Kleine und große Kirchen Barock Denkmale in Gefahr Februar
Die Dorfkirche von Catharinau hat ein großes Problem. Ihr Dachstuhl ist morsch und droht einzustürzen.
Es ist ein für Thüringen typischer Kirchenbau des Barock: eine rechteckige, schiefergedeckte Saalkirche aus Bruchstein, die früher verputzt war. Ihrem Mansard-Walmdach ist im Westen ein stämmiger achteckiger Dachreiter mit Schweifhaube und Laterne aufgesetzt. Errichtet wurde das Gotteshaus 1758 an diesem höher gelegenen Platz, da eine 1491 abgebrochene „Capella Katernaw“ zu nah an der Saale stand. Zu jener Zeit gehörte Catharinau nahe Rudolstadt zum Fürstentum Sachsen-Coburg-Saalfeld.
1826 ging der Ort in den Besitz des Herzogtums Sachsen-Meiningen über. Das heutige Erscheinungsbild der Kirche beruht auf einer Umgestaltung des Innenraums im Jahr 1841. Der spätbarocke Schmuck wurde entfernt und der Raum auf klare geometrische Formen reduziert. Dieser Ästhetik blieb man treu: 1911, als die Bleiglasfenster eingesetzt wurden, 1937 bei der Erneuerung des Kirchengestühls und auch bei der letzten großen Restaurierung des Kirchenraums Mitte der 1960er-Jahre.
Wir treffen Rosel Kürsten von der Kirchengemeinde Catharinau, die aus
ihrer Backstube herbeigeeilt ist, um die Kirche aufzuschließen und Licht zu
machen. Beim Betreten zieht die symmetrische Gestaltung des Chors sofort den
Blick auf sich. Der Kanzelaltar allein ist schon stattlich. Doch ihn überfängt
im Halbkreis eine Empore, auf der wiederum auf einem Podest die nicht minder
eindrucksvolle, um 1725 gebaute Francke-Orgel steht. Ihr schöner Prospekt ist
mit Cimbelsternen verziert, die selten in der Thüringer Orgellandschaft zu
finden sind. Die Anordnung vor der geraden Ostwand vervollständigen zwei
flankierende Sakristeischränke, die früher vermutlich Beichtstühle waren.
Es erstaunt, dass auch noch Emporen in diesem kleinen Raum mit der hölzernen Tonnendecke Platz finden. In zwei Geschossen laufen sie an den drei anderen Wänden entlang. Im Zusammenspiel mit der einheitlichen Farbgestaltung – seit der letzten Instandsetzung 1964/65 in Weiß, mit grünen Rahmen, roten Konturen und vergoldeten Rosetten gefasst – tragen sie zur Wirkung des Kirchenraums bei. Er besitzt eine klare klassizistische Strenge mit einer freundlichen, hellen Ausstrahlung.
Während Rosel Kürsten erzählt, schweift ihr Blick durch den Raum, lenkt letztlich unsere Aufmerksamkeit auf das, was die Dorfgemeinschaft seit Jahren plagt: Der Kirchenbau hat konstruktive Fehler, die ihm seit Generationen zu schaffen machen.
Eine Tafel mit einer langen Liste von Namen zeigt, dass 2011 eine lokale Spendenaktion erfolgreich durchgeführt wurde, um den einsturzgefährdeten Dachreiter zu retten. „Sehr viele Leute aus dem Ort haben uns unterstützt, besonders die Bewohner der Neubausiedlung ‚Zwischen dem Dorfe‘ nehmen an unserem Kirchenprojekt Anteil“, berichtet die Frau des Gemeindekirchenratsvorsitzenden. Mit Hilfe der Spenden konnte 2012 tatsächlich die Holzkonstruktion des achteckigen Dachreiters restauriert und wieder mit Schiefer verkleidet werden.
Im Zuge dieser Maßnahmen zeigte sich, dass dies nur der erste Schritt
zur Rettung der Kirche sein konnte. Doch zu mehr reichten die finanziellen
Mittel nicht. Denn der Kirchenbau ist in Bewegung und das Dach über die Zeit
undicht geworden. Wie so oft war Feuchtigkeit eingedrungen, war das Wasser an
der Holzkonstruktion des Dachstuhls abgelaufen und hatte sich in den Hohlräumen
zwischen dem Schieferdach und der Holzdeckentonne gesammelt. So wurden Fußschwellen,
mit denen der Dachstuhl auf der Mauer aufliegt, stark geschädigt, wodurch er
noch mehr abgesackt ist.
