Stadt Bonn ebenfalls nicht nachvollziehen. Sie schwärmt von
den vielen schönen Konzerten, die sie in „ihrer“ Beethovenhalle erlebt hat.
Begegnungen wie diese spornten die Mitglieder der von Sigrun Eckelmann und Hans
Hinterkeuser begründeten Bürgerinitiative ProBeethovenhalle an, sich weiter
vehement für die Erhaltung des denkmalgeschützten Gebäudes einzusetzen.
Das 1956–59 erbaute Konzerthaus ist das dritte, das den Namen des großen Sohns der Stadt Bonn trägt. 1944 wurde der Vorgängerbau durch Bomben zerstört. Obwohl die Schaffung von Wohnraum in der Zeit des Wiederaufbaus Priorität hatte, diskutierte man bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs den Neubau eines Festhauses. Die Kosten von rund 9,5 Millionen Mark teilten sich die Stadt, der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und die Bonner Bürger, die in den wirtschaftlich schwierigen Nachkriegszeiten eine Million Mark spendeten.
Am 16. März 1956 legte Bundespräsident Theodor Heuss den Grundstein für die neue Beethovenhalle. Vorausgegangen war ein Architektenwettbewerb, an dem sich 109 Büros beteiligt hatten. Als Baugrund war ihnen das Gelände der kriegszerstörten ehemaligen Universitäts-Frauenklinik am Rhein genannt worden, denn wegen der Neuordnung des Straßenverkehrs konnte die neue Beethovenhalle nicht an derselben Stelle wie ihre Vorgängerin errichtet werden. Die Jury, der die Architekten Paul Bonatz und Otto Bartning angehörten, kürte den 29-jährigen Siegfried Wolske – einen Schüler Hans Scharouns – zum Gewinner. Sein von einer lang geschwungenen Kuppel überwölbter Bau wurde zu einem wichtigen Wahrzeichen der jungen Bundeshauptstadt.
Im Zentrum des Komplexes, bei dem die edelsten Werkstoffe – Granit aus Schweden, Marmor aus Italien, Teakholz aus Burma – zum Einsatz kamen, liegt der 36 Meter breite und 49 Meter tiefe Saal. Er fasst bis zu 1.980 Besucher und ist variabel zu bestuhlen. Außerdem entstanden ein Studio mit rund 500 und ein Kammermusiksaal mit 240 Plätzen sowie ein Vortragssaal, der Mitte der 1990er-Jahre um drei Seminarräume erweitert wurde. Die Wege und Gärten um die Beethovenhalle gestaltete der Bonner Landschaftsarchitekt Heinrich Raderschall nach Plänen Wolskes, der eine große, während des Kriegsbombardements nicht beschädigte Platane aus dem 19. Jahrhundert einbezog.
Die Besucher betreten das Gebäude von der
flussabgewandten Stadtseite. Ein länglicher Flachbau nimmt Eingangshalle und
Garderobe auf. Durch eine Glastür erreichen sie das lichtdurchflutete Große
Foyer mit dem prächtigen Wandgemälde Joseph Faßbenders und der 1902 von Emile
Antoine Bourdelle geschaffenen Beethovenbüste, einem Geschenk
Frankreichs an die Stadt Bonn. Vom Großen Foyer gelangen die Besucher in den
Konzertsaal – ebenerdig und über elegante Freitreppen zu den Rängen.
Siegfried Wolske gilt heute als bedeutender Vertreter des „organischen Bauens“. Die Beethovenhalle ist sein wichtigstes Werk und prägte – wie andere Kulturbauten ihrer Zeit – den neuen Geist im Nachkriegsdeutschland. Sie wurde deswegen 1990 unter Denkmalschutz gestellt. Weitere Gründe waren die Rolle, die sie im gesellschaftlichen Leben Bonns spielt – als Konzerthaus und gleichsam als Haus der Bürger, die dort Bälle, Karnevalssitzungen und Kongresse besuchen. Ein wesentlicher historischer Aspekt für die Unterschutzstellung war zudem die Tatsache, dass in dem Haus vier Bundesversammlungen stattfanden, bei denen die Bundespräsidenten Walter Scheel, Karl Carstens und zweimal Richard von Weizsäcker gewählt wurden.
Wegen der guten Akustik gastierten in der Beethovenhalle die bedeutendsten Musiker und Orchester der Welt: der Pianist Lang Lang, das New York Philharmonic Orchestra und das Leipziger Gewandhausorchester – um nur einige wenige zu nennen. Außerdem finden dort jedes Jahr das Eröffnungs- und das Abschlusskonzert des Beethovenfestes statt.
Welchen Rang die Beethovenhalle bei der Stadtspitze
noch 1984 einnahm, zeigten die ausgedehnten Feierlichkeiten zu ihrem
25-jährigen Geburtstag. 5.000 Bonner waren zu einem Bürgerempfang eingeladen,
es gab einen Ball und ein Jubiläumskonzert.
25 Jahre später drohte der Abriss. Notwendige Sanierungen und Modernisierungen hatten nicht stattgefunden, das 2007 bei einem Sturm beschädigte Kupferdach war nur notdürftig mit Dachpappe repariert worden. Um Kosten zu sparen, stellte die Stadt das Areal der Beethovenhalle für den Bau eines Festspielhauses zur Verfügung. Die Bonner Unternehmen Deutsche Telekom, Deutsche Post und Postbank versprachen 75 Millionen Euro und lobten einen Wettbewerb aus, bei dem die Architekturbüros prüfen sollten, „ob eine Einbeziehung von Teilen der alten Beethovenhalle möglich ist“. Die Jury nahm jedoch nur die Entwürfe in die engere Wahl, die einen Abriss vorsahen.
