Kleine und große Kirchen
Als unser Fotograf in diesem Sommer ins nordhessische Flechtdorf kam, herrschte in den alten Gebäuden des Klosters gerade reges Treiben. Eine Studentengruppe der Fachhochschule Gießen-Friedberg hantierte mit Schnüren, Wasserwaagen und Zollstöcken. Alle Teile der Anlage wurden exakt vermessen. Auch wenn es zahlreiche Zeugnisse über das klösterliche Leben in Flechtdorf gibt, wirft die Baugeschichte noch viele Fragen auf. Deshalb ist es ein großes Glück, dass - trotz der Vernachlässigung in den letzten Jahrzehnten - noch ungewöhnlich viel Originalsubstanz erhalten ist.
Bereits um 1110 - also vor 900 Jahren - hat man mit dem Bau von Kirche und Konventgebäuden begonnen, nachdem die Gebeine des heiligen Landolin aus Boke bei Paderborn hierher übertragen worden waren und sich erste Benediktinermönche angesiedelt hatten. Unter der Herrschaft der Erzbischöfe von Köln gewinnt die Abtei schnell an Reichtum und entwickelt sich ab 1250 auch dank eines "wundertätigen" Marienbildes zu einem religiösen Zentrum. In der Zeit nach 1350 wechseln sich wirtschaftlicher Niedergang und Reformbestrebungen einzelner Äbte ständig ab. Die Reformation führt zum endgültigen Aus, 1580 wird der letzte Abt wegen lasterhaften Lebens abgesetzt.
Nach jahrzehntelangem Rechtsstreit fällt die Anlage schließlich 1591 an die Grafen von Waldeck. Diese führen sie als landwirtschaftliche Domäne und bieten hier schon bald Armen und Alten eine Zuflucht. 1702 lässt Graf Christian Ludwig in den Klostergebäuden das Landeshospital einrichten, in dem "auf ewige Zeit" arme Leute gepflegt werden sollen. Erst 1890/91 wird ein neues Gebäude für das Landeshospital errichtet, ein Vorläufer des benachbarten modernen Alten- und Pflegeheims.
Die Klosterkirche wurde inzwischen saniert. Sie befindet sich im Besitz der Waldeckischen Landesstiftung und wird von der evangelischen Kirchengemeinde genutzt. Die übrigen Klostergebäude wurden 1969 verkauft und 2007 vom Förderverein Kloster Flechtdorf e. V. ersteigert. Sein erstes und wichtigstes Ziel ist die Sicherung und Sanierung der noch vorhandenen Gebäude der ursprünglich umfangreichen Anlage.
Es gab viel aufzuräumen, erste Bauforschungsarbeiten wurden durchgeführt. Man zog Fachleute zu Rate, die bei der Restaurierung anderer Klöster Erfahrungen gesammelt hatten. Denn schließlich soll sich die künftige Ausgestaltung der Räume ganz den historischen Gegebenheiten unterordnen, damit die vielfältigen Zeitspuren sichtbar bleiben.
Derzeit finden die Sanierungsmaßnahmen am Westflügel und am sogenannten Abtshaus statt, den beiden ältesten Teilen der Anlage, deren Mauerwerk teilweise noch aus dem 12. Jahrhundert stammt. Finanziell unterstützt wird der sehr aktive Förderverein dabei vom Bund, vom Land Hessen, von der Gemeinde Diemelsee und von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die in diesem Jahr 25.000 Euro beisteuert.
Schnell ist die Bevölkerung der Umgebung, bei der das Kloster fast in Vergessenheit geraten war, auf die Aktivitäten aufmerksam geworden. Vor allem an den Tagen des offenen Denkmals gab es immer wieder großen Zulauf. Im vergangenen Jahr ließen sich außerdem mehr als 1.000 Interessierte durch die Anlage führen. Bald soll ein Informationszentrum entstehen und das Angebot an Konzerten, Lesungen und anderen Veranstaltungen ausgeweitet werden. Und man träumt davon, dass Menschen, die diese wunderschöne nordhessische Landschaft genießen wollen, hier eines Tages Gastlichkeit, Herberge, Bildung und Erholung finden können.
Dorothee Reimann
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
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