Kleine und große Kirchen 1900 Ikonographie August 2014 N

Die Nazarener kommen nicht nur im Speyerer Dom zu neuen Ehren

Jedes Bild ein Gottesdienst

Vor allem mit Wandmalereien in Kirchen strebten die Nazarener im 19. Jahrhundert die Erneuerung religiöser Kunst an. Im Dom zu Speyer haben ihre Werke eine ungewöhnliche Renaissance erlebt.

Sie waren eine Avantgarde, die zurück wollte, sie probten den Aufstand in Demut. Die Gruppe junger deutscher Maler, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts firmierte, verfolgte ein hehres Ziel: die Kunst wieder in den Dienst der Religion und der Nation zu stellen. Mit monumentalen Projekten wie der Ausmalung des Speyerer Doms oder der Apollinariskirche in Remagen sollten die Nazarener ihrem Anspruch am nächsten kommen.

Die Studenten um Friedrich Overbeck und Franz Pforr haderten mit der Ausbildung an der Wiener Kunstakademie. Hier wurde nach klassizistischem Ideal gelehrt, malerischer Ausdruck war zweitrangig. Das strenge Zeichnen nach Antiken empfand Overbeck als überkommenes Ritual, dem "Herz, Seele und Empfindung" abgingen.

Mit der Ausgestaltung von St. Apollinaris in Remagen gelang den Nazarenern das religiöse Gesamtkunstwerk par excellence. Die „Bischofsweihe des hl. Apollinaris“ malte der Schadow-Schüler Andreas Müller 1843 an die Ostwand im südlichen Querhaus. 
Remagen, st. Apollinaris © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Mit der Ausgestaltung von St. Apollinaris in Remagen gelang den Nazarenern das religiöse Gesamtkunstwerk par excellence. Die „Bischofsweihe des hl. Apollinaris“ malte der Schadow-Schüler Andreas Müller 1843 an die Ostwand im südlichen Querhaus.

1809 gründeten die Abtrünnigen in Wien den Lukasbund. In Anlehnung an die mittelalterlichen Künstlergilden nannten sie sich nach dem Heiligen Lukas, dem Schutzpatron der Maler. Ihr Zusammenschluss war jedoch weit mehr als eine Interessengemeinschaft: In Abkehr von Barock und Klassizismus eiferten die Lukasbrüder der Innigkeit der altdeutschen Kunst und der Klarheit der frühen italienischen Malerei nach. Dürer und Raffael verehrten sie als die wahren Meister einer religiösen und zugleich nationalen Kunst.

1810 vollzogen sie den Bruch auch räumlich, wanderten ins Sehnsuchtsland Italien aus, um "unter sich im Stillen der alten, heiligen Kunst nachzuarbeiten". In Rom malten und beteten die altdeutsch gewandeten Asketen im ehemaligen Franziskanerkloster San Isidoro. Vor allem die langen, in der Mitte gescheitelten Haare "alla nazarena" brachten ihnen den Namen ein, der allerdings erst sehr viel später zum Stilbegriff wurde. Bald erweiterte sich ihr Kreis um Friedrich Wilhelm Schadow, Julius Schnorr von Carolsfeld, Peter Cornelius, Joseph Anton Koch und andere.

Zu den bedeutenden Projekten der Nazarener gehörte auch die Ausmalung des Mainzer Doms nach Entwürfen von Philipp Veit. Sie wurde ab 1861 von seinen Schülern ausgeführt. Seit der Restaurierung der 1920er-Jahre sind nur noch die Bibelszenen in den oberen Bogenfeldern des Langhauses zu sehen.  
Mainz, Dom © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Zu den bedeutenden Projekten der Nazarener gehörte auch die Ausmalung des Mainzer Doms nach Entwürfen von Philipp Veit. Sie wurde ab 1861 von seinen Schülern ausgeführt. Seit der Restaurierung der 1920er-Jahre sind nur noch die Bibelszenen in den oberen Bogenfeldern des Langhauses zu sehen.

