Schlösser und Burgen Oktober 2014
Rund 15.000 Schlösser und Burgen sind in Deutschland verzeichnet. Im Herbst 2012 ließ die ARD in einer Umfrage Deutschlands 30 beliebteste Schlösser ermitteln: Unangefochten auf Platz 1 liegt Schloss Neuschwanstein, der steingewordene Traum von Bayerns Märchenkönig Ludwig II. Dicht gefolgt von Schloss Ludwigsburg in Baden-Württemberg sowie Schloss Sanssouci in Potsdam.
Auch eine Reihe von Förderprojekten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sind darunter: Schloss Moritzburg bei Dresden (Platz 7), Schloss Glücksburg in Schleswig-Holstein (Platz 12) und Schloss Friedenstein in Gotha (Platz 29). Die jährlich in die Millionen gehenden Besucherzahlen sprechen für den Reiz und die magische Anziehungskraft dieser großartigen Denkmale aus der Renaissance, dem Barock, aus dem Klassizismus und der Zeit des Historismus. Ihre Bewahrung aber ist ein Kraftakt.
"Nur einmal reinschauen ...!", könnte der Leitsatz sein. Viele Menschen sind von den auffälligen Bauwerken fasziniert. Oft in weitläufigen Gärten mit jahrhundertealten Bäumen eingebettet, umweht die alten Adelssitze eine Aura des geheimnisvollen Schönen. Gerade die versteckten, nicht so bekannten Schlösser und Herrenhäuser auf dem Land rühren das Herz. Nur einmal einen ausgiebigen Blick in diese großen Häuser werfen! Wie mag es in den herrschaftlichen Gemäuern aussehen, die sich prachtvoll bis streng zeigen? Was für Räume sich wohl unter den hohen Dächern und hinter den Fassaden mit den zahllosen Fenstern verbergen? Nicht von ungefähr wird vom Märchenschloss gesprochen. Schon die von schmiedeeisernen Gittern umstandenen Ehrenhöfe oder von Blumenrondellen geschmückten Auffahrten beflügeln die Fantasie. Vor geschwungenen Freitreppen und geöffneten Flügeltüren lässt sie Kutschen halten, aus denen edle Damen steigen und in eleganten Kleidern die flachen Stufen hinaufschreiten; so flach, dass sie auch für Ross und Reiter kein Hindernis darstellen.
Doch was sind eigentlich Schlösser? Lexika beschreiben sie als repräsentative, unbefestigte Wohnbauten des Adels. Sie entstanden ab Mitte des 15. Jahrhunderts, als wehrhafte Burgen nicht mehr erforderlich waren. Vorreiter war Frankreich, besonders in der Renaissance und im Barock. Das Erscheinungsbild eines Schlosses beruhte auf seiner Funktion, auf Kunstsinn und Willen zur Repräsentation des Bauherren, auf seinem Vermögen und seinen Bedürfnissen sowie auf dem künstlerischen Können der beauftragten Baumeister und Handwerker. Man unterscheidet Stadt- und Wasserschlösser, Jagd- und Lustschlösser. Aber auch eindrucksvolle Rittersitze, Herren- und Gutshäuser des niederen oder abhängigen Adels werden in unserem Sprachgebrauch oft als "Schloss" bezeichnet. Der Begriff Residenz hingegen ist einem Schlossbau vorbehalten, der als dauerhafter Regierungssitz diente.