In einem offenen Brief protestierten Professoren und
Studierende des Kunsthistorischen Instituts an der Bonner Universität dagegen.
Sie wiesen auf die Bedeutung hin und feierten den fünfzigsten Geburtstag der
Beet-hovenhalle 2009 mit einer Ausstellung, Führungen sowie einem hochkarätig
besetzten Kolloquium. „Wir übernehmen nun die Aufgabe, die Gebäude, die unsere
Großeltern errichtet haben, vor unseren Eltern zu schützen“, begründeten die
Studierenden Martin Bredenbeck, Constanze Moneke und Martin Neubacher ihre
Initiative zur Rettung der Halle.
2010 erhielten sie für ihr Engagement die Silberne Halbkugel des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz. Im selben Jahr wurde der Verein ProBeet-hovenhalle gegründet, dem sie beitraten. Durch viele Gespräche und Aktionen konnten die Vereinsmitglieder einen Abriss verhindern. Das Festspielhaus sollte daraufhin an einem anderen Bonner Standort errichtet werden. Nachdem die Deutsche Post 2015 aus dem Projekt ausgestiegen war, wurden auch diese Pläne fallengelassen.
Inzwischen hat der Stadtrat die längst überfällige Sanierung der Beethovenhalle beschlossen, damit der 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens 2020 in einem festlichen Rahmen gefeiert werden kann. Das haben viele Bonner Bürger mit Freude zur Kenntnis genommen, weil sie weiterhin zu „ihrer“ Halle stehen, die den Namen des großen Komponisten und Sohnes der Stadt trägt.
Carola Nathan
Literatur
Beethovenhalle Bonn – Konzerthaus. Festsaal. Denkmal.
Hrsg.: Martin Bredenbeck, Constanze Moneke,
Martin Neubacher. Weidle Verlag, Bonn 2010.
ISBN 978-3-938803-28-8,
208 S., 19,90 Euro.
Spendenaufruf:
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz möchte sich gemeinsam mit dem Verein ProBeethovenhalle an der
denkmalgerechten Sanierung der Beethovenhalle beteiligen. Die Mittel sollen für die Restaurierung des Kupferdaches und die seit 2014 unter Denkmalschutz stehenden Außenanlagen verwendet werden.
Bitte helfen Sie, damit die Arbeiten zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens abgeschlossen sind.
Auch kleinste Beträge zählen!
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
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wenn eine neue Ausgabe von Monumente
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Sie unterstellen in Ihrem Bericht, die Bonner würden sich mit der Beethovenhalle identifizieren. Davon spüre ich nichts. Die allermeisten Bonner halten es für unverständlich, dass für die Sanierung der alten Mehrzweckhalle über 60 Mio Euro ausgegeben werden und ausweislich einer Liste auf der entsprechenden Homepage unsere-beethovenhalle.de haben sich bisher lediglich 144 Bürger an der Spendenaktion beteiligt. Es geht also um das Projekt einer kleinen Minderheit. Die Bonner Bevölkerung denkt hier mehrheitlich anders.
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Ich muss Herrn Freiter Recht geben: Alle Bonner, die ich kenne, halten es für völlig unverständlich, dass so viel Geld für eine alte Halle ausgegeben wird. Wir jungen Leute - ich bin 22 Jahre alt -wünschen uns mehr Geld für aktuelle Kultur und nicht für ein häßliches 50-er Jahre Gebäude. Übrigens sind die Bilder in dem Artikel sehr geschönt.
Anm. d. Red. Die Bilder sind nicht geschönt, sondern spiegeln den Zustand wider, den unser Fotograf vor Ort angetroffen hat.
Die Aussagen von Herrn Freiter sind aus mehreren Gründen falsch:
1. Er unterschlägt, dass auf der von ihm benannten Seite aktuell weiter 26 Vereine / Firmen / Institutionen aus Bonn und Umgebung benannt und verlinkt sind, die die Spendenaktion in der einen oder anderen Weise unterstützen.
2. Die mit Datum 9.5.16 eingestellte Liste der Einzelspender benennt nur die diejenigen, die uns mit Namen und Adresse bekannt sind und die eine Spendenbescheinigung bekommen, wenn sie es wünschen. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert.
3. Die Vielen, die uns mit Namen nicht bekannt sind, die aber bei den Aktionen auf Straßen und Plätzen Bonns, bei Veranstaltungen sowie bei Führungen durch die Beethovenhalle spontan in die Sammelbüchsen gespendet haben, können wir nicht aufführen, und sie müssen folglich undokumentiert bleiben.
4. Wir werben auf der Seite www.unsere-beethovenhalle.eu (eine entsprechende Seite mit der Endung „.de“, wie behauptet, gibt es nicht!) auch für die Spendenaktion der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“ zur Beethovenhalle. Die Namen derer aber, die dort gespendet haben, sind uns nicht bekannt, und wir können und dürfen sie aus datenschutzrechtlichen Gründen auch nicht kennen oder nennen.
5. Fazit: Aus der veröffentlichten Liste, auf die sich Herr Freiter bezieht, sind keine Schlüsse auf die tatsächliche Gesamtzahl der Einzelspender abzuleiten.
6. Folglich: Die verallgemeinernden Aussagen des Herrn Freiter entbehren der empirischen Basis und sind erfolgt auf offensichtlich unzureichenden Kenntnissen und Überlegungen.
Initiative „Unsere Beethovenhalle“
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