Interviews und Statements April 2012

Interview mit Günter Schreiber

Restaurierung der Wandmalereien im Schloss Altdöbern

Günter Schreiber (Dipl. Maler/Grafiker und Dipl. Restaurator, HfBK Dresden) begleitet die Restaurierungsarbeiten im Schloss Altdöbern schon seit Jahrzehnten.

MO: Einer unserer großen Beiträge widmet sich den Restaurierungsarbeiten im brandenburgischen Schloss Altdöbern - ein Paradebeispiel des sächsischen Barock, das von namhaften Dresdner Hofkünstlern ausgestattet wurde. Seit 1987 sind Sie als Wandmalerei-Restaurator in dem Gebäude tätig. Damals wollte die Partei LDPD dort ihren Stammsitz einrichten. In welchen Bereichen arbeitete das Restauratoren-Team, dem Sie angehörten?

Günter Schreiber: Von 1985 bis 1990 arbeitete ich in einem Team von vier Restauratorenkollegen auf der damaligen Baustelle des Schlosses Altdöbern.

Die Maßnahmen zur Instandsetzung des Gebäudes, das sich im fortschreitenden Verfall befand, konzentrierten sich damals hauptsächlich auf eine Reihe von Räumen im Westflügel. Sie waren für eine baldmögliche Nutzung vorgesehen, ihre historische Ausstattung war weitgehend verloren.

Dagegen waren die außerordentlich wertvolle Wandmalerei im Kernbau und die über zwei Etagen verteilten bedeutenden Stuckaturen sowie Holzvertäfelungen vom Baugeschehen noch unbeeinflusst. Sie sollten für die geplanten Restaurierungsmaßnahmen gesichert werden. Außerdem galt es, den Bestand der übereinanderliegenden Fassungen zu dokumentieren und damit die Grundlage für eine endgültige denkmalpflegerische Zielstellung zu erarbeiten.

Die Deckenmalerei im Festsaal wird durch Abklebungen geschützt. 
© ML Preiss
Die Deckenmalerei im Festsaal wird durch Abklebungen geschützt.

MO: Was war die zentrale Aussage dieser Arbeiten?

Günter Schreiber: Die Einsichten und Erkenntnisse sind als Zwischenergebnisse zu bewerten. Sie bestätigten eine Vielzahl von Zeugnissen aus sich überlagernden Zeitschichten. Es wurde auch nachgewiesen, dass über alle Epochen das barocke Erscheinungsbild von 1750 zumindest weitgehend bewahrt wurde - auch wenn spätere Überfassungen die Originalität und besonders die Qualität der Erstausstattung nicht wieder erreichten.

Trotz örtlich begrenzter Totalverluste, Beschädigung durch Vandalismus und zum Teil tiefgreifender Zerstörung der Substanz in der Folge von Vernachlässigung blieb der Charakter der Innenausstattung im Ganzen erhalten.

MO: Sind diese Erkenntnisse auch die Basis für die heutigen Maßnahmen?

Günter Schreiber: Der Restaurator Hans Riedel aus Dresden, der die damaligen Untersuchungen leitete, erarbeitete eine Dokumentation des Vorzustandes. Im Ergebnis bildet diese als Zwischenzustand eine wichtige Grundlage für die Restaurierungsmaßnahmen nach der politischen Wende.

MO: Sie waren damals beim Dresdner Institut für Denkmalpflege angestellt. Wie war die Denkmalpflege in der DDR organisiert?

Günter Schreiber: Das Dresdner Institut für Denkmalpflege war als Institution der Vorgänger des heutigen Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen. In der damals wie heute staatlichen Einrichtung existierte als Abteilung (und existiert so auch gegenwärtig noch) eine Restaurierungswerkstatt, in der eine kleine Anzahl von Kollegen fest angestellt sind.

Ich gehörte als Verbandsmitglied zu den freischaffenden Restauratoren, die für unterschiedliche Auftraggeber vor Ort arbeiteten und von den jeweils zuständigen Fachreferenten betreut wurden.

Im Prinzip wird diese Strukturregelung bis heute praktiziert, spezielle Formen und Abläufe sind den veränderten wirtschaftlichen Grundlagen und veränderten Rahmenbedingungen angepasst.

In der Bel Etage arbeitet ein Stuckateur an der Festigung der Bestandsflächen als Vorbereitung für die Schließung der verloren gegangenen Stuckflächen. 
© ML Preiss
In der Bel Etage arbeitet ein Stuckateur an der Festigung der Bestandsflächen als Vorbereitung für die Schließung der verloren gegangenen Stuckflächen.