Zudem drückt durch den Einbau der Emporen und der tonnengewölbten Decke die Dachlast das Mauerwerk nach außen, berichtet Bauingenieur Hans-Ulrich Lichtenheld. Dies bedeutet, dass nicht nur stählerne Zuganker, sondern auch Ringanker eingebracht werden müssen, um diesen Druck abzufangen. Deutliche Risse ziehen sich außen an den hohen Fenstern von oben nach unten. „Da Fensteröffnungen in einem Mauerverbund Schwachstellen sind, treten hier zuerst Risse durch den Druck auf“, erklärt er.
Im letzten Jahr konnte in einem zweiten Bauschritt der stark gefährdete westliche Gebäudeteil unter dem Dachreiter konstruktiv gesichert werden. Der Deutschen Stiftung Denkmalschutz war es möglich, dafür kurzfristig 10.000 Euro aus ihrem Dorfkirchenfonds bereitzustellen. Schon immer ist dieser Bauteil die Achillesferse der Kirche. Bei jeder der Instandsetzungen versuchten die Gemeinden, mit einer weiteren Unterkonstruktion die Einsturzgefahr zu bannen. „Wir haben schon viele Kirchen restauriert“, sagt der Architekt beeindruckt, „aber solch ineinander verschachtelte Hilfskonstruktionen haben wir noch nicht gesehen.“ Doch dieses „Kunstwerk“ musste weichen, um den Dachstuhl grundlegend sanieren zu können. Dazu waren vom Boden durch die Emporen bis zum Dachstuhl hinauf eingebaute wuchtige Stützpfeiler nötig, damit die Zimmerleute an den mächtigen Balken des Dachstuhls arbeiten, ihn anheben und Stahlanker einbringen konnten. Die Hälfte des Daches, nämlich der restaurierte Teil des Dachstuhls, ist außen mit Teerpappe dicht und geschützt abgedeckt. Auf der Nordseite setzt sich bereits Moos an. Es zeugt davon, dass es noch lange dauern kann, bis alles restauriert und das Dach wieder mit Schieferplatten eingedeckt ist.
Im Inneren der Kirche offenbart ein Blick zurück, was beim Betreten nicht sofort zu sehen ist: Das fehlende Geld bedeutet Baustopp, die Kirche ist eine Baustelle. Über der Westempore ist die hölzerne Decke abgenommen, die schweren Balken des Dachstuhls heben sich vor dem Dunkel wie ein Gerippe ab. Die Stützpfeiler sind wieder abgebaut, große rechteckige Ausschnitte auf dem Boden und in den Emporen zeigen, wo sie gestanden haben. Bei unserem Besuch Anfang Dezember hat die Kirchengemeinde das große Ziel vor Augen, bis Weihnachten die Dielen vom Kirchengestühl wieder einzubauen, damit sich die Leute aus dem 320-Seelen-Ort setzen können. Denn für das jährliche Krippenspiel proben die Kinder schon seit Wochen. Eine Aufführung auf einer Baustelle? „Aber sicher. Was hilft es denn?!“, sagte Rosel Kürsten. „Wir werden es schaffen, mein Schwiegersohn ist Tischlermeister.“
Die Gemeinde ist engagiert und tatkräftig. Sie unterstützt den
zuständigen Pfarrer Stefan Knoche, wo sie kann. Elf Gotteshäuser und Gemeinden
hat er über das evangelische Pfarramt Kirchhasel zu betreuen. Der Seelsorger
tut dies aus vollem Herzen, doch die Überlastung schadete leider seiner
Gesundheit, und seit einiger Zeit befindet er sich im Krankenstand. Die
Catharinauer vermissen ihn, denn er zieht die Menschen mit – und vor allem die
Kinder aus dem Dorf. Sie verteilten auch damals die Spendenbriefe an die Häuser
und Nachbargehöfte. Das anstehende Krippenspiel in der Kirche ist nur eine
ihrer gemeinsamen Aktivitäten, die immer wieder Mut machen.
Christiane Rossner
Spendenaufruf
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz möchte die Restaurierung der Dorfkirche von Catharinau weiter unterstützen. Sollten mehr Spenden eingehen, als für die Baumaßnahmen benötigt werden, kommen sie anderen Denkmalen in Thüringen zugute. Helfen Sie mit Ihrer Spende, die Dorfkirche in Catharinau zu erhalten!
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