Eng mit den Ideen der deutschen Frühromantik verbunden, warben die Nazarener für Rückbesinnung, verklärten das Mittelalter zu einer Zeit echter christlicher Empfindung. Der Rationalismus und die Autonomiebestrebungen der Aufklärung waren ihnen nicht geheuer. Katholisch, konservativ, patriotisch missionierten die jungen Maler für eine neuerliche Allianz von Staat und Kirche mithilfe der Kunst. "Unser ganzes Leben ist Gottesdienst", hatte Novalis verkündet. Für die Lukasbrüder war jedes Bild ein Gottesdienst.

Mit scharfen Linien und Lokalfarben huldigten sie der reinen Form, bereiteten die Heilsgeschichte gemütvoll auf. Indem sie die Kunst zur Religion erhoben, folgten sie Wilhelm Heinrich Wackenroders "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" (1796). In der romantischen Programmschrift wird nicht das Wort, sondern allein die Kunst zur Mittlerin der "göttlichen Flamme" erklärt. Immerhin - dieser Anspruch war neu.

Blick in den Chor der Remagener Apollinariskirche  
Remagen, Appollinariskirche © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Blick in den Chor der Remagener Apollinariskirche

Dass ihre entrückten Figuren, ihre Szenen voller Innigkeit oftmals ziemlich blutleer daherkamen, wurde schon von den Zeitgenossen scharf kritisiert. Goethe mokierte sich 1817 über die "Neudeutsche religiös-patriotische Kunst", schalt sie "flach und unfreundlich". Nicht weniger zimperlich ging Caspar David Friedrich später mit den Lukasbrüdern ins Gericht. Er fand den Anblick "vertrockneter Marien mit einem verhungerten Jesuskind im Arme" sogar ekelhaft, spottete über die absichtlich verzeichneten Figuren in ihren "papierenen Gewändern".

Dennoch, die Malerbrüder fanden auch Bewunderer. Für den preußischen Generalkonsul in Rom durften sie 1816/17 ihren ersten Freskenzyklus verwirklichen: Den Hauptraum der Casa Bartholdy schmückten unter anderen Cornelius, Philipp Veit, Overbeck und Schadow mit Szenen aus der Josephsgeschichte.

Es gelang den Nazarenern tatsächlich, die Freskomalerei nach dem Vorbild der italienischen Renaissance wiederzubeleben. Abgesehen von der Technik, galt ihnen die Monumentalmalerei als das beste Medium, einen geeinten deutschen Nationalstaat zu beschwören.
Peter Cornelius hatte schon 1814 selbstbewusst seine Vision vom "neuen edlen Aufruhr in der Kunst" formuliert. Die "Ausmalung eines Doms oder sonstigen großen öffentlichen Gebäudes in einer deutschen Stadt" könne "die wahrhaft hohe Kunst mit wirksamer Kraft ins Herz der Nation, ins volle Menschenleben" ergießen. Es sollte noch eine Weile dauern, bis sich dieser fromme Wunsch erfüllte.

Zu denen, die den Nazarenern den Weg in Ämter und Würden ebneten, zählte Ludwig von Bayern. 1818 machte der Kronprinz, ein glühender Bewunderer der klassischen Antike, die Bekanntschaft der gleichaltrigen Maler. Der national- und geschichtsbewusste Wittelsbacher teilte ihre romantische Kunstauffassung.

1819 holte er Cornelius nach München, wo er ihn zunächst mit der Ausmalung der Glyptothek beauftragte. Mit ihrer Kunst ausgerechnet antike Skulpturen in Szene zu setzen, war nicht gerade das erklärte Ziel der Lukasbrüder. Doch Peter Cornelius war weitsichtig genug, die Antike nicht als Gegenpol, sondern als Vorläufer des Christentums zu rehabilitieren. Innerhalb der Gruppe plädierte er dafür, sich nicht stur auf religiöse Inhalte zu beschränken.

St. Apollinaris: Christus und Maria Magdalena an der Nordwand des Chors  
Remagen, St. Apollinaris © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
St. Apollinaris: Christus und Maria Magdalena an der Nordwand des Chors

Im Zeitalter der Nationalbestrebungen feierten die Nazarener schließlich auch in der Heimat Erfolge. Größere Aufträge verschafften ihnen europaweit Beachtung.
Cornelius hatte bereits 1819 die Leitung der Düsseldorfer Kunstakademie übernommen. 1825 wechselte er nach München. Ludwig, mittlerweile König, berief ihn an die dortige Akademie der bildenden Künste. 1826 beerbte Friedrich Wilhelm Schadow Cornelius in Düsseldorf. Philipp Veit wurde 1830 Leiter des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt am Main, Schnorr von Carolsfeld übernahm 1827 eine Professur in München. Die führenden Nazarener begründeten eigene Schulen, gaben ihre Ideale an nachfolgende Künstlergenerationen weiter.

