Kurioses April 2012
Hutständer mit Blumen? Ich bin sicher nicht die Einzige, die sich verwundert fragt, warum man derart bizarre Gebilde in einer Kirche findet. Und als dann unser Fotograf die Fotos aus St. Severini in Kirchwerder brachte, konnte ich mich gar nicht sattsehen an der Vielfalt und Farbigkeit des mehr als ungewöhnlichen Inventars, das man wohl nur in den vier Dörfern der heute zu Hamburg gehörenden Vierlande findet. Die Ständer dienten dazu, während des Gottesdienstes die Hüte der Männer aufzunehmen, von denen ein jeder seinen festen Platz in einer der vorderen Bankreihen hatte.
Die Bauern der Vierlande hatten es vor allem im 18. Jahrhundert zu einem gewissen Wohlstand gebracht. Die fruchtbaren Marschböden warfen reiche Ernte ab. So konnten sie selbst einen großen Teil dazu beitragen, dass die ursprünglich schlichten mittelalterlichen Gotteshäuser reich ausgestattet wurden.
Der im frühen 13. Jahrhundert errichtete Feldsteinbau in Kirchwerder wurde 1785-91 zu einer Saalkirche mit Tonnendecke und Emporen erweitert. Vor das Spitzbogenportal in der Nordfassade hatte man bereits 1650 einen Fachwerkanbau, das sogenannte Brauthaus, gesetzt. Heute ist St. Severini das größte unter den Vierländer Gotteshäusern. Zu den von der hohen Qualität des ländlichen Handwerks zeugenden Ausstattungsstücken gehören neben den phantasievollen Hutständern die Emporen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, Kanzel und Taufe sowie mit reichen Intarsien versehene Bänke. Außerdem verfügt St. Severini über die wohl umfangreichste Sammlung an Sandsteingrabplatten auf Hamburger Stadtgebiet.
Der hölzerne Glockenturm steht südwestlich auf dem die Kirche umgebenden Friedhof. Eine plattdeutsche Legende spricht davon, dass der Teufel sich einst so sehr über das Läuten der Glocken geärgert hat, dass er den Turm in die Elbe werfen wollte. Er bekam ihn aber nicht richtig zu fassen und musste ihn noch einmal absetzen. Da soll der liebe Gott gesagt haben: "Eenmol dörtst du bloß verseuken" - "Einmal darfst du es nur versuchen". So blieb der Turm an dieser Stelle stehen.
Inschriften deuten darauf hin, dass der Bau auf quadratischem Grundriss um 1600 errichtet wurde. Das Eichenholzgebälk gliedert sich in ein äußeres Pfosten-Riegel-Tragwerk und den eigentlichen Glockenstuhl. Als man 2009 die schadhafte Bretterverkleidung abnahm, wurde deutlich, dass auch einige Balken und Verbindungen dringend saniert werden mussten, um die Standfestigkeit zu erhalten.
Die Arbeiten, die vor ein paar Monaten beendet wurden, konnte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz dank der Lotterie GlücksSpirale mit 25.000 Euro fördern. Außerdem wurde die Kirchengemeinde vom Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost, vom Landesdenkmalamt sowie von der Agnes Gräfe Stiftung und von der Körber-Stiftung finanziell unterstützt.
Bei der Sanierung der tragenden Holzkonstruktion war die verantwortliche Bauabteilung des Kirchenkreises bestrebt, so viel Originalsubstanz wie möglich zu erhalten und historische Zimmermannsverbindungen wieder herzustellen. Anschließend wurde der bis zur Traufe etwa elf Meter hohe Turm mit neuen Lärchenholzbrettern versehen und der achteckige Helm mit Zedernholzschindeln gedeckt.
So gelang es der Kirchengemeinde zusammen mit Geldgebern und Handwerkern, den Glockenturm in Kirchwerder erneut zu retten - dieses Mal vor dem "Teufel" des Verfalls.
Dorothee Reimann
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Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
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