Kleine und große Kirchen Juni 2011
Als sich die Kirchengemeinde der Kreuzkirche in Bonn zu Beginn der 1930er Jahre entschloss, "sämtliche mit gotisierenden Kapitellen ausgestattete Säulen, die vielen Wasserspeier und Kreuzblumen sowie unnötige Galerieverzierungen zu entfernen", hatte sie Gutes im Sinn. Zwar erachtete man die "Anwendung spielerischer oder gar unehrlicher Zutaten an kirchlichen Bauwerken" auch nicht mehr für zeitgemäß, doch im Mittelpunkt stand die marode Substanz der 1871 nach den Plänen von Christian August Dieckhoff eingeweihten neugotischen Hallenkirche.
So sollten mit der "Generalvereinfachung" des Gotteshauses die der Verwitterung ausgesetzten Angriffsflächen erheblich verringert werden. Und damit natürlich die Kosten des Unterhalts. Aus denkmalpflegerischer Sicht stellt diese radikale Baumaßnahme heute ein einzigartiges Beispiel in der Geschichte der Kirchenarchitektur dar.
Nach dem Umbau, so ist es überliefert, konnten sich die "alten Bonner" für die Architektursprache aus dem Umfeld der Neuen Sachlichkeit nicht begeistern. Während die "durch die Erinnerung an den alten Zustand nicht beschwerten Zugereisten und Durchreisenden" des Lobes voll waren. Genützt aber hat es wenig. Auch nachdem große Teile der Kreuzkirche kriegsbedingt zerstört und in den 1950er Jahren wieder aufgebaut waren, blieb die Pflege der größten evangelischen Kirche in Bonn eine enorme Herausforderung.
Und ein Unternehmen, das weiterhin für Schlagzeilen sorgt: Als der zuständige Architekt Michael C. Deisenroth bei der jüngsten "Jahrhundertsanierung" - der im September 2010 begonnenen Turmsanierung - die Außenverschalung aus Ziegelmauerwerk aus den 1930er Jahre entfernen ließ, kam zum Staunen aller die originale neugotische Ornamentik darunter wieder ans Licht. Man hatte sie seinerzeit also gar nicht entfernt, sondern einfach überbaut. Und damit sogar der starken Witterungsbelastung des Turms Tür und Tor geöffnet. Denn in den nicht durchlüfteten Hohlräumen zwischen den Schichten, die teilweise mit Schutt gefüllt waren, hatte sich über Jahrzehnte hinweg die Feuchtigkeit angesammelt.
Zutiefst bedauern Presbyteriumsvorsitzender Arno Bölts-Thunecke und Kreuzkirchenpfarrer Gerhard Schäfer, dass ein Rückbau des Turms in den historischen Originalzustand alle finanziellen Möglichkeiten sprengen würde. Nach zahlreichen Presseterminen in luftiger Höhe, wo der neugotische Zierrat aus Naturstein einige Wochen lang zu bewundern war, wird er nach der Austrocknung des Mauerwerks erneut verschlossen. Dieses Mal selbstverständlich mit Belüftung. Die Pfeilervorlagen statisch nachzuverankern und die Brüstungskonstruktion zu korrigieren, steht ebenfalls auf dem Plan. Darüber hinaus sind in den vergangenen Monaten bereits umfangreiche Arbeiten im Innenbereich des Turms, darunter in der Glockenstube, erfolgt.
Auf rund 660.000 Euro werden die Kosten inzwischen geschätzt. Das Land Nordrhein-Westfalen und die Stiftung KiBa greifen der Kreuzkirchengemeinde dabei genauso unter die Arme wie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die einen Fördervertrag von 40.000 Euro überreichen konnte. Die restlichen etwa 300.000 Euro will die engagierte Gemeinde aus Spendengeldern zusammenbekommen. So dass sich der Turm spätestens zu Pfingsten, hofft Baukirchmeister Reinhold Schaaf, wieder in seiner schlichten Schönheit zeigt und die fünf Kirchenglocken durch die neu geöffneten Schallluken weiter als je zuvor auf das evangelische Wahrzeichen Bonns aufmerksam machen.
Catharina Winzer
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
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