Dass sie mit ihren schmachtenden Heiligen und pathetischen Allegorien auf das deutsche Vaterland vor allem in Bayern und den preußischen Rheinlanden Karriere machen konnten, lag nahe. Vieles schien reaktionären Monarchen und Vertretern der Kirche geradezu nach dem Mund gemalt.

Für die Institutsräume im neu eröffneten Frankfurter Städel entwarf Overbeck das Monumentalgemälde "Der Triumph der Religion in den Künsten" (1829-40), von Veit stammte das Fresko "Die Einführung der Künste in Deutschland durch das Christentum" (1834-36). Diese persönlichen Glaubensbekenntnisse taugten als Propagandabilder des restaurativen Lagers und wurden in liberalen Kreisen entsprechend heftig kritisiert.


Ludwig I. verstand sich als König von Gottes Gnaden. Der strenge Katholik, der die Kirche stärken und sein Volk mithilfe der Kunst erziehen wollte, ließ nicht nur neue Gotteshäuser errichten und ausgestalten - wie die von Cornelius freskierte Münchner Ludwigskirche. Er nahm sich auch der romanischen Kaiserdome an. Beim Bamberger Dom hatte er, gemäß der klassizistischen Vorstellung von Stilreinheit, noch auf Purifizierung gesetzt: Ab 1829 wurde dessen barocke Ausstattung entfernt. In Speyer - Hauptstadt der Pfalz, die seit 1816 zu Bayern gehörte - schlug der Regent einen anderen Weg ein. "Ich habe mich entschlossen, den Dom malen zu lassen", verkündete er 1843. Der 1061 geweihte Salierbau, dem nach diversen Zerstörungen sogar der Abbruch drohte, war ab 1818 wiederhergestellt worden.

Zwischen 1998 und 2006 stellte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz insgesamt 270.000 Euro für Restaurierungsmaßnahmen an der Remagener Apollinariskirche zur Verfügung.  
Remagen, St. Apollinaris © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Zwischen 1998 und 2006 stellte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz insgesamt 270.000 Euro für Restaurierungsmaßnahmen an der Remagener Apollinariskirche zur Verfügung.

Ludwig beauftragte den Nazarener Johann Baptist Schraudolph mit der Ausarbeitung des Programms und schickte ihn zur Vorbereitung eigens nach Italien. Der Monarch forderte die "Prüfung und Vergleichung dessen, was die christliche Kunst in diesem Fache Großes geleistet" habe. Die beiden Patrone des Doms St. Maria und St. Stephan sollten den Bildzyklus dominieren: Der Gottesmutter war das Langhaus vorbehalten, dem Märtyrer und Papst Stephan I. das südliche Querhaus. Das nördliche Querhaus widmete der Maler dem heiligen Bernhard von Clairvaux.

Während Schraudolph mit seinen Schülern die 123 figürlichen Szenen entwarf, war der Dekorationsmaler Joseph Schwarzmann für die übrige Fläche zuständig, die immerhin zwei Drittel umfasste. Kein Eckchen blieb ausgespart, großflächige Vergoldungen und kleinteilige Ornamente überzogen Wände und Decken. Um ein harmonisches Gesamtbild zu erreichen, wurden gnadenlos Fensteröffnungen zugemauert und sogar Gesimse abgeschlagen. Als das Werk 1853 vollendet war, sorgte Kerzenbeleuchtung für eine feierliche, geradezu mystische Atmosphäre.