Oftmals wurden Burgen zu Schlössern umgebaut, wobei sich die kompakte Bauform allmählich auflöste. Von der geschlossenen Vierflügelanlage wandelte sie sich zum dreiflügeligen Komplex um den Cour d'honneur, den Ehrenhof, bis hin zum Haupthaus mit locker darum gruppierten Nebengebäuden. Die Betonung von Fläche und Raum diente der Selbstdarstellung und dem gesteigerten Wohnkomfort, der mit den eigenen Wohntrakten einherging. Im Hauptgebäude, dem Corps de Logis, befanden sich die wirkungsvollsten Räume wie Treppenhaus, Saal, Kapelle; daran schlossen sich die Wohnräume an, deren Anordnung sich aus dem höfischen Zeremoniell ergab. Die sogenannten Appartements bestanden im Wesentlichen aus Vor-, Wohn-, Arbeits-, Schlaf- und Audienzzimmer sowie dem Kabinett für intimere Besprechungen. Im Barock wurde die Enfilade erfunden, in der die Türen in einer Achse liegen, sodass sich ein weiter Blick durch die Zimmerflucht bot und im besten Fall einen Rundgang ermöglichte. Wie weit ein Besucher vorgelassen wurde, verriet viel über seinen Status. Zu den beachtlichen Ausmaßen zahlreicher Schlossensembles trug auch die Anzahl der Personen bei, die dort lebten und arbeiteten, sowie die verschiedenen Funktionen, die auch Verwaltungsbereiche umfassen konnten: Ein Residenzschloss war kein Lustschloss, ein Jagdschloss hatte andere Aufgaben zu erfüllen als ein Stadtschloss. Es gab einige der Repräsentation geschuldete Grundprinzipien, denen auch der Landadel folgte, aber ansonsten waren der baukünstlerischen Vielfalt keine Grenzen gesetzt.
Der schlichte Schlusssatz in Reclams Lexikon der Bautypen beschreibt daher indirekt, was zur Faszination von Adelsbauten beiträgt: "Im Laufe des frühen 20. Jahrhunderts endet das Schloss als Bauaufgabe." Schlösser sind Zeugnisse einer vergangenen Zeit. Sie waren sozial-ökonomische Zentren und Ausdruck einer vom Adel geprägten Ständegesellschaft. Und sie zeugen davon, dass der Wille ihrer Besitzer zur Repräsentation gleich dem der Kirche jahrhundertelang das Mäzenatentum beförderte, bis ab dem 19. Jahrhundert auch das Bürgertum dabei eine entscheidende Rolle übernahm.
Der Verlust an Schlossbauten durch Revolutionen, Wirtschaftskrisen und Geldmangel, Krieg und gesellschaftliche Umformungen ist groß. Am eindrucksvollsten ist dies im Osten Deutschlands nachzuvollziehen, wo ab 1945 durch Enteignung und Bodenreform zahllose Herrenhäuser ehemaliger adeliger Landgüter der Zerstörung und dem Verfall preisgegeben wurden.
Die Bauten des Adels sind in ihrem Erscheinungsbild aber so markant, dass manche wie das Braunschweiger Schloss als Rekonstruktion aus städtebaulichen Gründen Lücken füllen sollen. Umso mehr gilt es, die in ihrer historischen Substanz erhaltenen Schlossensembles zu bewahren. Ist womöglich ihre ursprüngliche Raumstruktur vorhanden und darüber hinaus die originale Ausstattung wie Fenster, Türen, Stuckdecken, Wandmalereien, Holztäfelungen, Tapeten oder schmuckvolle Holz- und Fliesenböden erhalten, so ist es geradezu ein Muss, diese Schätze zu schützen. Dann können sie Schritt für Schritt restauriert und einer denkmalverträglichen Nutzung zugeführt werden.
Nur einmal reinschauen! Dies ist bei den staatlich verwalteten Schlössern möglich, die die öffentliche Hand wiederhergestellt hat, pflegt, erforscht und der Öffentlichkeit als Museen zugänglich macht. Diese Gelegenheit wird gerne genutzt - Museen und Schlösser zählen zu den beliebtesten Freizeitzielen in Deutschland -, zumal die dazugehörigen Parkanlagen eine Oase der Ruhe sind und beispielhafte Naturdenkmale bergen. Und dann gibt es sie tatsächlich, die Investoren, die ein Gespür für die betagten Bauwerke haben und im Sinne der Denkmalpflege die Wiederherstellung und neue Nutzung vorantreiben. Eine Zukunft haben auch diejenigen Schlossbauten, die sich noch im Besitz alteingesessener Familien befinden. Traditionsbewusst sind sie gewillt, ihre Schlösser trotz der erheblichen Kosten instand zu halten. Manche Nachkommen gehen neue Wege, um die Schlossbauten zu bewahren, wie etwa in Form von Familienstiftungen. Weil viele Menschen gerne einen Blick in die eindrucksvollen Bauten werfen, machen immer mehr Schlossbesitzer ihre repräsentativen Räumlichkeiten Besuchern zugänglich, bieten Führungen und Vermietungen an. Wo, wenn nicht in einem Schloss, findet man die passenden Säle für Feste und Veranstaltungen? Es ist gut, wenn dadurch ein Teil der laufenden Unterhaltungskosten gedeckt wird, denn für die Baupflege muss sehr viel Geld aufgebracht werden. So manche schleppend vorangehende Baustelle spricht eine deutliche Sprache über Kostenaufwand und finanzielle Möglichkeiten der Besitzer.
