April 2010
Eines Morgens bemerkte Pfarrer Hans-Christian Beutel Putzbrocken auf dem Boden der Westhalle von St. Katharinen in Salzwedel. Er richtete seinen Blick in das Gewölbe und musste zu seinem größten Schrecken feststellen, dass ein Zuganker gerissen war. Das Thermometer hatte in der Nacht zuvor minus 16 Grad angezeigt. Der schmiedeeiserne Anker zog sich zusammen und gab schließlich nach. Die Westhalle wurde sofort gesperrt. Das Entsetzen bei Pfarrer Beutel und der gesamten Kirchengemeinde war groß, denn sie hatten geglaubt, mit der Sanierung ihrer Kirche auf einem guten Weg zu sein.
"Man vermutet, dass die Kirche auf sumpfigem Grund steht. Denn ganz in ihrer Nähe befand sich zur Hansezeit der Hafen der Stadt", erklärt uns Dr. Frieder Oßwald, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats. Er geht davon aus, dass die ersten Schäden bereits im 15. Jahrhundert aufgetreten sind, also kurz nach Fertigstellung der Westhalle. Ihre Anker, die ein Wegdriften der Außenwände verhindern sollen, stammen wohl bereits aus dieser Zeit. 2003 hatten sich Fachleute auf einer Hubbühne das Zugsystem aus der Nähe angesehen. Sie waren zu dem Ergebnis gekommen, dass es noch stabil sei. Gerechnet haben sie offenbar nicht mit Extremtemperaturen, bei denen das System unter Spannung gerät. Die Folge des gebrochenen Ankers ist, dass sich tiefe Risse im Gewölbe bildeten.
St. Katharinen ist die Pfarr- und Gemeindekirche der Salzwedeler Neustadt, die 1247 nördlich der Altstadt gegründet wurde. Weil sich in der Hansestadt wichtige Handelsstraßen kreuzten, erlebte sie damals eine wirtschaftliche Blüte. Mit dem Bau der Kirche wird vermutlich in dieser Zeit begonnen worden sein. Es folgten mehrere Bauphasen, und Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Halle westlich an die gotische Basilika angebaut.
Wegen ihrer reichen mittelalterlichen Ausstattung zählte St. Katharinen jahrhundertelang zu den bedeutendsten Kirchen der Altmark. Das lag auch an dem prächtigen spätgotischen Hochaltar, der den Chor bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts schmückte. Weil die Gemeinde damals Geld für eine dringende Restaurierung benötigte, hatte sie das wertvolle Stück an den Dom in Frankfurt am Main verkauft, wo er bis heute zu sehen ist.
Seit 1981 steht im Chor von St. Katharinen wieder ein spätgotischer Altar. Er stammt aus der Klosterkirche von Dambeck und zeigt im Hauptfeld das Motiv "Maria mit dem Einhorn". Ein weiterer Marienaltar - ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert - befindet sich im nördlichen Seitenschiff. Hier ist Maria als Himmelskönigin mit Zepter und Krone dargestellt. Unter den 24 Heiligen, Aposteln, Kirchenvätern und Märtyrern, die Maria umgeben, wird uns auch die heilige Katharina gezeigt, die Schutzpatronin der Kirche.
Ihr begegnen wir außerdem an der 1421 geschaffenen Bronzetaufe. Vier Figuren, die diese Heilige darstellen, tragen das Becken. Sie stehen auf Löwenköpfen, was den Sieg über teuflische Kräfte symbolisiert. Pfarrer Beutel freut sich, dass zunehmend Taufen von Erwachsenen gefeiert werden, die durch engagierte Gemeindearbeit zur Kirche und ihrem Glauben gefunden haben.
Zu den besonderen Ausstattungsstücken der Katharinenkirche gehören die gotischen Glasmalereien im Chor, die die Schöpfungsgeschichte erzählen. Um sie zu schützen, wurden die Fenster Ende der 1930er Jahre ausgelagert. St. Katharinen hatte Glück und wurde im Zweiten Weltkrieg nicht beschädigt, weil auf Salzwedel nur wenige Bomben fielen. Dennoch war die Kirche damals in keinem guten Zustand, denn hundert Jahre lang war nichts Wesentliches an dem Gebäude getan worden.
In den 1960er Jahren begann man mit einer ersten notdürftigen Sicherung. Doch der Verfall war damit nicht aufzuhalten. "Die großen Dachflächen hatten riesige Schäden", beschreibt der ehemalige Pfarrer, Wilhelm Bischoff, seine erste Begegnung mit St. Katharinen 1974, "die Bedeckung des Turmhelms war so zerfetzt, dass Teile des Gebälks herausstarrten, die Fenster waren zerstört, teilweise offen, teilweise mit Brettern vernagelt. Traurigkeit und Aufbegehren überkamen mich."