Das Problem, die Wandmalerei mit einer bestehenden Architektur in Einklang bringen zu müssen, stellte sich bei der Apollinariskirche in Remagen nicht. Die Wallfahrtskirche war 1839-43 nach Plänen des Kölner Dombaumeisters Ernst-Friedrich Zwirner in malerischer Lage am Rhein errichtet worden. Er hatte den neugotischen Bau für die Ausmalung konzipiert. Die Fresken mit Szenen aus dem Leben Jesu, Mariä und des heiligen Apollinaris schufen Ernst Deger, Carl und Andreas Müller sowie Franz Ittenbach 1843-53. St. Apollinaris war das letzte große Gemeinschaftswerk der Nazarener, mit dem sie ihre Idealvorstellung vom Gesamtkunstwerk verwirklichen konnten.

Damit hatte die Bewegung ihren Zenit auch schon überschritten. In der zweiten Jahrhunderthälfte ging die Zahl spektakulärer Projekte deutlich zurück. Nach 1871 nötigte Bismarcks antikatholischer Kulturkampf die Künstler, sich wieder ausschließlich religiösen Themen zu verschreiben. Mit Altären und Andachtsbildern konnten sich die späten Vertreter noch eine Weile behaupten.


Für bestimme Bereiche war ihr klarer Zeichenstil perfekt: So hatten sie die romantische Buchillustration belebt und die Verbreitung der religiösen Druckgraphik gefördert. Doch als im ausgehenden 19. Jahrhundert Heiligen- und Madonnenbilder in Nazarener-Manier den Markt überschwemmten, gerieten auch die herausragenden Vertreter der Stilrichtung unter den Generalverdacht des Trivialen. Die Nazarener hatten sich selbst in eine Kitsch-Ecke manövriert, aus der sie im 20. Jahrhundert lange Zeit nicht herauskamen.

Dezente Überbleibsel der Nazarener-Ausmalung im Langhaus des Speyerer Doms. Instandsetzungsarbeiten an dem bedeutenden romanischen Bau hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zwischen 2002 und 2005 mit über 190.000 Euro unterstützt.  
Speyer, Dom © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Dezente Überbleibsel der Nazarener-Ausmalung im Langhaus des Speyerer Doms. Instandsetzungsarbeiten an dem bedeutenden romanischen Bau hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zwischen 2002 und 2005 mit über 190.000 Euro unterstützt.

Für den Speyerer Dom hatte dieses Urteil vernichtende Folgen. Schon vor dem Ersten Weltkrieg plädierten nicht wenige Kunsthistoriker dafür, die Malereien zu entfernen. Georg Dehio empfand die Fresken als "störenden Widerspruch zum urtümlichen Ernst des romanischen Raumcharakters". Für solche Maßnahmen fehlten allerdings die Mittel. Als in den 1950er-Jahren die Restaurierung des bedeutenden Bauwerks aus dem 11. Jahrhundert beschlossen wurde, erhielten die Puristen eine zweite Chance. Das Domkapitel befand die Schraudolphsche Fassung für "kraftlos-akademisch". Sie verberge den "lebendigen Stein hinter einer seelenlosen Attrappe ohne jede Ausstrahlungskraft". Die wiederum gestand man der "grandiosen Hausteinarchitektur" zu, die nun wieder zum Vorschein kommen sollte.

Der Blick der Moderne verschleierte das Gefühl für die historische Authentizität. Das Wissen, dass mittelalterliche Kirchen innen farbig gefasst waren, dass die Salier keineswegs auf den nackten Stein geschaut hatten, konnte die Nazarenerkunst nicht retten. Nur 24 Bilder des Marienzyklus durften in den Bögen des Mittelschiffs verbleiben, der Rest landete auf dem Müllhaufen der Kunstgeschichte.

Der Streit über die Nazarener hält bis heute an. Waren die Lukasbrüder wirklich nur rückwärtsgewandte Spinner oder doch fruchtbare Reformer eines erstarrten Akademismus? Haben Sie Kitsch oder Kunst geliefert - diese Frage wird immer noch heiß diskutiert.

