Schlösser und Burgen Landschaften, Parks und Friedhöfe Menschen für Denkmale Restaurierungstechniken
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum Menschen nach Altdöbern fahren: Manche möchten Lebensabschnitte verarbeiten und sich das Schloss, in dem sie gewohnt haben, als es Kinderheim war, noch einmal ansehen. Zwischen Altdöbern und Pritzen liegt außerdem das ehemalige Tagebau-Gebiet Greifenhain mit dem entstehenden Altdöberner und Gräbendorfer See.
Es wird zwar noch einige Jahre dauern, ehe die Region zum Naherholungsgebiet rekultiviert sein wird, aber schon jetzt ist sie ein lohnendes Ziel. Andere besuchen den Landkreis Oberspreewald-Lausitz, weil sie sich für eine seltene Spielart des Barock, das sächsische Rokoko, interessieren. Dieser Stil erlebte in der Provinz eine Blüte und ist heute nirgendwo so vollständig erhalten wie im südlichen Zipfel von Brandenburg.
Seit 1996 ist die Tochter unserer Stiftung, die Brandenburgische Schlösser GmbH (BSG) Eigentümerin von Schloss Altdöbern. Zunächst sicherte sie den Bau, ließ das Dach und alle statisch konstruktiven Elemente von Hauptgebäude und Seitenflügeln sanieren. Mit Hilfe des Ergänzenden Verwaltungsabkommens Braunkohlesanierung wurde das Denkmal nach Abschluss des Tagebaus vor dem wieder ansteigenden Grundwasser geschützt, indem man es in vierhundert einzelnen Abschnitten mit einer fünfzig Zentimeter starken Betonplatte unterfing. Nach diesen Vorarbeiten bringt die BSG das verblasste Juwel im Inneren zum Leuchten. Die auf hohem Sockel ruhende Dreiflügelanlage und der über Eck gestellte Rundturm des 19. Jahrhunderts erscheinen schon jetzt wieder imposant in ihrer Vielgestaltigkeit.
Wer jenseits der Touristenpfade auf Zeugnisse von Dresdner Hofkünstlern treffen möchte, sollte sich schon bald auf die Reise nach Altdöbern machen, um Zeuge zu werden, wie handgezogener Stuck, kunstvolle Wandpaneele sowie Malereien allmählich wieder Gestalt zurückgewinnen. Ende 2013 hoffen die Architekten der BSG Jürgen Klemisch und Jutta Feige, die Innenrestaurierung beenden zu können - ein ehrgeiziges Projekt. Nur mit Geduld und Kennerschaft können die qualitätvollen Malerei-Fassungen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts aus verschiedenen Schichten herausgeschält werden.
Aber warum findet man solche Schätze gerade in Altdöbern? Der auf ein mittelalterliches Schloss zurückgehende Bau hat viele Eigentümer kommen und gehen sehen, die Haus und Garten nach ihrem Geschmack veränderten, er war aber nie wirklich zu Ruhm gelangt. Erst als Carl Heinrich Heineken (1707-91) und mit ihm der Premierminister des sächsischen Kurfürsten August III., Heinrich Graf von Brühl, auf den Plan traten, änderte sich das. Brühl wollte seine 1746 neuzusammengeführte Niederlausitzer Herrschaft Forst-Pförten nach französischem Muster gewinnbringend organisieren. Dafür wünschte er sich Heineken in der Nachbarschaft. Der Kunstsachverständige sollte in der Niederlausitz wohnen und Brühls Schlossumbauten im nahegelegenen Forst und in Pförten beaufsichtigen. Allerdings war das Schloss Altdöbern 1746 bereits versteigert worden. Brühl wollte das von Eickstedtsche Barockpalais aber trotzdem unbedingt für Heineken haben: Er schickte, so besagen die Quellen, "den Accis Inspektor Lässig nach Lübben und redressierte das gantze negotium". Die neue Besitzerin wurde gezwungen, die Güter gegen Rückerstattung des Kaufpreises abzutreten. Heineken selbst war zu dieser Zeit ganz ohne Vermögen und konnte die 45.100 Taler für den Erwerb nicht aufbringen. Daher "engagierte der Cabinets-Minister meinen Schwiger-Vater", so Heineken, den solventen Hofkoch Augusts III., Johann Jakob Nöller, "sich in der Niederlausitz mit dem Gute Alt-Döbern anzukaufen". Nach Nöllers Tod 1749 erbte dessen Tochter Friderike Magdalene den Besitz und vermachte ihn 1751 testamentarisch Heineken. Dieser nahm eine Umgestaltung im großen Stil vor.