Ohne Unterstützung des Staates, dem die Sicherung der nahegelegenen innerdeutschen Grenze dringlicher erschien, aber mit großem persönlichen Engagement von Privatleuten sowie mit fachlicher Hilfe des Instituts für Denkmalpflege in Halle und des Kirchlichen Bauamts in Magdeburg gelang es dennoch, die gröbsten Schäden zu beseitigen.
Das Beschaffen von notwendigem Material war dabei oft das größte Problem. Wenn Salzwedel eine Zuteilung bekam, dann für die Pfarrkirche St. Marien in der Altstadt. Obwohl es immer eine gewisse Konkurrenz zwischen den beiden Kirchengemeinden gegeben hat, verzichtete die von St. Marien auf Stahl, damit das Kirchenschiff von St. Katharinen mit einem Ringanker gesichert werden konnte.
Die Einsätze der sogenannten Feierabendbrigade unter Anleitung von Salzwedeler Handwerkern dauerten oft bis tief in die Nacht hinein. Viele Helfer waren keine Mitglieder der Kirchengemeinde, aber sie machten St. Katharinen dennoch zu "ihrer" Kirche. Und das in einer Zeit, in der der DDR-Staat die Nähe der Menschen zu Gott argwöhnisch beobachtete.
Heiligabend 1975 konnte die Gemeinde schließlich im notdürftig wiederhergestellten Chorraum den ersten Gottesdienst nach vielen Jahren feiern. Schritt für Schritt wurden die Arbeiten in den folgenden Jahren weitergeführt. Zu den Höhepunkten für die Gemeinde zählten sicherlich die ersten Klänge der Konzertorgel, die die Potsdamer Orgelbaufirma Schuke 1978 in der Kirche aufgestellt hatte, und - zwei Jahre später - der Einbau der lange verschollenen Chorfenster mit den wertvollen Malereien. Nach einer akribischen Suche hatten Mitarbeiter des Instituts für Denkmalpflege sie in einem Depot entdeckt.
St. Katharinen wurde bereits zu DDR-Zeiten wieder zu einer lebendigen Pfarr- und Gemeindekirche der Neustadt. 1989 bildete sich aus einem ökumenischen Gesprächskreis heraus das "Neue Forum Salzwedel". Am 20. Oktober desselben Jahres versammelten sich in der Kirche 500 Menschen zum Friedensgebet, obwohl sie Repressalien zu befürchten hatten. Zwei Wochen später waren es bereits 5.000, die einen Demonstrationszug von der Neustädter zur Altstädter Kirche wagten.
Mit Jubel wurde die Öffnung der Grenze begrüßt, und die Katharinengemeinde nahm Kontakt zu Gemeinden im benachbarten Wendland, das zu Niedersachsen gehört, auf. Daraus entstanden Freundschaften, und bis heute singen im Kirchenchor Altmärker und Wendländer gemeinsam.
Seit der Wiedervereinigung konnte die zur DDR-Zeit begonnene Sanierung der Katharinenkirche mit Mitteln aus Fördertöpfen des Landes, der Stadt und der Lotto-Toto GmbH Sachsen-Anhalt fortgesetzt werden. Im Jahr 2000 stieg auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit ins Boot und unterstützte wichtige Arbeiten am Dach und die Trockenlegung des Feldsteinsockels. Man war also tatsächlich auf einem guten Weg - bis das schwerwiegende Problem mit dem gerissenen Zuganker auftrat.
Dass die Westhalle gesperrt werden musste, hat auch Auswirkungen auf die Abiturfeiern des benachbarten Friedrich-Ludwig-Jahn-Gymnasiums: Normalerweise zieht die Abiturientia durch das Hauptportal von St. Katharinen ein, durchschreitet die Westhalle und nimmt ihre Zeugnisse im Chor entgegen. Diese feierliche Zeremonie können die Schüler nun bis auf Weiteres nicht mehr erleben.
Auch aus diesem Grund bitten wir Sie, liebe Leserin und lieber Leser, um Ihre Mithilfe bei der Unterstützung der Kirchengemeinde, die durch ihr Engagement bereits so viel zur Bewahrung von St. Katharinen beigetragen und erreicht hat, dass die Kirche wieder zu einer festen Größe in Salzwedel geworden ist.
Carola Nathan
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
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