Erhabenes im Speyrer Dom aus nächster Nähe: „Gebet des Heiligen Papstes Stephanus“ von Johann Baptist Schraudolph  
Speyer, Dom © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Erhabenes im Speyrer Dom aus nächster Nähe: „Gebet des Heiligen Papstes Stephanus“ von Johann Baptist Schraudolph

Genauso rigoros wie man sie einst verdammte, hat man sie im 21. Jahrhundert rehabilitieren wollen. Längst wurde die Kunst des 19. Jahrhunderts wieder aus den Museumsdepots geholt, längst sind Fachleute auch zur Ehrenrettung der Nazarener angetreten. Doch für Pauschalurteile, ob pro oder contra, waren die Nazarener zu vielseitig und unterschiedlich. Darüber, dass Persönlichkeiten wie Cornelius, Schnorr von Carolsfeld, Schadow und Veit die deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts nachhaltig beeinflusst haben, herrscht Einigkeit.

Wo sich die Künstler von den strengen Prinzipien des Lukasbundes zu lösen vermochten, entstanden - wie in Speyer - Werke von überzeitlichem Wert. Schraudolphs malerisch-sinnlicher Duktus, seine gekonnt eingesetzte Zentralperspektive lassen erkennen, dass nicht alle Anhänger der Bewegung über die Errungenschaften der neueren Zeit hinwegmalten.

Sie sind ein Publikumsmagnet: die Schraudolph-Fresken im Kaisersaal des Speyrer Doms  
Speyer, Dom © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Sie sind ein Publikumsmagnet: die Schraudolph-Fresken im Kaisersaal des Speyrer Doms

Heute dürfen wir in der größten erhaltenen Kirche der Romanik wieder qualitätvolle Nazarener-Kunst erleben. Zu verdanken ist das zwei Restauratoren: Otto Schultz hatte bei der Instandsetzung um 1960 einen Teil der Wandbilder gerettet. In einem aufwendigen Verfahren gelang es ihm, die wichtigsten Fresken aus dem Chor und dem Querhaus abzulösen und einzulagern. Vitus Wurmdobler hat sie seit den 1980er-Jahren mühevoll instand gesetzt.

Inzwischen sind neun großformatige Bilder in den Dom zurückgekehrt und werden im Kaisersaal über der Vorhalle dauerhaft präsentiert. Der bislang ungenutzte Raum im 1857 vollendeten Westbau wurde dafür restauriert und neu gestaltet. Die sieben Meter hohen Fresken hat man auf Bildträgern vor die Fenster gestellt, um einen ähnlichen Raumeindruck wie im 19. Jahrhundert zu erzielen. LED-Leuchtbänder tauchen die Malereien in ein warmes Streiflicht und zitieren zugleich die ornamentalen Rahmen, in den Schwarzmann sie seinerzeit eingebunden hatte. Beherrscht wird der Saal von der Marienkrönung, die einst die Chorapsis schmückte. Eine hundert Quadratmeter große Konstruktion in luftiger Höhe empfindet die Wölbung der Kalotte nach.

Das Domkapitel hatte kein losgelöstes Museum, sondern die Erweiterung des Gotteshauses im Sinn. Lichtführung und neu geschaffene Durchblicke ins Kirchenschiff haben den Plan aufgehen lassen: Entstanden ist ein Ort von sakraler Würde. Der komplexe theologische Überbau mag sich vielleicht nicht auf den ersten Blick erschließen, der besonderen Atmosphäre aber kann sich wohl kein Besucher entziehen.

Die Überreste eines Freskenzyklus, der im Lauf der Jahrzehnte Bewunderung und Schmähung in allen Facetten erlebt hat, sind wieder eingebunden in eine lebendige Kirche und bereichern die touristisch frequentierte Weltkulturerbestätte. Bescheiden und selbstbewusst zugleich umreißt der Dombaumeister Mario Colletto sein Konzept: "Wir stehen im Licht der Heiligen." Das hätten die Lukasbrüder nicht besser formulieren können.

Bettina Vaupel

Info:

Dom zu Speyer, Domplatz 1, 67346 Speyer, geöffnet Nov.-März 9 bis 17 Uhr, April-Okt. 9 bis 19 Uhr, (So ganzjährig 12 bis 17 Uhr).
Der Kaisersaal ist von Dezember bis März geschlossen. Tel. 06232 102-118,

www.dom-zu-speyer.de, www.bistum-speyer.de

Apollinariskirche, Apollinarisberg 4, 53424 Remagen, geöffnet tägl. ab 9 Uhr, Tel. 02642/20 80, www.apollinariskirche-remagen.de

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