MO: Nach der Wende übernahm die vom Land Brandenburg und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gegründete Brandenburgische Schlösser GmbH das Schloss Altdöbern. Seither waren Sie an verschiedenen Rettungsmaßnahmen beteiligt. Ab 1999 wurden Wandmalereien und das unter ihnen liegende Mauerwerk von Salz befreit. Wie kam es zur Versalzung der Wände, und auf welche Weise wurde ihnen das Salz entzogen?

Günter Schreiber: Nach der Übernahme des Objekts durch den neuen Eigentümer waren grundsätzlich notwendige Bauleistungen zur Sicherung und Stabilisierung der Konstruktion vorrangig. Die damit verbundenen, zum Teil bis in die Tiefe des Baukörpers wirkenden Eingriffe bildeten oft eine unvermeidbare erhebliche Gefährdung der desolaten Oberflächen - besonders im Innenbereich.

Um weitere Verluste zu verhindern, mussten ständig zu modifizierende Sicherungsmaßnahmen getroffen werden. Als damit beauftragte Restauratoren begleiten wir diese Arbeiten bis heute.

Die Mauerwerksentsalzung in einem besonders betroffenen Abschnitt im Foyer erfolgte im Zusammenhang eines DBU-Projektes vom Forschungs- und Entwicklungslabor für Altbausanierung und Denkmalpflege FEAD-GmbH unter Leitung von Dr. Friese und konnte mit einem hervorragenden Ergebnis abgeschlossen werden. Der Grund für die extreme Salzbelastung war für diesen Ort nicht eindeutig zu klären.

Nicht nur die Gattin von Heinekens am Spinett ist gemalt, sondern auch der das Bild umgebende Stuck. 
© ML Preiss
Nicht nur die Gattin von Heinekens am Spinett ist gemalt, sondern auch der das Bild umgebende Stuck.

MO: Wo waren Ihre Einsatzbereiche als Malerei-Restaurator, als das Schloss 2009 ein Betonfundament erhielt?

Günter Schreiber: Die Sicherung von gefährdetem Stuck und bemalten Putzflächen, besonders während der Phase der Druckverschiebungen, konnte erfolgreich je nach Bedarf entweder oberflächlich durch Abkleben, Verschalen oder Abstützen gewährleistet werden. Das Mauerwerk wurde mit Maßnahmen zur Risssanierung und Hohlstellenhinterfüllung tiefgreifend gefestigt.

Das Ausmaß der Mauerwerksbelastung durch das Unterfangen der Fundamente war erwartungsgemäß hoch. Nach Abschluss der in ihrer Größenordnung kaum vergleichbaren Fundamentsanierung kann der erreichte stabile Zustand als ein herausragendes Ergebnis gewertet werden.

MO: Warum ist die barocke Wanddekoration so bemerkenswert?

Günter Schreiber: Die festliche Barockausstattung von 1750 wurde unter dem Eigentümer Carl Heinrich von Heineken in Auftrag gegeben. Sie verdankt ihren Stellenwert in der sächsischen Kulturlandschaft dem Mitwirken bedeutender Künstler und Kunsthandwerker des Dresdner Hofes.

Die meisten Werke der in Altdöbern arbeitenden Dresdner Maler und Kunsthandwerker sind den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges zum Opfer gefallen.

MO: Wie lässt sich ihr heutiger Zustand beschreiben?

Günter Schreiber: Heute steht der Bau im Wortsinne auf sicheren Füßen. Jetzt hat die Phase der eigentlichen Restaurierungsleistungen gerade erst begonnen, die schon für die 1990er Jahre vorgesehenen war. Die Sanierung der tragenden Substanz bildet eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine Haltbarkeit der das Schloss prägenden Schmuckausstattung.

MO: Wie sieht das zukünftige Restaurierungskonzept für die Innenräume aus? Werden die originalen Farbschichten wieder freigelegt?

Das Restaurierungskonzept mit seiner endgültigen, denkmalpflegerischen Zielstellung bis ins Detail ist noch in Planung. Eine umfassende Freilegung der über 250 Jahre alten Originalfassung ist nicht vorgesehen, vielleicht wird für die partielle Aufdeckung originaler Flächen eine entsprechende Entscheidung getroffen.
Die jetzt sichtbare Ausführung der Wandmalerei aus der letzten großen Umbau- und Erweiterungsphase um 1880/90 (unter den Eigentümern der Familie von Witzleben) ist für die zukünftige Präsentation favorisiert.

MO: Vielen Dank für das Gespräch

Die Fragen stellte Julia Ricker

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