Öffentliche Bauten August 2011
An einem kalten Februartag fahre ich mit Mitgliedern verschiedener Behindertenverbände zum Schloss Blankensee südlich von Berlin. Wir nehmen an einer Exkursion im Rahmen des Fachgespräches "Denkmalschutz und Barrierefreiheit" teil, das von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zusammen mit der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. und dem Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit e. V. veranstaltet wird.
Und prompt passiert, was nicht passieren sollte: Der hydraulische Außenaufzug streikt. Er war am neuerrichteten Ostflügel des barocken Gebäudes installiert worden, um Menschen mit einer Gehbehinderung den Zugang zum Schloss zu ermöglichen. Eine Rampenanlage am Haupteingang hätte das Erscheinungsbild des Ensembles vollkommen verändert.
Baudenkmale wie Schloss Blankensee denkmalverträglich zu sanieren und dabei barrierefrei zu erschließen, stellt eine weitere Herausforderung für die Architekten dar. Jedes Denkmal kann nur individuell und nicht nach DIN-Normen restauriert werden, seine Bewahrung muss im Vordergrund stehen. "Wir sind gehalten, die Vorschriften zum Brandschutz zu beachten, sollen das Denkmal energetisch verbessern, es heutigen haustechnischen und hygienischen Standards anpassen, einer Nutzung zuführen und es barrierefrei gestalten. Je mehr Regelwerke wir einhalten müssen, desto weniger bleibt vom Denkmal übrig", sagt Jürgen Klemisch von der Brandenburgischen Schlösser GmbH, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Eigentümerin von Schloss Blankensee.
Auch die Sanierung des Schlosses in Fürstlich Drehna war nur mit Kompromissen möglich. Das seit 1447 urkundlich bekannte und später mehrfach erweiterte Ensemble wurde ab 1994 im Bestand gesichert und saniert. 2003 bis 2007 baute es die Schlössergesellschaft in möglichst großem Einklang mit dem Denkmal zu einem Tagungshotel um. "Zwei Jahre haben wir mit den zuständigen Denkmalpflegern um den Einbau eines Aufzugs gerungen, weil ein Eingriff in die historische Bausubstanz nötig war", so Jürgen Klemisch. Anders wären die vielen verschiedenen Ebenen nicht barrierefrei zu erschließen gewesen. Nun können Rollstuhlfahrer die meisten Räume erreichen. Sie hätten sich allerdings gewünscht, dass die Außenanlagen, insbesondere das Pflaster auf dem Lindenplatz, besser für sie zu befahren wären.
Inzwischen gehört die Vermittlung der differenzierten Belange von Menschen mit Behinderungen zum Kanon der Architektenausbildung. Außerdem werden spezielle Studiengänge angeboten, die die künftigen Architekten für dieses Thema sensibilisieren, darunter der Masterstudiengang "Architektur - Barrierefreies Planen und Bauen" an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Sie sollen lernen, in einem "Design für alle" zu bauen und zu sanieren, um älteren Personen und solchen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Es wird außerdem vermittelt, dass die Betroffenen frühzeitig eingebunden werden müssen und Barrierefreiheit nicht auf eine rollstuhlgerechte Erschließung beschränkt werden kann. Oft genug werden die Menschen mit einer Sinnesbehinderung bei Neubauten oder bei der Sanierung von Baudenkmalen vergessen.
Deutschland hat sich mit dem Beitritt zur UN-Konvention, die die Rechte von Menschen mit Behinderungen regelt, verpflichtet, einen "Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, wie Theatern, Museen, Kinos, Bibliotheken und Tourismusdiensten, sowie, so weit wie möglich, zu Denkmälern und Stätten von nationaler kultureller Bedeutung" zu schaffen - so der Wortlaut des Artikels 30.
Das hätte man sich auch beim Umbau des Neuen Museums in Berlin gewünscht. Tatsächlich ist der Haupteingang mit der Rampenanlage, die mäßig ansteigt, beeindruckend.
Der zentrale Aufzug ist so großzügig gehalten, dass er mehrere Elektro-Rollstühle gleichzeitig aufnehmen kann. Ins Neue Museum hinein kommt ein Rollstuhlfahrer also. Er hat aber wenig davon, weil viele Vitrinen - schwarze, hohe Kästen - nicht unterfahrbar sind, so dass er die Dokumente nicht betrachten kann. Das ist im übrigen auch für Kinder problematisch. Ein Geländer an der Eingangsrampe und ein Leitsystem für Sehbehinderte fehlen, so dass ein Besuch nur mit Begleitpersonen möglich ist. Die Beschriftungen sind auf einem kontrastarmen Hintergrund gedruckt und daher für Sehbehinderte genauso wenig lesbar wie für ältere Menschen, deren Augenlicht bekanntlich schwächer wird.
Wie ein barrierefreies Museum aussehen kann, zeigt auf vorbildliche Weise das Landesmuseum in Mainz. Es gehört zur rheinland-pfälzischen Generaldirektion Kulturelles Erbe, wurde 1766/67 als kurfürstlicher Marstall errichtet und steht unter Denkmalschutz. Bereits bei den Vorplanungen zur Sanierung, die 2004 begann, zog der Architekt Professor Jochem Jourdan einen Sachverständigen für barrierefreies Bauen hinzu.
Im Museum gibt es mehrere unterschiedlich große Fahrstühle und Rampen, die die einzelnen Ebenen miteinander verbinden und von Rollstuhlfahrern, Personen mit Rollatoren und Eltern mit Kinderwagen bequem genutzt werden können. Die Aufzüge haben eine Sprachausgabe, und Sehbehinderte können auf sie zugeschnittene Audioguides ausleihen: Die Beschreibungen werden durch sogenannte Transponder ausgelöst und beinhalten sehr ausführliche Angaben über die Räume und die Standorte der Ausstellungsstücke. Die Vitrinen sind unterfahrbar, und die Beschreibungen der Exponate sind in Groß- und in der Blindenschrift Braille verfügbar.
Für die Menschen mit Sinnesbehinderungen hält das Landesmuseum noch weitere Besonderheiten bereit: einen Videoguide, mit dem Gehörlose Erläuterungen von "native signern" in Gebärdensprache erhalten, und Reliefbücher zu einzelnen Exponaten, in denen Blinde Gemälde und Schrift ertasten können. Außerdem sind Blindenhunde zugelassen.
Das Mainzer Landesmuseum wurde daher im Rahmen des Bundeswettbewerbs "Denkmalschutz barrierefrei", der 2008 vom Bund Heimat und Umwelt veranstaltet wurde, ausgezeichnet. "Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz", so ihr Vorstandsmitglied Gerhard Eichhorn, "hat diesen Wettbewerb gern fördernd unterstützt, denn auch ihr ist es im Interesse der Nutzer wie des genutzten Denkmals ein großes Anliegen, Baudenkmale allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen."
Carola Nathan
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
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