Carl Heinrich Heineken entstammte einer künstlerisch geprägten Familie, sein Vater Paul Heineken war Porträtmaler, seine Mutter Catharina Elisabeth, geborene Oesterreich, war gleichfalls Malerin und betrieb einen Kunsthandel. Er wurde am 24. Januar 1707 in Lübeck getauft, studierte ab 1724 in Leipzig und Halle Jura und Literaturwissenschaften und bildete sich nebenher zum Kunstkenner aus. 1730 trat Heineken eine Stelle als Hauslehrer beim befreundeten Hofpoeten Johann Ulrich König in Dresden an und arbeitete wenig später ebenfalls als Lehrer beim Premierminister Graf Alexander Josef von Sulkowsky. Nach dessen Sturz diente er dem zweitmächtigsten Mann in Sachsen, Graf Heinrich von Brühl. 1739 wurde Heineken sein Privatsekretär. Ein steiler Aufstieg zum Verwalter und Organisator des umfangreichen brühlschen Besitzes folgte, er verkehrte regelmäßig mit Dresdner Hofkünstlern wie dem Pöppelmann-Nachfolger Johann Christoph Knöffels. Am sächsischen Hof bekleidete er unter anderem das Amt des General-Accise Sekretärs und des Kammerrats. 1746 wurde Heineken zum Direktor des Kupferstich-Kabinetts ernannt, 1749 in den Reichsritterstand erhoben.
Dem gleichfalls immer stärker werdenden Minister machte er sich unentbehrlich und agierte bald als Dirigent eines europaweit geknüpften "Kunstagenten-Netzes", das aus Diplomaten, Händlern, Malern und Schriftstellern bestand. Er steuerte Ankäufe für die kurfürstliche Bildergalerie, und unter seiner Mitwirkung kamen Kunstwerke von Weltrang aus Italien, Frankreich, den Niederlanden und Spanien nach Dresden, darunter Raffaels "Sixtinische Madonna" und Rembrandts "Ganymed". Von Heineken neigte nicht zur Bescheidenheit. Er kam sich bei den Bildereinkäufen gegenüber Kurfürst und Minister wie das "unfehlbare Zünglein an der Waage" vor und galt bei einem guten Teil der Dresdner Gesellschaft als "Diktator" des guten Geschmacks. So verwundert es nicht, dass er seinem ländlichen Wohnsitz eine ganz persönliche, künstlerisch hochambitionierte Note gab - gestaltet von bewährten Architekten, Gartenkünstlern, Bildhauern und Malern "seines" Hofes.
Heineken orientierte sich an den Entwürfen der Ritterakademie in Dresden, dem Kurländer und dem Brühlschen Palais und an den Schlössern Hubertusburg, Pförten und Nischwitz bei Leipzig. Sie alle stammten aus der Hand Knöffels.
Die im Äußeren zurückhaltende Formensprache prägte auch das Innere der Knöffelschen Bauten. Trotz der Dekorationsfülle bleibt die Rocaille streng an ihre Rahmungen gebunden, ein Überspinnen der Wände findet nicht statt. Das sächsische Rokoko ist nicht "prunkvoll" im eigentlichen Sinn, sondern die Räume strahlen eine Atmosphäre kühler Beherrschtheit aus, anders als beim süddeutschen oder friderizianischen Rokoko. Künstlerischer Höhepunkt der Umbauten, die sich an enge Grenzen der Vorgängerarchitektur halten musste, ist die repräsentative Treppe seitlich des Vestibüls. Eine illusionistische Architekturmalerei täuscht großzügige Raumverhältnisse vor. In extremer Unteransicht wölbt sich über einem gemalten Kuppeltambour im Plafond der offene Himmel mit einer Allegorie der Nacht oder des anbrechenden Morgens von Franz Karl Palko, Dresdner Hofmaler seit 1752.
Im Erdgeschoss dominieren Grisaillemalereien das als Gartensaal gestaltete Vestibül. Leinwandgemälde mit holländischen Bauernszenen blieben in geringem Umfang in einem angrenzenden Raum erhalten. Sechs al fresco auf den Putz gemalte Bilder zieren den Kleinen Saal des ersten Obergeschosses, ein philosophierender Kavalier im Park ähnelt Heineken. Im Marmorsaal, der durch Umbauten des 19. Jahrhunderts stark beeinträchtigt ist, sollen die Fenster wieder geöffnet werden. Die Wände überzieht farbiger Marmorstuck, bekrönt von einem sehr fein gearbeiteten Reliefband mit Musikinstrumenten und Attributen der Schauspielkunst.