Traurig stimmen die Schlösser ohne Herren. Denn nur Leben im Schloss rettet diese Kulturdenkmale. Allein in Mecklenburg-Vorpommern sind 1.015 Schlösser, Burgen und Gutshäuser auf der Denkmalliste erfasst. 125 von ihnen stehen leer und sind als gefährdet eingestuft. Das bedeutet umgekehrt, rund 75 Prozent wurden bereits vor dem Untergang bewahrt und werden genutzt. Auch hier taucht er wieder auf, der Satz "Eigentlich wollten wir nur einmal reinschauen". Mit ihm beginnt so manche Schlossrettung. Dabei sind es nicht nur die Nachfahren ehemals enteigneter Familien, die dem Zauber erliegen und die Wurzeln ihrer Herzensheimat wiederfinden. Es sind engagierte Menschen, die sich aus der reinen Liebe zur Baukultur und Geschichte - häufig als Verein zusammengeschlossen - der Restaurierung dieser alten Gemäuer verschreiben. Dazu bedarf es nicht nur optimistischer Überzeugung und eines langen Atems, sondern auch erheblicher finanzieller Mittel. Daher gilt es, die Bewahrung dieser Denkmale besonders zu unterstützen. Dies möchte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz tun und Sie, ihre Förderer, anregen, dabei mitzuhelfen. Auch wenn die finanzielle Hilfe unserer Stiftung im Vergleich zu den benötigten Mitteln oftmals gering ist, steigert sie die Motivation der Engagierten und trägt dazu bei, weitere Fördermittelgeber mit ins Boot zu holen.
Es wäre doch eine Freude, wenn bei zukünftigen Umfragen nach den beliebtesten Schlössern in Deutschland noch mehr gerettete Ensembles die Qual der Wahl vergrößern würden. Und Sie hätten ein Stück dazu beigetragen!
Christiane Rossner
Rittergut Schmölln 3, Förderverein Schloss Schmölln e. V., Am Rittergut 1-3, 01877 Schmölln-Putzkau, Veit Steinbach (Vors.), Telefon: 03594 700920, foerderverein-schloss-schmoelln@web.de, www.schloss-schmoelln.de
Schloss Trautskirchen 5, Schlossstraße 16, 90619 Trautskirchen. Bereits restaurierte Räume werden für Feste und Veranstaltungen vermietet. Joris Callens, Tel. 09107 1779
Schloss-Museum Wolfshagen Prignitz, Putlitzer Str. 16, 16928 Groß Pankow-Wolfshagen. Öffnungszeiten März-Dez., Mi-So 11-17 Uhr, Jan.-Feb. Sa, So 11-17 Uhr und nach Vereinbarung, Tel. 038789 61063, info@schlossmuseum-wolfshagen.com, http://www.schlossmuseum-wolfshagen.com
Schloss Wrisbergholzen 7, 31079 Westfeld-Wrisbergholzen. Verein zur Erhaltung von Baudenkmalen in Wrisbergholzen e. V., Alte Manufaktur, Unterdorf 9, c/o Wolfgang Neß, Tel. 0511 558697, wolf.ness@web.de, http://extern.alfeld.de/wrisbergholzen/home.htm
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
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