Sämtliche Malereien des Hauses wurden mehrfach aufgearbeitet, zuletzt in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, davor ab 1881 im Auftrag Heinrich von Witzlebens, und auch schon um 1860 durch die Tochter des Fabrikanten Michael, Johanna Christina Gottliebe. Eine Familienangehörige berichtet 1880 schwärmend in einem Brief: "Unser Vetter und seine Frau waren wohl die ersten seit Heineken, die sich's anlegen ließen, mit großen Geldopfern die Schäden zu beseitigen, die die Zeit angerichtet hatte. Jahrelang waren Maler beschäftigt, die Gemälde, ganz besonders im Treppenhaus, Vorsaal und Speisesaal zu renovieren." Auch der Marmorsaal und die übrigen Repräsentationsräume waren von den gut gemeinten, aber schlecht ausgeführten Restaurierungen betroffen. Doch obwohl ergänzt und überfasst wurde, blieb der vornehme Gesamteindruck der Anlage erhalten.
Die Denkmalpflege verfolgt das Ziel, so der begutachtende Restaurator Günter Schreiber, dass der wertvolle Teil der Substanz aus der Zeit Heinekens wieder hervortreten soll; keine leichte Aufgabe bei dem nicht homogenen Istzustand und seinen unterschiedlichen Qualitäten.
Weil andere Schlösser des sächsischen Rokoko durch Kriegszerstörungen weitgehend verschwunden sind, ist Altdöbern für Fachleute besonders interessant. Mit der im August 2012 zur Ausstellung "Ein Licht in der gelehrten Welt" erscheinenden Publikation über Heineken sollen Lücken geschlossen werden, die einen der einflussreichsten Kunstgelehrten und Museumskuratoren des 18. Jahrhunderts würdigen. Heinekens persönliche Kunstanschauung kulminierte im Bildprogramm von Altdöbern, was das Schloss umso wertvoller macht. Um das einzigartige Kunstwerk an nachfolgende Generationen weitergeben und eine tiefergehende Forschung ermöglichen zu können, ist eine behutsame Konservierung des Erhaltenen besonders wichtig, ebenso wie ein überzeugendes Nutzungskonzept. Denn der Leerstand seit 1974 hat dem Schloss nicht gut getan.
Die Brandenburgische Schlösser GmbH und die Gemeinde Altdöbern haben viel mit dem Ensemble vor, zu dem auch zwei Kavaliershäuser, ein Marstall mit Reithalle und eine Orangerie gehören. Ein erster Lichtblick zur Ausstellung: Die Orangerie wird derzeit restauriert und im Sommer als Café geöffnet.
Christiane Schillig
Ausstellung
"Ein Licht in der gelehrten Welt - Altdöbern: Ein Zentrum der Kunst- und Kulturgeschichte im 18. Jahrhundert" im Rahmen des Themenjahres von Kulturland Brandenburg 2012 "Kommt zur Vernunft! Friedrich der Zweite von Preuszen". Die Wiedereröffnung eines Teils der historischen Räume von Schloss Altdöbern wird mit einer Ausstellung und verschiedenen Veranstaltungen wie Fachvorträgen begleitet - eine Kooperation der Gemeinde Altdöbern und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Thema sind neben der Baugeschichte des Schlosses, seiner Ausstattung durch Dresdner Hofkünstler und dem Park die Biografie Carl Heinrich von Heinekens sowie Neuigkeiten zum sächsisch-preußischen Kulturtransfer.
Eröffnung: 10. Aug. 2012, 17 Uhr mit anschließender Parkführung, ab 20 Uhr Barockoper im historischen Heckentheater.
Ausstellung: 11. Aug. bis 14. Okt. 2012, Öffnungszeiten: Sa und So 10 bis 18 Uhr, Schloss und Park Altdöbern, Informationen: Tel. 0331/5 81 60 und www.kulturland-brandenburg.de.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation "Carl Heinrich von Heineken (1707-1791) und Schloss Altdöbern", Sandstein Verlag, Dresden 2012.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
Lassen Sie sich per E-Mail informieren,
wenn eine neue Ausgabe von Monumente
Online erscheint.
Auch kleinste Beträge zählen!
Antwort auf: Direkt auf das Thema antworten
© 2023 Deutsche Stiftung Denkmalschutz • Monumente Online • Schlegelstraße 1 • 53113 Bonn
Spenden | Kontakt | Impressum | Datenschutz